ÖVP Kärnten – Wikipedia

Kärntner Volkspartei
Landesparteiobmann Martin Gruber[1]
Klubobmann Markus Malle[2]
Landesgeschäftsführerin Julia Löschnig[3]
Gründungsort Kärnten
Hauptsitz Herrengasse 8
9020 Klagenfurt am Wörthersee
Sitze in Landtagen
7/36

(LTW 2023)
Ausrichtung Konservatismus
Nationalkonservatismus
Website www.ktnvp.at/
Landtagswahlen 1945–2018[4]
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%

Die Kärntner Volkspartei (auch ÖVP Kärnten) ist die Landesorganisation der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) im Bundesland Kärnten. Die Partei hat ihren Sitz in der Klagenfurter Herrengasse.

Nach der Landtagswahl 2018 verfügte die Kärntner Volkspartei über 6 Mandate im Kärntner Landtag und regierte dort als „kleiner Partner“ in einer Koalition mit der SPÖ in der Landesregierung Kaiser II. Bei der Landtagswahl 2023 gewann die ÖVP ein Mandat hinzu und bildete mit der SPÖ die Landesregierung Kaiser III.

Für die Kärntner ÖVP sitzen seit der Nationalratswahl 2019 4 Abgeordnete im österreichischen Nationalrat, Elisabeth Köstinger bzw. deren Nachrücker Peter Weidinger nach dem Wechsel in die Bundesregierung, Johann Weber, Elisabeth Scheucher-Pichler und Gabriel Obernosterer.[5]

Landesobmann der ÖVP Kärnten ist seit 4. April 2018 Martin Gruber.[6][7]

Geschichte nach 1945

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ÖVP Kärnten wurde 1945 gegründet. Von 1945 bis 1959 war Hermann Gruber Obmann der ÖVP Kärnten.

„Gegenüber den Nationalsozialisten hatte die SPÖ von Anfang an großes Entgegenkommen gezeigt. Bereits 1945 wurde beispielsweise bereits eine zweifache Art der Mitgliedschaft eingeführt, eine ausübende und eine unterstützende, um ehemalige NS-Mitglieder, die als unbelastet eingestuft waren, integrieren zu können. Da die Kärntner ÖVP hier kein Entgegenkommen zeigte, gewann die SPÖ potentielle ÖVP-Anhänger.
(...)
Gegenüber den ehemaligen Nationalsozialisten nahm die ÖVP eine reservierte Haltung ein.“

Kärntner Landtag: Plattform Politische Bildung[8]

Die ÖVP Kärnten stellte bisher einen Landeshauptmann, Christof Zernatto, in zwei Legislaturperioden. Er regierte von 1991 bis 1994 in der Landesregierung Zernatto I und von 1994 bis 1999 in der Landesregierung Zernatto II[9], obwohl die ÖVP in beiden Legislaturperioden die „kleinste“ Partei im Landtag war. Dies war möglich, da das Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ in der Landesregierung Haider I 1991 nach einer NS-verherrlichenden Aussage Jörg Haiders zerbrach und Haider abgewählt wurde.

Bei einer Vorstandssitzung der Kärntner ÖVP im September 2000 fand ein Misstrauensantrag gegen den damaligen Obmann Reinhold Lexer eine deutliche Mehrheit. Lexer wurde damit nach nur etwas mehr als einem Jahr seiner Funktion enthoben und durch Georg Wurmitzer als geschäftsführenden Parteiobmann ersetzt.[10][11]

Nach einer Urabstimmung im Jahr 2014 innerhalb der Funktionäre der ÖVP werden 15 Bezirksvertreter neu in den Landesvorstand der Partei gewählt.[12]

Im Oktober 2015 präsentierten die Verhandlungspartner der Dreier-Koalition aus SPÖ, ÖVP und den Grünen im Landhaus den Entwurf der neuen Landesverfassung, welcher im Jahr 2017 mit den Stimmen der Abgeordneten von SPÖ, ÖVP, Grüne sowie des Team Kärnten angenommen und damit unter anderem das sogenannte Proporzsystems abgeschafft wurde.[12][9]

Konflikt während den Koalitionsverhandlungen 2018

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kärntner ÖVP ging mit einem elfköpfigen Team, angeführt von Christian Benger, in die am 20. März 2018 begonnenen Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ für eine Kärntner Landesregierung.[13][14] Am 28. März 2018 präsentierten die Verhandlungsführer Peter Kaiser (SPÖ) und Christian Benger (ÖVP) ihren „Kärnten-Koalition“ genannten Regierungspakt.

Am 4. April 2018 gab Christian Benger seinen Rücktritt als Landesrat und ÖVP-Landesparteiobmann bekannt, sein Landtagsmandat wolle er aber annehmen. Aus Bengers Sicht sollte sich aber nichts an der Koalitionszusage ändern. Landeshauptmann Peter Kaiser sprach daraufhin von einem „massiv erschütterte Vertrauen“, da man am Ende der Sondierungsgespräche mit der ÖVP explizit die Frage gestellt habe, ob die personelle Kontinuität gewahrt bleibe. Das gesamte elfköpfige VP-Verhandlungsteam habe das ausdrücklich bejaht.[15] Kaiser sagte, er fühle sich nicht mehr an die Vereinbarungen gebunden.[16]

Dem Rücktritt von Benger vorhergegangen war ein später öffentlich gewordenen Brief, in dem mehrere Oberkärntner Bürgermeister einen Landesratssitz für den bisherigen Klubobmann Ferdinand Hueter forderten und mit Abspaltung drohten, sollte dieser Forderung nicht nachgekommen werden.[17][18]

Am Abend des 4. April wurde Martin Gruber vom ÖVP-Landesparteivorstand als Nachfolger von Christian Benger nominiert. Gruber war ebenfalls Teil des ÖVP-Verhandlungsteams, bei der Landtagswahl am 4. März erhielt er mit 3.375 die meisten Vorzugsstimmen der ÖVP-Kandidaten. Die SPÖ stellte an Gruber ein Ultimatum bis zum 5. April 2018 um 20:00 und verlangte neben dem bisher vereinbarten Koalitionspakt, das gemäß der neuen Landesverfassung eigentlich vorgesehene Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung auszusetzen.[19][20] Kaiser wolle damit Mehrheitsentscheidungen ermöglichen und etwaige Blockaden durch den Koalitionspartner ÖVP verhindern. Dafür notwendig wäre eine Änderung der Landesverfassung.[21] Außerdem müsse die ÖVP Projekte für Kärnten auch im Bund unterstützen. ÖVP-Obmann Martin Gruber gab schließlich bekannt, dass seine Partei die Bedingungen des Ultimatums der SPÖ akzeptiert.[22] Darüber hinaus kündigte er personelle Konsequenzen und eine Neustrukturierung der Partei an.[23]

Politologe Peter Filzmaier sprach von einem bleibenden Imageschaden: „Die Koalition hat einen viel schlechteren Start als gedacht und erhofft. Was immer die Gründe waren, ein persönlich motivierte Rücktritt des Ex-ÖVP-Chefs, eine ÖVP-interne Intrige in Kärnten oder ein völlig verkorkster Masterplan von wem auch immer. Man hat als ÖVP weniger als vorher. Man bleibt zwar Regierungspartner, kann aber überstimmt werden.“[24]

Politologin Kathrin Stainer-Hämmerle bezeichnete die Forderung nach Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzips als „geniale Idee aus Sicht der SPÖ Kärnten, denn für viele Beschlüsse ist nur die Landesregierung und nicht der Landtag zuständig. Die SPÖ könnte somit wie eine Alleinregierung agieren“. Der Rücktritt von Christian Benger habe sie nicht gewundert, da sich die Anzeichen dafür nach der Landtagswahl verdichtet hätten. Sehr wohl aber sei der Zeitpunkt überraschend gewählt gewesen.[25]

Die ÖVP Kärnten möchte laut eigenen Angaben ihren Fokus auf folgende vier Schwerpunktbereiche legen:

  1. ländlicher Raum
  2. Wirtschaftsstandort
  3. Umwelt und Nachhaltigkeit
  4. Familie (in allen Lebensphasen)

Zudem hat die Partei das Jahr zum „Jahr der Regionen“ ausgerufen und möchte für die Schwerpunktbereiche statt verordneten Einheitskonzepten auf regionale Lösungsansätze setzen.[26]

Teilorganisationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kärntner Volkspartei ist ebenso wie die Bundes-ÖVP in Teilorganisationen, die sogenannten „Bünde“, unterteilt. Eine Mitgliedschaft in einer der Teilorganisationen der ÖVP Kärnten bringt in der Regel auch gleichzeitig eine Mitgliedschaft in der Landes- und darüber hinaus in der Bundespartei mit sich. Es existieren von allen sechs ÖVP-Bünden jeweils Landesorganisationen in Kärnten:

Der ÖAAB wurde in Kärnten 1945 neu gegründet. Seit 1947 war der Österreichische Lehrerbund (ÖLB) als praktisch selbständige Interessensvertretung der Lehrerschaft eingebunden. Er war maßgeblich an dem Aufbau des Schulwesens in Kärnten beteiligt.[27]
Seit den 1970er Jahren verzeichnete die ÖAAB Kärnten die höchste Mitgliederzahl innerhalb der ÖVP und überholte damit den Bauernbund.[27]
Obmann des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (AAB) Kärnten ist der Villacher Stadtrat Christian Pober.[28]

Bauernbund Kärnten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Bauernbund ist die Vertretung der Landwirte innerhalb der ÖVP und wurde in Kärnten 1945 als Kärntner Bauernbund (KBB) neu gegründet.[27] Der Bauernbund Kärnten wird aktuell vom Präsidenten der Landwirtschaftskammer Kärnten Siegfried Huber als Obmann geleitet.[29]

Frauenbewegung Kärnten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Frauenbewegung Kärnten vertritt seit dem Jahr 1947 die Interessen der Frauen gegenüber der ÖVP-Landespartei und wurde im Jahr 1972 den Bünden gleichgestellt.[27]

Wirtschaftsbund Kärnten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Wirtschaftsbund wurde in Kärnten als Interessensvertretung der Unternehmer gegründet. Als Obmann des Wirtschaftsbunds Kärnten fungiert Jürgen Mandl.[30]

Seniorenbund Kärnten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Seniorenbund ist einer der mitgliederstärksten Bünde der ÖVP Kärnten und stellt die Vertretung der Senioren innerhalb der Kärntner Volkspartei dar. Seine Obfrau ist die Nationalratsabgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler.[31]

Junge ÖVP (JVP) Kärnten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Die Junge Volkspartei Kärnten vertritt die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis zu deren Übertritt in einen der anderen ÖVP-Bünde. Die JVP Kärnten wurde 1946 als Österreichische Jugendbewegung gegründet, 1970 in Junge ÖVP umbenannt und als Teilorganisation der ÖVP anerkannt und im Jahr 1972 den Bünden gleichgestellt.[27] Aktueller Obmann der JVP Kärnten ist Julian Geier.[32]
  • Robert Kriechbaumer, Franz Schausberger (Hrsg.): Volkspartei – Anspruch und Realität. Zur Geschichte der ÖVP seit 1945 (= Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für Politisch-Historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg. Band 2). Böhlau, Wien u. a. 1995, ISBN 3-205-98458-7.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Landesparteiobmann. Abgerufen am 8. April 2020.
  2. Team. Abgerufen am 8. April 2020.
  3. Landespartei. Abgerufen am 8. April 2020.
  4. Kurze politische Geschichte – Plattform Politische Bildung. Abgerufen am 11. April 2020 (deutsch).
  5. Abgeordnete. Abgerufen am 8. April 2020.
  6. Wolfgang Fercher | 23 15 Uhr, 04 April 2018: Nach Benger-Rücktritt: Martin Gruber wird neuer Parteichef der Kärntner ÖVP. 4. April 2018, abgerufen am 8. April 2020.
  7. derStandard.at. Abgerufen am 8. April 2020 (österreichisches Deutsch).
  8. Parteien in Kärnten vom 2. Weltkrieg bis heute – Plattform Politische Bildung. Abgerufen am 10. April 2020 (deutsch).
  9. a b Kurze politische Geschichte – Plattform Politische Bildung. Abgerufen am 10. April 2020 (deutsch).
  10. Für Lexer hat sich nichts geändert: "Ich bin gewählter Parteiobmann der Kärntner ÖVP" - derStandard.at. Abgerufen am 10. April 2020 (österreichisches Deutsch).
  11. Wiener Zeitung Online: Reinhold Lexer ersetzt Zernatto. Abgerufen am 10. April 2020.
  12. a b Aktuelle Parteienentwicklung von 1999 bis 2015 – Plattform Politische Bildung. Abgerufen am 10. April 2020 (deutsch).
  13. orf.at: Elfköpfiges ÖVP-Team für Koalitionsgespräche. Artikel vom 19. März 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  14. diepresse.com: Kärntens ÖVP geht mit elfköpfigem Team in Koalitionsverhandlungen. Artikel vom 19. März 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  15. Nach Bengers Rücktritt stellt Kärntner SPÖ neuem ÖVP-Chef Gruber Ultimatum - derStandard.at. Abgerufen am 11. April 2020 (österreichisches Deutsch).
  16. orf.at: Nach Benger-Rücktritt wackelt Koalition. Artikel vom 4. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  17. Kurier: Wie die Kampagne gegen den Kärntner ÖVP-Chef lief. Artikel vom 5. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  18. orf.at: SPÖ und ÖVP legen Startprobleme bei. Artikel vom 5. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  19. derStandard.at. Abgerufen am 11. April 2020 (österreichisches Deutsch).
  20. Kleine Zeitung: So verlief das erste Gespräch zwischen Kaiser und Gruber. Artikel vom 5. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  21. orf.at: ÖVP will SPÖ entgegenkommen. Abgerufen am 7. April 2018.
  22. diepresse.com: Kärntner Koalition: ÖVP gibt SPÖ-Ultimatum nach. Artikel vom 5. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  23. Kurier: Neo-ÖVP-Chef will im internen Intrigantenstadl aufräumen. Artikel vom 6. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  24. orf.at: Politologe: „Imageschaden bleibt“ (Memento vom 6. April 2018 im Internet Archive). Artikel vom 6. April 2018, abgerufen am 7. April 2018.
  25. Tiroler Tageszeitung: „Eine geniale Idee aus Sicht der SPÖ Kärnten“. Artikel vom 6. April 2018, abgerufen am 11. März 2020.
  26. ÖVP Kärnten: Mit vier Schwerpunkten ins Jahr 2020. Abgerufen am 10. April 2020.
  27. a b c d e Parteien in Kärnten vom 2. Weltkrieg bis heute – Plattform Politische Bildung. Abgerufen am 10. April 2020 (deutsch).
  28. Buero52 Gmbh: Team. In: ÖAAB Kärnten. Abgerufen am 13. Februar 2024 (deutsch).
  29. Funktionäre. In: Kärntner Bauernbund. Abgerufen am 8. April 2020 (deutsch).
  30. Über uns. Abgerufen am 8. April 2020 (deutsch).
  31. W3Bline: Team. In: Seniorenbund Kärnten. Abgerufen am 8. April 2020 (deutsch).
  32. Team | JVP Kärnten. Abgerufen am 8. April 2020 (deutsch).