Blödit – Wikipedia

Blödit
Soda Lake, San Luis Obispo County, Kalifornien, USA (Größe: 26 mm × 15 mm × 10 mm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1982 s.p.[1]

IMA-Symbol

Blö[2]

Andere Namen
  • Astrakanit
  • Simonyit
Chemische Formel Na2Mg[SO4]2·4H2O[3][1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

VI/C.11
VI/C.18-010[4]

7.CC.50
29.03.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem monoklin
Kristallklasse; Symbol monoklin-prismatisch; 2/m
Raumgruppe P21/a (Nr. 14, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/14.3[5]
Gitterparameter a = 11,126 Å; b = 8,242 Å; c = 5,539 Å
α = 90°; β = 100,84°; γ = 90°[5]
Formeleinheiten Z = 2[5]
Häufige Kristallflächen {110}, {210}, {110}, {001}, {111}, {211}[6]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 2,5 bis 3
Dichte (g/cm3) gemessen: 2,218 bis 2,24; berechnet: 2,23[6]
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität muschelig; spröde
Farbe farblos, weiß, dunkelgrau, bläulichgrün, rötlich
Strichfarbe weiß
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα = 1,483[7]
nβ = 1,486[7]
nγ = 1,487[7]
Doppelbrechung δ = 0,004[7]
Optischer Charakter zweiachsig negativ
Achsenwinkel 2V = 71° (gemessen); 58° (berechnet)[7]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten in Wasser löslich, bitterer Geschmack

Blödit ist ein eher selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Sulfate (einschließlich Selenate, Tellurate, Chromate, Molybdate und Wolframate)“ mit der chemischen Zusammensetzung Na2Mg[SO4]2·4H2O[3] und damit chemisch gesehen ein wasserhaltiges Natrium-Magnesium-Sulfat.

Blödit kristallisiert im monoklinen Kristallsystem und entwickelt meist kurze, prismatische Kristalle mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen, kommt aber auch in Form körniger bis massiger Mineral-Aggregate vor. In reiner Form ist er farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund von Gitterfehlern oder polykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch Fremdbeimengungen eine dunkelgraue, bläulichgrüne oder rötliche Farbe annehmen.

Etymologie und Geschichte

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Erstmals entdeckt und beschrieben wurde Blödit 1821 im Bad Ischler Salzberg im oberösterreichischen Salzkammergut von Johann Friedrich John (1782–1847),[8] der das Mineral nach dem deutschen Chemiker Karl August Blöde (1773–1820) benannte.[9]

1869 beschrieb der österreichische Mineraloge Gustav Tschermak (1836–1927) ein neu entdecktes Mineral und gab ihm zu Ehren des österreichischen Naturwissenschaftlers Friedrich Simony den Namen Simonyit.[10] Bei späteren Untersuchungen stellte sich allerdings heraus, dass das neue Mineral identisch mit dem bereits bekannten Blödit war, so dass die Bezeichnung Simonyit diskreditiert wurde und jetzt als Synonym für den Blödit gilt.

Die Bezeichnung Astrakanit (auch Astrachanit) prägte Gustav Rose 1837 für die weißen, undurchsichtigen und prismatischen Kristalle, die er im selben Jahr an der Wolgamündung nahe der Stadt Astrachan in Russland fand.[11] Diese stellten sich allerdings später ebenfalls als Blöditkristalle heraus.

Blödit war bereits lange vor der Gründung der International Mineralogical Association (IMA) bekannt und als eigenständige Mineralart anerkannt. Damit hätte Blödit theoretisch den Status eines grandfathered Mineral. In der 1982 erfolgten Publikation der IMA: Commission on new minerals and mineral names wurde die Schreibweise „Blödit“ als die korrekte bestätigt und die Schreibweisen Bloedit(e) und Astrakhanit(e) als Synonyme gesetzt.[12] Da dies automatisch eine nachträgliche Ankerkennung für den Blödit bedeutete, wird das Mineral seitdem in der „Liste der Minerale und Mineralnamen“ der IMA unter der Summenanerkennung „IMA 1982 s.p.“ (special procedure) geführt.[1] Die ebenfalls von der IMA/CNMNC anerkannte Kurzbezeichnung (auch Mineral-Symbol) von Blödit lautet „Blö“.[2]

In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Blödit zur Mineralklasse der „Sulfate, Chromate, Molybdate und Wolframate (einschließlich einiger Selenate und Tellurate)“ und dort zur Abteilung der „Wasserhaltigen Sulfate ohne fremde Anionen“, wo er als einziges Mitglied die „Astrakanit-Reihe“ mit der System-Nr. VI/C.11 bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisierten Lapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik von Karl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr. VI/C.18-010. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Abteilung „Wasserhaltige Sulfate, ohne fremde Anionen“, wo Blödit zusammen mit Changoit, Cobaltoblödit, Konyait, Leonit, Manganoblödit, Mereiterit und Nickelblödit die unbenannte Gruppe VI/C.18 bildet.[4]

Auch die von der International Mineralogical Association (IMA) zuletzt 2009 aktualisierte[13] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Blödit in die Abteilung der „Sulfate (Selenate usw.) ohne zusätzliche Anionen, mit H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der relativen Größe der beteiligten Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Mit mittelgroßen und großen Kationen“ zu finden ist, wo es als Namensgeber zusammen mit Changoit und Nickelblödit die „Blöditgruppe“ mit der System-Nr. 7.CC.50 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Blödit in die Klasse der „Sulfate, Chromate und Molybdate (einschließlich Selenate, Tellurate, Selenite,Tellurite und Sulfite)“ und dort in die Abteilung der „Wasserhaltige Säuren und Sulfate“ ein. Hier ist er zusammen mit Changoit, Leonit, Mereiterit und Nickelblödit in der „Blöditgruppe“ mit der System-Nr. 29.03.03 innerhalb der Unterabteilung „Wasserhaltige Säuren und Sulfate mit (A+)2B(XO4)2 × x(H2O)“ zu finden.

Kristallstruktur

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Blödit kristallisiert monoklin in der Raumgruppe P21/a (Raumgruppen-Nr. 14, Stellung 3)Vorlage:Raumgruppe/14.3 mit den Gitterparametern a =  11.126 Å; b = 8.242 Å; c = 5.539 Å; β = 100.84° und α = γ = 90° sowie 2 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[5]

Die Kristallstruktur von Blödit besteht aus Mg(H2O)4O2-Oktaedern, die über gemeinsam genutzte Sauerstoffionen mit je zwei SO4-Tetraedern verbunden sind und inselartige [Mg(H2O)4(SO4)2]2−-Gruppen bilden. Diese sind über Na(H2O)2O4-Polyeder und Wasserstoffbrücken zu einem Netzwerk verknüpft.[3]

Kristallstruktur von Blödit[5]
Farblegende: 0 _ Mg 0 _ Na 0 _ S 0 _ O 0 _ H

Blöditkristalle müssen unter Verschluss gehalten werden, da sie (ähnlich wie bei Chalkanthit) an der Luft mit der Zeit durch Wasserentzug verwittern und eine weiße Kruste bilden. Weiterhin ist das Material leicht wasserlöslich.

Bildung und Fundorte

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Blöditkristall aus dem San Luis Obispo County, Kalifornien – Ausgestellt im Mineralogischen Museum Bonn

Blödit bildet sich durch chemische Sedimentation in Salzgewässern, das heißt durch verdunstungsbedingte Ausfällung der Blödit bildenden Molekülgruppen. Als Begleitminerale treten unter anderem Carnallit, Halit, Kainit, Mirabilit, Polyhalit und Thénardit auf.[6]

Als relativ seltene Mineralbildung kann Blödit an verschiedenen Orten zum Teil zwar reichlich vorhandenen sein, insgesamt ist er aber wenig verbreitet. Weltweis sind bisher rund 150 Fundorte dokumentiert (Stand 2023).[14] Neben seiner Typlokalität Bad Ischler Salzberg trat das Mineral in Österreich noch in der Gemeinde Abtenau (Webing), im Gipswerk Moldan bei Grubach und der Steinsalzlagerstätte Dürrnberg in Salzburg sowie in den Salzbergwerken bei Hall in Tirol und Hallstatt in Oberösterreich auf.

In Deutschland konnte Blödit unter anderem bei Giesel, Neuhof, Heringen und Philippsthal in Hessen; der Grube „Julia“ bei Herne in Nordrhein-Westfalen; bei Tarthun und Westeregeln in Sachsen-Anhalt; im Bergbaubetrieb „Willi Agatz“ der SDAG Wismut bei Dresden in Sachsen und bei Merkers in Thüringen gefunden werden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem in der Antarktis, in Australien, Chile, China, Kanada, Frankreich, Island, Ungarn, Italien, Mexiko, Namibia, Pakistan, Polen, Russland, der Türkei, in Turkmenistan, der Ukraine, Usbekistan sowie in mehreren Bundesstaaten der USA.[15]

  • Helmut Schröcke, Karl-Ludwig Weiner: Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981, ISBN 3-11-006823-0, S. 590–591.
  • Hans Schulze: Mineralogisches aus Tarapacá. In: Verhandlungen des Deutschen Wissenschaftlichen Vereines zu Santiago. Band 2, Nr. 1, 1889, S. 49–60 (rruff.info [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 17. Juni 2023] Historischer Bericht zur Fundsituation in Chile).
  • Melissa D. Lane: Mid-infrared emission spectroscopy of sulfate and sulfate-bearing minerals. In: American Mineralogist. Band 92, 2007, S. 1–18 (englisch, rruff.info [PDF; 639 kB; abgerufen am 17. Juni 2023] Spektroskopische Daten verschiedener Sulfate).
  • Erich Reiter: Der Simonyit – ein kleiner Beitrag zur Geschichte eines „neuentdeckten“ alten Minerals. Hrsg.: Biologiezentrum Linz/Austria (= Stapfia. Band 43). 1996, S. 73–80 (zobodat.at [PDF; 832 kB; abgerufen am 17. Juni 2023]).
Commons: Blödite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. a b Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 390.
  4. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  5. a b c d F. C. Hawthorne: Refinement of the crystal structure of bloedite. In: The Canadian Mineralogist. Band 23, 1985, S. 669–674 (englisch, rruff.info [PDF; 550 kB; abgerufen am 18. Juni 2023]).
  6. a b c Blödite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 54 kB; abgerufen am 17. Juni 2023]).
  7. a b c d e Blödite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 18. Juni 2023 (englisch).
  8. John, Johann Friedrich (1782–1847). The Mineralogical Record, abgerufen am 17. Juni 2023.
  9. J. F. John: Chemische Zerlegung eines neuen fossilen Salzes, des Blödits, In: Chemische Untersuchungen mineralischer, vegetabilischer und animalischer Substanzen, Maurerschen Buchhandlung, Berlin 1821, S. 240–247 (PDF 1,4 MB)
  10. Gustav Tschermak: Über den Simonyit, ein neues Salz von Hallstadt. In: Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften mathematisch-naturwissenschaftliche Klasse. Band 60, 1869, S. 718–724 (online verfügbar bei biostor.org [PDF; 2,2 MB; abgerufen am 18. Juni 2023]).
  11. Gustav Rose (1837): Reise nach dem Ural, dem Altai, und dem kaspischen Meere, Band 2, Berlin 1842, S. 270–271 (online verfügbar bei archive.org)
  12. International Mineralogical Association: Commission on New Minerals and Mineral Names. In: Mineralogical Magazine. Band 46, 1982, S. 513–514 (englisch, rruff.info [PDF; 148 kB; abgerufen am 19. Juni 2023]).
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  14. Localities vor Blödite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 18. Juni 2023 (englisch).
  15. Fundortliste für Blödit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 17. Juni 2023.