Arbeitsphysiologie – Wikipedia
Arbeitsphysiologie, auch Leistungsphysiologie genannt, ist ein klassisches Teilgebiet der Arbeitsmedizin und der Arbeitswissenschaft.
Aufgabengebiet
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Arbeitsphysiologie befasst sich mit den physiologischen Funktionen des menschlichen Organismus, dessen Leistungsfähigkeit und -grenzen bei der vom Menschen verrichteten Arbeit. Sie vermittelt Erkenntnisse, die es ermöglichen, die Arbeit und deren Elemente den physiologischen Erfordernissen entsprechend, d. h. menschengerecht, zu gestalten. Zur Erklärung und Gestaltung der Mensch-Arbeits-Gesundheits-Beziehung wird ein theoretisches Belastungs-Beanspruchungs-Konzept verwendet. Belastung ist hier eine wertfreie Bezeichnung für die Einflüsse von Arbeitsaufgaben und Arbeitsbedingungen auf den Arbeitenden, z. B. Zeitdruck, hohe Verantwortung oder rasch wechselnde Technologien, Beanspruchung resultiert aus der Auseinandersetzung des Menschen mit der Belastung, sie ist von den individuellen Voraussetzungen und von der Leistungsfähigkeit abhängig. Fehlbeanspruchungen können sich in Veränderungen von Organsystemen, z. B. Kopfschmerzen bei Dauerstress, bemerkbar machen.
Disziplinen und Methoden
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits um 1910[1] beschäftigte sich der in Tunis geborene französische Wissenschaftler Julus Amar (1879–1935) als Arbeitsphysiologe und Ergonom neben der Entwicklung von Prothesen auch mit der Erstellung von Schulungsprogrammen für die berufliche Wiedereingliederung von Kriegsversehrten (Ab 1913 war er Direktor des neugegründeten Laboratoire de recherches sur le travail musculaire professionell).[2] Im Jahr 1913 wurde in Deutschland das Kaiser Wilhelm-Institut für Arbeitsphysiologie gegründet.[3] Die moderne Arbeitsphysiologie ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld von medizinischen, Ingenieur-, Neuro- und Verhaltens-Wissenschaften. Präventionsaspekte stehen im Vordergrund. Beispiel moderner arbeitsphysiologischer Fragestellungen sind Wirkungen von Kombinationsbelastungen und von Kumulationen geringer, jedoch lange andauernder Belastungen. Moderne Ergonomie fokussiert sich zunehmend auf Fragen der Gestaltung von Mensch-Maschine-Schnittstellen und deren sinnesphysiologischen sowie psychophysischen Aspekten („Human Factors“). Aus der Kenntnis arbeitsrelevanter Prozesse und arbeitsbedingter Veränderungen werden Beurteilungs- und Gestaltungsvorschläge abgeleitet. Besondere Berücksichtigung finden hierbei Veränderungen infolge neuer Technologien und Arbeitsformen, deren Prozesse auf der biochemisch-zellulären, der organsystemischen sowie der Verhaltens- und Befindlichkeitsebene untersucht werden. Zunehmend stehen dabei auch individuelle Unterschiede im Vordergrund, beispielsweise in der Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen oder dem Erleben von Beanspruchung.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Otto Graf: Arbeitsphysiologie. Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1960.
- Albrecht Bethe, Gustav von Bergmann, Gustav Embden, Alexander Ellinger (Hrsg.): Arbeitsphysiologie II. 15. Band, Verlag von Julius Springer, Berlin 1931.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Einführung in die Arbeitsphysiologie (abgerufen am 18. Februar 2016)
- Forum Arbeitsphysiologie (abgerufen am 18. Februar 2016)
- Arbeitsphysiologie, Leistungsdiagnostik, Beanspruchungsanalysen (abgerufen am 18. Februar 2016)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jules Amar: Le rendement de la machine humaine. Paris 1910.
- ↑ Christoph Auf der Horst: Amar, Jules Mardochée. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 50.
- ↑ Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 55.