Climeworks – Wikipedia

Climeworks AG

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Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 2009
Sitz Zürich, Schweiz
Leitung
Mitarbeiterzahl 200[1]
Branche Umwelttechnologie, Cleantech
Website climeworks.com
Stand: 2022

Climeworks ist ein schweizerisches Unternehmen, das auf das Direct-Air-Capture-Verfahren spezialisiert ist. Das Unternehmen filtert Kohlenstoffdioxid (CO2) direkt aus der Umgebungsluft, dank einem Adsorptions-Desorptions-Prozess mit einem speziellen Filter-Material.[2]

Technologie und Anlagen

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Die Climeworks AG wurde im November 2009 als Spin-off der ETH Zürich von Christoph Gebald und Jan Wurzbacher gegründet. Die beiden deutschen Ingenieure waren Kommilitonen im Maschinenbau-Studium und hatten sich in ihrem Studium sowie bei der anschliessenden Promotion mit Technologien zur chemischen oder physikalischen Entfernung von CO2 aus der Umgebungsluft im Labormassstab befasst. Mit ihrer Firma wollten sie der Welt eine Technologie zur Verfügung stellen, «die das Potenzial hat, den Klimawandel umzukehren».[3]

Demonstrationsanlage von Climeworks auf dem Bundesplatz in Bern, 2015

Nach der ersten Finanzierung folgte die rasche Skalierung zur Modultechnologie, die seit 2014 verfügbar ist. Im Mai 2017 eröffnete das Unternehmen in Hinwil das weltweit erste kommerzielle Projekt zur CO2-Filterung aus der Umgebungsluft.[4] Es saugte dort mit Direct-Air-Capture-Modulen 900 Tonnen CO2 pro Jahr ab und lieferte das Gas einem Gewächshausbetreiber zur Verwendung als Dünger[5][6] sowie Coca-Cola Schweiz, um das Valser-Wasser als weltweit «erstes Mineralwasser mit CO2 aus der Luft» zu verkaufen. Ende Oktober 2022 legte Climeworks die «Wundermaschine» in Hinwil aber still, um sich «auf das internationale Wachstum zu fokussieren».[7]

Im Herbst 2021 ging die nach Angaben des Unternehmens «weltweit grösste Anlage zur CO2-Speicherung» in Island in Betrieb, gemäss der isländischen Premierministerin Katrin Jakobsdóttir ein «Meilenstein im Kampf gegen den Klimawandel».[8] Island eignet sich wie nur wenige andere Standorte für dieses Verfahren: Einerseits braucht es viel Strom, der hier klimaneutral aus einem Geothermiekraftwerk zur Verfügung steht, anderseits setzt es besondere Gesteinsschichten voraus, in die sich das CO2 zur Endlagerung bis zu 1000 Meter tief pumpen lässt.[9] Orca soll bei Vollauslastung im Jahr 4000 Tonnen CO2 aus der Luft filtern, was den Emissionen von 870 Autos entspricht. Allerdings führten die harschen Wetterbedingungen in Island zu Problemen, weshalb die Anlage nachgerüstet werden musste.[8] Im Mai 2024 nahm die zweite Anlage von Climeworks auf der Insel den Betrieb auf. Mammoth soll das Neunfache von Orca aus der Luft filtern, also beweisen, dass das Unternehmen dank der Skalierung seines Verfahrens bis zum Jahr 2030 Megatonnen und bis zum Jahr 2050 Gigatonnen an CO2 endlagern kann.[10]

Als wichtigsten Markt sieht das Unternehmen 2024 die USA an. Dort ist Climeworks an drei Projekten in Louisiana, North Dakota und Kalifornien beteiligt, welche mit mehr als 600 Millionen Dollar durch das US-Energieministerium DOE gefördert werden. In Kalifornien arbeitet das Unternehmen mit dem Öl- und Erdgasförderer California Resources Corporation zusammen. Das Konkurrenzunternehmen von Climeworks, Carbon Engineering aus Kanada, wurde von einem texanischen Ölkonzern Occidental Petroleum übernommen. Die Unternehmen nehmen damit Abstand von der ursprünglichen Idee, dazu beizutragen die Öl- und Gasförderung zu beenden – ohne deren Geld und Aufträge sei schnelles Wachstum undenkbar.[11]

2011 erhielt Climeworks erstmals Kapital von Investoren, um einen modular aufgebauten Prototyp zu entwickeln. Von 2012 bis 2013 durchlief Climeworks den Accelerator der EIT Climate-KIC.[12] Im Zuge der Unternehmensentwicklung gelang eine Partnerschaft mit dem Autohersteller Audi. Weitere Unterstützung erhielt Climeworks vom Bundesamt für Energie, das die beschleunigte Skalierung der Technologie ermöglichte.

Das Unternehmen gab im Juni 2020 bekannt, es habe 73 Mio. Franken von neuen Privatinvestoren und Family Offices aus dem deutschsprachigen Raum erhalten, das bis dahin grösste Investment in die DAC-Technologie.[13] Und es schloss die Finanzierungsrunde im September 2020 mit Investments von insgesamt 100 Mio. Franken ab.[14] Im Frühling 2022 führte Climeworks die mit 600 Mio. Franken grösste Venture-Capital-Finanzierungsrunde der Schweiz durch. Zu den Geldgebern zählten Partners Group, GIC, Baillie Gifford, Carbon Removal Partners, Global Founders Capital, John Doerr, M&G, Swiss Re und BigPoint Holding.[15] Dies machte Climeworks zu einem «Unicorn», also zu einem mit mehr als einer Milliarde bewerteten Jungunternehmen.[3]

Die Firma erzielt Einnahmen, indem sie mit Grossunternehmen wie Microsoft, Swiss Re oder Boston Consulting Group Verträge zum Entfernen von CO2 schliesst[16] und Privatpersonen die Möglichkeit bietet, für ihren CO2-Ausstoss zu bezahlen.[17]

Climeworks fand mit seiner «gigantischen Maschine, die CO2 direkt aus der Luft saugt» von Anfang an weltweite Beachtung, von der Frankfurter Rundschau[4] über das Wissenschaftsmagazin Science[18] bis hin zur New York Times[19]. Denn «die kleine Schweizer Firma, die glaubt, sie könne helfen, den Klimawandel aufzuhalten» versprach, bis 2025 ein Prozent der jährlichen globalen CO2-Emissionen aus der Luft zu entnehmen.[19]

Die Kosten pro entnommene Tonne CO2 schätzte die Studie «The State of Carbon Dioxide Removal» auf 100 bis 300 Dollar.[20] Eine Studie der ETH kam 2024 zum Schluss, dass es «im Jahr 2050 zwischen 230 und 540 Dollar kosten könnte, eine Tonne CO2 aus der Luft zu entfernen». Bei der Anlage von Climeworks in Island liegen die Kosten zwischen 1000 und 1300 Dollar.[21] Kritiker, wenden ein, dass der Ansatz im Vergleich zu CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS) ineffizient sei. CCS erlaube es schädlichen Emissionen bei der Produktion in den Unternehmen direkt abzusaugen und zu verpressen. Für den Ansatz von Climeworks müssten «Unmengen an Luft angesogen werden» – dies sei energieintensiv und kostspielig.[11]

Gemäß einer Prognose der Boston Consulting Group wird der Markt in dem Climewoks sich bewegt von weniger als 10 Milliarden Dollar im Jahr 2024 auf bis zu 135 Milliarden Dollar im Jahr 2040 wachsen.[11]

Konzernstruktur

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Der Unternehmenssitz ist in Zürich-Oerlikon. Die Climeworks AG unterhält ein Tochterunternehmen, die Climeworks Deutschland GmbH, mit Sitz in Köln.

Commons: Climeworks – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Climeworks Careers. Abgerufen am 28. August 2022 (englisch).
  2. Simon Evans: The Swiss company hoping to capture 1 % of global CO2 emissions by 2025. In: Carbonbrief. 22. Juni 2017, abgerufen am 3. August 2018 (englisch).
  3. a b Climeworks holt 600 Mio. Franken. ethz.ch, 6. April 2022, abgerufen am 6. Juli 2024.
  4. a b Benjamin von Brackel: Schweizer Wundermaschine geht in Betrieb. In: Frankfurter Rundschau. 10. Juni 2017, abgerufen am 3. August 2018.
  5. Swiss Pickles Set to Benefit From First Carbon Capture Plant. In: Bloomberg.com. 31. Mai 2017 (bloomberg.com [abgerufen am 13. Dezember 2017]).
  6. Christian Speicher: Zürcher Startup-Unternehmen mit Weltpremiere: CO2 wird aus der Luft gefiltert. In: Neue Zürcher Zeitung. 1. Juni 2017 (nzz.ch [abgerufen am 13. Dezember 2017]).
  7. VALSER | Climeworks. Abgerufen am 18. Mai 2023.
  8. a b Carina Dietze: Riesiger CO2-Staubsauger in Island schwächelt: Es liegt am Wetter. efahrer.chip.de, 18. April 2022, abgerufen am 6. Juli 2024.
  9. Weltweit grösste Anlage zur CO2-Speicherung geht in Betrieb. In: Spiegel Online. 9. September 2021, abgerufen am 19. Mai 2023.
  10. Sven Titz: CO2 aus der Luft filtern: Die Schweizer Firma Climeworks eröffnet auf Island eine neue Anlage. Sie ist gewaltig – und trotzdem viel zu klein. nzz.ch, 8. Mai 2024, abgerufen am 6. Juli 2024.
  11. a b c Maren Jensen, Kirsten Bialdiga manager: (m+) Climeworks Abschied von Idealen: Wie sich das Klima-Start-up der fossilen Industrie andient. 6. Mai 2024, abgerufen am 7. Juli 2024.
  12. Climeworks raises over €67 million to expand carbon dioxide removal. In: EIT Climate KIC. EIT Climate KIC, 2. Juni 2020, abgerufen am 16. Juli 2020 (englisch).
  13. Climeworks raises private investment. Abgerufen am 28. Juni 2023 (englisch).
  14. Breaking the record for the largest investment in direct air capture. Abgerufen am 28. Juni 2023 (englisch).
  15. Swiss Venture Capital Report 2023. (PDF) In: startupticker.ch. JNB Journalistenbüro, Januar 2023, abgerufen am 28. Februar 2023.
  16. Incorporate Climeworks' CDR services into your net-zero strategy. Abgerufen am 6. Juli 2024 (englisch).
  17. Choose your climate action plan & remove CO₂ from the air permanently. Abgerufen am 6. Juli 2024 (englisch).
  18. Christa Marshall: In Switzerland, a giant new machine is sucking carbon directly from the air. Science, 1. Juni 2017, abgerufen am 1. Juli 2023 (englisch).
  19. a b Jon Gertner: The Tiny Swiss Company That Thinks It Can Help Stop Climate Change. New York Times, 12. Februar 2019, abgerufen am 1. Juli 2023 (englisch).
  20. Sven Titz: Herkulesaufgabe für den Klimaschutz: Der Luft mehr CO2 zu entziehen, wäre nützlich – was aber fehlt, ist ein Patentrezept. nzz.ch, 19. Januar 2023, abgerufen am 6. Juli 2024.
  21. Christoph Elhart: CO2 aus der Luft filtern bleibt teurer als erhofft. ethz.ch, 4. März 2024, abgerufen am 6. Juli 2024.