BOLD-Kontrast – Wikipedia

Als BOLD-Kontrast (von englisch blood oxygenation level dependent, also „abhängig vom Blutsauerstoffgehalt“) bezeichnet man in der Magnetresonanztomographie (MRT) die Abhängigkeit des (Bild-)Signals vom Sauerstoffgehalt in den roten Blutkörperchen. Die Hauptanwendung des BOLD-Kontrasts ist die funktionelle MRT (fMRT) zur Darstellung der Hirnaktivität. Synonym wird das Akronym BOLD auch für blood oxygen level dependent oder (seltener) blood oxygen(ation) level dependence/dependency verwendet.

Geschichtliche Entwicklung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bereits 1935 stellte Linus Pauling fest, dass sich die magnetischen Eigenschaften des Proteins Hämoglobin in den roten Blutkörperchen abhängig vom Oxygenierungsgrad verändern.[1] Im Jahr 1982 zeigten Keith Thulborn und Mitarbeiter, dass Hämoglobin in Blutproben unterschiedliche MRT-Signale in Abhängigkeit vom Oxygenierungszustand aufweist.[2] Den gleichen Effekt beobachteten 1990 Seiji Ogawa und Mitarbeiter in vivo an Versuchstieren; von ihnen wurde auch die Bezeichnung „blood oxygenation level dependent (BOLD)“-Kontrast geprägt.[3][4] Ogawa erkannte auch das Potential, welches der BOLD-Kontrast für die funktionelle MRT haben würde. Erste Ergebnisse, welche mithilfe des BOLD-Kontrasts die Hirnaktivität von Probanden nach visueller Stimulation zeigten, wurden 1992 von John W. Belliveau und Mitarbeitern veröffentlicht.[5] Nikos Logothetis und Mitarbeiter zeigten 2001, dass die so gemessene BOLD-Antwort direkt mit der neuronalen Aktivität zusammenhängt.[6]

Physikalische Grundlagen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Änderung der transversalen Relaxation von Blut in Abhängigkeit von der Konzentration des paramagnetischen desoxygenierten Hämoglobins (Daten für Rattenblut bei 4,3 Tesla[2]).

Desoxygeniertes Hämoglobin (desHb) enthält (aufgrund der ionischen Bindung des Eisenatoms) vier ungepaarte Elektronen je Häm-Gruppe und ist deshalb paramagnetisch. In mit Sauerstoff oxygeniertem Hämoglobin (oxyHb) wird dagegen die Eisenbindung kovalent und es liegen keine ungepaarten Elektronen vor; oxygeniertes Hämoglobin ist daher diamagnetisch.[7]

MRT-Aufnahmen bilden neben der Protonen(dichte)verteilung auch das Relaxationsverhalten der Wasserstoffkerne in der Probe (das sich für Flüssigkeiten und verschiedene Gewebe unterscheidet) als Kontrast ab. Das starke magnetische Dipolfeld des paramagnetischen desoxygenierten Hämoglobins führt zu lokalen Magnetfeldinhomogenitäten und führt über den intermolekularen Dipol-Dipol-Relaxationsmechanismus zur Dephasierung der zunächst kohärent präzedierenden Kernspins. Diese Dephasierung wird als verkürzte (transversale) Relaxationszeit in der Umgebung des desHb beobachtet und ändert somit – abhängig von der desHb-Konzentration – den Kontrast des Bildes. Wie in der nebenstehenden Abbildung gezeigt ist, ändert sich die Relaxationsrate linear mit dem Quadrat der desHb-Konzentration;[2] mit zunehmender desHB-Konzentration nimmt die Relaxationsrate zu und die Relaxationszeit ab. Noch stärker ausgeprägt als die Änderung von ist die oxygenierungsabhängige Änderung von , die dem Kontrast in Gradientenecho-Aufnahmen zugrunde liegt. In diesen ist deshalb auch die BOLD-Kontraständerung durch die veränderte -Zeit besonders deutlich; in geringerem Umfang ist sie aber auch in Spinecho-Aufnahmen aufgrund der ebenfalls oxygenierungsabhängigen -Zeit zu beobachten.[4]

Mathematisch lassen sich die Änderungen der Relaxationsraten beschreiben als

und
,

wobei und die Relaxationsraten von (diamagnetischem) oxygeniertem Hämoglobin sind und der Anteil des desoxygenierten Hämoglobins. variiert zwischen 0 (ausschließlich oxygeniertes Hämoglobin) und 1 = 100 % (ausschließlich desoxygeniertes Hämoglobin). Häufig findet man auch eine Beschreibung abhängig von der Blutoxygenierung („Sättigung“) , die man erhält, wenn man setzt.

Gemessene Werte der Größen und im Magnetfeld  sind:

Probe Quelle
menschl. Blut, in vitro 1,5 T 7 1 35 [8]
Schweineblut, in vivo 1,5 T 2 14 22 [8]
Schweineblut, in vivo 1,5 T 2 12 19 [9]
Rinderblut, in vitro 1,5 T 5 0 21 7 0 25 [10]
Rinderblut, in vitro 4,7 T 15 0 254 41 0 319 [10]

(In den zuletzt aufgeführten Messungen wurden die Koeffizienten auf 0 gesetzt, da sich die Bestimmung von und gegenseitig beeinflussen kann und so zu unzuverlässigen Resultaten führen würde.[10])

Anwendungen des BOLD-Effekts

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Der BOLD-Effekt lässt sich zur Messung von neuronaler Aktivität mittels fMRT einsetzen. Man beobachtet hierbei eine Signalzunahme der aktivierten Hirnareale in -gewichteten (oder -gewichteten) MRT-Aufnahmen. Erklärt wird dies so, dass die neuronale Aktivität zu einem erhöhten Sauerstoffverbrauch und somit zunächst zu mehr desoxygeniertem Hämoglobin führt; dieser Effekt wird jedoch überkompensiert durch einen vermehrten zerebralen Blutfluss mit einströmendem oxygeniertem Hämoglobin („neurovaskuläre Kopplung“), so dass schließlich die desHb-Konzentration in aktivierten Hirnarealen abnimmt und somit die Querrelaxationszeit (und das beobachtete Signal) ansteigt.
  • Durch den BOLD-Effekt lassen sich mit der suszeptibilitätsgewichteten Bildgebung (SWI) MR-Venographien erstellen. Das SWI-Verfahren trug zu Beginn den Namen BOLD, dieser wurde dann durch den allgemeineren Begriff „suszeptibilitätsgewichtet“ ersetzt, da BOLD-basierte Venographien nur ein Anwendungszweck dieses Verfahrens sind.[11]
  • Eine weitere Anwendungen ist die BOLD-Bildgebung der Nieren zur Messung der intrarenalen Oxygenierung; insbesondere die Änderung der Oxygenierung durch Verabreichung von Stoffen wie beispielsweise Furosemid (Lasix®) kann so untersucht werden.[12] Gegenstand der Forschung ist die Anwendung des BOLD-Kontrasts, um die Oxygenierung von Tumoren zu untersuchen.[13]
  • E. Mark Haacke, Robert W. Brown, Michael R. Thompson, Ramesh Venkatesan: Magnetic resonance imaging: physical principles and sequence design. 1. Auflage. J. Wiley & Sons, New York 1999, ISBN 0-471-35128-8, Kapitel 25.5–25.6, S. 765–779.
  • B. Derntl, U. Habel, F. Schneider: Funktionelle Magnetresonanztomographie in der Psychiatrie und Psychotherapie. In: Der Nervenarzt. Band 81, Nr. 1, S. 16–23, doi:10.1007/s00115-009-2827-9, PMID 20057981.
  • Scott H. Faro, Feroze B. Mohamed (Hrsg.): BOLD fMRI: A Guide to Functional Imaging for Neuroscientists. Springer, New York 2010, ISBN 978-1-4419-1328-9 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. L. Pauling: The oxygen equilibrium of hemoglobin and its structural interpretation. In: Proc Natl Acad Sci U S A. Band 21, Nr. 4, 1935, S. 186–191, PMID 16587956.
  2. a b c K. R. Thulborn, J. C. Waterton, P. M. Matthews, G. K. Radda: Oxygenation dependence of the transverse relaxation time of water protons in whole blood at high field. In: Biochim Biophys Acta. Band 714, Nr. 2, 1982, S. 265–270, doi:10.1016/0304-4165(82)90333-6, PMID 6275909.
  3. S. Ogawa, T. M. Lee, A. R. Kay, D. W. Tank: Brain magnetic resonance imaging with contrast dependent on blood oxygenation. In: Proc Natl Acad Sci U S A. Band 87, Nr. 24, 1990, S. 9868–9872, PMID 2124706.
  4. a b S. Ogawa, T. M. Lee, A. S. Nayak, P. Glynn: Oxygenation-sensitive contrast in magnetic resonance image of rodent brain at high magnetic fields. In: Magn Reson Med. Band 14, Nr. 1, 1990, S. 68–78, doi:10.1002/mrm.1910140108, PMID 2161986.
  5. J. W. Belliveau, D. N. Kennedy, R. C. McKinstry, B. R. Buchbinder, R. M. Weisskoff, M. S. Cohen, J. M. Vevea, T. J. Brady, B. R. Rosen: Functional mapping of the human visual cortex by magnetic resonance imaging. In: Science. Band 254, 1991, S. 716–719, doi:10.1126/science.1948051, PMID 1948051.
  6. N. K. Logothetis, J. Pauls, M. Augath, T. Trinath, A. Oeltermann: Neurophysiological investigation of the basis of the fMRI signal. In: Nature. Band 412, S. 150–157, doi:10.1038/35084005, PMID 11449264.
  7. M. Zborowski, G. R. Ostera, L. R. Moore, S. Milliron, J. J. Chalmers, A. N. Schechter: Red blood cell magnetophoresis. In: Biophys J. Band 84, Nr. 4, 2003, S. 2638–2645, doi:10.1016/S0006-3495(03)75069-3, PMID 12668472.
  8. a b D. Li, Y. Wang, D. J. Waight: Blood oxygen saturation assessment in vivo using T2* estimation. In: Magn Reson Med. Band 39, Nr. 5, 1998, S. 685–690, doi:10.1002/mrm.1910390503, PMID 9581597.
  9. D. Li, Y. Wang, D. J. Waight: In vivo correlation between blood T2* and oxygen saturation. In: J Magn Reson Imaging. Band 8, Nr. 6 (Nov–Dec), 1998, S. 1236–1239, doi:10.1002/jmri.1880080609, PMID 9848734.
  10. a b c M. J. Silvennoinen, C. S. Clingman, X. Golay, R. A. Kauppinen, P. C. van Zijl: Comparison of the dependence of blood R2 and R2* on oxygen saturation at 1.5 and 4.7 Tesla. In: Magn Reson Med. Band 49, Nr. 1, 2003, S. 47–60, doi:10.1002/mrm.10355, PMID 12509819.
  11. J. R. Reichenbach, E. M. Haacke: High-resolution BOLD venographic imaging: a window into brain function. In: NMR Biomed. Band 14, Nr. 7–8, 2001, S. 453–67, doi:10.1002/nbm.722, PMID 11746938.
  12. L. P. Li, S. Halter, P. V. Prasad: Blood oxygen level-dependent MR imaging of the kidneys. In: Magn Reson Imaging Clin N Am. Band 16, Nr. 4, 2008, S. 613–625, doi:10.1016/j.mric.2008.07.008, PMID 18926426.
  13. A. R. Padhani, K. A. Krohn, J. S. Lewis, M. Alber: Imaging oxygenation of human tumours. In: Eur Radiol. Band 17, Nr. 4, 2007, S. 861–872, doi:10.1007/s00330-006-0431-y, PMID 17043737.