August Thyssen-Hütte – Wikipedia

August Thyssen-Hütte

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1891 als Hüttenwerk Bruckhausen, 1953 erneut nach Entflechtung der Vereinigten Stahlwerke AG
Auflösung 1977
Auflösungsgrund Umfirmierung zur Thyssen AG
Sitz Duisburg-Hamborn
Branche Stahlindustrie
Werksanlagen der August Thyssen-Hütte in Bruckhausen im Jahre 2010 (heute: Thyssenkrupp Steel), gesehen von der Halde Rheinpreußen in Moers

Die August Thyssen-Hütte AG war von 1919 bis zur Einbringung in die Vereinigten Stahlwerke 1926 ein Montankonzern im thyssen'schen Firmenimperium, der aus dem Hüttenwerk Bruckhausen (historisch auch Hüttenwerk Hamborn oder schlicht Thyssen-Hütte genannt) sowie dem Walzwerk Deutscher Kaiser in Dinslaken bestand. Sie ging aus der Gewerkschaft Deutscher Kaiser hervor. Die Bruckhauser Hütte wurde zuvor durch August Thyssen ab 1889 errichtet.

Nach Demontage-Stopp und der Wiedergründung der Bruckhauser Hütte 1951 wurde im Zuge der Entflechtung der Vestag 1953 die August Thyssen-Hütte AG (ATH) wieder gegründet. Nach der Übernahme von verschiedenen Stahlunternehmen wie der Phoenix-Rheinrohr (1965), der Hüttenwerk Oberhausen (1968) und u. a. der Rheinstahl (1973) stieg die ATH zum größten Stahlunternehmen Deutschlands auf und änderte ihren Namen 1977 in Thyssen AG.

Die August Thyssen-Hütte war dann ab 1983 das Hauptwerk der Thyssen Stahl AG und ist noch heute das Stammwerk der Stahlsparte des Thyssenkrupp-Konzerns. Es ist das größte integrierte Hüttenwerk in Europa.[1] Sie hat sich heute auf die Produktion von Qualitätsflachstahl-Produkten spezialisiert.

Ende 2020 nahm der Regionalverband Ruhr die August Thyssen-Hütte (heute: Stahlwerk Duisburg-Nord) in die Route der Industriekultur, Themenroute 27: Eisen & Stahl auf.

Gründung bis zum Ersten Weltkrieg

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Im Frühjahr 1889 begann August Thyssen, Gelände nahe dem Rhein in der Bauerschaft Bruckhausen zu erwerben – insgesamt 122 Hektar. Bereits im Sommer desselben Jahres wurde nach der Gründung der Gewerkschaft Deutscher Kaiser begonnen, ein Stahl- und Walzwerk zu errichten, das über den Hafen Alsum an den Rhein angebunden war. Der erste Abstich der zunächst sechs basisch zugestellten Siemens-Martin-Öfen am 17. Dezember 1891 gilt als eigentlicher Beginn der Hütte Bruckhausen. Im nördlich des Stahlwerkes gelegenen Walzwerk wurden von Januar 1892 bis Juni 1894 sukzessive fünf Walzstraßen in Betrieb genommen. Der Beschluss zum Bau der Hütte war inmitten einer Hochkonjunkturphase gefallen, die Fertigstellung jedoch in eine Konjunkturschwäche. Dennoch wurde 1895 mit dem Bau eines Thomas-Stahlwerkes mit vier 16-t-Konvertern begonnen, da das Thomas-Patent 1884 ausgelaufen war. Die erste Thomas-Charge wurde am 20. Juli 1897 erblasen, 1898 erreichte man bereits eine Jahresproduktion von 179.000 Tonnen. Fast gleichzeitig mit dem Bau des Thomaswerkes wurde der 1886 begonnene erste Hochofen am 17. Juli 1897 in Betrieb genommen. Die neue Unabhängigkeit von externen Lieferanten und die gute Konjunktur führten dazu, dass 1897, 1899, 1900 und 1901 weitere Hochöfen in Betrieb genommen werden konnten. Der Koks wurde seit 1895 in einer eigenen Hüttenkokerei erzeugt, an die auch direkt eine Kohlenwertstoffanlage angegliedert wurde.

Die 1904 gebaute Hauptverwaltung der GDK, später August Thyssen-Hütte AG, bis 1963 als Hauptverwaltung genutzt (Foto: 1991)

Das Walzwerk in Dinslaken in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs wurde ab April 1897 erbaut. In der noch offenen Walzhalle ging das Werk am 1. Januar 1898 in Betrieb. Es diente im Wesentlichen zur Verfeinerung – also der Erzeugung von Bandeisen und Walzdraht sowie ab 1899 auch als Kaltwalzwerk. Bis etwa 1920 wurde das Werk um eine Stahlflaschenfabrik, ein Röhrenwerk und – darauf aufbauend – eine Produktionsstätte zur Herstellung von Masten aus Stahlrohren erweitert. Inzwischen in die Vereinigten Stahlwerke integriert ergänzte man das Werk 1937 um ein Warmbreitbandwalzwerk. Die Walzengerüste und deren Zubehör lieferte die Fa. DEMAG. Aufgestellt wurde die neue Walzstraße in der Halle des in der Weltwirtschaftskrise stillgelegten Pilgerschrittröhrenwalzwerks. Mit der neuen Warmbandstraße sowie einem bis 1944 neu gebauten und noch im Bau modernisierten Kaltbandwalzwerk samt der dazu gehörigen Verfeinerungsanlagen (Verzinnerei, Beize) war das Dinslakener Walzwerk das modernste Europas.[2] Wohl auch deshalb wurde es im II. Weltkrieg weitgehend verschont, um 1946 fast komplett demontiert und nach Magnetogorski im Ural abtransportiert zu werden. Dort befand sich eins der größten Schwermaschinenkombinate der ehemaligen UdSSR.

Aufgrund der Auslastung der Hochöfen in Bruckhausen – die ausschließlich für das Thomas-Werk produzierten – beschloss Thyssen den Bau eines weiteren Hochofenwerkes zur Versorgung der SM-Werke in Styrum und Bruckhausen in Hamborn. Aufgrund behördlicher Probleme wurde der Hüttenbetrieb Meiderich mit drei modernen Hochöfen allerdings erst 1901 begonnen und 1903 in Betrieb genommen. Bis 1908 konnten noch zwei weitere Hochöfen in Betrieb genommen werden.

1904 beteiligte sich August Thyssen an der Gelsenkirchener Bergwerks AG, über die er mit dem Wechsel ins Jahr 1905 einen Interessenverband mit dem Schalker Verein und dem Aachener Hütten-Aktienverein erreichte – praktisch eine Fusion, die 1907 auch formal realisiert wurde. Aufgrund der Konkurrenzsituation zu Emil Kirdorf zogen sich August und Fritz Thyssen bis 1909 aber wieder aus der Beteiligung an der GBAG zurück.

Ab 1908 wurde in Bruckhausen mit dem Bau einer Kraftzentrale mit Großgasmaschinen begonnen, eine intensive Verbundwirtschaft zu betreiben, die die optimale Nutzung der Hochofen- und Koksgase zur Stromerzeugung sicherstellte. Auch mit benachbarten Städten wie Hamborn, Dinslaken, Oberhausen und Mülheim wurden in der Folgezeit Gaslieferverträge geschlossen.

1914 konnte das im Jahre 1911 begonnene neue Thomaswerk mit anfangs drei 30-Tonnen-Konvertern den Betrieb aufnehmen, bis 1911 wurden außerdem vier weitere Siemens-Martin-Öfen mit zusammen 130 Tonnen Kapazität in Betrieb genommen. Im selben Zeitfenster – 1910 – nahm der erste Elektro-Ofen in Bruckhausen den Betrieb auf, um auch hochlegierte Edelstähle herstellen zu können. Bereits 1912/1913 wurde die Elektrostahl-Kapazität mit einem weiteren 25-Tonnen-Ofen beträchtlich erweitert.

Außer der Erweiterung der flüssigen Phase wurde in Richtung Marxloh der Bau eines neuen Walzwerkes begonnen (Walzwerk II), das durch einen Tunnel mit dem bisherigen Hüttenbetrieb verbunden war. Die Walzstraßen für Feinblech, Stabeisen und Feineisen nahmen nach einer wegen des morastigen Bodens kostspieligen Bauphase im Laufe der Jahre 1911–1914 den Betrieb auf.

Da der Hafen Alsum mittlerweile zu klein geworden war und durch behördliche Auflagen beschränkt wurde rheinabwärts in Schwelgern ein neuer Hafen errichtet, der 1905 den Betrieb aufnahm. Von 1903 bis 1913 stieg der Umschlag über beide Häfen zusammen von 1,3 auf 4,3 Millionen Tonnen. Der mit dem Anstieg des Güterumschlages verbundene Ausbau des Werksbahnnetzes führte dazu, dass die betriebseigene Bahnwerkstatt soweit vergrößert wurde, dass auch externe Kunden mit Waggons beliefert werden konnten.

Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg

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Nach dem Ersten Weltkrieg wurde 1919 die Gewerkschaft Deutscher Kaiser aufgeteilt, um die Steinkohleförderung und die Stahlproduktion und -verarbeitung in unterschiedlichen Gesellschaften zu konzentrieren. Der Bergbau wurde in die Gewerkschaft Friedrich Thyssen überführt, während die Stahlproduktion mit den Werken Bruckhausen und Dinslaken nun in der neuen August Thyssen-Hütte AG vereint wurde. August Thyssen strebte in dieser Zeit danach, sein verloren gegangenes Werk in Hagendingen in Lothringen zu ersetzen (Stahlwerk Thyssen AG), die vom französischen Staat beschlagnahmt wurde, und ließ daher die Hütte in Bruckhausen ausbauen.

Teilschuldverschreibung über 500 RM der August Thyssen-Hütte AG vom Dezember 1937

So wurde zwischen 1922 und 1925 die alte Kokerei komplett durch eine neue ersetzt, die von der H. Koppers AG gebaut wurde. Ebenso wurde mit der Erweiterung der Hochofenanlage begonnen.[3] Des Weiteren wurden 1921 die Gas- und Wasserwerke als Thyssensche Gas- und Wasserwerke GmbH ausgegliedert, die heutige Thyssengas. Angesichts der großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch die Verwerfungen des Krieges begann man schon bald in der Stahlindustrie, Überlegungen anzustellen, wie man Rationalisierungen für weitere Kosteneinsparungen eingehen könnte. Ebenso sorgten auch weltweite Überkapazitäten für einen Preisverfall und Absatzschwierigkeiten der deutschen Hütten. Daher beteiligten sich August und sein Sohn Fritz Thyssen an Gesprächen mit anderen Montankonzernen an der Ruhr, um eine gemeinsame Stahlgesellschaft zu gründen. Die Gespräche mündeten schließlich in der Gründung der Vereinigten Stahlwerke AG (Vestag). In diese wurde die August Thyssen-Hütte und das Bandstahlwalzwerk Dinslaken eingegliedert.

Innerhalb der Vestag konzentrierte sich Thyssen-Hütte nun auf die Produktion von schweren Erzeugnissen wie Profilen, Schienen und Trägern, die Drahtstraße und die Feinblechstraße wurde bspw. vorübergehend stillgelegt, während 1927 im Thomaswerk ein weiterer siebter Konverter mit 42 t Fassungsvermögen in Betrieb genommen wurde.[4] 1928 wurde Hochofen 8 angeblasen, sie war mit einem Gestelldurchmesser von 6,5 m eine Ausnahmeerscheinung in Europa, ein Gigant seiner Zeit.[5] 1929 wurde auch eine neue Thomasschlackenmühle in Betrieb genommen.

Um den Produktionsfluss rationeller zu gestalten, wurden schon bald innerhalb der Vestag zusammengehörige Betriebseinheiten in Tochtergesellschaften organisiert. Daher wurden 1934 die Hütten im Duisburger Raum in der August Thyssen-Hütte AG als Tochtergesellschaft der Vestag zusammengefasst; die Thyssen-Hütte als größte und leistungsfähigste Hütte nahm hier eine Führungsposition ein. Ebenfalls eingegliedert in das Unternehmen wurde der Hüttenbetrieb Meiderich (jedoch ohne die Gießerei), die Hütte Vulkan und die Hütte Ruhrort-Meiderich. 1935 wurde auch ein neuer Elektroofen in Betrieb genommen. Die Thyssen-Hütte stand nun an der Spitze der europäischen Hüttenwerke und produzierte 1938 mit etwa 12.300 Mitarbeitern 2,3 Mio. t Rohstahl, eine Höchstleistung seiner Zeit.[6]

Während des Zweiten Weltkriegs wurde in Bruckhausen ebenfalls auf Kriegswirtschaft umgestellt. Nach einer Produktionsentwicklung, die sich parallel zu den militärischen Erfolgen der Nazis bis 1941 vollzog, geriet die Hütte ab 1942/43 in erhebliche kriegsbedingte Schwierigkeiten, zumal auch die Zufuhr von Auslandserzen immer schwieriger wurde und auch durch die zunehmende Invisiernahme der Infrastruktur durch die Alliierten die Zufuhr deutscher Erze zurückging.[7] Bis Mitte 1944 konnte die Produktion einigermaßen aufrechterhalten werden, obwohl die Luftangriffe stetig zunahmen. Bei einem Großangriff am 14./15. Oktober 1944 kam die Produktion erstmals größtenteils zum Erliegen. Der Zusammenbruch des innerdeutschen Transportsystems führte in den nächsten Monaten schließlich zum Einbruch der Produktion. Bei einem weiteren Großangriff in den Abendstunden des 22. Januar 1945 wurde die Hütte nun vollständig produktionsunfähig gemacht. Noch während der Reparaturarbeiten überschritten die Alliierten schließlich am 24. März den Rhein, am 25. März wurde die Hütte besetzt.[8]

  • Wilhelm Treue: Die Feuer verlöschen nie. August Thyssen-Hütte 1890–1926. Econ-Verlag, Düsseldorf / Wien 1966.
  • Wilhelm Treue, Helmut Uebbing: Die Feuer verlöschen nie. August Thyssen-Hütte 1926-1966. Econ-Verlag, Düsseldorf / Wien 1969.
  • Helmut Uebbing: Wege und Wegmarken. 100 Jahre Thyssen. Siedler, Berlin 1991, ISBN 3-88680-417-8.
  • Tobias Witschke: Gefahr für den Wettbewerb. Die Fusionskontrolle der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl und die „Rekonzentration“ der Ruhrstahlindustrie 1950–1963. Akademie-Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-05-004232-9 (= Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, Beiheft 10)
  • Zeitzeugenbörse Duisburg e. V.: Duisburger Hüttenwerke, Erfurt 2014, ISBN 978-3-95400-364-8
Commons: August Thyssen-Hütte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. https://www.industriedenkmal.de/huttenwerke/huttenwerke-im-ruhrgebiet/august-thyssen-huette-thyssenkrupp/.
  2. Manfred Rasch: Die erste Warmbreitbandstrasse in Europa, errichtet von der Bandeisenwalzwerke AG in Dinslaken: Entstehung - Entwicklung - Ende. In: Ferrum: Nachrichten aus der Eisenbibliothek, Stiftung der Georg Fischer AG. Band 79, 2007, S. 73–87, doi:10.5169/seals-378430.
  3. https://www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/duisburg/objekte/tyssen_august-thyssen-huette.html
  4. August Thyssen-Hütte AG (Hrsg.): Unsere ATH. Band 12. Duisburg Dezember 1966, S. 8.
  5. https://www.rheinische-industriekultur.com/seiten/objekte/orte/duisburg/objekte/tyssen_august-thyssen-huette.html
  6. August Thyssen-Hütte AG (Hrsg.): Unsere ATH. Band 12. Duisburg Dezember 1966, S. 9.
  7. August Thyssen-Hütte AG (Hrsg.): Unsere ATH. Duisburg Dezember 1966, S. 9.
  8. August Thyssen-Hütte AG (Hrsg.): Unsere ATH. Duisburg Dezember 1966, S. 9.