Carbonylsulfid – Wikipedia

Strukturformel
Strukturformel von Carbonylsulfid
Allgemeines
Name Carbonylsulfid
Andere Namen
  • Kohlenoxidsulfid
  • Carbonoxysulfid
  • COS
Summenformel COS
Kurzbeschreibung

farbloses, übelriechendes Gas[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 463-58-1
EG-Nummer 207-340-0
ECHA-InfoCard 100.006.674
PubChem 10039
ChemSpider 9644
Wikidata Q412371
Eigenschaften
Molare Masse 60,07 g·mol−1
Aggregatzustand

gasförmig

Dichte
  • 2,72 g·l−1 (0 °C, 1013 hPa)[1]
  • 1,18 g·cm−3 (flüssig am Siedepunkt)[1]
Schmelzpunkt

−138,81 °C[1]

Siedepunkt

−50,2 °C[1]

Dampfdruck

1,13 MPa (20 °C)[1]

Löslichkeit

schlecht in Wasser (1,45 g·l−1)[1]

Brechungsindex

1,24 (−87 °C)[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 220​‐​280​‐​331
P: 210​‐​260​‐​304+340+315​‐​377​‐​381​‐​403​‐​405[1]
Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

−142,0 kJ/mol[3]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C

Carbonylsulfid ist ein farbloses, brennbares, giftiges Gas mit unangenehmem Geruch. Chemisch reines COS soll allerdings geruchlos sein.[4] Es spielt vor allem in der Atmosphärenchemie eine wichtige Rolle.

Entdeckt wurde es 1867 vom ungarischen Chemiker Carl von Than. 1868 erhielt von Than für seine Arbeiten über die Absorptionskoeffizienten von COS den Lieben-Preis.

Carbonylsulfid entsteht vor allem in der Atmosphäre. Es kommt jedoch auch in Erdgas, vulkanischen Gasen, Biogas und als Nebenprodukt in der chemischen Industrie vor.[5] Zum ersten Mal in einem Kometen wurde es bei der radioteleskopischen Beobachtung von C/1996 B2 (Hyakutake) im Jahr 1996 gefunden.[6]

Gewinnung und Darstellung

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Im Labor lässt sich Carbonylsulfid aus Kaliumthiocyanat und Schwefelsäure darstellen. Dabei entsteht neben Kaliumhydrogensulfat und Ammoniumhydrogensulfat auch gasförmiges COS mit verschiedenen Verunreinigungen wie Kohlendioxid, Schwefeldioxid, Schwefelwasserstoff, Kohlenstoffdisulfid, Formaldehyd und Blausäure. Es muss daher gereinigt werden.[7]

Ein anderer Syntheseweg besteht in der Reaktion von Kohlenstoffmonoxid mit Schwefeldampf in glühenden Röhren:[4]

Eine weitere Möglichkeit zur Synthese von COS ist die unvollständige Oxidation eines stöchiometrischen Gemisches aus Kohlenstoff und Schwefel mit Sauerstoff gemäß folgender Reaktionsgleichung:[8]

Lineare Molekülstruktur mit Angabe der Bindungslängen.

Das Carbonylsulfid-Molekül hat eine lineare Struktur: Das Kohlenstoffatom ist jeweils über eine Doppelbindung mit Schwefel und Sauerstoff verknüpft. Es ist isovalenzelektronisch zu Kohlenstoffdioxid und Schwefelkohlenstoff.

Bei der Verbrennung an Luft entstehen Kohlenstoffdioxid und Schwefeldioxid:

Mit Wasser oder Wasserdampf hydrolysiert es zu Kohlenstoffdioxid und Schwefelwasserstoff:

Carbonylsulfid hat eine kritische Temperatur von 105,3 °C, einen kritischen Druck von 63,5 bar und ein kritisches Volumen von 0,1351 m3·kmol−1.[7] Die Verbindung bildet leicht entzündliche Gas-Luft-Gemische. Der Explosionsbereich liegt zwischen 6,5 Vol.-% (160 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 29 Vol.-% (730 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[1][9]

Atmosphärenchemie

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Carbonylsulfid ist ein die Aerosolbildung in der Atmosphäre (und so das Klima) beeinflussendes Gas und das dominierende Schwefelgas in der Atmosphäre. Grund dafür ist seine Langlebigkeit in der Atmosphäre. Es wird wie Distickstoffmonoxid (Lachgas) in der Troposphäre nicht abgebaut und gelangt damit in die Stratosphäre. Dort wird es zu Sulfataerosolen umgewandelt, die Sonnenlicht in den Weltraum reflektieren und so zur Kühlung der Erde beitragen.[10]

Gebildet wird es in der Natur vor allem durch die Einwirkung von Sonnenlicht auf schwefelhaltige organische Verbindungen (z. B. Dimethylsulfoxid und CS) in den oberen Schichten der Ozeane (vor allem Küstengebiete).

Carbonylsulfid wird zur Containerbegasung zur Bekämpfung von Schädlingen wie Mäusen und Ratten benutzt.[4] In der organischen Synthese dient es zur Herstellung von Thiosäuren, substituierten Thiazolen und Thiocarbamaten.[4]

Biologische Bedeutung

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Viele Pflanzen nehmen Carbonylsulfid am Tage als organische Schwefelquelle auf. Die Verbindung spielt auch bei der Bildung von Eiweißketten aus Aminosäuren eine Rolle und es wird angenommen, dass ihr eine wichtige Rolle bei der Entstehung des Lebens zukommt.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j Eintrag zu Carbonylsulfid in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 8. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  2. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Physical Constants of Organic Compounds, S. 3-88.
  3. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL, Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-20.
  4. a b c d Eintrag zu Kohlenoxidsulfid. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 12. November 2014.
  5. ESPERE Klimaenzyklopädie: Gase aus Seewasser (Memento vom 23. Mai 2014 im Internet Archive).
  6. L. M. Woodney, J. McMullin, M. F. A’Hearn: Detection of OCS in comet Hyakutake (C/1996 B2). In: Planetary and Space Science. Bd. 45, Nr. 6, 1997, S. 717–719 doi:10.1016/S0032-0633(97)00076-7.
  7. a b P. D. N. Svoronos, T. J. Bruno: Carbonyl Sulfide: A Review of Its Chemistry and Properties. In: Ind. Eng. Chem. Res. 41, 2002, S. 5321–5336, doi:10.1021/ie020365n.
  8. Eberhard Breitmaier, Günther Jung: Organische Chemie - Grundlagen, Verbindungsklassen, Reaktionen, Konzepte, Molekülstruktur, Naturstoffe, Syntheseplanung, Nachhaltigkeit. 7., überarb. Auflage. Georg Thieme Verlag, 2012, ISBN 978-3-13-541507-9, S. 436.
  9. E. Brandes, W. Möller: Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1: Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.
  10. Max-Planck-Institut für Chemie: Faszination Forschung (Memento vom 6. April 2011 im Internet Archive).