Amt Utphe – Wikipedia

Das Amt Utphe war ein Amt der Grafen von Solms-Laubach und nachfolgend im Großherzogtum Hessen.

In der Frühen Neuzeit waren Ämter eine Ebene zwischen den Gemeinden und der Landesherrschaft. Die Funktionen von Verwaltung und Rechtsprechung waren hier nicht getrennt. Dem Amt stand ein Amtmann vor, der von der Landesherrschaft eingesetzt wurde.

1528 kaufte Graf Philipp von Solms-Lich für 2.000 fl. den Hof in Utphe samt Zinsen zu Ober-Bessingen, Ettingshausen, Gonterskirchen, Laubach und Trais-Horloff.[1] Das Amt Utphe gehörte in der frühen Neuzeit zur Grafschaft Solms-Laubach.[2] Es bildete sich sogar für eine kurze Zeit eine eigene Linie der Grafschaft Solms-Laubach mit Solms-Laubach-Utphe heraus. Die Brüder Friedrich Ernst (1671–1723) und Carl Otto (1673–1743) von Solms-Laubach vereinbarten, dass Carl Otto das Amt Utphe übernahm. Dessen Sohn Carl Ludwig (1704–1762) starb unverheiratet und kinderlos. Damit fiel das Amt an Laubach zurück.[3] Zwischen 1741 und 1744 wurden die sogenannten Betteljuden in der Grafschaft Solms-Laubach und im Amt Utphe vom Wegzoll befreit.1785 wurde eine Zunft für jüdische Metzger und Schlachter im Amt gegründet.[4]

Mit der Rheinbundakte[5] von 1806 fiel die staatliche Hoheit über die Grafschaft Solms-Laubach dem Großherzogtum Hessen zu. Dieses gliederte das Gebiet in das Fürstentum Oberhessen (ab 1816: „Provinz Oberhessen“) ein, war allerdings an die Einschränkung gebunden, dass dem Grafen der Rang eines Standesherren verblieb und er dort weiter hoheitliche Rechte in Verwaltung und Rechtsprechung ausübte. Diese eigenständige Souveränität störte selbstverständlich den Anspruch des Großherzogtums auf das staatliche Gewaltmonopol.

Ab 1820 kam es im Großherzogtum Hessen zu Verwaltungsreformen. 1821 wurden auch auf unterer Ebene Rechtsprechung und Verwaltung getrennt und alle Ämter aufgelöst. Für die bisher durch die Ämter wahrgenommenen Verwaltungsaufgaben wurden Landratsbezirke geschaffen, für die erstinstanzliche Rechtsprechung Landgerichte.[6]

Wegen der querliegenden Rechte der Standesherren dauerte das in einigen der von ihnen regierten Gebiete bis 1822, so auch im Bereich Solms-Laubach: Mit Allerhöchster Entschließung seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs vom 24. April 1822 wurde das ehemals gräflich solms-laubachische Amt Utphe aufgelöst und dessen Verwaltungsaufgaben auf den neu gebildeten Landratsbezirk Hungen, dessen Aufgaben in der Rechtsprechung dem Landgericht Hungen übertragen.[7]

Zum Amt Utphe gehörten zum Zeitpunkt seines Übergangs an das Großherzogtum Hessen 1806:

Im Amt Utphe galt das Solmser Landrecht. Das Gemeine Recht galt nur noch, wenn das Solmser Landrecht für einen Sachverhalt keine Bestimmungen enthielt. Das Solmser Landrecht blieb auch, als das Amt Utphe zum Großherzogtum Hessen gehörte, dort weiter geltendes Recht[14], das erst zum 1. Januar 1900 das einheitlich im ganzen Deutschen Reich geltende Bürgerliche Gesetzbuch ablöste.

Solmsisches Hofgut

Amtssitz war das Solmsische Hofgut auch als „Utpher Schloss“ bekannt. Der 1707 erbaute Gebäudekomplex steht unter Denkmalschutz.[15]

  1. Ab 1806 gehörten das laubachische und das braunfelsische Viertel des Kondominats Herrschaft Münzenberg zum Großherzogtum, ab 1810 dann auch die Hälfte, die ursprünglich zur Grafschaft Hanau-Münzenberg und ab 1736 zur Landgrafschaft Hessen-Kassel gehört hatte (L. Ewald: Beiträge zur Landeskunde. In: Grossherzogliche Centralstelle für die Landes-Statistik (Hg.): Beiträge zur Statistik des Grossherzogthums Hessen. Jonghaus, Darmstadt 1862, S. 55, 57, Nr. 923, 948b und 1034c).

Einzelnachweise

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  1. Friedrich Battenberg, Solmser Urkunden. Regesten zu den Urkundenbeständen und Kopiaren der Grafen und Fürsten von Solms im Staatsarchiv Darmstadt (Abteilungen B 9 und F 24 B), im gräflichen Archiv zu Laubach und im fürstlichen Archiv zu Lich. 1131–1913. Bd. 1–5, Darmstadt 1981–1986. Solmser Urkunden 3, Nr. 2654, 2680.
  2. Utphe, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  3. Rudolph Graf zu Solms-Laubach: Geschichte des Grafen- und Fürstenhauses Solms, 1865, S. 355 u. a., Digitalisat
  4. Eugen Rieß: Geschichte der Juden in Wohnbach. In: Ders.: „Vom Leben in einem kleinen Dorf. Die Ortsgeschichte von Wohnbach. Band 2: Das Dorf im Wandel“ S. 139–253. S. 144–146.
  5. Art. 24 Rheinbundakte.
  6. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  7. Die neue Landeseintheilung und Organisation der untern Justiz und Verwaltungsbehörden – insbesondere in den fürstlich und gräflich Solmsischen Besitzungen betreffend. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 10. Mai 1822, S. 182.
  8. Inheiden, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  9. Münzenberg, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  10. Trais, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  11. Trais-Horloff, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  12. Utphe, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  13. Wohnbach, Landkreis Gießen. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  14. Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893, S. 106, sowie beiliegende Karte.
  15. Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hrsg.): Sachgesamtheit Hofgut Utphe In: DenkXweb, Online-Ausgabe von Kulturdenkmäler in Hessen

Koordinaten: 50° 26′ 16,9″ N, 8° 53′ 6,3″ O