Emil Huschke – Wikipedia

Emil Huschke (* 14. Dezember 1797 in Weimar;[1] † 19. Juni 1858 in Jena[2]) war ein deutscher Anatom, Zoologe und Embryologe.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Huschkes Vater Wilhelm Ernst Christian (1760–1828) war Geheimer Hofrat und Leibarzt in Weimar und Hausarzt von Goethe, Herder und Wieland, behandelte auch Schiller. Sohn Emil besuchte ab 1811 das Wilhelm-Ernst-Gymnasium in Weimar und studierte von 1814[3] bis 1818 Medizin an der Universität Jena. Als Student nahm er am Wartburgfest von 1817 teil und wurde Mitglied der Urburschenschaft.
Sein Studium schloss er 1818 mit der Promotion über die Entwicklung der Respirationsorgane und der Schwimmblase ab. Er studierte anschließend in Berlin und 1819 in Wien weiter und erhielt 1820 die Vorlesungserlaubnis. Im Jahr 1821 habilitierte er sich mit der Arbeit Mimices et physiognomices fragmentum physiologicum (dt. 1931) und arbeitete anschließend als Privatdozent.
Er wurde 1823[4] außerordentlicher, 1826 ordentlicher Honorarprofessor und außerordentlicher Beisitzer in der Medizinischen Fakultät. Im Jahr 1829 wurde er in den Senat eingeführt. Im Jahr 1838 wurde Huschke ordentlicher Professor für Anatomie und Physiologie sowie Direktor des Anatomischen Instituts und des Anatomischen und Zootomischen Museums an der Universität Jena. Zwischen 1840 und 1856 bekleidete er mehrfach das Dekanat der Medizinischen Fakultät und war zwei Semester lang Prorektor der Universität Jena. In ihrem Gründungsjahr 1846 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften gewählt. Im Oktober 1849 wurde er Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina mit dem Beinamen „Varolius“.[5]

Nach Huschkes Tod im Jahr 1858 wurde sein Lehrstuhl in mehrere Professuren aufgeteilt. Huschkes Nachfolger als Professor für Anatomie wurde Carl Gegenbaur (1826–1903). In der Physiologie folgte ihm 1859 Albert von Bezold als Professor. Im Wintersemester 1860/61 wurde in Jena das Institut für Zoologie ebenfalls aus dem ehemaligen Fachbereich von Huschke gegründet. Professor wurde hier Ernst Haeckel, der am 20. August 1867 Huschkes Tochter Agnes[6] heiratete[7].
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Philosophin Margarete Maurer veröffentlichte im Jahr 2000 in der Zeitschrift Wechselwirkung einen Artikel unter dem Titel Hirnforschung, Geschlechterkampf und Politik.[8] In Befassung mit der Rolle kultureller Hintergrundannahmen für die Interpretation von Forschungskonzepten und der Frage, wie es auf wissenschaftlicher Grundlage zur Entwicklung von sexistischen und rassistischen Theorien kommen konnte, widmete sie sich unter anderem dem Werk Huschkes. Dabei nahm sie Bezug auf die Positionen der Anthropologischen Gesellschaft Londons (1863–1871), deren Mitglieder laut Maurer ein Interesse daran hatten, Frauen als potentielle Mitglieder auszuschließen. Argumente lieferte beispielsweise Emil Huschke 1854 mit seiner Schrift Schädel, Hirn und Seele des Menschen und der Thiere nach Alter, Geschlecht und Raçe, usw. Sein Werk habe den Versuch dargestellt, die Anthropologie der Geschlechter „auf den damals neuesten wissenschaftlichen Stand zu bringen“ und sollte dazu dienen, „die Auffassung einer unterschiedlichen 'Wesensart' der Geschlechter biologisch zu begründen bzw. bestimmte geistige und seelische geschlechtsspezifische 'Merkmale' – in Zusammenhang mit einer lokalisationstheoretisch begründeten Gehirnzentrenlehre – als von Natur aus gegeben darzustellen“. Maurer kam zu dem Schluss, „daß es – aus der Sicht der damaligen Akteure – nicht mangelnde wissenschaftliche Objektivität war, welche zu sexistischan (und rassistischen) Theorien führte, sondern daß man(n) ganz im Gegenteil gerade der Überzeugung war, sich in der Konzeption und Entwicklung biologistischer Ansätze, Modelle und Theorien zu Recht auf die Empirie zu berufen und Objektivitat und Allgemeingültigkeit beanspruchen zu können“.
Schriften (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dissertatio inauguralis medica sistens quaedam de organorum respiratoriorum in animalium serie metamorphosi generatim scripta et de vesica natatoria piscium quaestionem. Inauguraldissertation Jena 12. März 1818. Digitalisat.
- Mimices et physiognomices. Fragmentum physiologicum. Habilitation Jena 28. Juli 1821. Digitalisat.
- Mimische und physiognomische Studien. Radebeul-Dresden 1931.
- De pulmonum quadruplicitate. Programm Jena 1. November 1823. Digitalisat.
- Ueber thierische Bewegung und ihre Organe. In: Isis Jg. 1822, zweyter Band, Spalte 790–812.
- Beiträge zur Physiologie und Naturgeschichte. Erster Band Ueber die Sinne. Weimar 1824. Digitalisat.[9]
- Ueber die Umbildung des Darmcanals und der Kiemen der Froschquappen. In: Isis Jg. 1826, Spalte 613–627.
- Ueber die Textur der Nieren. In: Isis 1828, Spalte 560–572 mit Tafel VIII.
- Ueber die erste Entwickelung des Auges und die damit zusammenhängende Cyclopie. In: Archiv für Anatomie und Physiologie. 6. Band, Jg. 1832, S. 1–47.
- Versuch einer Theorie der Sympathie. In: Isis 1833, Spalte 679–696.
- Untersuchungen über einige Streitpunkte in der Anatomie des menschlichen Auges. In: Zeitschrift für die Ophthalmologie 3. Band, 1833, S. 1–29.
- Ueber einige Streitpuncte aus der Anatomie des Auges. In: Zeitschrift für die Ophthalmologie 4. Band, 1835, S. 272–295 mit Tab. II.
- Ueber die Gehörzähne, einen eigenthümlichen Apparat in der Schnecke des Vogelohrs. In: Archiv für Anatomie, Physiologie und wissenschaftliche Medicin. Jg. 1835, S. 335–346 mit Tab. VII.
- Rede über den Einfluß der Naturwissenschaften bei Übernahme des Protectorates an der Universität zu Jena : am 6. August 1842. Leipzig 1842.
- Samuel Thomas von Soemmerring: Lehre von den Eingeweiden und Sinnesorganen des menschlichen Körpers. Umgearbeitet und beendigt von E. Huschke. Leipzig 1844. Digitalisat.
- L. Oken. Gedächtnisrede. In: Akademische Monatsschrift. Centralorgan für die Gesammtinteressen deutscher Universitäten. (Der „Deutschen Universitäts-Zeitung“ dritter Jahrgang.) 1851, S. 494–506.
- Untersuchungen über die Windungen des kleinen Gehirns. In: Berichte über die Verhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zu Leipzig. Mathematisch-physische Classe. Jg. 1853. Leipzig o. J., S. 142–154.
- Schædel, Hirn und Seele des Menschen und der Thiere nach Alter, Geschlecht und Raçe dargestellt nach neuen Methoden und Untersuchungen. Jena 1854. Digitalisat.
- Über Craniosclerosis totalis rhachitica und verdickte Schädel überhaupt nebst neuen Beobachtungen jener Krankheit. Ein monographisches Programm zu dem dreihundertjährigen Jubelfest der Universität Jena. Jena 1858. Digitalisat.
Phantom
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Von Doering 1845 angegeben und seither allenthalben aufgeführt:
- De embryologia hominis. Jena 1820.
Eine solche Schrift ist nirgends nachgewiesen.[10]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dr. Emil Huschke. In: Jenaischer Universitäts-Almanach 1845. Hrsg. Heinrich Doering. Jena o. J., S. 102f.
- Dr. Emil Huschke. In: Weimarer Zeitung vom 29. Juni und 1. Juli 1858, S. 593 und 601.
- Nikolaus Rüdinger: Huschke, Emil. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 13, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 449–451.
- Georg Uschmann: Huschke, Emil. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 10, Duncker & Humblot, Berlin 1974, ISBN 3-428-00191-5, S. 82 (Digitalisat).
- Emil Huschke. In: Volker Wahl: Das Fotoalbum der akademischen Senatsmitglieder von 1858. Friedrich-Schiller-Universität, Jena 1983, S. 66–67.
- Huschke, Emil. In: Dietrich von Engelhardt (Hrsg.): Biographische Enzyklopädie deutschsprachiger Naturwissenschaftler. Band 1, München 2003, ISBN 3-598-11629-2, S. 421.
- Peter Kaupp (Bearb.): Stamm-Buch der Jenaischen Burschenschaft. Die Mitglieder der Urburschenschaft 1815–1819 (= Abhandlungen zum Studenten- und Hochschulwesen. Bd. 14). SH-Verlag, Köln 2005, ISBN 3-89498-156-3, S. 52–53.
- Andre Karliczek: ,Emil Huschkeʼ als Jenaer Anatom. Magisterarbeit Jena 2007. PDF.
- Andre Karliczek: Emil Huschke (1797–1858). Jenaer Anatom und Physiologe. Jena 2008, ISBN 978-3-910141-89-6. (Inhaltsverzeichnis)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Emil Huschke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Getauft am 17. Dezember als „Aemil Huschke“ (Weimarische Wöchentliche Anzeigen vom 20. Dezember 1797, S. 403).
- ↑ Todesnotiz in Blätter von der Saale vom 19. Juni 1858, S. 313.
- ↑ Eingeschrieben (zusammen mit seinem Bruder Johann Friedrich Karl) am 31. Oktober 1814 als „Emil. Huschke, Vin.“ (Matrikel der Universität Jena 1801–1854, S. 72).
- ↑ am 17. Juni 1823 (Großherzogl. S. Weimar-Eisenachisches Regierungs-Blatt vom 8. Juli 1823, S. 13).
- ↑ Geschichte der Kaiserlichen Leopoldino-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher während des zweiten Jahrhunderts ihres Bestehens. Jena 1860, Nr. 1596.
- ↑ Getauft am 26. November 1842 als „Agnes Therese Louise Caroline“ (Privilegirte Jenaische Wochenblätter vom 9. Dezember 1842, S. 395).
- ↑ Verbindungs-Anzeige in Beilage zur Allgemeinen Zeitung Nr. 237 vom 25. August 1867, S. 3828.
- ↑ Margarete Maurer: Hirnforschung, Geschlechterkampf und Politik. In: Wechselwirkung. Februar 2000, ISSN 0172-1623, S. 49–58 (researchgate.net [abgerufen am 16. November 2024]).
- ↑ Besprechung in Isis Jg. 1824, Spalte 685–688.
- ↑ Wahrscheinlich eine fehlerhafte Notiz zu Huschkes Vorlesung im Winter 1820/1821 über Embryologia hominis. (Index lectionum per hiemem anni MDCCCXX, S. 17).
Personendaten | |
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NAME | Huschke, Emil |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Anatom, Zoologe und Embryologe |
GEBURTSDATUM | 14. Dezember 1797 |
GEBURTSORT | Weimar |
STERBEDATUM | 19. Juni 1858 |
STERBEORT | Jena |