Arbeitssoziologie – Wikipedia
Die Arbeitssoziologie befasst sich mit der Arbeit in allen sozialen Ausformungen. Dabei wird die Arbeit nach besonderen soziokulturellen Merkmalen geordnet und unter technischen, institutionellen oder ökonomischen und politischen Aspekten partiell abgehandelt.[1] Als eine der speziellen Soziologien ist sie erst jüngeren Datums, obwohl ihr Gegenstand, die Arbeit, schon früher Philosophen und Wissenschaftler auf den Gebieten der National- und Sozialökonomie beschäftigte (vgl. Arbeit (Philosophie) oder Arbeit (Sozialwissenschaften)). Arbeitssoziologische Themen werden bereits in philosophischen und nationalökonomischen Traktaten des 18. und 19. Jahrhunderts abgehandelt.
Da der Arbeitsbegriff viele menschliche Tätigkeiten mit anderen Bezeichnungen umfasst – z. B Dienst, Pflege, Wissenschaft, Kampf oder Krieg („destruktive Arbeit“) –, hat die Arbeitssoziologie ein ungemein weit gespanntes Forschungsfeld. Auch künstlerische und sportliche Aktivitäten können unter Gesichtspunkten der Arbeit analysiert werden.
Arbeitssoziologisch bahnbrechend war Karl Büchers umfangreiche Studie „Arbeit und Rhythmus“ von 1904.
Forschungsschwerpunkte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Arbeitssoziologie untersucht
- die einzelnen Momente und Dimensionen des Arbeitsprozesses, wie Kooperation und Arbeitsteilung, Anforderungen und Qualifikation, Formen und Techniken der Arbeit, betriebliche Hierarchie und Mitbestimmung;
- die gesellschaftliche Organisation der Arbeit, im Besonderen den Arbeitsmarkt, die Interessenvertretungen der Arbeitenden (Gewerkschaften), Beruf und Profession, sowie die gesellschaftliche Arbeitsteilung;
- das Verhältnis von Arbeit und Freizeit und die Reproduktionsarbeit in Haushalt und Familie, die weitgehend Angelegenheit von Frauen ist und die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aufwirft;
- die subjektive Seite im sozialen Handeln der Arbeitenden mit den Aspekten: Arbeitsmotivation, Arbeitserfahrung als Arbeitsleid und Arbeitsfreude, Gruppenbildung, Kooperations- und Konfliktverhalten einschließlich des „Absentismus“ sowie die Arbeitsfeste und -feiern, wie z. B. das Erntedankfest;
- den sozialen Status der Arbeitenden (z. B. frei/unfrei, ungelernt/gelernt; Bauern/Arbeiter/Angestellte/Beamte).
- Arbeit als gesellschaftlichen Integrationsfaktor, etwa im Zusammenhang mit Prekarisierung. Häufig geht es auch um eine Gegenüberstellung des Normalarbeitsverhältnisses und prekärer bzw. atypischer Beschäftigung.
Außerdem behandelt die Arbeitssoziologie viele Spezialfragen wie Kinderarbeit, Zwangsarbeit, „Humanisierung der Arbeitswelt“.
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Arbeitszufriedenheit, Entfremdung
- Arbeitsethik, Human Relations
- Arbeitsgruppe, Team
- Industrie- und Betriebssoziologie
- Entgrenzung der Arbeit
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Fritz Böhle, G. Günter Voß, Günther Wachtler (Hrsg.): Handbuch Arbeitssoziologie, VS Verlag, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-15432-9.
- Karl Bücher: Arbeit und Rhythmus, Hirzel, Leipzig 1904.
- Lars Clausen: Produktive Arbeit, destruktive Arbeit, Walter de Gruyter, Berlin/New York 1988, ISBN 3-11-011814-9.
- Daniel B. Cornfield / Randy Hodson (Hrsg.): Worlds of Work: Building International Sociology of Work. Kluwer, New York 2002, ISBN 0-306-46605-8.
- Christoph Deutschmann: Postindustrielle Industriesoziologie. Theoretische Grundlagen, Arbeitsverhältnisse und soziale Identitäten, Juventa, München 2002.
- Friedrich Fürstenberg: Einführung in die Arbeitssoziologie, Wiss. Buchgesellschaft, Darmstadt 1977.
- Alexander Neumann: 'Kritische Arbeitssoziologie', Schmetterling Verlag theorie.org, Stuttgart 2010.
- Claus Offe: Arbeitsgesellschaft. Strukturprobleme und Zukunftsperspektiven. Campus, Frankfurt am Main 1984.
- Gert Schmidt (Hrsg.): Kein Ende der Arbeitsgesellschaft. Arbeit, Gesellschaft und Subjekt im Globalisierungsprozeß. Edition sigma, Berlin 1999, ISBN 978-3-89404-471-8.
- Johano Strasser: Wenn der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht. (1999).
- Konrad Thomas: Analyse der Arbeit, Enke, Stuttgart 1969.
- Fritz Vilmar (Hrsg.): Menschenwürde im Betrieb. Modelle der Humanisierung und Demokratisierung der industriellen Arbeitswelt, Rowohlt, Reinbek 1974, ISBN 3-499-11604-9.
- Max Weber: Die ‚Objektivität‘ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. 19 1904, S. 22–87 (MWG I/7, 135–234; GAWL 146–214).
- Max Weber: Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. 20 1904, S. 1–54 und 21, 1905, S. 1–110 (MWG I/9 und MWG I/18; überarbeitet in GARS I 1–206).
- Max Weber: Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. Band 28 (1908), Heft 1 und 3, Band 29 (1909), Heft 2 (MWG I/11).
- Irmgard Weyrather: Die Frau am Fließband. Das Bild der Fabrikarbeiterin in der Sozialforschung 1870 – 1985, Campus, Frankfurt am Main/New York 2003.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- http://www.arbsoz.de/ Sektion Arbeits- und Industriesoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS)
- http://www.soz.uni-heidelberg.de/internet.htm Linkseite zu Instituten, Datenbanken & Archiven (z. B. SOEP)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Fritz Böhle, Gerd-Günter Voß, Günther Wachtler: Handbuch Arbeitssoziologie, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-15432-9; Im ersten Kapitel dieses Buches Was ist Arbeit? weist Gerd-Günter Voß darauf hin, dass die Arbeitssoziologie bislang noch über keinen allgemein gültigen Arbeitsbegriff verfügt.