WEG-Baureihe 455 – Wikipedia
WEG-Baureihe 455 | |
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![]() Triebzug 455 011 in Böblingen | |
Nummerierung: | 455 001–012 |
Anzahl: | 12 |
Hersteller: | CAF |
Plattform: | Nexio |
Baujahr(e): | 2020/2021 |
Achsformel: | Bo’(Bo’2’)Bo’ |
Spurweite: | 1435 mm (Normalspur) |
Länge über Kupplung: | 39 140 mm |
Breite: | 2 816 mm |
Leermasse: | 72,5 t |
Dienstmasse: | 90 t |
Höchstgeschwindigkeit: | 100 km/h |
Dauerleistung: | 6 × 180 kW |
Beschleunigung: | 1,17 m/s² |
Stromsystem: | 15 kV, 16,7 Hz ~ |
Bremse: | Rekuperationsbremse, Magnetschienenbremse |
Sitzplätze: | 90 |
Stehplätze: | 161 |
Die Baureihe 455 der Württembergischen Eisenbahngesellschaft (WEG) besteht aus zwölf dreiteiligen Elektrotriebzügen, die auf der Schönbuchbahn eingesetzt werden sollen. Der spanische Hersteller Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles (CAF) führt sie als Teil der Nexio-Fahrzeugplattform. Die Fahrzeuge sind für den elektrischen Nahverkehr auf Nebenbahnen mit Geschwindigkeiten von maximal 100 km/h ausgelegt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Schönbuchbahn erzielte seit der Reaktivierung beständig Fahrgastzuwächse, schließlich ergab eine Prognose über 10 000 Fahrgäste pro Tag. Daher beschloss der Zweckverband Schönbuchbahn im Jahr 2015, die Strecke auszubauen und zu elektrifizieren. Dafür sollten neun für den Betrieb auf Nebenbahnen optimierte Elektrotriebzüge beschafft werden. Die Fahrzeuge sollten möglichst klein und leicht sein, um den Verschleiß zu reduzieren und weniger Energie zu verbrauchen. Die erste Ausschreibung 2013 blieb erfolglos, dann erhielt CAF im April 2017 den Zuschlag.[1] Die Fahrleitung ging im Dezember 2019 in Betrieb; die ersten neun Triebzüge sollten im Dezember 2021 die Bestandsfahrzeuge ablösen. Drei aufgrund einer höher prognostizierten Fahrgastzahl nachbestellte Nexios sollten im März 2022 folgen.[2]
Alle zwölf Fahrzeuge wurden 2020 und 2021 hergestellt und aus Spanien verschifft. Es fanden Probefahrten auf dem Eisenbahnversuchsring in Velim und nachts auf der Schönbuchbahn statt. Wie im August 2021 bekannt wurde, sei die für September 2021 geplante Zulassung aufgrund falsch dimensionierter Bremsen zunächst nicht absehbar. Das Eisenbahn-Bundesamt sehe in den Bremsen, die auch bei hohen Geschwindigkeiten sehr große Bremsverzögerungen (wie nach BOStrab für Straßenbahnen gefordert) ermöglichen, eine Gefährdung von Fahrgästen. Laut späteren Angaben würden hingegen die Grenzwerte der Verzögerung kurz vor dem Stillstand überschritten. Prüfer befürchteten, dass Fahrgäste bei einer Schnellbremsung stürzen könnten. Die für Straßenbahnen dimensionierten Bremsen seien für Bahnen, die nach Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung betrieben werden, zu kräftig und müssten geändert werden. Die genauen Anforderungen an die Bremsen waren im September 2021 ebenso unklar wie die Frage, ob die Bremsen neu konstruiert werden müssen. Bis Ende 2021 sollte ein Nachweisplan der Genehmigungsbehörden vorliegen und Klarheit schaffen. Laut Angaben des Fahrzeugherstellers hätten die Genehmigungsbehörden während der Entwicklung der Fahrzeuge die Anforderungen verändert. Nachdem im Vierten Eisenbahnpaket der Begriff „Leichter Nahverkehrstriebwagen“ (LNT) definiert wurde, gelten die Fahrzeuge nicht mehr als LNT und profitieren daher auch nicht von einem erleichterten Zulassungsverfahren. Dieses wurde von der Bundesregierung Mitte 2020 umgesetzt. Eine 2017 erfolgte Abklärung der Zulassungsbestimmungen mit dem „Landeseisenbahnamt“ war damit hinfällig. Der Landkreis Böblingen ging Anfang 2022 davon aus, dass die Fahrzeuge frühestens ab Jahresende zum Einsatz kommen werden. Der Fahrzeughersteller rechnete hingegen eher mit einem späteren Einsatzbeginn. Ziel sei, eine Genehmigung für die Fahrzeuge zu erhalten, ohne eine komplett neue Bremse entwickeln zu müssen. Laut Angaben von CAF vom Juli 2022 sollten in den kommenden Monaten Bremstests auf dem Eisenbahnversuchsring Velim erfolgen, später voraussichtlich auch mit Probanden im Fahrzeug. Anschließend wollte der Fahrzeughersteller einen detaillierten Zeitplan zum weiteren Zulassungsprozess vorlegen. Am 30. September 2022 teilte der Fahrzeughersteller eine weitere Verzögerung bis voraussichtlich März 2024 mit. Das Problem solle per Software – ohne Neukonstruktion der Bremse – gelöst werden. Für deren Entwicklung sei ein Jahr notwendig, weitere vier Monate für das Genehmigungsverfahren. Anfang Oktober 2023 wurden Verkabelungen in den Fahrzeugen umgebaut und daraufhin Testfahrten durchgeführt und technische Abnahmen durch den Besteller begonnen, die 2024 und 2025 weiter geführt werden.[3] Aufgrund der bis dahin nicht erfolgten Zulassung musste die geplante Inbetriebnahme zu den Fahrplanwechseln am 9. Juni 2024 und 15. Dezember 2024 jeweils verschoben werden.[4][5] Am 18. März 2025 erteilte das Eisenbahn-Bundesamt, das in Baden-Württemberg die Landeseisenbahnaufsicht innehat, die Betriebserlaubnis der Fahrzeuge für die Schönbuchbahn.[6]
Bis der Betrieb mit den neuen Fahrzeugen aufgenommen wird, verkehren weiterhin vier dieselbetriebene Stadler Regio-Shuttle, und fünf Fahrzeuge der Baureihe 426, die von der Deutschen Bahn gemietet sind.
Technik
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Die dreiteiligen Triebzüge besitzen vier Drehgestelle. Zwei tragen den Mittelwagen, die Endwagen stützen sich auf je einem Drehgestell und dem Mittelwagen ab. Durch diese Konzeption konnte die Radsatzlast gegenüber einem zweiteiligen Zug mit Jakobs-Drehgestellen auf maximal 12,9 Tonnen gesenkt werden. Jeder Wagen besitzt eine 1,3 Meter weite Doppel-Schwenkschiebetür pro Seite. In den Endwagen befinden sich jeweils ein Multifunktionsbereich mit Rollstuhlstellplatz. Die Züge sind durchgängig begehbar und bieten bei einer Bahnsteighöhe von 760 mm einen barrierefreien Einstieg. Die 90 Sitzplätze der zweiten Wagenklasse sind überwiegend vis-à-vis angeordnet.[7] Neben Klimaanlagen, Fahrgastinformationssystemen und Videoüberwachung wurde auch eine Fahrgastzähleinrichtung eingebaut.[8]
Der Wagenkasten wurde in Hybridbauweise hergestellt: Der Unterboden ist aus Stahl, während die Aufbauten aus Aluminium-Strangpressprofilen bestehen.[9] Die Sekundärfederstufe wurde mit Schraubenfedern realisiert. Der einzige Stromabnehmer befindet sich auf dem Mittelwagen.
Ähnliche, aber breitspurige Fahrzeuge sind beim Tram-Train Cádiz im Einsatz.
Einsatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Fahrzeuge wurden durch den Zweckverband Schönbuchbahn ausschließlich für den Verkehr auf der elektrifizierten Schönbuchbahn beschafft.
Farben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Außenflächen sind in den Farben des Zweckverbandes Schönbuchbahn in einer gelb-weißen Lackierung mit zwei roten Streifen, im Innenraum wurden blaue Sitzbezüge verwendet.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Elektrifizierung und Ausbau 2016 – 2019. In: Zweckverband Schönbuchbahn. Abgerufen am 28. März 2024.
- ↑ Schönbuchbahn: Testfahrten mit erstem CAF-Triebzug beginnen. In: Eurailpress. Abgerufen am 29. März 2024.
- ↑ Testfahrten auf der Schönbuchbahn starten wieder. In: Landkreis Böblingen. 5. Oktober 2023, abgerufen am 29. März 2024.
- ↑ Isabell Gospodarczyk: Schönbuchbahn: Neue Elektrozüge sollen am 9. Juni auf die Schienen. In: Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung. 13. Dezember 2023, abgerufen am 30. März 2024.
- ↑ Termin abgesagt: Neue Elektro-Züge der Schönbuchbahn sollen erst zum Fahrplanwechsel im Dezember 2024 fahren. Landkreis Böblingen, 2. Mai 2024, abgerufen am 7. Mai 2024.
- ↑ Schönbuchbahn: Grünes Licht für neue Elektro-Fahrzeuge. Landkreis Böblingen, 25. März 2025, abgerufen am 25. März 2025.
- ↑ Nahverkehrszug Schönbuchbahn. In: CAF. Abgerufen am 29. März 2024.
- ↑ Michael Dostal: Triebwagen und Triebzüge (= Typen-Atlas). GeraMond.
- ↑ Reinhard Christeller: Die Modernisierung der Schönbuchbahn. In: Urban Transport Magazine. 17. Mai 2021, abgerufen am 28. März 2024.