Aminophenole – Wikipedia

Aminophenole (auch Hydroxyaniline; Summenformel C6H7NO) sind aromatische Verbindungen und leiten sich sowohl vom Anilin als auch vom Phenol ab. Durch unterschiedliche Anordnung der Substituenten ergeben sich drei Konstitutionsisomere. Sie dienen u. a. zur Herstellung von Arzneimitteln, Farbstoffen und photographischen Entwicklern. Die Methylether bilden die Gruppe der Anisidine, die Ethylether die der Phenetidine.

Aminophenole
Name 2-Aminophenol 3-Aminophenol 4-Aminophenol
Andere Namen o-Aminophenol,
2-Hydroxyanilin
m-Aminophenol,
3-Hydroxyanilin
M-AMINOPHENOL (INCI)[1]
p-Aminophenol,
4-Hydroxyanilin
Strukturformel
CAS-Nummer 95-55-6 591-27-5 123-30-8
27598-85-2 (Isomerengemisch)[2]
ECHA-InfoCard 100.002.211 100.008.830 100.004.198
PubChem 5801 11568 403
Summenformel C6H7NO
Molare Masse 109,13 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Kurzbeschreibung farbloser Feststoff
Schmelzpunkt 172–174 °C[3] 122 °C[4] 190 °C[5]
Siedepunkt 150 °C (15 mbar)[3] 164 °C (15 mbar)[4] 284 °C (Zers.)[5]
pKs-Wert 4,78 (20 °C, Hydroxygruppe)[6]
9,97 (20 °C, Aminogruppe)[6]
4,37 (20 °C, Hydroxygruppe)[6]
9,82 (20 °C, Aminogruppe)[6]
5,48 (25 °C, Hydroxygruppe)[6]
10,30 (25 °C, Aminogruppe)[6]
Löslichkeit 17 g·l−1 (20 °C)[3] 26 g·l−1 (20 °C)[4] 6,5 g·l−1 (24 °C)[5]
wenig löslich in Wasser, löslich in Ethanol, Ether, Säuren und Basen
GHS-
Kennzeichnung
aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[7] ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Achtung[3]
aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[8] ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Achtung[4]
aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[9] ggf. erweitert
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol
Achtung[5]
H- und P-Sätze 302​‐​332​‐​317​‐​341[3] 302​‐​332​‐​317​‐​411[4] 302​‐​332​‐​317​‐​341​‐​373​‐​410[5]
keine EUH-Sätze keine EUH-Sätze keine EUH-Sätze
280​‐​301+330+331​‐​302+352​‐​304+340​‐​312​‐​333+313[3] ? 273​‐​280​‐​301+312​‐​302+352​‐​304+340+312​‐​308+313[5]
Tox-Daten 951 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[3] 924 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[4] 375 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[5]

Im Gegensatz zu zahlreichen disubstituierten Benzolen hat sich für die Aminophenole kein eigener Trivialname herausgebildet.

So wie sich die Anisidine vom Namensstamm Anisol bzw. Toluidine von Toluol ableiten (stickstoffhaltige Derivate des Anisols bzw. Toluols), hätte man in analoger Weise ausgehend vom Namensstamm Phenol die Namensgebung Phenidine ableiten können. Dazu ist es jedoch nicht gekommen, der Name Phenidin wird hingegen für das N-(4-ethoxyphenyl)acetamid (= Phenacetin) verwendet.

Die Aminophenole sind feste farblose Stoffe. Sie verfärben sich bei Einwirkung von Luft grau bis dunkelgrau. Sie sind wenig löslich in Wasser, löslich in Ethanol und Ether. Da sie sowohl eine Hydroxygruppe als auch eine Aminogruppe besitzen, sind sie in Säuren und Basen löslich. In basischem Milieu können 2- und 4-Aminophenol von starken Oxidationsmitteln reversibel zu den entsprechenden Chinoniminen umgesetzt werden (vgl. Indophenol, siehe auch Chinone).

4-Aminophenol wird durch elektrolytische Reduktion von 4-Nitrophenol in stark schwefelsaurer Lösung hergestellt.[10]

Der Farbstoff Indophenol lässt sich durch oxidative Kupplung von 4-Aminophenol mit Phenol in alkalischer Lösung mit Natriumhypochlorit als Oxidationsmittel herstellen. Die Aminophenole dienen auch zur Darstellung zahlreicher Azofarbstoffe.

Momme Andresen entdeckte 1888, dass 4-Aminophenol als Entwickler für die Schwarzweißfotografie eingesetzt werden kann. Es ist unter dem Handelsnamen Rodinal bekannt.[10]

Aus 4-Aminophenol leiten sich u. a. Phenacetin und Paracetamol ab. Sie dienen beide als Arzneistoffe zur Schmerzbehandlung und Fiebersenkung.

Umsetzung von 4-Aminophenol mit Essigsäureanhydrid führt zum Paracetamol unter Abspaltung von Essigsäure.

Bei der Polykondensation von Aminophenolen mit Formaldehyd erhält man Kunstharze, die als Anionenaustauscher Bedeutung erlangt haben.

Risikobewertung

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4-Aminophenol wurde 2020 von der EU gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (REACH) im Rahmen der Stoffbewertung in den fortlaufenden Aktionsplan der Gemeinschaft (CoRAP) aufgenommen. Hierbei werden die Auswirkungen des Stoffs auf die menschliche Gesundheit bzw. die Umwelt neu bewertet und ggf. Folgemaßnahmen eingeleitet. Ursächlich für die Aufnahme von 4-Aminophenol waren die Besorgnisse bezüglich anderer gefahrenbezogener Bedenken sowie der vermuteten Gefahren durch mutationsauslösende und sensibilisierende Eigenschaften. Die Neubewertung fand ab 2020 statt und wurde von Italien durchgeführt. Anschließend wurde ein Abschlussbericht veröffentlicht.[11][12]

Einzelnachweise

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  1. Eintrag zu M-AMINOPHENOL in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 19. Januar 2022.
  2. Eintrag zu Aminophenol, Isomere in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 11. August 2016. (JavaScript erforderlich)
  3. a b c d e f g Eintrag zu 2-Aminophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 28. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  4. a b c d e f Eintrag zu 3-Aminophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 28. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  5. a b c d e f g Eintrag zu 4-Aminophenol in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 28. Januar 2024. (JavaScript erforderlich)
  6. a b c d e f W. M. Haynes (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 97. Auflage. (Internet-Version: 2016), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Dissociation Constants of Organic Acids and Bases, S. 5-89.
  7. Eintrag zu 2-aminophenol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 11. August 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  8. Eintrag zu 3-aminophenol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 11. August 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  9. Eintrag zu 4-aminophenol im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 11. August 2016. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  10. a b Beyer/Walter: Lehrbuch der Organischen Chemie, 19. Auflage, S. Hirzel Verlag, Stuttgart 1981, ISBN 3-7776-0356-2, S. 527.
  11. Europäische Chemikalienagentur (ECHA): Substance Evaluation Conclusion and Evaluation Report.
  12. Community Rolling Action Plan (CoRAP) der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA): 4-aminophenol, abgerufen am 6. März 2022.