Bruce Chatwin – Wikipedia

Charles Bruce Chatwin (* 13. Mai 1940 in Sheffield; † 18. Januar 1989 in Nizza) war ein britischer Schriftsteller.

Bruce Chatwin

Chatwin wurde 1940 in Sheffield, im heutigen South Yorkshire im Norden von England[1] geboren. In den Kriegsjahren reiste seine Mutter mit ihm durch England, um bei Freunden und Verwandten vor den deutschen Luftangriffen Unterschlupf zu finden. Statt das geplante Architekturstudium zu beginnen, arbeitete er mit 18 Jahren als Botenjunge für das Auktionshaus Sotheby’s. Vier Jahre später war er bereits Direktor der Abteilung für impressionistische Kunst. Vorgeblich wegen eines Augenleidens gab er diese Stelle auf und reiste in den Sudan. Danach studierte er in Edinburgh ein Jahr lang Archäologie, brach das Studium jedoch ab. 1973 wurde er Mitarbeiter der Sunday Times, zunächst als Berater für Kunst. Bald darauf widmete er sich vielfältigen Themen, reiste für Interviews und Berichte durch die Welt. Im Dezember 1974 kündigte er dort, angeblich mit dem Telegramm an die Redaktion: „Für vier Monate fort nach Patagonien“.

Eine Begegnung mit der Architektin und Designerin Eileen Gray gab den entscheidenden Anstoß zu einer halbjährigen Reise nach Patagonien, um Überreste des Brontosaurus zu suchen. Hier wurde ihm klar, dass das Erzählen und Schreiben die für ihn angemessene Beschäftigung sei. Im März 1984 fuhr Chatwin gemeinsam mit Salman Rushdie über Afrika nach Australien und besuchte dort Alice Springs und Ayers Rock, um dort die Songlines der australischen Ureinwohner zu studieren. Daraus entstand sein Buch Traumpfade.[2] Reisebücher wie In Patagonien und Traumpfade wurden Bestseller. Die Romane Auf dem schwarzen Berg und Der Vizekönig von Ouidah wurden verfilmt, letzterer unter dem Titel Cobra Verde durch den Regisseur Werner Herzog mit Klaus Kinski in der Hauptrolle. Ebenfalls verfilmt wurde der Roman Utz mit Armin Mueller-Stahl in der Hauptrolle.

Chatwin war seit 1964 mit der Amerikanerin Elizabeth Chanler verheiratet, die er von Sotheby’s kannte. Er war bisexuell und hatte wechselnde Affären mit teils prominenten Liebhabern. „Elisabeth hatte mit den meisten Ehefrauen wenig gemein. „Die Liebe ändert sich nicht, wenn sie auf veränderte Umstände stößt“, meinte sie häufig. Über den gegenseitigen Respekt hinaus und trotz ihrer Probleme gab es eine echte entente, die dem Paar den Spitznamen „The Chattys“ (die Plaudertaschen) eingebracht hat.“[3]

1986 erkrankte Bruce Chatwin an AIDS, woran er 1989 in Südfrankreich starb. Ein angestrebter Eintritt in die griechisch-orthodoxe Kirche, den Chatwin aufgrund eines Besuches auf dem Berg Athos in Erwägung zog, kam aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht zustande. Seine Asche wurde im Beisein seines Freundes Patrick Leigh Fermor neben einer kleinen Kirche in Kardamili auf der griechischen Halbinsel Peloponnes beigesetzt.

Rezeption und Wirkung

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Von Kritikern wurde Chatwin mangelndes Verständnis der beschriebenen Kulturen, besonders in Australien, und Rücksichtslosigkeit vorgeworfen. Ihm wurden auch Ungenauigkeiten und ein Hang zu freien Erfindungen unterstellt. Hingegen wurde Chatwins lakonischer Stil von Kritikern gelobt. Bei der Leserschaft wurde Chatwin durch seine plastischen Beschreibungen fremd wirkender Umgebungen populär. Auch seine große, mit kulturkritischer Tendenz artikulierte Begeisterung für das Nomadentum – er hielt sich selbst für einen Nomaden – faszinierte viele Leser.[4] In seinen Büchern wird der Autor Chatwin nicht sichtbar. Salman Rushdie sagt im Interview:

„Ich kann seine technische Entscheidung, nicht über sich selbst zu sprechen, nicht kritisieren. Er beschloss, sein ganzes sexuelles und emotionales Ich aus seinem Werk herauszuhalten ....... Der Schlüssel zu dem Rätsel Bruce war das Fehlen von Liebe in seinem Werk. Um diesen unglaublich wichtigen Aspekt des menschlichen Lebens hatte er einen Vorhang gezogen.“

Nicholas Shakespeare: Bruce Chatwin[5]

Bruce Chatwin verwendete auf seinen zahlreichen Reisen stets Notizbücher, die er als „carnets moleskines“ bezeichnete. Noch heute wird diese Tatsache werbewirksam vermarktet. Chatwin wird dahingehend zitiert, dass das Verlieren seines Reisepasses eine Trivialität sei, gegenüber dem katastrophalen Verlust seiner Notizbücher: „To lose a passport was the least of one’s worries: to lose a notebook was a catastrophe.“[6]

Preise und Auszeichnungen

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Die meisten deutschen Übersetzungen verfasste Anna Kamp.

  • 1987: Cobra Verde
  • 1988: Black Hill (On the Black Hill)
  • 1991: Nach Patagonien
  • 1992: Utz
  • 2019: Der Nomade – Auf den Spuren von Bruce Chatwin (BBC/ZDF, Dokumentation von Werner Herzog, 90 min)
  • Susannah Clapp: Mit Chatwin. Porträt eines Schriftstellers. Hanser, München 1998, ISBN 3-446-19480-0.
  • Nicholas Shakespeare: Bruce Chatwin – Eine Biographie. Kindler, Reinbek 2000, ISBN 3-463-40389-7.
Commons: Bruce Chatwin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Biographie, abgerufen am 22. Oktober 2009
  2. Nicholas Shakespeare: Bruce Chatwin. Kindler, Reinbek 2000, ISBN 3-463-40389-7, S. 641–644 (englisch: Bruce Chatwin. London 1999. Übersetzt von Anita Krätzer und Bernd Rullkötter).
  3. Nicholas Shakespeare: Bruce Chatwin. Kindler, Reinbek 2000, ISBN 3-463-40389-7, S. 383 (englisch: Bruce Chatwin. London 1999. Übersetzt von Anita Krätzer und Bernd Rullkötter).
  4. Nicholas Shakespeare: Bruce Chatwin - Eine Biographie. S. 716 ff (Ein kosmisches Buch)
  5. Nicholas Shakespeare: Bruce Chatwin. Kindler, Reinbek 2000, ISBN 3-463-40389-7, S. 743 (englisch: Bruce Chatwin. London 1999. Übersetzt von Anita Krätzer und Bernd Rullkötter).
  6. B. Chatwin: The Songlines, Penguin Books, Neuauflage 1988, ISBN 0-14-009429-6, S. 160