Beyerit – Wikipedia

Beyerit
Beyerit von der Fundgrube Siebenschlehen, Neustädtel, Schneeberg, Sachsen
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Symbol

Bey[1]

Chemische Formel
  • CaBi2(CO3)2O2[2]
  • CaBi2[O|CO3]2[3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

V/C.09
V/C.09-040

5.BE.35
16a.02.03.01
Ähnliche Minerale Bismutit, Kettnerit
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol orthorhombisch-dipyramidal; 2/m2/m2/m[4]
Raumgruppe Immm (Nr. 71)Vorlage:Raumgruppe/71[2]
Gitterparameter a = 3,7729(5) Å; b = 3,7742(7) Å; c = 21,726(4) Å[2]
Formeleinheiten Z = 2[2]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2 bis 3
Dichte (g/cm3) gemessen: 6,56; berechnet: [6,61][5]
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig
Farbe grau bis graugrün, dunkel- bis hellgelb, weiß
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis undurchsichtig
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 2,130[6]
nε = 1,970[6]
Doppelbrechung δ = 0,160[6]
Optischer Charakter einachsig negativ, selten anomal biaxial
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten leicht löslich in Säuren[7]

Beyerit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate und Nitrate“ mit der chemischen Zusammensetzung CaBi2[O|CO3]2[3] und ist damit chemisch gesehen ein Calcium-Bismut-Carbonat mit zusätzlichen Sauerstoffionen.

Beyerit kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem und entwickelt dünne Kristalltäfelchen, die oft in rosettenförmigen Mineral-Aggregaten angeordnet sind. Bei starker Verwitterung kann Beyerit auch zu erdigen Massen zerfallen sein. Die Farbe der Kristalle variiert je nach Art der Fremdbeimengungen zwischen grau und graugrün, dunkel- bis hellgelb oder weiß. Seine Strichfarbe ist dagegen immer weiß. Visuell ist das Mineral von den chemisch ähnlichen Bismutit und Kettnerit kaum zu unterscheiden.[6]

Etymologie und Geschichte

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Erstmals beschrieben wurde Beyerit 1943 durch Clifford Frondel bei einer systematischen Bearbeitung der Mineralogie von Wismutoxiden und -carbonaten. Das Typmaterial stammt aus Schneeberg in Sachsen; nachfolgend wurde Beyerit auch in Material aus dem Pala-Indianerreservat, San Diego County, Kalifornien entdeckt. Möglicherweise wurde er bereits durch Andreas Arzruni in Material von Schneeberg als eigenständig erkannt. In seinen 1899 posthum veröffentlichten, vorläufigen Ergebnissen wird es aber nur als Basisches Wismuthcarbonat unzureichend beschrieben.[8][9] 1947 folgten weitere Funde in Pegmatiten in Colorado. Die genaue Kristallstruktur konnte erst 2002 geklärt werden.

Frondel benannte das Mineral zu Ehren des Schneeberger Bergmeisters und Mineralogen Adolph Beyer. Dieser hatte als erster ein Bismutcarbonat, den 1841 von August Breithaupt so genannten Bismutit als „kohlengesäuertes Wismuthoker oder luftsaures Wismutherz“ – das Material stammte ebenfalls aus Schneeberg – beschrieben.

Typmaterial des Minerals wird an der Harvard University in Cambridge unter der Katalog-Nr. 91593 und 111598 sowie im National Museum of Natural History in Washington, D.C. unter den Katalog-Nr. 94017, C2251 und R2756 aufbewahrt.[5]

In der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Beyerit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort zur Abteilung der „Wasserfreien Carbonate mit fremden Anionen“, wo er zusammen mit Bismutit, Kettnerit und Phosgenit die „Phosgenit-Bismutit-Gruppe“ mit der System-Nr. V/C.09 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Beyerit ebenfalls in die Abteilung der „Carbonate mit zusätzlichen Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Metallen (Kationen), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit Pb, Bi“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 5.BE.35 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Beyerit wie die veraltete Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Carbonate – Hydroxyl oder Halogen“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 16a.02.03 innerhalb der Unterabteilung „Carbonate – Hydroxyl oder Halogen mit (AB)3+(XO3)2Zq“ zu finden.

Kristallstruktur

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Nach ersten Untersuchungen an synthetischem Material wurde 1948 fälschlicherweise angenommen, dass Beyerit tetragonal kristallisiert. Allerdings ließ sich mit dieser Annahme die Lage der Carbonatgruppe nicht erklären. Eine neue Strukturanalyse im Jahr 2002 ergab schließlich, dass es im orthorhombischen Kristallsystem in der Raumgruppe Immm (Raumgruppen-Nr. 71)Vorlage:Raumgruppe/71 mit den Gitterparametern a = 3,7729(5) Å, b = 3,7742(7) Å und c = 21,726(4) Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle und einem Elementarzell-Volumen von 309,4 Å³ kristallisiert.[2]

Bildung und Fundorte

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Beyerit (hellgrün) und Malachit (dunkelgrün) auf Quarz (weiß) aus der Grube „A Lone Hand“, Malbon, Cloncurry, Queensland, Australien (Größe: 5,5 cm × 3,8 cm × 2,9 cm)

Beyerit bildet sich als Sekundärmineral durch Verwitterung aus anderen Bismut-Mineralen oder gediegen Bismut. Er findet sich daher in Paragenese mit Bismutit, Atelestit, Preisingerit, Pucherit, Eulytin, Namibit, Bismuthinit, Klinobisvanit, Bismutotantalit sowie gediegen Bismut.

Als seltene Mineralbildung konnte Beyerit nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden, wobei bisher rund 90 Fundorte[10] (Stand 2016) als bekannt gelten. Neben seiner Typlokalität im Bergbaubezirk Schneeberg trat das Mineral noch an weiteren Orten im sächsischen Erzgebirge auf, so unter anderem auf den Halden und in den Schächten verschiedener Gruben bei Neustädtel, Johanngeorgenstadt, Steinbach, Lauta sowie dem Graul bei Schwarzenberg. Weitere Fundorte in Deutschland liegen vor allem im Schwarzwald, wie unter anderem die Grube Königswart bei Schönegründ und die Grube Clara bei Oberwolfach, Neubulach und der Steinbruch Hechtsberg bei Hausach in Baden-Württemberg; die Grube Pauline bei Waldaschaff und der Steinbruch Steinerleinbach bei Röhrnbach in Bayern; die Grube Wolkenhügel bei Bad Lauterberg im Harz in Niedersachsen sowie die Grube Arme Hilfe bei Ullersreuth in Thüringen.

In Österreich konnte er unter anderem am Hüttenberger Erzberg nachgewiesen werden, in Tschechien bei Jáchymov (Joachimsthal) und in Spanien in der Mina El Valle-Boinás, Belmonte de Miranda, Asturien. In den USA gibt es zahlreiche Fundpunkte, so in Kalifornien in der Stewart Mine, Pala district, und im Mesa Grande district, San Diego County. Weitere USA-Vorkommen gibt es in New Mexico, Arizona, Colorado, Nevada und Utah. In Namibia findet man das Mineral zusammen mit Namibit auf der Farm Mesopotamia 504 bei Khorixas. Kleine Adern bildet er in der A Lone Hand Mine, Malbon, Queensland, Australien.[11]

  • Clifford Frondel: Mineralogy of the oxides and carbonates of bismuth. In: American Mineralogist. Band 28, 1943, S. 521–535 (minsocam.org [PDF; 978 kB; abgerufen am 20. August 2017]).
  • Eberhardt William Heinrich: Beyerite from Colorado. In: American Mineralogist. Band 32, 1947, S. 660–669 (minsocam.org [PDF; 633 kB; abgerufen am 20. August 2017]).
  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 351.
  • Hans Jürgen Rösler: Lehrbuch der Mineralogie. 4. durchgesehene und erweiterte Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie (VEB), Leipzig 1987, ISBN 3-342-00288-3, S. 715.
  • Joel D. Grice: A solution to the crystal structure of bismutite and beyerite. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, 2002, S. 693–698 (rruff.info [PDF; 649 kB; abgerufen am 20. August 2017]).
Commons: Beyerit – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  2. a b c d Joel D. Grice: A solution to the crystal structure of bismutite and beyerite. In: The Canadian Mineralogist. Band 40, 2002, S. 693–698 (rruff.info [PDF; 649 kB; abgerufen am 20. August 2017]).
  3. a b Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 300.
  4. Webmineral – Beyerite (englisch)
  5. a b Beyerite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (handbookofmineralogy.org [PDF; 64 kB; abgerufen am 20. August 2017]).
  6. a b c d Mindat – Beyerite
  7. Mineralienatlas:Beyerit
  8. Andreas Arzruni, Konstantin Thaddéeff: Neue Minerale aus Chile, ein neues Vorkommen von Utahit und ein neues Wismuthcarbonat von Schneeberg. In: Zeitschrift für Krystallographie. Band 31, 1899, S. 246–247 (rruff.info [PDF; 1,7 MB; abgerufen am 20. August 2017]).
  9. Thomas Witzke: Entdeckung von Beyerit bei www.strahlen.org (abgerufen am 20. August 2017)
  10. Mindat – Anzahl der Fundorte für Beyerit
  11. Fundortliste für Beyerit beim Mineralienatlas und bei Mindat