Amt Schildesche – Wikipedia

Das Amt Schildesche war ein Amt im Kreis Bielefeld im Regierungsbezirk Minden der preußischen Provinz Westfalen. Es bestand von 1843 bis 1930. Seine Gemeinden gehören heute zu den Bielefelder Stadtbezirken Schildesche, Heepen und Jöllenbeck. Die historischen Vorgänger des Amtes waren die Vogtei Schildesche und der Kanton Schildesche.

Die Vogtei Schildesche

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Bis 1806 existierte im Gebiet um Schildesche die Vogtei Schildesche im Amt Sparrenberg der Grafschaft Ravensberg, die seit dem 17. Jahrhundert zu Preußen gehörte. Als große und bedeutende Vogtei besaß die Vogtei Schildesche einen Amtmann an ihrer Spitze und wurde daher in zeitgenössischen Darstellungen auch als Amtsvogtei oder Amtsdistrikt bezeichnet.[1] Zur Vogtei Schildesche gehörten das Kirchspiel Jöllenbeck mit dem Kirchdorf Oberjöllenbeck sowie den Bauerschaften Diebrock, Eickum, Laar und Niederjöllenbeck sowie das Kirchspiel Schildesche mit dem Wigbold Schildesche, den Bauerschaften Brake, Gellershagen, Schildesche, Theesen und Vilsendorf, dem Stift Schildesche sowie den adligen Gütern Brodhagen, Hausheide und Stedefreund. Im Jahr 1799 hatte die Vogtei bzw. das Amt 10.364 Einwohner.[2]

Der Kanton Schildesche

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Nachdem die Grafschaft Ravensberg 1807 an das Königreich Westphalen gefallen war, wurden neue Verwaltungsstrukturen nach französischem Vorbild geschaffen. Im Distrikt Bielefeld des Departements der Weser wurde der Kanton Schildesche gebildet, der im Jahre 1808 8.890 Einwohner hatte.[3] Der Kanton umfasste das Gebiet der alten Vogtei bis auf die beiden Jöllenbecker Gemeinden, die zum Kanton Werther kamen.[4] 1808 wurde der Kanton in zwei Munizipalitäten mit Sitz in Schildesche und Diebrock untergliedert.[5]

Nach der Annexion großer Teile Norddeutschlands durch Napoleon Bonaparte im Jahre 1811 verlief die neue Staatsgrenze zwischen dem Königreich Westphalen und dem Kaiserreich Frankreich quer durch den Kanton Schildesche entlang des Johannisbachs. Dadurch kam es zu umfangreichen Änderungen der Verwaltungsgliederung:

  • Im Königreich Westphalen wurde wieder ein Kanton Schildesche, nun aber mit vollkommen neuen Grenzen, gebildet. Zum Kanton gehörten nunmehr alle südlich des Johannisbachs gelegenen Teile von Dorf, Stift und Bauerschaft Schildesche sowie Milse, Gellershagen, Babenhausen, Großdornberg, Kirchdornberg, Niederdornberg, Isingdorf und das Gut Uerentrup. Die Einteilung des Kantons in zwei Munizipalitäten wurde wieder aufgehoben. In seiner neuen Form hatte er im Jahre 1811 6.682 Einwohner und gehörte nun zum Departement der Fulda.[6]
  • Im nördlich des Johannisbachs gelegenen Teil des alten Kantons wurden Brake, Theesen, Vilsendorf und der nördlichen Teil der Bauerschaft Schildesche zur Mairie Schildesche zusammengefasst, die zum Kanton Enger im Distrikt Minden des französischen Départements der oberen Ems gehörte und 2.789 Einwohner hatte. Laar, Eickum, Diebrock und Stedefreund kamen zur Mairie Herford im Kanton Enger.[7]

Nach dem Ende der Franzosenzeit fiel das Ravensberger Land 1813 wieder an Preußen. 1816 wurden im Regierungsbezirk Minden der Provinz Westfalen der Kreis Bielefeld gebildet. Der Kanton und die Mairie von 1811 wurden wieder vereinigt und bildeten nun den Verwaltungsbezirk Schildesche, der auch als Bürgermeisterei Schildesche bezeichnet wurde.[8][9][10]

Das Amt Schildesche

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Mit der Einführung der Westfälischen Landgemeindeordnung im Dezember 1843 das Amt Schildesche gebildet, das den Verwaltungsbezirk Schildesche ohne die Gemeinden des Kirchspiels Dornberg umfasste.[11] Zum 23. Juli 1845 wurden auch die einzelnen Dörfer und Bauerschaften durchgängig als eigenständige Gemeinden konstituiert. Das Amt Schildesche bestand seitdem aus den folgenden sieben Gemeinden:[12]

1893 wurde Milse in das benachbarte Amt Heepen umgegliedert.[13] Bis 1922 wurde das benachbarte Amt Jöllenbeck vom Amtmann des Amtes Schildesche mitverwaltet.[14] 1930 kam es zu einer umfangreichen kommunalen Neuordnung:[15]

  • Das Dorf Schildesche wurde bis auf einige Parzellen, die an Vilsendorf fielen, nach Bielefeld eingemeindet.
  • Von Schildesche Bauerschaft wurde das Sudbrackgebiet nach Bielefeld eingemeindet. Der Rest der Bauerschaft fiel an Vilsendorf und Brake.
  • Gellershagen wurde bis auf einen Gebietsteil, der an Babenhausen fiel, nach Bielefeld eingemeindet.
  • Theesen und Vilsendorf wurden ins Amt Jöllenbeck umgegliedert.
  • Brake wurde ins Amt Heepen umgegliedert.
  • Das Amt Schildesche wurde aufgelöst. Sein Rechtsnachfolger wurde die vergrößerte Stadt Bielefeld.

Heute bildet das Kerngebiet des ehemaligen Amtes Schildesche in Bielefeld den Stadtbezirk Schildesche. Theesen und Vilsendorf gehören zum Stadtbezirk Jöllenbeck, während Brake und Milse zum Stadtbezirk Heepen gehören.

Einwohnerentwicklung

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Jahr Einwohner Quelle
1843 08.035 [16]
1864 08.022 [17]
1885 09.641 [18]
1910 18.913 [19]

Kirchliche Zugehörigkeit

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Das Amt Schildesche war bis auf Milse, das zum Kirchspiel Heepen gehörte, weitgehend deckungsgleich mit dem Kirchspiel Schildesche.[16] Die Schildescher Stiftskirche war die Pfarrkirche des Kirchspiels.

Einzelnachweise

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  1. Peter Florenz Weddigen: Topographie der Amtsdistrikte Schildesche und Werther. In: Westphälisches Magazin zur Geographie, Historie und Statistik. 1788, S. 236 f. (Digitalisat online [abgerufen am 22. April 2010]).
  2. Peter Florens Weddigen: Westphälischer historisch-geographischer National-Kalender. Kleinenbremen 1805, § 1 Das Amt Sparrenberg, S. 46 (google.de).
  3. Johann Georg Hassel: Geographisch-statistischer Abriß des Königreichs Westphalen. Verlag des Landes-Industrie-Comptoirs, Weimar 1809 Volltext bei Google Books, S. 248
  4. Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.); Projekt Westfälische Geschichte : "Königliches Decret, wodurch die Eintheilung des Königreichs in acht Departements angeordnet wird", mit: "Verzeichniß der Departements, Districte, Cantons und Communen des Königreichs"
  5. Eintheilung derjenigen Cantons des Districtes Bielefeld, im Weser-Departement, enthält, in welchen zwei Municipalitäten seyn sollen. 18. Mai 1808, S. 140 f. (Digitalisat online [abgerufen am 23. April 2010]).
  6. Territorial-Eintheilung des Districts Bielefeld. In: Gesetz-Bülletin des Königreichs Westphalen Band 2. 20. November 1812, S. 425 (Digitalisat online [abgerufen am 13. April 2010]).
  7. Albrecht Friedrich Ludolph Lasius: Der Französische Kayser-Staat unter der Regierung des Kaysers Napoleon des Grossen im Jahre 1812. Kißling, Osnabrück 1813, S. 204 (google.de).
  8. Statistisch-Topographische Uebersicht des Regierungs-Bezirks Minden 1821. In: Digitale Sammlungen ULB Münster. S. 41, abgerufen am 9. Januar 2025.
  9. Alfred Bruns (Hrsg.): Westfalenlexikon 1832-1835. (Nachdrucke zur westfälischen Archivpflege). Westfälisches Landesamt für Archivpflege, Münster 1978.
  10. Amtsblatt der Regierung Minden 1829, Erwähnung der Bürgermeisterei Schildesche
  11. Verordnung Nr. 22. In: Amtsblatt der Regierung Minden. 3. Januar 1844, S. 360 (Digitalisat online [abgerufen am 22. April 2010]).
  12. Amtsblatt der Regierung Minden. 1845, S. 348 (Digitalisat online [abgerufen am 2. Februar 2013]).
  13. Amtsblatt der Regierung Minden 1893, S. 93
  14. Rolf Jehke: Territoriale Veränderungen in Deutschland. Abgerufen am 22. April 2010.
  15. Gesetz über die Erweiterung des Stadtkreises Bielefeld. (PDF; 7 kB) In: Gesetz-Sammlung für die Königlichen Preußischen Staaten. 11. Juni 1930, S. § 1, abgerufen am 14. April 2010.
  16. a b Seemann: Geographisch-statistisch-topographische Übersicht des Regierungsbezirks Minden. 1843, abgerufen am 23. April 2024.
  17. Topographisch-statistisches Handbuch des Regierungs-Bezirks Minden. 1866, S. 12 (Digitalisat online [abgerufen am 22. April 2010]).
  18. Statistisches Landesamt Nordrhein-Westfalen: Gemeindestatistik des Landes Nordrhein-Westfalen: Bevölkerungsentwicklung 1871–1961. Düsseldorf 1966
  19. Uli Schubert: Deutsches Gemeindeverzeichnis 1910. Abgerufen am 22. Mai 2009.

Koordinaten: 52° 3′ N, 8° 33′ O