Calida – Wikipedia
Calida Holding AG | |
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Rechtsform | Aktiengesellschaft |
ISIN | CH0126639464 |
Gründung | CALIDA 1941 / Holding 1986 |
Sitz | Sursee, Schweiz |
Leitung | Felix Sulzberger (exekutiver Verwaltungsratpräsident) |
Mitarbeiterzahl | 2’360[1] |
Umsatz | 304.4 Mio. CHF[2] |
Branche | Textilindustrie |
Website | www.calidagroup.com |
Stand: 2024 |
Die Calida Gruppe ist ein börsennotiertes, global tätiges Unternehmen für Premium-Unterwäsche mit Sitz in Sursee. Neben der Schweizer Stammmarke Calida gehört auch die 2005 übernommene französische Marke Aubade sowie die 2022 akquirierte US-amerikanische Marke Cosabella zur Gruppe. Die Marken sind hauptsächlich auf Unterwäsche sowie Nachtwäsche spezialisiert. In rund 70 Ländern werden beide Marken über den Fachhandel, Warenhäuser, E-Commerce sowie in den Heimmärkten Schweiz und Deutschland, respektive Frankreich, über eigene Verkaufsläden vertrieben. Die Gruppe beschäftigte 2024 insgesamt knapp 2'400 Mitarbeitende und erzielte im ersten Halbjahr einen Umsatz von rund 111 Mio. Schweizer Franken. Die Namenaktien der Calida Holding AG (CALN) werden an der SIX Swiss Exchange AG gehandelt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Unternehmen wurde 1941 als Strickwarenfabrik Sursee A.G. von Max Kellenberger und Hans Joachim Palmers gegründet. 1946 wurde die bereits 1929 im Handelsregister eingetragene Wortmarke Calida an die Strickwarenfabrik Sursee AG übertragen und dann die Firma selbst in Calida AG umbenannt.
In der Kriegs- und Nachkriegszeit wurde zunächst funktionale Damenunterwäsche produziert. Calida gewährte eine „Wäschegarantie“ und reparierte beschädigte Wäsche kostenlos. In den 1950er Jahren rückten vermehrt modische Aspekte in den Mittelpunkt. Calida wurde unter anderem bekannt für ihren nahtlosen Damenslip, der zu einer schlanken Silhouette verhelfen sollte, und ihren Pyjama mit Patentbund, welcher das Hochrutschen verhindern sollte.[3]
Anlässlich des 1987 erfolgten Börsengangs an der Schweizer Börse SWX Swiss Exchange organisierte sich das Unternehmen als Holdinggesellschaft neu, wobei zunächst 70 % des Kapitals bei den Gründerfamilien verblieb.
Krise um die Jahrtausendwende
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den 1990er-Jahren wurde in eine Strickerei und ein vollautomatisiertes Vertriebszentrum in der Schweiz investiert. Ausserdem wurden in Ungarn und in Portugal je eine Näherei sowie in Indien eine Fabrik in Betrieb genommen.
Während andere Hersteller im Zuge der Globalisierung ihr Garn von Auftragsherstellern aus Osteuropa oder Asien bezogen oder auch gleich die ganze Produktion von diesen besorgen liessen, investiert Calida in eigene Produktionsbetriebe an vier verschiedenen Standorten.
Nachdem 1999 der erste Verlust der Unternehmensgeschichte eingefahren wurde, verliess die Familie Palmers ein Jahr später das Unternehmen und die Familie Kellenberger übernahm die Mehrheitsbeteiligung. Ein neuer Aufsichtsrat wurde gewählt. Nach einem Rekordverlust von 43 Millionen bei einem Umsatz von 191 Millionen Franken im Jahr 2001 wurde ein neues Management eingesetzt.[4] Neuer Konzernchef wurde Felix Sulzberger.
Restrukturierung und Ende der Produktion in der Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Felix Sulzberger unterzog die Firma einer grundlegenden Restrukturierung. Verlustbringende Produkte wurden aus dem Sortiment genommen, Betriebs- und Investitionsausgaben zusammengestrichen, Vorräte an Ladenhütern abgeschrieben und die Anzahl an Verkaufspunkten reduziert. Calida investierte zudem in seinen Markenauftritt. Man wollte modisch und aktuell wirken und vermehrt Damenunterwäsche und Sportbekleidung in den Vordergrund rücken. Zudem wurden die Produktionsbetriebe in Indien und Portugal veräussert und sowohl die Strickerei als auch die Näherei in Sursee stillgelegt. Der neue Besitzer der Fabrik in Portugal produziert weiterhin als unabhängiger Zulieferer für Calida. Calida lässt ausserdem erstmals in grossem Umfang von Dritten in Osteuropa und Fernost produzieren.
Von den einst 1400 Mitarbeitenden verblieben 600, die Hälfte davon in Sursee, 250 in Ungarn und der Rest in den Verkaufsläden. Im Januar 2003 verliess der letzte in der Schweiz gefertigte Pyjama die Fabrikhallen. Vorübergehend wurden noch Musterkollektionen und Kleinserien sowie maschinell geschnittene Stoffteile zur Weiterverarbeitung im Ausland in Sursee gefertigt.
Der Umsatz schrumpfte auf 140 Millionen Franken. Dafür konnte Calida 2003 erstmals seit vier Jahren wieder einen Gewinn verbuchen, verzeichnete einen positiven Cashflow und hatte bald netto seine Schulden bereinigt.
Obwohl Calida wieder Gewinn machte und steuerlich vom Gewinnvortrag profitierte, wurde die Produktion in der Schweiz 2005 ganz eingestellt, und auch die letzten 40 Mitarbeitenden in der Produktion verloren ihre Stelle. Seit 2010 lässt Calida nicht mehr in Portugal produzieren.[5][6][7]
In einem Interview mit der Berner Zeitung meinte Sulzberger 2005, die Verlagerung habe auch mit der vollständigen Deregulierung des Textilmarktes infolge der Anfang des Jahres in Kraft getretenen neuen WTO-Regeln zu tun. Da es keine Zölle, Handelsbarrieren oder Quoten mehr gebe, sei man einem verschärften Konkurrenzkampf, besonders mit Asien, ausgesetzt. Die Produktion in der Schweiz koste viermal mehr als die in Portugal, und selbst diese sei für Calida nun zu teuer.[8]
Übernahme von Aubade
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2005 übernahm Calida den französischen Hersteller von Dessous Aubade mit Sitz in Paris. Die Mittel dafür stammten aus einer Kapitalerhöhung und aus Bankkrediten. Die im Luxussegment angesiedelten Produkte sind wesentlich teurer als die Tag- und Nachtwäsche Calidas und sollten so das Sortiment erweitern. Während bei Calida je rund 40 % des Absatzes auf die Schweiz und Deutschland entfallen, setzt Aubade etwa 60 % in Frankreich ab und vertreibt unter anderem auch in Spanien und Russland. Die Übernahme sollte auch eine Ausweitung und Internationalisierung der Absatzmärkte und Synergien bei Vertrieb und Logistik schaffen. Aubade lag mit einem Umsatz von 75 Mio. Franken bezogen auf das Jahr 2004 hinter Calidas Ergebnis von 138 Mio. Franken Umsatz im selben Zeitraum zurück, verfügte aber über eine deutlich höhere Marge. Die Familie Pasquier, der Aubade seit 1939 gehörte, begründete den Verkauf damit, sich finanziell und personell vom Unternehmen lösen zu wollen. Zudem sollte durch den Zusammenschluss die kritische Grösse für das Überleben im zunehmenden Verdrängungswettkampf erreicht werden.[9]
Restrukturierung und Ende der Produktion in Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zuge der eingeleiteten Restrukturierungsmassnahmen wurden 2006 zunächst die Näharbeiten vollständig aus Frankreich ausgelagert. Sie werden neu in Tunesien ausgeführt wo bereits rund 70 % der Stücke genäht werden, zur Hälfte in einer eigenen Fabrik und zur Hälfte bei Zulieferern. Mit der Schließung des Werkes im Dorf La Trimouille im Westen Frankreichs verloren rund 180 Angestellte ihren Arbeitsplatz und die Region den weitaus grössten Arbeitgeber. Der Zuschnitt der Einzelteile verblieb noch in Frankreich. Da die Anzahl der Fachhändler abnahm, nahm Aubade mit eigenen Verkaufsläden wie bei Calida den Vertrieb teilweise selber in die Hand.[10]
Der durch die Wirtschaftskrise verursachte Nachfrageeinbruch setzte auch Aubade zu. Im ersten Halbjahr 2009 verursachte Aubade der Calida-Gruppe mit einem Verlust von über 50 Mio. Franken rote Zahlen. Den Sparmassnahmen fielen 104 Arbeitsplätze am Standort St. Savin zum Opfer, der nur noch als Logistikplattform dient. Während die technische Entwicklung und die vorindustriellen Arbeitsprozesse am Hauptsitz in Paris zusammengezogen wurden, lagerte man den Zuschnitt und die Mustergestaltung nach Tunesien aus.[11]
Nach einer mehrjährigen Restrukturierungsphase sowie Abschreibungen in zweistelliger Millionenhöhe fand Aubade zurück in die Gewinnzone und wurde zu einem bedeutenden Wachstumstreiber der Gruppe.[12]
Übernahme Lafuma
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Calidas Konzernchef Felix Sulzberger sass ab 2004 im Verwaltungsrat von Lafuma, einem französischen Hersteller von Sportbekleidung und -geräten sowie Gartenmöbeln. 2011 übernahm er zudem die operative Leitung von seinem Vorgänger Philippe Joffards, welcher ein Enkel eines der Gründungsmitglieder Lafumas ist. 2013 beteiligte sich Calida mit 17,5 Mio. Schweizer Franken bei Lafuma und wurde damit Minderheitsaktionärin mit rund 15,3 % der Anteile. Im Oktober des gleichen Jahres wurde bekannt gegeben, die Mehrheit der Anteile übernehmen zu wollen. Eine ausserordentliche Generalversammlung stimmte im Dezember 2013 einer Kapitalerhöhung zu, welche die Voraussetzung für die Übernahme bildete.
Refokussierung der Unternehmensstrategie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ende 2015 wurde Felix Sulzbergers Rücktritt als CEO aufgrund von Meinungsverschiedenheiten mit dem Verwaltungsrat und dem Hauptaktionär bezüglich der strategischen Ausrichtung der CALIDA GROUP bekannt gegeben. Reiner Pichler, zuvor CEO des deutschen Modekonzerns s.Oliver, trat per April 2016 die Nachfolge als CEO der CALIDA GROUP an. Unter Reiner Pichler wurde ein Fokuswechsel der Unternehmensstrategie mit einer Konzentration auf die Entwicklung des bestehenden Mehrmarkenportfolios sowie einer verstärkten Digitalisierung forciert. 2017 wurde der deutsche Online-Händler Reich Online Services akquiriert, um das e-Commerce-Geschäft zu verstärken.
2020 wurden die Marken Eider und Oxbow, jeweils Teile der Lafuma Gruppe, verkauft, um sich künftig verstärkt auf die Kernsegmente zu fokussieren. Im gleichen Jahr trat Reiner Pichler von seiner Funktion zurück und Timo Schmidt-Eisenhart, zuvor in verschiedenen Führungspositionen bei der VF Corporation, wurde als künftiger CEO angekündigt. Aufgrund der frühzeitigen Forcierung von Digitalisierung und E-Commerce konnte ein erfolgreicher Geschäftsverlauf auch während der Covid-Pandemie sichergestellt werden.
Unter CEO Timo Schmidt-Eisenhart wurde Ende 2021 die Millet Mountain Group als Teil der Lafuma Gruppe verkauft. Am Kapitalmarkttag wurde darüber hinaus die künftige Unternehmensstrategie „Accelerate 2026“ verkündet. Diese sah unter anderem ein Wachstum durch Akquisitionen im Unterwäsche- und Lingeriesegment vor.
Akquisitionen von Cosabella und erlich textil
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2022 erweiterte die CALIDA GROUP ihr Markenportfolio durch die Übernahme der amerikanischen Premium-Lingeriemarke Cosabella sowie der deutschen nachhaltigen Wäschemarke erlich textil. Diese Akquisitionen spielten eine zentrale Rolle in der Wachstumsstrategie der Calida Group und unterstrichen das Ziel, international zu expandieren und gleichzeitig auf Nachhaltigkeit zu setzen.
Im Februar 2022 erfolgte der Kauf von Erlich Textil, eine auf nachhaltige Unterwäsche spezialisierte Marke, die im Jahr 2021 mit 21 Mitarbeitenden 7 Mio. Euro erwirtschaftete. Kurz darauf folgte die Akquisition der US-Marke Cosabella, die im Jahr 2021 rund 29 Mio. US-Dollar erwirtschaftete und 50 Mitarbeitende beschäftigte. Mit einem stark wachsenden digitalen Geschäft und bewährten Omnichannel-Kompetenzen wurde Cosabella als ideale strategische Ergänzung zum bestehenden Portfolio der CALIDA GROUP gehandelt.
Nachfolgeregelung Ankeraktionärsfamilie und Veränderungen in der Geschäftsleitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Juli 2022 liess die langjährige Ankeraktionärs- und Gründerfamilie Kellenberger verlauten, eine Nachfolge ihres Ankeraktionariats anzustreben. CEO Timo Schmidt-Eisenhart verliess das Unternehmen nachfolgend aus persönlichen Gründen. Felix Sulzberger, der im April 2023 erneut ein Amt als Verwaltungsratspräsident antrat, übernahm in der Folge auf Interimsbasis auch die Rolle des CEOs. Eine umfassende Strategieüberprüfung hatte eine neue strategische Ausrichtung sowie signifikante Wertberichtigungen zur Folge. Die 2022 akquirierte Marke erlich textil wurde aufgrund von schwierigen Rahmenbedingungen und einer unter den Erwartungen gebliebene Entwicklung aufgegeben.
Gegenwart
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit dem Schwerpunkt „Operational Excellence“ wurde auf die profitablen Kernmarken als tragfähiges Fundament fokussiert, um die CALIDA GROUP in einem anspruchsvollen Umfeld wieder solide aufzustellen. Mit dem Verkauf von Lafuma Mobilier 2024 konnte das Markenportfolio schlussendlich bereinigt und auf das Kerngeschäft Unterwäsche und Lingerie fokussiert werden. Zudem erfolgte 2024 ein Rückkauf eigener Aktien, durch welches die Ankeraktionärsfamilie ihren Aktienanteil signifikant reduzieren konnte.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Website der Calida Holding AG mit den Marken Calida und Aubade
- Website der Calida AG
- Website der Aubade SA
- Website von Cosabella
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Halbjahresabschluss 2024, 25. Juli 2024
- ↑ Jahresabschluss 2023, 23. Februar 2024
- ↑ Geschichte Offizieller Webauftritt der Marke Calida, abgerufen am 3. Dezember 2013.
- ↑ http://www.calidagroup.com/cadila-group/facts-history.aspx?sc_lang=de-DE/text/ Offizieller Webauftritt der Calida Gruppe, abgerufen am 3. Dezember 2013.
- ↑ NZZ am Sonntag. 6. August 2006, Ausgaben-Nr. 32, S. 77.
- ↑ ProLitteris / Biswas Chanchal; 12. Dezember 2004, Ausgaben-Nr. 50, S. 51 Wirtschaft
- ↑ Der Bund. 26. Februar 2005, S. 37, Wirtschaft.
- ↑ Calida-Produktion in der Schweiz zu teuer. Artikel auf Wirtschaft.ch vom 26. Februar 2005, abgerufen am 20. Dezember 2013.
- ↑ Calida legt sich Pariser Chic zu. In: Neue Luzerner Zeitung. 30. April 2005, S. 13.
- ↑ Calida bringt Dessous-Tochter in Form. In: Tages-Anzeiger. 5. Oktober 2006, S. 25.
- ↑ Calida schreibt tiefrote Zahlen. In: Neue Luzerner Zeitung. 25. Juli 2009, S. 13.
- ↑ Im Land der Pyjamas. In: Neue Zürcher Zeitung. 21. November 2011, Ausg. 272, S. 23.
Koordinaten: 47° 9′ 48″ N, 8° 6′ 26″ O; CH1903: 650696 / 223812