Auru – Wikipedia

Auru
Limes Limes Tripolitanus
(rückwärtige Linie)
Abschnitt Limes Tentheitanus
Datierung (Belegung) 2. Jh. n. Chr. bis frühes 5. Jh.
Typ Vexillationskastell?
Einheit Vexillation der Legio III Augusta?
Bauweise Stein?
Erhaltungszustand Lage und Größe unbekannt
Ort Ain el-Auenia
Vorlage:Infobox Limeskastell/Wartung/Unauffindbar
Vorhergehend Medina Ragda
(rückwärtige Limeslinie) (südöstlich)
Anschließend Tentheos
(rückwärtige Limeslinie) (südwestlich)
Auru im Verbund des Limes Tripolitanus

Auru ist der überlieferte antike Name einer römischen Ortschaft und eines mutmaßlich kleineren Kastells, das mit größter Wahrscheinlichkeit im Raum der Ortschaft Ain el-Auenia, östlich der Stadt Zintan im Nordwesten von Libyen zu verorten ist. Ain el-Auenia liegt im Dschabal Nafusa, einem Schichtstufen-Bergland im Hinterland von Tripolitanien. Diese bergige Region trennt die nach Norden zum Mittelmeer reichende Djeffara-Ebene mit ihren landwirtschaftlich nutzbaren Flächen von der Wüste Sahara und dem steinigen Plateau der Hammada al-Hamra. Bis heute fehlen archäologische Belege, die zur genauen Lage oder Geschichte der Garnison von Auru beitragen könnten, doch lassen Inschriftenfunde und Ziegelstempel keinen Zweifel daran, einen römischen Militärplatz in Ain el-Auenia zu suchen.[1]

Das römische Auru befand sich im grenznahen Hinterland des Limes Tripolitanus. Nahe dem mutmaßlichen Kastellstandort fällt das Land nach Süden hin zum Fessan ab. Bei Zintan beginnt das bedeutendste und größte Trockental Tripolitaniens, das Wadi Sofeggin, das mit seinen vielen Nebenarmen ein unüberschaubares Flusssystem entlang der Süd- und Südostseite des Nafusa- und Garian-Gebirgszugs bildet.[2]

Die Namen Auru und Limes Tripolitanus – als Südgrenze des römischen Reiches – finden im 3. Jahrhundert n. Chr. durch das Itinerarium Antonini, ein römisches Reichsstraßenverzeichnis, Erwähnung. Gemäß diesem Verzeichnis[3] bezog sich der Begriff des Limes Tripolitanus auf eine Straße, die von der Küstenstadt Tacape (Gabès) im Westen zum östlich gelegenen Lepcis Magna (al-Khums) reichte. Am Garnisonsort Bezereos[4] erreichte die Route das unmittelbare Grenzgebiet und verlief in der weiteren Folge auf den Höhen des Nafusa- und Garian-Gebirgszugs über die Stationen Tentheos, Auru und Thenadassa (Ain Wif) zur Mittelmeerküste zurück.[5]

Wie durch die Notitia dignitatum, ein spätrömisches Staatshandbuch, überliefert, existierte dieser Limesabschnitt verwaltungstechnisch noch im späten 4. und vielleicht auch noch im frühen 5. Jahrhundert n. Chr.[6]

Im Zuge der Errichtung eines bis heute unbekannten Kastells entstand mit dessen Infrastruktur auch ein Militärbad, das 1960 durch kleine archäologische Grabungen[7] von Studenten der Universität Cambridge unter der Leitung von Gavin Simpson[8] angeschnitten wurde. Aus dem Vicus (Lagerdorf) der Garnison entwickelte sich im Laufe der Zeit eine bedeutende Zivilsiedlung[1] von über acht Hektar Größe.[7] Auf den Gräberfeldern der Siedlung wurden auch Soldaten der für diesen Ort offensichtlich wichtigen Legio III Augusta bestattet.[9] Diese Legion hatte in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts ihr Hauptquartier im numidischen Lambaesis bezogen. Wichtige inschriftliche Dokumente aus Ain el-Auenia stellen auch Militärziegel mit Stempeln der Legio III Augusta[10] und der Provinz Africa proconsularis[11] dar. Diese während der Ausgrabungen von 1960 geborgenen Ziegelstempel waren damals die ersten, die aus Tripolitanien bekannt wurden.[12]

Für die militärhistorische Entwicklung des Orts ist insbesondere eine fragmentarisch erhaltene Bauinschrift von Bedeutung, die zwischen 197/198 und 211 n. Chr. entstand:[13]

Soli Hierobolo pro sa[lute]
dominorum nnn(ostrorum) Augg[g(ustorum) Se]-
veri et Antonini e[t Getae]
e[t] Iuliae totiusq(ue) do[mus]
divinae per vexilla[tio]-
nem leg(ionis) III A[u]g(ustae) et mil[ites]
coh[o]rt[is I S]yro[r]um sagit-
[ta]riorum a solo

Übersetzung: „Dem [Gott] Sol Hierobolus[14] zum Heil unserer Herren, der Augusti Severus und Antoninus und Geta und Julia sowie des gesamten Kaiserhauses. Durch eine Vexillation der Dritten Legion Augusta und Soldaten der Ersten Kohorte der syrischen Bogenschützen wurde ... von Grund auf [wiederhergestellt].“

Welches Bauwerk damals wiedererrichtet wurde, gibt der Text nicht mehr preis, doch muss es in einem militärischen Kontext gestanden haben, da die Bauarbeiten von Legionären und syrischen Hilfstruppen durchgeführt wurden. Wie der Archäologe David Mattingly rekonstruierte, lag die Cohors I Syrorum sagittariorum höchstwahrscheinlich im nahen Kastell von Tentheos.[15] Die Dritte Legion dagegen hatte diverse Vexillationen in verschiedenen Grenzkastellen entlang des Limes Tripolitanus stationiert. So im Kleinkastell Bezereos[16] und im Kastell Cidamus.[17]

Zum römischen Fundgut aus Ain el-Auenia gehören auch Münzen,[18] deren zeitliches Spektrum von der Mitte des zweiten bis zum frühen fünften Jahrhundert n. Chr. reicht.[7]

Römische Funde aus Ain el-Auenia wurden in das Archäologische Museum von Tripolis verbracht.[19]

  • David J. Mattingly: Tripolitania. University of Michigan Press, 1994, ISBN 0-472-10658-9, S. 102; inhaltlich identisches E-Book: ISBN 0-203-48101-1; die Seitenzählung des E-Books ist aus technischen Gründen abweichend.
  • Joyce Maire Reynolds, W.G. Simpson: Some inscriptions from el-Auenia near Yefren in Tripolitania. In: Libya antiqua 3–4, 1966–1967 (1969), S. 45–47.
  1. a b David J. Mattingly: Tripolitania. University of Michigan Press, 1994, ISBN 0-472-10658-9, S. 102.
  2. Olwen Hackett, David John Smith: Ghirza. A Libyan settlement in the Roman period. Department of Antiquities, Tripoli 1984, S. 33.
  3. Itinerarium Antonini 73–77
  4. Itinerarium Antonini 74, 5; Kleinkastell Bezereos bei 33° 30′ 13,33″ N, 9° 29′ 52,96″ O.
  5. Florian Schimmer: New evidence for a Roman fort and ‚vicus‘ at Mizda (Tripolitania). In: Libyan Studies 43, 2012, S. 33–39, hier: S. 33.
  6. Richard Goodchild: Libyan studies. Select papers of the late. London 1976, ISBN 0-236-17680-3, S. 28; die Notitia dignitatum nennt diesen Limesabschnitt Limes Tentheitanus beziehungsweise Limes Tenthettanus.
  7. a b c David J. Mattingly: Tripolitania. University of Michigan Press, 1994, ISBN 0-472-10658-9, S. 134.
  8. Massimiliano Munzi: La decolonizzazione del passato. Archeologia e politica in Libia dall’amministrazione alleata al regno di Idris. L’Erma di Bretschneider, Rom 2004, ISBN 88-8265-310-2, S. 56.
  9. AE 1962, 00305.
  10. AE 1972, 00683.
  11. AE 1972, 00684; AE 1972, 00685
  12. Joyce M. Reynolds, W.G. Simpson: Some inscriptions from el-Auenia near Yefren in Tripolitania. In: Libya antiqua 3–4, 1966–1967 (1969), S. 45–47.
  13. AE 1992, 01761.
  14. Eric Birley: The Religion of the Roman Army: 1895–1977. In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Band 16, de Gruyter, Berlin, New York 1978, ISBN 3-11-007612-8, S. 1518.
  15. John Spaul: Cohors2. The evidence for and a short history of the auxiliary infantry units of the Imperial Roman Army. BAR, Oxford 2000, ISBN 1-84171-046-6, S. 416.
  16. René Cagnat, Alfred Merlin, Louis Chatelain: Inscriptions latines d’Afrique. Paris 1923, Nr. 26; AE 1922, 54; Epigraphische Datenbank Heidelberg.
  17. Joyce Maire Reynolds, John Bryan Ward-Perkins: Inscriptions of Roman Tripolitania. British School at Rome, Rom, London 1952. S. 226.
  18. Mabruck Zenati: Department of Antiquities, Sabratha. In: Libya Antiqua, New Series, I, 1995 (1996), S. 156–157; hier: S. 157.
  19. Barri Jones: Veii: The Valchetta Baths (‘Bagni della Regina’). In: Papers of the British School at Rome 28, 1960, S. 55–69; hier: S. 51–52.