Chilly Gonzales – Wikipedia

Gonzales auf dem Moers Festival 2006

Chilly Gonzales (* 20. März 1972 als Jason Charles Beck in Montreal) ist ein kanadischer Musiker.

Chilly Gonzales wurde 1972 in Montreal[1] in eine Familie während des Zweiten Weltkriegs aus Ungarn geflohener aschkenasischer Juden hineingeboren. Er ist der jüngere Bruder des Filmkomponisten Christophe Beck und erhielt seine musikalische Ausbildung schon in jungen Jahren.[2] Er studierte zunächst Jazz-Piano an der Concordia University in Montreal, wandte sich dann aber der Popmusik zu und arbeitete mit den kanadischen Musikern Feist, Peaches und Mocky zusammen.[3] Außerdem wirkte er an den Alben Multiply von Jamie Lidell und Secret House Against the World von Buck 65 mit. Er lebte zwischen 1998 und 2003 in Berlin, anschließend in Paris und ließ sich 2011 in Köln nieder.[4]

Bekannt wurde er durch Electro-Tracks mit satirisch angehauchtem Rapgesang, für die er sich selbst den Titel „The Worst MC“ („der schlechteste MC“) verlieh. Das 2004 erschienene Album Solo Piano – mit ernsthaften, zwischen Neoklassik und Jazz angesiedelten Klavierstücken – wurde von der Musikkritik mit großem Lob aufgenommen. Mit diesen Stücken trat er 2007 auch auf dem – nach dem Bach-Interpreten Glenn Gould benannten – Glenn-Gould-Festival in Berlin auf. 2007 arbeitete er auch mit dem kanadischen Hip-Hop-Produzenten und Rapper Socalled zusammen, an dessen Album Ghettoblaster er mitwirkte und den er auch in Konzerten begleitet. Mit einem mehr als 27 Stunden langen Dauerkonzert stellte Gonzales vom 16. bis zum 18. Mai 2009 einen Weltrekord auf.[5][6] 2010 wurde Gonzales’ Titel Never Stop für die Fernsehwerbung des Apple iPads der ersten Generation verwendet. Das Stück basiert auf der andauernden Wiederholung derselben drei Töne (Fis-A-H) auf dem Klavier, deren Rhythmus leicht variiert wird.

Des Weiteren veröffentlichte er 2010 das Album Ivory Tower, das er zusammen mit dem deutschen DJ und Produzenten Boys Noize produzierte. Die beiden teilten sich auch beim Berlin Festival 2010 für ein kurzes Intermezzo die Bühne. 2010 trat er vereinzelt mit Helge Schneider auf. Gonzales gilt selbst als einer der humorvollsten Entertainer im Jazz der Gegenwart. Musiker, die angeben, vornehmlich für sich selbst zu spielen, nannte Gonzales gelegentlich „Onanisten“.[7] Auf seinem Album Solo Piano II stellte Gonzales 2012 vierzehn eigene Songs vor. Er ist einer der Gastmusiker auf dem im Mai 2013 veröffentlichten Album Random Access Memories von Daft Punk.[8]

Nach dem Kinofilm The Ivory Tower hat Gonzales zusammen mit dem Regisseur Adam Traynor 2014 mit The Shadow eine musikalische Adaption von Hans Christian Andersens Märchen Der Schatten auf die Bühne gebracht.[9][10] 2014 schloss sich Gonzales abermals mit Boys Noize zusammen, um unter dem Projektnamen Octave Minds ein gleichnamiges Album zu produzieren. Dieses wurde 2015 unter dem Label Boysnoize Records veröffentlicht. Als Octave Minds spielten die beiden am 3. September 2015 ihr erstes gemeinsames Live-Konzert am Berliner Teufelsberg, bei dem sie von Stella Le Page und dem Kaiser Quartett musikalisch begleitet wurden.

Am 16. März 2017 veröffentlichten Chilly Gonzales und Jarvis Cocker ihr gemeinsames Projekt Room 29, ein Konzeptalbum, das sich mit Geschichten rund um das Chateau Marmont Hotel und mit den Anfängen der „Traumfabrik“ Hollywood auseinandersetzt. Gonzales steuerte die Musik, Cocker die Texte bei. Im September 2018 erschien das Album Solo Piano III. Gonzalez erklärte in einem Interview dazu, er plane auch nach der #MeToo-Debatte weiterhin in Pantoffeln und Bademantel aufzutreten.[11] Am 20. September 2018 war Filmstart der Dokumentation Shut Up and Play the Piano des Regisseurs Philipp Jedike.[12] Im Oktober 2020 veröffentlichte Gonzales ein Buch über die irische Musikerin Enya.[13] Im Dezember 2020 veröffentlichte er das Album A Very Chilly Christmas mit Features von Leslie Feist und Jarvis Cocker, die Videos zu dem Album stammen von dem ostdeutschen Künstler Paul Arne Meyer.

Chart­plat­zie­rungen
Erklärung der Daten
Alben[14]
Solo Piano II
 DE5914.09.2012(2 Wo.)
 CH5309.09.2012(3 Wo.)
Chambers
 DE5803.04.2015(1 Wo.)
 CH5529.03.2015(1 Wo.)
Room 29 (mit Jarvis Cocker)
 DE4924.03.2017(1 Wo.)
 CH8026.03.2017(1 Wo.)
Solo Piano III
 DE4114.09.2018(3 Wo.)
 AT6521.09.2018(1 Wo.)
 CH3016.09.2018(3 Wo.)
A Very Chilly Christmas
 DE2520.11.2020(10 Wo.)
 AT4408.01.2021(1 Wo.)
 CH7813.12.2020(3 Wo.)
Consumed in Key (mit Plastikman)
 DE5208.04.2022(1 Wo.)
  • 1999: O.P. Original Prankster (EP, Kitty-Yo)
  • 2000: Let’s Groove Again (Single, Kitty-Yo)
  • 2000: Gonzales Über Alles (Kitty-Yo)
  • 2000: The Entertainist (Kitty-Yo)
  • 2002: Presidential Suite (Kitty-Yo)
  • 2003: Z (Kitty-Yo)
  • 2004: Solo Piano (Album, No Format!)
  • 2006: From Major to Minor (DVD, No Format!)
  • 2008: Soft Power (Universal Music)
  • 2010: Ivory Tower (Wagram)
  • 2011: The Unspeakable Chilly Gonzales (Gentle Threat)
  • 2012: Solo Piano II (Gentle Threat)
  • 2015: Chambers (featuring Kaiser Quartett)
  • 2015: Octave Minds (Boysnoize Records)
  • 2017: Jarvis Cocker & Chilly Gonzales: Room 29 (Deutsche Grammophon)
  • 2018: O.P.P. – Other People’s Pieces (Gentle Threat)
  • 2018: Solo Piano III (Gentle Threat)
  • 2020: A Very Chilly Christmas (Gentle Threat)
  • 2021: Music is Back! (PIAS, Single)
  • 2023: French Kiss (Gentle Threat)
  • 2024: Gonzo (PIAS)
  • Chilly Gonzales über Enya (= KiWi Musikbibliothek. Band 10). 1. Auflage. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2020, ISBN 978-3-462-00013-9 (85 S., englisch: Enya. Übersetzt von Sophie Passmann).
Commons: Chilly Gonzales – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ein musikalisches Chamäleon. orf.at, 6. August 2011, abgerufen am 16. September 2021
  2. Popgenie mit Kammerorchester, Die Zeit, 17. Juni 2011
  3. Andreas Fasel: Underground-Künstler Chilly Gonzales ist Star geworden. 20. November 2014 (welt.de [abgerufen am 12. Juni 2019]).
  4. Gonzales spielt im Morgenrock Piano. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 10. Oktober 2012, archiviert vom Original am 13. April 2016; abgerufen am 14. September 2024.
  5. Musiker gab 27 Stunden langes Rekord-Konzert (Memento vom 29. August 2014 im Internet Archive), Kleine Zeitung, 18. Mai 2009
  6. Weltrekord: Gonzales gab in Paris ein 27 Stunden langes Konzert (Memento vom 27. Januar 2017 im Internet Archive), Rolling Stone, 18. Mai 2009
  7. Jazz und Humor – Bebop bittersüß, Hans Hielscher im Spiegel online vom 13. Oktober 2012, abgerufen am 17. Oktober 2012
  8. Daft Punk Random Access Memories The Collaborators Series
  9. Märchen von Chilly Gonzales vertont, Rezension von Dirk Schneider im Deutschlandfunk vom 7. August 2014, abgerufen am 13. August 2014
  10. Ein musikalisches Schattenspiel, Rezension von Alexander Kohlmann im Deutschlandradio Kultur vom 7. August 2014, abgerufen am 13. August 2014
  11. El famoso músico Chilly Gonzales seguirá llevando albornoces en shows (Memento vom 21. September 2018 im Internet Archive), La Hora, 5. September 2018 (auf Spanisch)
  12. Hasst ihr diesen Typen nicht?, Carola Padtberg, Spiegel Online, 21. September 2018
  13. Jens-Christian Rabe: Rezension von Chilly Gonzales’ Essay „Enya“. Abgerufen am 16. Februar 2021.
  14. Chartquellen: Deutschland / Schweiz