Enzephalitis – Wikipedia

Klassifikation nach ICD-10
G04 Enzephalitis, Myelitis und Enzephalomyelitis
G04.2 Bakterielle Meningoenzephalitis und Meningomyelitis, anderenorts nicht klassifiziert
G04.8 Sonstige Enzephalitis, Myelitis und Enzephalomyelitis, Postinfektiöse Enzephalitis und Enzephalomyelitis o. n. A.
G04.9 Enzephalitis, Myelitis und Enzephalomyelitis, nicht näher bezeichnet, Ventrikulitis (zerebral) o. n. A.
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Eine Enzephalitis (auch Encephalitis; neuzeitliche Bildung aus altgriechisch ἐνκέφαλος (enképhalos) „Gehirn“,[1] aus ἐν „in“ und κεφαλή (kephalē) „Kopf“, und der medizinischen Endung -itis für „Entzündung“) oder Gehirnentzündung ist eine Entzündung des Gehirns. Sie ist meist infektiös bedingt, hervorgerufen durch Viren oder – seltener – durch Bakterien, Protozoen oder durch medizinisch relevante Pilze (wie Cryptococcus neoformans). Sie kann auch als Autoimmunerkrankung auftreten (Multiple Sklerose). Eine infektiöse Enzephalitis ist vor allem durch neurologische Funktionsstörungen gekennzeichnet. Sind auch die Hirnhäute mit einer Hirnhautentzündung (Meningitis) mit betroffen, spricht man von einer Meningoenzephalitis. Bei Beteiligung des Rückenmarks mit einer Rückenmarksentzündung (Myelitis) spricht man von einer Enzephalomyelitis, bei zusätzlichem Befall der Hirnhäute von einer Meningo-Enzephalomyelitis.

In den USA werden jährlich 7 von 100.000 Personen wegen einer Enzephalitis stationär aufgenommen. In der Hälfte der Fälle ist die Ursache der Enzephalitis unbekannt. Von den bekannten Ursachen sind 20–50 % Viren. Das Herpes-simplex-Virus ist mit 50–75 % am häufigsten, gefolgt vom Varizella-Zoster-Virus, Entero-Viren und verschiedenen Arboviren[2][3].

Je nach Verlauf, Ursache und genauem Hirnanteil lassen sich verschiedene Enzephalitiden unterscheiden. Nach dem Verlauf unterscheidet man akute, chronische und latente (ohne klinische Erscheinungen) Gehirnentzündungen.

Nach dem betroffenen Hirngewebe unterscheidet man:

Folgende Symptome sind typisch für eine Enzephalitis[4]:

  • Wesensveränderung, veränderter zerebraler Zustand
  • Entzündungszeichen: Fieber, Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen usw.
  • Krämpfe
  • neurologische Veränderungen, z. B. Sehstörungen, Sprachstörungen
  • Liquorveränderungen: Pleozytose
  • Bildgebung: MRT-Zeichen
  • EEG-Veränderungen

Je nach Schwere und Lokalisation der Erkrankung reichen die Beschwerden von Fieber, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit bis zu Lähmungen, Sehstörungen mit Doppelbildsehen, Krämpfen, Bewusstlosigkeit und Wahrnehmungs- und Orientierungsstörungen. Im weiteren Verlauf treten auch Einschränkungen der Sprachfähigkeit und der Geruchsempfindung auf.

Fast immer ist eine Gehirnentzündung die Folge von Virusinfektionen, wie etwa Tollwut, Japanische Enzephalitis, Grippe, Masern, Röteln, Mumps und die durch Zecken übertragenen Enzephalitiden („Tick-borne encephalitis“) wie die Frühsommer-Meningoenzephalitis. Auch verschiedene Herpesviren wie Herpes-simplex-Viren oder das Varizella-Zoster-Virus können eine Enzephalitis verursachen (Herpes-simplex-Enzephalitis). Auch als Folge von COVID-19 wurden Gehirnentzündungen nachgewiesen, die nach Abklingen der akuten Symptomatik noch bestehen blieben.[5]

Eine Entdeckung jüngeren Datums stellt die Erregergruppe der Prionen dar, die für die übertragbaren spongiformen Enzephalopathien verantwortlich ist.

Als bakterielle Erreger kommen beispielsweise die der Listeriose, des Typhus, der Syphilis oder der Borreliose in Betracht. Parasitär bedingte Enzephalitiden werden durch Protozoen (z. B. bei Afrikanischer Schlafkrankheit[6]) oder Würmer (etwa bei einer Zystizerkose) verursacht.

Die Finne des Hundebandwurms (Echinococcus cerebri) kann wie die des Schweinbandwurms und eine Trichinose ebenfalls das zentrale Nervensystem befallen. Das gilt auch für die durch Trematoden hervorgerufene Bilharziose und den Befall mit dem Lungenegel (die Distomiasis).[7] Auch Amöben bzw. Wechseltierchen – also Einzeller – kommen als Ursachen unterschiedlicher Formen der Amöbenenzephalitis in Betracht.[8]

Einige wenige Pilze können eine mykotische Enzephalitis auslösen, z. B. im Rahmen einer Kryptokokkose.

Schließlich können Autoimmunerkrankungen und paraneoplastische Erkrankungen zu Gehirnentzündungen führen, beispielsweise bei der Bickerstaff-Enzephalitis.

Säuglinge und sehr alte Menschen sind stärker gefährdet, eine Enzephalitis zu bekommen.

Da einem Verdacht auf eine Enzephalitis häufig eine unspezifische Symptomatik zugrunde liegt, die differenzialdiagnostisch abgeklärt werden muss (zum Beispiel Ausschluss von Hirntumoren, Vergiftungen oder Tuberkulose), werden insbesondere folgende Diagnoseverfahren angewandt: Erregernachweis durch Lumbalpunktion (Liquordiagnostik, gegebenenfalls mit anschließender Bestimmung des Erregers durch Polymerasekettenreaktion) mit zusätzlicher Auswertung von Auffälligkeiten während einer Elektroenzephalographie und einer Kernspintomographie.

Gehirnentzündungen müssen im Krankenhaus stationär beobachtet und behandelt werden, um hinzukommende Probleme, wie etwa Bewusstlosigkeit, Krämpfe oder ein organisches Psychosyndrom, rechtzeitig zu erkennen und fachgerecht handeln zu können. Eine durch Bakterien verursachte Gehirnentzündung wird mit Antibiotika behandelt. Bei einer Infektion mit Herpes-simplex-Viren wird bereits beim Verdacht die spezifische Therapie mit einer intravenösen Gabe von Aciclovir begonnen und für mindestens drei Wochen fortgesetzt. Bestimmte Formen lassen sich durch Impfungen verhindern (FSME).

Eine leichte Gehirnentzündung im Rahmen einer Grippe wird häufig nicht bemerkt und klingt mit der Grippe wieder ab. Viren wie z. B. Herpes-simplex-Viren können zu einer schweren Erkrankung mit bleibenden Schäden führen. Es kann für längere Zeit zu Lähmungen und Sprachstörungen kommen. In schlimmen Fällen sind geistige Behinderung und Autismus-ähnliche Verhaltensstörungen möglich. Bei bakteriellen Enzephalitiden beträgt die Sterblichkeit bis zu 50 Prozent. In manchen Fällen kann sich aus einer Gehirnentzündung die Parkinson-Krankheit als Spätfolge entwickeln.

Gesetzliche Meldepflicht

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Virusbedingte Meningoenzephalitiden sind in Österreich gemäß § 1 Absatz 1 Nummer 2 Epidemiegesetz 1950 bei Erkrankung und Tod anzeigepflichtig. Zur Anzeige verpflichtet sind unter anderen Ärzte und Labore (§ 3 Epidemiegesetz).

Nach dem Recht Thüringens[9] löst (auch) die Erkrankung und der Tod an den übrigen Formen der Meningitis/Encephalitis eine namentliche Meldepflicht aus und ebenfalls der Nachweis der übrigen Erregern der Meningitis/Encephalitis..

Taumelkrankheit bei Hausgeflügel

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Die Paramyxovirus-3-Infektion bei Hausgeflügel (besonders Tauben und Gänse) ist eine tödlich verlaufende ansteckende Gehirnentzündung mit Meningitis (auch Taumel- oder Drehkrankheit genannt). Sie ist gekennzeichnet durch Schiefhalten, durch Drehen oder Verdrehen des Kopfes und des Halses und durch Taumelbewegungen.[10]

  • Marianne Abele-Horn: Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009, ISBN 978-3-927219-14-4, S. 74–76 (Infektiöse Enzephalitis).
  • Heinz-Walter Delank: Neurologie. 5., neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Enke, Stuttgart 1988, ISBN 3-432-89915-7, S. 148 f. (Seröse Meningoenzaphalitiden, hervorgerufen durch Pilze, Protozoen und Parasiten).
  • H. W. Pfister et al.: Bakterielle (eitrige) Meningoenzephalitis. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 2008.
  • Karl Wurm, A. M. Walter: Infektionskrankheiten. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 9–223, hier: S. 191–195.
Wiktionary: Enzephalitis – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Woodhouse's English-Greek Dictionary. The University of Chicago Library, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. März 2017; abgerufen am 10. Januar 2013 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/artflx.uchicago.edu
  2. BP George, EB Schneider, A Venkatesan: Encephalitis hospitalization rates and inpatient mortality in the United States, 2000-2010. In: PLoS One. Band 9, Nr. 9, 2014, S. e104169, doi:10.1371/journal.pone.0104169, PMID 25192177, PMC 4156306 (freier Volltext).
  3. NM Vora, RC Holman, JM Mehal, CA Steiner CA, J Blanton, J Sejvar: Burden of encephalitisassociated hospitalizations in the United States, 1998-2010. In: Neurology. Band 82, 2014, S. 443-51, doi:10.1212/WNL.0000000000000086, PMID 24384647.
  4. A Venkatesan, AR Tunkel, KC Bloch, et al.: Case definitions, diagnostic algorithms, and priorities in encephalitis: consensus statement of the International Encephalitis Consortium. In: Clinical infectious diseases. Band 57, Nr. 8, 2013, S. 1114-28, doi:10.1093/cid/cit458, PMID 23861361, PMC 3783060 (freier Volltext).
  5. Jing Gao et al.: Sars-Cov-2: Underestimated damage to nervous system. In: Travel Medicine and Infectious Disease. 24. März 2020, doi:10.1016/j.tmaid.2020.101642.
  6. Immo von Hattingberg: Entzündungen des Gehirns. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 1298–1303, hier: S. 1303 (Protozoeninfektionen).
  7. Immo von Hattingberg: Tierische Parasiten des Nervensystems. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. 1961, S. 1302.
  8. RKI-Ratgeber Amöbenenzephalitis. Abgerufen am 20. August 2022.
  9. Thüringer Verordnung über die Anpassung der Meldepflicht für Infektionskrankheiten (Thüringer Infektionskrankheitenmeldeverordnung – ThürIfKrMVO -) Vom 15. Februar 2003. Fundstelle: GVBl. 2003, 107. Abgerufen am 23. Oktober 2024 (Stand: letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Februar 2015 (GVBl. S. 3)).
  10. Brockhaus Enzyklopädie. 19. Auflage. 5. Band, Verlag Friedrich Arnold Brockhaus, Mannheim 1988, ISBN 3-7653-1105-7, S. 658.