Dina Boluarte – Wikipedia

Dina Boluarte, 2024

Dina Ercilia Boluarte Zegarra [dína bolwáɾte] (* 31. Mai 1962 in Chalhuanca) ist eine peruanische Rechtsanwältin und Politikerin. Seit Dezember 2022 ist sie die Präsidentin von Peru. Zuvor war sie unter dem abgesetzten Präsidenten Pedro Castillo Vizepräsidentin sowie Ministerin für Entwicklung und soziale Inklusion. Sie ist parteilos.

Dina Boluarte wurde 1962 im Distrikt Chalhuanca in der Provinz Aymaraes in der Region Apurímac als jüngstes von 14 Geschwistern geboren. Bereits als sehr junges Mädchen kam sie in die Hauptstadt Lima. Dort studierte sie Rechtswissenschaften.[1] Nach Abschluss des Jurastudiums an der Universidad de San Martín de Porres führte sie ein postgraduales Studium an derselben Universität durch und wurde Anwältin.[2][3]

Einige Jahre lebte sie in Mexiko, ehe sie 2007 Abteilungsleiterin in der peruanischen Einwohnerbehörde RENIEC (Registro Nacional de Identificación y Estado Civil) wurde. 2018 kandidierte sie als Mitglied der Partei Perú Libertario, heute Perú Libre, erfolglos für das Bürgermeisteramt von Surquillo, eines Stadtteils von Lima. Im Jahr 2020 verpasste sie bei der Parlamentswahl den Einzug in den Kongress der Republik Peru.[4]

Vizepräsidentschaft und Präsidentschaft

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Gut zwei Jahre später wurde sie an der Seite Pedro Castillos Kandidatin von Perú Libre für das Amt der Vizepräsidentin, in das sie durch den Wahlerfolg in der Stichwahl gewählt wurde und das sie am 29. Juli 2021 antrat.[1] Darüber hinaus ernannte Castillo sie am selben Tag zur Ministerin für Entwicklung und soziale Inklusion in seinem Kabinett.[5] Am 7. Dezember 2022 wurde Pedro Castillo vom peruanischen Kongress nach einem gescheiterten Putschversuch abgesetzt und Dina Boluarte zur neuen Präsidentin ernannt.[6] Sie ist die erste Frau an der Spitze der peruanischen Republik.[7] Sie steht dem Kabinett Boluarte vor.[8] Linke Oppositionsparteien im Kongress haben am 25. Januar 2023[9] ein Amtsenthebungsverfahren gegen Boluarte eingeleitet und begründeten dies mit moralischer Unfähigkeit. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Stimmenmehrheit der konservativen Parteien am 4. April 2023 abgelehnt.[10] Ein erneutes Amtsenthebungsverfahren wurde am 13. Oktober 2023 eingeleitet.[11] Nicanor Boluarte, ihr älterer Bruder, der während ihres Wahlkampfs 2021 als ihr Wahlkampfmanager agierte, gilt als wichtiger Einfluss auf sie. Gegen das Geschwisterpaar wird im Zuge des Wahlkampfes 2021 wegen Geldwäsche ermittelt.[12]

Proteste in Peru

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Seit Beginn der Amtsübernahme kam es verstärkt zu Protesten in Peru. Am 15. Dezember 2022 wurden in Ayacucho mehrere Menschen erschossen (Ayacucho-Massaker).[13] Am 9. Januar 2023, nach Wiederaufnahme der Proteste nach den Feiertagen, wurden in Juliaca 18 Personen erschossen (Juliaca-Massaker) und über 100 von der Policía Nacional del Perú verletzt.[14] Aus neun Leichen konnten Patronen, u. a. eines AKM-Gewehrs, geborgen werden.[15] Die gewaltsame Repression der Proteste führte zu weiteren Demonstrationen, welche im Januar 2023 auch die Hauptstadt Lima erreichten. Am 19. Januar wurde zur Großdemonstration in Lima (sog. „Toma de Lima“) aufgerufen.[16] Am 21. Januar wurde die Universität San Marcos in Lima, welche durch Demonstranten besetzt worden war, mit einem Panzer gestürmt und ca. 200 Personen wurden festgenommen.[17] Die nationale Menschenrechtskoordinatorin und weitere Anwälte kritisierten, dass dabei festgenommene Frauen von der Polizei gezwungen wurden, sich auszuziehen.[18]

Boluarte nahestehende Quellen berichteten laut La República, dass sie nach dem Massaker von Juliaca von der Präsidentschaft zurücktreten wollte,[13][19][20] doch Premierminister Alberto Otárola überzeugte sie, dass sie und andere Minister ihre Immunität verlieren würden, wenn sie zurückträte, und dass sie möglicherweise wegen Verbrechen belangt würden. Laut La República versprach Otárola Boluarte daraufhin, dass er die Unterstützung der peruanischen Streitkräfte und rechter Gruppen für sie gewinnen könne.[21] Laut Perus Verfassung müsste sich Boluarte einer möglichen Anklage erst nach ihrer Amtszeit stellen.[22] Boluarte und Otárola wurde nachgesagt, dass sie sich fürchteten, dass sie „sobald sie nicht mehr an der Macht sind, der Justiz für die systematischen Menschenrechtsverletzungen ihrer Regierung stellen müssen“.[23] Bei einer Befragung im September 2023 durch die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zu mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen hat Dina Boluarte die Aussage verweigert und ließ auch die Fragen der Nebenkläger unbeantwortet.[24] Nach der Amtszeit drohen ihr Anklagen wegen Korruption, Verbrechen des Völkermords, der schweren Tötung und schwerer Körperverletzung aufgrund der Unterdrückung der Demonstrationen.[25] Otárola trat am 5. März 2024 wegen des Verdachts auf Korruption und sexuelle Nötigung zurück.[26]

Das Forschungsinstitut Celag (Centro Estratégico Latinoamericano de Geopolítica) analysierte, dass die peruanische Regierung unter Dina Boluarte, mit 47 Toten seit Amtsantritt, im Februar 2023 die zweitmeisten Toten bei Protesten in Lateinamerika seit dem Jahr 2000 zu verzeichnen hatte.[27] Amnesty International ging von 49 Todesfällen aus und klassifizierte 20 davon als außergerichtliche Hinrichtungen durch Polizeikräfte.[28] Die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) ging sogar von 60 Toten aus.[29] Nur in Kolumbien unter Ivan Duque kamen zwischen 2017 und 2021 mit 83 Personen mehr protestierende Menschen zu Tode.[27]

Das Kabinett Boluarte ist von hoher Instabilität geprägt, vom Amtsantritt im Dezember 2022 bis April 2024 kam es zu 32 Wechseln auf den Ministerpositionen.[30][31] Bis zum 6. März 2024 gab es mit Pedro Angulo, Alberto Otárola und Gustavo Adrianzén bereits drei Premierminister in 14 Monaten.[32] Die Amtszeit von Boluarte dauert bis Juli 2026, mehrere Anträge auf vorgezogene Neuwahlen scheiterten.[33]

Affäre um Luxusuhren

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Am 14. März 2024 deckte das Online-Magazin La Encerrona auf, dass Boluarte bei öffentlichen Terminen scheinbar mindestens vierzehn verschiedene Luxusuhren, unter anderem der Marke Rolex, mit Einzelhandelspreisen von angeblich bis zu 14.000 US-Dollar trug. Das Magazin fragte, wie sie die Kaufpreise aufgebracht habe.[34] Eine dieser Uhren soll sie offenbar von dem Gouverneur von Ayacucho, Wilfredo Oscorima, erhalten haben. Der Erwerb der fraglichen Uhr durch Oscorima am Tag ihres Geburtstags, bei der einzigen Vertretung dieser Marke in Peru, war nachweislich.[35] Hintergrund dieses Präsents soll eine Überweisung des Wirtschaftsministeriums in Höhe von 100 Millionen Soles (27 Millionen US-Dollar) für den Bau eines Stadions für die Juegos Bolivarianos 2025 in Ayacucho gewesen sein.[36] Bei einer Anhörung vor der Staatsanwaltschaft gab Boluarte an, sich von Oscorima lediglich drei Uhren geliehen zu haben.[37]

Vier Tage nach Bekanntwerden der Vorwürfe leitete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen unerlaubter Bereicherung gegen Boluarte ein, da sie diesen Schmuck nicht in ihrem Vermögen deklariert hatte.[34] Die Ermittlungen betrafen – außer den Uhren – Schmuckstücke im Wert von geschätzt 500.000 US-Dollar sowie Bankguthaben „unbekannter Herkunft“ von fast 500.000 US-Dollar.[38] Daraufhin traten 6 ihrer 19 Minister zurück.[38]

Politische Einordnung

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Boluarte hatte ihre Wurzeln in der politischen Linken. Nach dem Sturz Castillos wandte sie sich aber von Perú Libre ab und stützt sich nun auf die Eliten des Landes sowie konservative bis rechte Kräfte. Ihrer Präsidentschaft wird ein zunehmender Autoritarismus unterstellt.[39][40]

Dina Boluarte ist geschieden und hat zwei Söhne.[41]

Commons: Dina Boluarte – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Dina Boluarte, la vicepresidenta que asume el Ministerio de Desarrollo e Inclusión Social [Perfil]. In: GrupoRPP. 29. Juli 2021, abgerufen am 8. Dezember 2022 (spanisch).
  2. Homepage der Privat-Universität San Martín
  3. ¿Quiénes conforman la plancha presidencial de Pedro Castillo para las Elecciones 2021? In: El Popular. 13. April 2021, abgerufen am 8. Dezember 2022 (spanisch).
  4. Vanessa Buschschlüter: Dina Boluarte: Peru’s first female president. In: bbc.com, 9. Dezember 2022, abgerufen am 12. Dezember 2022.
  5. Dina Boluarte jura como ministra de Desarrollo e Inclusión Social. Empresa Peruana de Servicios Editoriales, 29. Juli 2021, abgerufen am 8. Dezember 2022 (spanisch).
  6. Tagesschau-Meldung mit einer Fotografie von Reuters: Der Kongress ignoriert Auflösungsverfügung des bisherigen Präsidenten Castillo – dieser wird vom Parlament abgesetzt. (Anne Herrberg, für die ARD, Rio de Janeiro , 7.12.2022 – 23:53 Uhr)
  7. Tjerk Brühwiller, São Paulo: Perus Präsident verhaftet: Zwei Stunden Staatsstreich. In: FAZ.NET. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Dezember 2022, abgerufen am 8. Dezember 2022.
  8. Boluarte ernennt neues Kabinett nach Castillos Amtsenthebung. In: Der Standard. Abgerufen am 22. August 2023 (österreichisches Deutsch).
  9. Kristell Costilla: Bancadas de izquierda presentan moción de vacancia contra Dina Boluarte por permanente incapacidad moral. La Republica, 26. Januar 2023, abgerufen am 14. Januar 2024 (spanisch).
  10. Marco Aquino: Peru’s Congress votes against impeachment trial for president. Reuters, 4. April 2023, abgerufen am 14. Januar 2024 (englisch).
  11. Handan Kazancı: Peruvian lawmakers file impeachment motion against President Boluarte. Anadolu Agency, 13. Oktober 2023, abgerufen am 14. Januar 2024 (englisch).
  12. Nicanor, el hermano estratega en la sombra de la campaña de Dina Boluarte: los nexos con aportantes y los puestos que propició. In: Infobae. 15. April 2023, abgerufen am 28. Januar 2024 (europäisches Spanisch).
  13. a b Renzo Gómez Vega: La represión de las protestas y los bloqueos de carreteras causan 20 muertos en Perú. In: El Pais. 16. Dezember 2022, abgerufen am 28. Januar 2023 (spanisch).
  14. Mueren al menos 18 personas en el sur de Perú durante protestas para exigir nuevas elecciones y la liberación de Pedro Castillo. In: BBC News Mundo. (bbc.com [abgerufen am 28. Januar 2023]).
  15. Alexandra Ampuero: Juliaca: hallan restos de proyectiles en 9 cuerpos de fallecidos en las protestas. In: La Republica. Abgerufen am 28. Januar 2023 (spanisch).
  16. "La toma de Lima": quién estaba detrás y cuáles eran los objetivos de las protestas contra el gobierno en la capital peruana. In: BBC News Mundo. (bbc.com [abgerufen am 28. Januar 2023]).
  17. Police violently raid Lima university and shut Machu Picchu amid Peru unrest. The Guardian, 22. Januar 2023, abgerufen am 28. Januar 2023 (englisch).
  18. San Marcos: Detenidas habrían sido obligadas a desnudarse “para buscar droga en sus partes íntimas”. In: Infobae. 22. Januar 2023, abgerufen am 28. Januar 2023 (europäisches Spanisch).
  19. Dina Boluarte quiso renunciar tras primeros fallecidos, pero Otárola la convenció de quedarse. La Republica, 7. März 2023, abgerufen am 12. Januar 2024 (spanisch).
  20. Pamela Palacios: Dina Boluarte: de la izquierda radical a la colusión con la derecha y las Fuerzas Armadas. La Republica, 7. März 2023, abgerufen am 12. Januar 2024 (spanisch).
  21. Ramón Reyes: Dina Boluarte descarta renunciar a la presidencia de Perú: “Será darle la razón a los violentistas”. La Tercera, 19. Dezember 2022, abgerufen am 12. Januar 2024.
  22. Sarah Kohler: Rolex-Uhren: Razzia im Haus von Perus Staatspräsidentin Dina Boluarte. In: Die Zeit. 30. März 2024, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 30. März 2024]).
  23. Oscar Apaza: The Authoritarian Behind Peru’s Massacring of Protesters. The Jacobin, 4. April 2023, abgerufen am 12. Januar 2024 (amerikanisches Englisch).
  24. Wilber Huacasi: Dina Boluarte se acoge al silencio en investigación por crímenes en las protestas. La Republica, 27. September 2023, abgerufen am 12. Januar 2024 (spanisch).
  25. Andrés Cañizalez: Escándalos y alto rechazo popular no parecen hacer mella en Dina Boluarte, aferrada al poder. In: diariodecuba.com. 27. April 2024, abgerufen am 27. April 2024 (spanisch).
  26. Jordan Arce: ¿Qué pasará con el Gabinete de Ministros tras la renuncia de Alberto Otárola y cuándo juraría su reemplazo? In: Infobae. 6. März 2024, abgerufen am 7. März 2024 (europäisches Spanisch).
  27. a b Die tödlichsten Regierungen. In: Nachrichtenpool Lateinamerika. 13. Februar 2023, abgerufen am 12. Januar 2024.
  28. Tödlicher Rassismus: Sicherheitskräfte in Peru töten dutzende Menschen bei Protesten. Amnesty International, 25. Mai 2023, abgerufen am 12. Januar 2024.
  29. Proteste in Peru: Abschlussbericht der CIDH bestätigt staatliche Gewaltverbrechen. In: Amerika21. 10. Mai 2023, abgerufen am 12. Januar 2024.
  30. Luis Paucar: Los nuevos ministros de Dina Boluarte: cambios en MEF, Defensa, Ambiente y Energía y Minas. In: Infobae. 13. Februar 2024, abgerufen am 7. März 2024 (europäisches Spanisch).
  31. Renzo Gómez Vega: Boluarte cambia a seis ministros para recibir el voto de confianza del Congreso en medio de la crisis en Perú por el caso de los relojes de lujo. In: El Pais. 2. April 2024, abgerufen am 3. April 2024 (spanisch).
  32. Clara Giraldo: Gustavo Adrianzén Olaya: perfil y hoja de vida del nuevo presidente del Consejo de Ministros. In: Infobae. 6. März 2024, abgerufen am 7. März 2024 (europäisches Spanisch).
  33. Dina Boluarte descarta elecciones anticipadas en Perú. In: Diario Las Americas. 15. Juni 2023, abgerufen am 11. März 2024 (es-US).
  34. a b Luis Paucar: Fiscalía abre investigación contra Dina Boluarte, acusada de enriquecimiento ilícito ante destape de sus Rolex. In: Infobae. 19. März 2024, abgerufen am 30. März 2024 (europäisches Spanisch).
  35. Wilfredo Oscorima compró Rolex el mismo día del cumpleaños de Dina Boluarte | Casa Banchero | PERU. In: GESTIÓN. 4. April 2024, abgerufen am 5. April 2024 (spanisch).
  36. Perú: Boluarte responde ante la Fiscalía por caso de relojes Rolex. In: EFE. 5. April 2024, abgerufen am 5. April 2024 (europäisches Spanisch).
  37. Boluarte afirma que rolex por los que es acusada son prestados. In: Telesur. 6. April 2024, abgerufen am 6. April 2024 (europäisches Spanisch).
  38. a b Tjerk Brühwiller: Präsidentin mit Rolex. Stürzt in Peru wieder ein Staatsoberhaupt? In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. April 2024, S. 5.
  39. Boyanovsky Bazán: En Perú, Boluarte ya no disimula su alianza con la derecha. In: Tiempo. 19. Februar 2023, abgerufen am 3. Juni 2023 (spanisch).
  40. Carlos Noriega: Todos los caminos de Boluarte conducen a la represión | La ultraderecha peruana aliada al Gobierno planea heredar el poder. In: Pagina 12. 22. Januar 2023, abgerufen am 3. Juni 2023 (spanisch).
  41. Dina Boluarte declara que ninguno de sus dos hijos quiere ser el primer caballero de la Nación. In: Infobae. 23. Dezember 2022, abgerufen am 11. März 2024 (europäisches Spanisch).