Aromunische Sprache – Wikipedia

Aromunisch (armãneashce)

Gesprochen in

Albanien Albanien,
Bulgarien Bulgarien,
Griechenland Griechenland,
Nordmazedonien Nordmazedonien und
Rumänien Rumänien
Sprecher 500.740 (1999)[1]
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Albanien Albanien und
Nordmazedonien Nordmazedonien (regional)
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

rup

ISO 639-3

rup

Das Verbreitungsareal der vier walachischen (rumänischen) Sprachen der balkanromanischen Sprachgruppe.

Das Aromunische (auch Mazedorumänisch, Eigenbezeichnung armãneashce oder limba armãneascã) ist die von Aromunen auf dem südlichen Balkan gesprochene romanische Sprache.[2] Sie wird je nach Land im lateinischen oder griechischen Alphabet geschrieben, eine standardisierte Rechtschreibung mit lateinischem Alphabet hat sich inzwischen durchgesetzt.

Klassifikation und Sprachbezeichnung

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Titelblatt der aromunischen Grammatik des Michael George Bojadschi, 1813

Das Aromunische lässt sich ebenso wie das Rumänische, Meglenorumänische und Istrorumänische auf das Urrumänische oder Protorumänische zurückführen, das seinerseits aus dem Vulgärlatein Südosteuropas entstanden war. Gemeinsam mit diesen drei Sprachen bildet es innerhalb der romanischen Sprachen die balkanromanische Gruppe im engeren Sinne.

Zum Status des Aromunischen wurden unterschiedliche Auffassungen vorgetragen. Bei einem Teil der Sprachforscher werden die vier aus dem Urrumänischen hervorgegangenen Idiome aufgrund ihrer gemeinsamen Herkunft und sprachstrukturellen Ähnlichkeit als Dialekte einer einzigen rumänischen Sprache betrachtet. Diese Auffassung wird heute noch von einem Teil der Linguisten vertreten. In der neueren Romanistik werden diese vier Sprachformen vor allem aufgrund ihrer seit langem bestehenden soziolinguistischen Eigenständigkeit als getrennte Sprachen klassifiziert, so dass das Aromunische in dieser Sicht eine gesonderte romanische Sprache darstellt (George Giuglea, Alexandru Graur, Ion Coteanu). Diese These wird auch von den Aromunen bevorzugt, die sich in diversen Zentren versammeln (Freiburg, Paris, Constanța usw.). Dahinter steht die Absicht, diese Sprache zu bewahren.

Als Sprachbezeichnung wird neben dem auf die Eigenbezeichnung zurückgehenden Aromunisch von einigen Sprachwissenschaftlern auch Mazedorumänisch verwendet.

In anderssprachigen Quellen und teilweise in der älteren Sprachwissenschaft tritt für das Aromunische auch die Bezeichnung Walachisch, Wlachisch oder Vlachisch auf, die auf die Fremdbezeichnung der Nachbarvölker für die Balkanromanen (Walachen) zurückgeht und ebenso auf die anderen balkanromanischen Sprachen angewandt wurde.

Verbreitung und soziolinguistischer Status

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Die balkanromanischen Sprachen oder rumänischen Dialekte der südlichen Balkanhalbinsel (2001)

Aromunisch ist diejenige der balkanromanischen Sprachen südlich der Donau mit der größten Sprecherzahl. Das Verbreitungsgebiet des Aromunischen erstreckt sich über große Teile der Balkanhalbinsel und umfasst Teile von Griechenland (Epirus, Thessalien, Makedonien), Albanien, Nordmazedonien, Bulgarien und Serbien. Aufgrund von Auswanderungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lebt auch eine größere Zahl von Aromunen in Rumänien.

Die heutigen Sprecherzahlen in den einzelnen Ländern betragen im Einzelnen:

  • Griechenland: 200.000 Sprecher (nach Schätzungen der griechischen Regierung im Jahr 1995)
  • Albanien: 45.000 Sprecher (im Jahr 1995), in der südlichen Landeshälfte zerstreut
  • Rumänien: 27.000 Sprecher (Volkszählung 2002), 75 % davon in der Norddobrudscha
  • Nordmazedonien: 8.467 Sprecher (im Jahr 1994)
  • Bulgarien: 4.770 Sprecher (im Jahr 2000 nach WCD)

Allerdings sind auch dort, wo offizielle Daten durch entsprechende Umfragen oder Unterschriftensammlungen erhoben wurden, diese Angaben nicht unbedingt zuverlässig (so deklarierten sich 1994 in der Republik Mazedonien lediglich 8.467 Personen als Aromunen, während die wirkliche Sprecherzahl des Aromunischen auf das Zweifache geschätzt wird).

Der Kern des aromunischen Siedlungsgebietes liegt heute im Pindosgebirge in Nordwestgriechenland um die Stadt Métsovon.

Allgemein haben es die Aromunen schwer, ihre Sprache zu bewahren, da es keine Schulen gibt, die in dieser Sprache unterrichten. Nur in Nordmazedonien (8.467 Sprecher, nach der Volkszählung im Jahre 1994) werden sie als Minderheit anerkannt. In Rumänien bezeichnen sich manche der sogenannten Aromunen als Rumänen. Die Zahl der Sprecher nimmt ab.

In Griechenland gibt es heutzutage noch etwa 200.000 Sprecher (nach Schätzung der griechischen Regierung im Jahr 1995). Dort ist die aromunische Sprache nicht als Minderheitensprache anerkannt. Politisches Eintreten für diese Sprache wurde lange Zeit durch gerichtliche Verfahren erschwert. Noch in den 1980er Jahren wurde eine Gruppe deutscher Linguisten, die in Griechenland Aufnahmen für einen aromunischen Sprachatlas machte, von der griechischen Polizei drangsaliert.

Eine größere Gruppe von Aromunisch-Sprechern, wahrscheinlich in der Größenordnung von 50.000 (T. J. Winnifrith, im Jahre 1995), lebt in Albanien. Bei der 2011 durchgeführten Volkszählung gaben 3848 Personen Aromunisch als Muttersprache an, was 0,137 Prozent der Gesamtbevölkerung macht.[3]

Das Aromunische wird jedoch auch in anderen europäischen Ländern gesprochen, desgleichen in Kanada, in den USA, Lateinamerika und Australien, wo die Aromunen in unterschiedlichen Etappen anlangten und bis heute geschlossene Gemeinschaften bilden. Ihre tatsächliche Gesamtzahl ist schwer zu ermitteln, weil zu diesem Aspekt keine gründliche Forschung vorliegt.

1997 hat der Europarat das Aromunische als „schützenswerte Minderheitensprache“ anerkannt (Recommandation 1333[4]).

Rumänische Schulen für Aromunen und Meglenorumänen im Osmanischen Reich (1886)

Nach der Landnahme der Slawen auf dem Balkan führten die Reste der römischen Provinzialbevölkerung ein Schattendasein und betrieben Fernweidewirtschaft, seltener Transhumanz. Aus diesen Resten gingen die Aromunen hervor. Unklar ist, ob es sich bei den Aromunen um Nachfahren der Sermesianoi handelt, römische Provinzialbevölkerung, die 616 von den Awaren verschleppt und in Pannonien angesiedelt wurde. Hierfür spricht, dass die Sermesianoi unter dem Bulgarischen Khan Kuwer nach ihrem erfolgreichen Aufstand sich um Thessaloniki ansiedelten, nicht weit von den heutigen Siedlungsgebieten der Aromunen.

Um 1900 versuchte der rumänische Staat, in verschiedenen Balkanländern ein aromunisches Schulsystem aufzubauen und zu fördern, das jedoch stark rumänisch geprägt war. Zwischenzeitlich existierten 120 solcher Schulen. Das Aromunische enthält viele Elemente des Griechischen, aus der Zeit der rumänisch geförderten Schulen auch einige rumänische Elemente.

Zwischen den beiden Weltkriegen siedelte sich eine beträchtliche Zahl von Aromunen in Rumänien an, insbesondere in der Dobrudscha.

Syntax und Morphologie

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Das Substantiv unterscheidet im Aromunischen drei Genera, Maskulinum, Femininum und Neutrum. Das Aromunische hat ebenso wie das Rumänische fünf Fälle. Der bestimmte Artikel steht als Suffix am Ende des Substantives. Sowohl der bestimmte als auch der unbestimmte Artikel werden dekliniert.

Die Verben im Aromunischen haben keinen Infinitiv. Sie werden in Wörterbüchern üblicherweise in der 1. Person Singular Indikativ Präsens aufgeführt. Das Aromunische hat im Gegensatz zu anderen balkanromanischen Sprachen auch das Präteritum und das Präsensperfekt erhalten. Die Zukunft wird mit einem Hilfsverb gebildet, das aus dem Verb wollen entstanden ist (va) und das sich nach Person und Zahl nicht ändert: va s-cântamu, va s-cântațâ (wir werden singen, ihr werdet singen; auf Rumänisch: vom cânta, veți cânta).

Textbeispiel, Textvergleich

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Vater Unser:

Aromunisch Rumänisch Latein

Afendi a nostu tsi eshtsa tu tseru,
S'ayiseasca numa Ta,
Yie Amiraria Ta,
S'adara vrearea a Ta, ași cumu tu tseru, ashi shi pisti locu.
Pânea a noasta atsea di daima
Dă'nu o nau cathi dzuua
Shi na li iartă amărtiili a noasti,
Ashi cumu sh noi irtamu atsiloru tsi na amartipsescu
Sh nu na du pi noi tu pirasmo
Ma aveaghina di iehtrul atselu lailu
Ca a taua iasti axia tinjia anamea sh pirifanjea tu aiesta Amirarie, tora di daima sh tu ieta ietiloru
Amin.

Tatăl nostru care ești în ceruri,
sfințească-se numele Tău,
vie împărăția Ta,
fie voia Ta, precum în cer așa și pe pământ.
Pâinea noastră cea de toate zilele,
dă-ne-o nouă astăzi
și ne iartă nouă greșelile noastre,
precum și noi iertăm greșiților noștri
și nu ne duce pe noi în ispită,
ci ne mântuiește de cel rău.
Că a Ta este împărăția și puterea și mărirea, acum și pururea și în vecii vecilor.
Amin.

Pater noster, qui es in caelis
sanctificetur nomen tuum;
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua sicut in caelo et in terra
Panem nostrum quotidianum
da nobis hodie.
Et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.
Et ne nos inducas in temptationem;
sed libera nos a malo.
Quia tuum est regnum, et potestas, et gloria in saecula [saeclorum].
Amen.

Anmerkung zum rumänischen Text: In anderen Versionen werden Wörter ersetzt wie: fie durch facă-se; greșelile durch greșalele; mântuiește durch izbăvește; Că a Ta este împărăția și puterea și mărirea, acum și pururea și în vecii vecilor. durch Că a Ta este împărăția și puterea și slava, a Tătălui și a Fiului și a Sfântului Duh, acum și pururea și în vecii vecilor.

  • Das viersprachige Wörterverzeichnis von Theodoros Anastasiu Kavalliotis aus Moschopolis, gedruckt 1770 in Venedig, „albanisch-deutsch-neugriechisch-aromunisch“. Aktualisierte Neuausgabe von Armin Hetzer: Das dreisprachige Wörterbuch des Theodorus Anastasiu Kavalliotis aus Moschopolis gedruckt 1770 in Venedig. Albanisch-Deutsch-Neugriechisch-Aromunisch. Buske, Hamburg 1998, ISBN 978-3-87118-466-6.
  • Michael George Bojadschi: Γραμματικὴ Ρωμανικὴ, ἤτοι Μακεδονοβλαχική. Romanische oder Macedonowlachische Sprachlehre. Verfaßt und zum ersten Mahle herausgegeben von Michael G. Bojadschi, Wien 1813 (231 Seiten) (deutsch und griechisch); 2. Auflage, Bukarest 1863; Gramaticã românã sau macedo-românã, Bukarest 1915; [Auszug griechisch und deutsch] Romanische oder macedonowlachische Sprachlehre. Grammatike romanike etoi makedonoblachike, in: Aromunische Studien, Salzburg 1981 (Studien zur rumänischen Sprache und Literatur 5); Gramaticā aromānā icā macedonovlahā, hrsg. von V. G. Barba, Freiburg im Breisgau 1988, Auszug aus der aromunischen Grammatik von 1988
  • Maria Bara, Thede Kahl, Andrej Sobolev: Южноарумынский говор села Турья (Пинд). Синтаксис, лексика, этнолингвистика, тексты [Die südaromunische Mundart von Turia (Pindos)]. Biblion, München 2005. ISBN 3-932331-59-1.
  • Mariana Bara: Le lexique latin hérité en aroumain dans une perspective romane. Lincom, München 2004, 231 S.; ISBN 978-3-89586-980-8.
  • Mariana Bara: Limba Armâneasca. Vocabularul și stil. Editura Cartea Universitară, Bukarest 2007, 204 S.; ISBN 978-973-731-551-9.
  • Theodor Capidan: Aromânii. Dialectul aromân. Bukarest 1932.
  • Gheorghe Carageani: Studii aromâne. Bukarest 1999.
  • Matilda Caragiu Marioțeanu: Dicționar aromân (macedo-vlah). T. 1 (A–D). Bukarest 1997.
  • Wolfgang Dahmen, Johannes Kramer: Aromunischer Sprachatlas – Atlasul lingvistic aromân. 2 Bände. Hamburg 1985, Veitshöchheim 1994 (Balkan-Archiv. Neue Folge, Beihefte 4 und 10).
  • Thede Kahl: Offene Fragen in der Erforschung des Aromunischen und seiner Dialekte. In: Sobolev, Andrej N. & A. Ju. Rusakov: Языки и диалекты малых этнических групп на Балканах [Sprachen und Dialekte kleiner ethnischer Gruppen auf dem Balkan]. Материалы международной научной конференции, Санкт-Петербург, 11-12 июня 2004 г. Санкт-Петербург/München, S. 156–167.
  • Thede Kahl: Sprache und Intention der ersten aromunischen Textdokumente, 1731–1809. In: Bernhard Symanzik (Hrsg.): Festschrift für Gerhard Birkfellner zum 65. Geburtstag, Studia Philologica Slavica I/I, Münstersche Texte zur Slavistik, S. 245–266 2006.
  • Thede Kahl & Andreea Pascaru: Rrāmānj und Armānj. Wie einheitlich sind Kultur, Sprache und Identität der Aromunen? Quo vadis Romania, 50, 2018, S. 51–77.
  • Johannes Kramer: Das Aromunische. In: Günter Holtus, Edgar Radtke (Hrsg.): Rumänistik in der Diskussion. Sprache, Literatur und Geschichte. Gunter Narr, Tübingen 1986, S. 217–247.
  • Johannes Kramer: Areallinguistik II. Aromunisch. In: Holtus G., Metzeltin M., Schmitt Chr. (Hrsg.): Lexikon der Romanistischen Linguistik. Tübingen 1989. S. 423–435.
  • Elena Mantu: Language Maintenance and Functional Expansion of Lesser-Used Languages-Case Studies on Aromanian and Irish | Balkans | Ethnic Groups. In: SCRIBD. Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i.Br., 14. Juni 2007, abgerufen am 27. Juni 2019 (englisch).
  • Tache Papahagi: Dicționarul dialectului aromân. General și etimologic. Ed. Academiei Republicii Populare Române, Bukarest 1963 (2. Aufl. 1974).
  • Rupprecht Rohr: Aromunische etymologische Wortstudien. Bd. 1: A-D. Haag + Herchen, Frankfurt am Main 2002.
  • Rainer Schlösser: Bibliographie zum Aromunischen. In: Balkan-Archiv. Neue Folge 4. Leipzig 1979.
  • Gustav Weigand: Volksliteratur der Aromunen. Leipzig 1894.
  • Weigand, Gustav: Die Sprache der Olympo-Walachen nebst einer Einleitung über Land und Leute. Leipzig 1888.
  • Apostol N. Caciuperi: Noulu testamentu, Traduteri dit literatura româna si universala, Gramatica armâneasca – proiectu di manual scolar, Cursu practic di graiu armânescu. In: Apostol N. Caciuperi (Hrsg.): Opere. 4 Bände. Universalia, Bukarest 2011.
  • Apostol N. Caciuperi: Dictionar român-aromân. Atlas, Bukarest 1996.
Wikisource: Aromunische Wörterbücher – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

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  1. Aromunisch bei Ethnologue (englisch)
  2. Artikel aus Encyclopaedia Britannica über die rumänische Sprache (englisch)
  3. Volkszählung Albanien 2011. (PDF; 6,5 MB) In: Instituti i Statistikës. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. November 2014; abgerufen am 2. November 2013 (englisch).
  4. APCE - Recommandation 1333 (1997) - Langue et culture aroumaines. Abgerufen am 2. Mai 2022.