Affine Koordinaten sind Koordinaten, die im mathematischen Teilgebiet der linearen Algebra einem Punkt eines
-dimensionalen affinen Raumes bezüglich einer sogenannten affinen Punktbasis zugeordnet werden, das ist eine geordnete Menge von
Punkten des Raumes mit bestimmten Eigenschaften (siehe weiter unten in diesem Artikel).
Man unterscheidet dann inhomogene affine Koordinaten, die gebräuchlichste Form, bei denen die Koordinaten eines Punktes eine geordnete Menge (Tupel) von
Zahlen sind, und homogene Formen, bei denen diese Koordinaten ein
-Tupel bilden.
Mit Hilfe der hier beschriebenen affinen Koordinatensysteme lässt sich eine affine Abbildung durch eine Abbildungsmatrix darstellen.
Affine Koordinaten stehen in engem Zusammenhang zu Teilverhältnissen: Affine Koordinaten lassen sich in Teilverhältnisse umrechnen und umgekehrt.
In der synthetischen Geometrie werden affine Koordinaten für affine Ebenen durch eine geometrische Konstruktion, die Koordinatenkonstruktion, eingeführt. Dabei dienen Punkte einer fest gewählten Gerade der Ebene als affine Koordinaten. Für affine Ebenen über einem Körper führt dieses geometrische Konzept zu den gleichen (inhomogenen) affinen Koordinaten, wie das im vorliegenden Artikel beschriebene Vorgehen aus der analytischen Geometrie. → Siehe zu den affinen Koordinaten in der synthetischen Geometrie den Hauptartikel „Ternärkörper“.
Sei
ein affiner Raum mit zugehörigem
-Vektorraum
. Sei
die Dimension von
.[Anm. 1]
Dann heißen
Punkte
eine affine Basis, falls die Vektoren
eine Basis von
bilden.
In diesem Fall gibt es zu jedem
eindeutig bestimmte
mit
und
.
Dabei bedeutet die Notation
, dass für einen (und damit jeden) Punkt
die Gleichung
in
gilt.
Im affinen Raum
gibt es keinen ausgezeichneten Nullpunkt. Eine affine Basis
trägt diesem Umstand Rechnung. Wählt man einen Basisvektor beliebig aus, etwa
, so ist
eine Basis des zugehörigen Vektorraums. Für jedes
hat man also eindeutige
mit
. Daraus folgt

Setzt man
,
,
so gilt
und
. In dieser Darstellung sind die Basispunkte
wieder gleichberechtigt, keiner der Punkte ist irgendwie ausgezeichnet.
Die Koordinaten
heißen inhomogene affine Koordinaten,
heißen baryzentrische affine Koordinaten von
bezüglich der Basis
. Die baryzentrischen Koordinaten liefern im Gegensatz zu den inhomogenen Koordinaten auch dann formal die gleiche Darstellung des Punktes
, wenn der Vektor
nicht der Nullvektor des Vektorraums ist.
Als homogene affine Koordinaten bezeichnet man die
-Tupel
; in der Literatur wird auch häufig alternativ
verwendet. Diese Notation motiviert sich durch die Interpretation des
-dimensionale affinen Punktraumes als die durch
gegebene Teilmenge des projektiven Raumes
. Im projektiven Raum hat man vom
induzierte „homogene“ Koordinaten, wobei alle
mit
denselben Punkt wie
beschreiben, man für
also
setzen kann. Die Darstellung durch homogene Koordinaten kann unter anderem verwendet werden, um beliebige affine Abbildungen (Affinitäten) mit einer (erweiterten) Abbildungsmatrix ohne Translationsvektor zu beschreiben (→ zu dieser Koordinatendarstellung siehe Hauptartikel Homogene Koordinaten, zur erweiterten Abbildungsmatrix siehe Affine Abbildung: Erweiterte Abbildungsmatrix).
Zu einer affinen Basis
gibt es genau eine Affinität
mit
, wobei
die kanonische Basis von
sei. Ist nun
, so können die affinen Koordinaten von
bezüglich der affinen Basis
im affinen Raum
wie oben berechnet werden. Die Affinität
wird manchmal auch affines Koordinatensystem genannt; dem liegt die Vorstellung zu Grunde, dass
die Koordinaten von
nach
trägt.[Anm. 2] In dieser Auffassung ist
der Ursprung und
die Koordinatendarstellung des Ortsvektors eines Punktes
.
Eine alternative Darstellung nach Thomas Zink von der Universität Bielefeld (2015) verdeutlicht den Zusammenhang mit Begriff des Schwerpunkts:[1]
Sei
ein affiner Raum über einem Körper
. Ein geordnetes Paar
mit einem Punkt
und einem Skalar
nennt man auch einen „gewichteten Punkt“.
Sei nun
eine Sequenz von
gewichteten Punkten mit
.
Als Schwerpunkt der Sequenz bezeichnet man einen Punkt
genau dann, wenn für alle Punkte
gilt:
,
d. h.

Siehe Anmerkungen.[Anm. 3]
Als Gewicht der Sequenz bezeichnet man die Summe der einzelnen Gewichte
.
Mit den auf Summe 1 normierten Gewichten
gilt dann:
.
Ein (n+1)-Tupel
von Punkten
nennt man einen Rahmen (auch Basis des affinen Raums genannt), wenn die Verbindungsvektoren
eine Basis
des Vektorraums
bilden;
heißt dann Ursprung und
ein affines Koordinatensystem.[2]
Für
nennt man
die baryzentrischen Koordinaten von
bezüglich des Rahmens
, wenn
der Schwerpunkt der mit diesen Koordinaten gewichteten Rahmenpunkte
ist. Es gilt dann:
.
Für auf Gewicht 1 normierte baryzentrische Koordinaten
gilt:
.
Wie man sieht, deckt sich diese Definition inhaltlich mit der obigen.
Sei
der dreidimensionale reelle Koordinatenraum. Dann bilden die drei Punkte
und
zusammen mit dem Ursprung
eine affine Basis. Für einen Punkt
sind die Zahlen
die affinen Koordinaten bezüglich dieser Basis.
Wählt man die affine Basis aus dem Ursprung und den Punkten
,
und
, so sind die affinen Koordinaten
zu einem Punkt
durch
gegeben, denn es gilt:

Geraden
sind eindimensionale affine Unterräume und je zwei verschiedene Punkte
bilden eine affine Basis. Die Darstellung der Punkte von
in affinen Koordinaten führt zur Geradengleichung in der sogenannten Parameterform, denn es ist
.
Die Lösungsmenge eines inhomogenen linearen Gleichungssystems bildet einen affinen Raum. Ist
eine spezielle Lösung des inhomogenen Gleichungssystems und
eine Basis des Lösungsraumes des zugehörigen homogenen Systems, so bilden
eine affine Basis des affinen Lösungsraums des inhomogenen Gleichungssystems. Zu jeder Lösung
gibt es daher eindeutig bestimmte
mit
und
. Diese Betrachtung zeigt die bekannte Tatsache, dass es für ein inhomogenes lineares Gleichungssystem keine ausgezeichnete spezielle Lösung gibt.
Sei gegeben ein affiner Raum über einem geordneten Körper
wie z. B.
. Eine Konvexkombination von
Punkten
ist eine spezielle Darstellung in baryzentrischen affinen Koordinaten
, bei der nicht nur
sondern darüber hinaus auch
(nichtnegativ) für alle
gilt.
- ↑ Der Verbindungsvektor von eines Punktes
zu einem Punkt
sei mit
bezeichnet. - ↑ Mit den Zuweisungen
erhält man mit
eineindeutig ein Koordinatensystem nach obigem Sprachgebrauch (Ursprung + Basisvektoren). - ↑ Anmerkungen zu diesem Ansatz:
- Auf die Reihenfolge der gewichteten Punkte kommt es nicht an.
- Es wird hier bewusst nicht vorausgesetzt, dass die Gewichte nichtnegativ sind. In der praktischen Anwendung könnte etwa der Auftrieb dafür sorgen, dass negative Gewichte vorkommen.
- Wenn obige Beziehung für einen Punkt
gilt, dann für alle
. Sei nämlich
. Dann ist
und


.
- Gerd Fischer: Analytische Geometrie (= Rororo-Vieweg 35). Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1978, ISBN 3-499-27035-8.
- Hermann Schaal, Ekkehart Glässner: Lineare Algebra und analytische Geometrie. Band 1. Vieweg, Braunschweig 1976, ISBN 3-528-03056-9.
- Uwe Storch, Hartmut Wiebe: Lehrbuch der Mathematik. Für Mathematiker, Informatiker und Physiker. Band 2: Lineare Algebra. BI-Wissenschafts-Verlag, Mannheim 1990, ISBN 3-411-14101-8.
- ↑ Thomas Zink: Baryzentrische Koordinaten. Fakultät für Mathematik, Universität Bielefeld. 20. November 2015, 3 Seiten.
- ↑ Definition: affines Koordinatensystem. Auf: Mathematik [Universität Stuttgart] (Spezialfall
)