Feierliches Gelöbnis – Wikipedia
Beim feierlichen Gelöbnis der Bundeswehr bekennen sich Soldaten, die freiwilligen Wehrdienst oder Wehrdienst nach Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes leisten, zu ihren Pflichten durch die Worte:
„Ich gelobe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“
Die berufsmäßig Wehrdienst leistenden Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten, geloben nicht, sondern haben einen Diensteid zu leisten. Dieser entspricht der Gelöbnisformel, wobei das Wort „gelobe“ durch „schwöre“ ersetzt wird und nach Wahl des Soldaten „sowahr mir Gott helfe“ angefügt werden kann. Vereidigung und Gelöbnis von Soldaten der Bundeswehr sind meist feierliche Zeremonien am Anfang der Dienstzeit.
Grundlagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Gelöbnis wird durch § 9 Abs. 2 Soldatengesetz geregelt. Weigert sich ein Soldat, das Gelöbnis abzulegen, so ist er für den Rest der Dienstzeit grundsätzlich von Beförderungen und sonstigen förderlichen Maßnahmen ausgeschlossen, weitere Nachteile entstehen ihm nicht. Der Vorgang ist vergleichbar mit der Vereidigung der Zeit- und Berufssoldaten.
Öffentliches Gelöbnis
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Öffentliche Gelöbnisse in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Gelöbnisse fanden während der 1980er Jahre fast ausschließlich in den Kasernen statt, wo nur geladene Gäste und die Verwandten der Rekruten teilnehmen durften. 1980 wurde zum ersten Mal nach Kriegsende ein öffentliches Gelöbnis außerhalb des Kasernenbereiches durchgeführt. Bei der Gelöbnisfeier in Bremen 1980 am Weserstadion wurden 260 Personen verletzt und viele Dienstfahrzeuge gingen in Flammen auf. Die Sachschäden wurden mit einer Mio. DM beziffert. Die Ausschreitungen richteten sich gegen die Bundeswehr und Streitkräfte im Allgemeinen. Zudem wurde von den Demonstranten eine Militarisierung des öffentlichen Raumes unterstellt.[1]
Seit 1996 führt das Bundesministerium der Verteidigung auch in Berlin öffentliche Gelöbnisse durch. Mit dem Ziel, die Bürgernähe der Bundeswehr darzustellen, rief der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe 1998 eine „Offensive öffentlicher Gelöbnisse“ aus, die die Rekruten bei ihrem Gelöbnis bewusst in die Öffentlichkeit stellen sollte. 1998 wurden nach Angaben von linken Bundeswehrkritikern und Friedensbewegungen daraufhin 100[2] und 1999 150[3] öffentliche Gelöbnisse durchgeführt. Nach Angaben der Bundesregierung für die Jahre 2008 und 2009 bleibt die Anzahl der Gelöbnisse in der Öffentlichkeit weitgehend konstant bei knapp unter 150,[4] vielfach öffentlich auf Sport- oder Marktplätzen von Patengemeinden einer beteiligten Kompanie.
Öffentliches Gelöbnis zum Jahrestag des Attentats vom 20. Juli 1944 in Berlin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am Jahrestag des Attentats vom 20. Juli 1944 finden seit 1999 in Berlin ein öffentliches Gelöbnisse an historischer Stätte statt, entweder am Berliner Bendlerblock oder am Reichstagsgebäude. Mit der Anknüpfung an den Jahrestag des Attentats unterstreicht die Bundeswehr den Widerstand gegen den Nationalsozialismus als eine ihrer Haupttraditionslinien. Die Gelöbnisse sind öffentlich, es dürfen allerdings nur vorher angemeldete Angehörige und geladene Gäste teilnehmen. In den meisten Jahren wurde das Gelöbnis live im Fernsehen übertragen.
Bei den öffentlichen Gelöbnissen anlässlich des 20. Juli bemüht sich die Bundeswehr jedes Jahr einen anderen prominenten Repräsentanten des öffentlichen Lebens Deutschlands oder eines befreundeten Landes als Hauptredner und Ehrengast zu gewinnen. So sprachen bisher u. a. Bundeskanzler Gerhard Schröder (1999)[5], Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Paul Spiegel (2001)[6], der polnische Staatspräsident Aleksander Kwaśniewski (2002)[7], Ministerpräsident der Niederlande Jan Peter Balkenende (2004)[8], der Ministerpräsident Norwegens Kjell Magne Bondevik (2005)[9], die Altbundeskanzler Helmut Kohl (2007)[10] und Helmut Schmidt (2008)[11], Widerstandskämpfer Ewald-Heinrich von Kleist (2010)[12], Bundespräsident Christian Wulff (2011)[13], Bundespräsident Joachim Gauck (2013)[14], Sohn des Widerständlers Claus Schenk Graf von Stauffenberg Berthold Maria Schenk Graf von Stauffenberg (2014)[15], Widerstandnachfahre und ehemaliger erste Bürgermeister der Hansestadt Hamburg Klaus von Dohnanyi (2015)[16], Bischof Wolfgang Huber (2016)[17], Historiker Michael Wolffsohn (2017)[18]. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (2018)[19], Bundeskanzlerin Angela Merkel (2019)[20], Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Josef Schuster (2021)[21], Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (2022)[22], Tochter des Widerständlers Claus Schenk Graf von Stauffenberg Konstanze von Schulthess (2023) sowie Bundeskanzler Olaf Scholz (2024)[23].
Auf Grund der COVID-19-Pandemie fand das Gelöbnis 2020 mit 15 Rekruten ohne Angehörige oder Ehrengast im Staufenbergsaal im Ministerium statt.[24]
Proteste und Störungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Unter dem Schlagwort Gelöbnix fanden bis 2010[12] Proteste von Gruppen aus der Friedensbewegung und linksgerichteten Gruppen gegen öffentliche Gelöbnisse in Berlin statt.[25] Die Durchführung der angemeldeten Demonstrationen gegen das Gelöbnis in Berlin wurde 2009 durch das Berliner Verwaltungsgericht auf den Potsdamer Platz (außerhalb der Hörweite des Gelöbnisses) beschränkt.[26]
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Markus Euskirchen: Militärrituale. Analyse und Kritik eines Herrschaftsinstruments (= PapyRossa-Hochschulschriften. Bd. 59). Papyrossa Verlag, Köln 2005, ISBN 3-89438-329-1 (zugleich: Berlin, FU, Dissertation, 2004).
- Zentralrichtlinie A2-2630/0-0-3 „Militärische Formen und Feiern der Bundeswehr“ (ehemals ZDv 10/8, Hrsg. BMVg, Bonn 1983).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Deutsche Welle: Randale bei Bundeswehrfeier vom 6. Mai 2015, abgerufen am 7. Juli 2015
- ↑ Gelöbnisse ( vom 10. Mai 2003 im Internet Archive) von Michael Behrendt, abgerufen am 19. Juli 2009.
- ↑ Hesse, Dieter: Öffentliche Gelöbnisse der Bundeswehr...und was davon zu halten ist, v. 23. September 1999, veröffentlicht auf World Socialist Web Site, Internationales Komitee der Vierten Internationale (IKVI), abgerufen am 19. Juli 2009.
- ↑ Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE, Deutscher Bundestag: Drucksache 16 12038 v. 24. Februar 2009 (PDF; 2,0 MB) abgerufen am 19. Juli 2009.
- ↑ Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder beim Öffentlichen Feierlichen Gelöbnis von Rekruten der B... In: politische-reden.eu. 20. Juli 1999, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Jörn Hasselmann: Bundeswehr-Gelöbnis: Starke Störungen erwartet. In: tagesspiegel.de (Hrsg.): Tagesspiegel. 19. Juli 2001 (tagesspiegel.de [abgerufen am 19. Juli 2024]).
- ↑ Feierliches Gelöbnis am 20. Juli - B.Z. – Die Stimme Berlins. In: bz-berlin.de. B.Z., 21. Juli 2002, abgerufen am 19. Juli 2024 (deutsch).
- ↑ Gestörtes Gelöbnis. In: tagesspiegel.de. 21. Juli 2004, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Viel Polizei für sichere Gelöbnisfeier. In: tagesspiegel.de. 20. Juli 2005, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Gedenken: "Das Attentat war ein Aufstand des Gewissens" - WELT. In: welt.de. Die Welt, 20. Juli 2007, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Deutscher Bundestag: Feierliches Gelöbnis vor dem Reichstagsgebäude. In: bundestag.de. Deutscher Bundestag, abgerufen am 19. Juli 2024 (2008-07-20).
- ↑ a b Stramm gestanden in der Hitze. In: tagesspiegel.de. 20. Juli 2010, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Götz Hausding: Deutscher Bundestag - „Der Geist der Bundeswehr wird sich nicht ändern“. In: bundestag.de. 20. Juli 2011, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Feierliches Gelöbnis von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr. In: bundespraesident.de. 20. Juli 2013, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Sven Pöhle: Deutschland gedenkt Hitler-Attentäter – DW – 20.07.2014. In: dw.de. Deutsche Welle, 20. Juli 2014, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Feierliches Gelöbnis. In: dbwb. Deutscher Bundeswehrverband, 20. Juli 2015, abgerufen am 19. Juli 2024 (deutsch).
- ↑ 20. Juli: Feierliches Gelöbnis in Berlin. In: dbwb.de. Deutscher Bundeswehrverband, 20. Juli 2016, abgerufen am 19. Juli 2024 (deutsch).
- ↑ Feierliches Gelöbnis in Berlin in Gedenken an den Widerstand - bundeswehr-journal. In: bundeswehr-journal.de. 19. Juli 2017, abgerufen am 19. Juli 2024 (englisch).
- ↑ Matthias Baumann: 355 Rekruten: Feierliches Gelöbnis zum 20. Juli im Bendlerblock. In: presseorgane.de. 20. Juli 2018, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Rede anlässlich des Gelöbnisses am 20. Juli 2019. In: bundesregierung.de. 20. Juli 2019, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Bildtermin: Rekrutinnen und Rekruten legen am 20. Juli ihr Gelöbnis ab. In: bmvg.de. 2024-07-15, 17. Juli 2024, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ Heute Feierliches Gelöbnis im Bendlerblock am Tag des Deutschen Widerstands. In: bundeswehr.de. 20. Juli 2022, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ 80. Jahrestag des 20. Juli 1944: Erinnern und Dienen mit Verantwortung. In: bmvg.de. 17. Juli 2024, abgerufen am 19. Juli 2024.
- ↑ 20. Juli: Rekruten legen Feierliches Gelöbnis im Stauffenberg-Saal ab. In: dbwv.de. Deutscher Bundeswehrverband, 20. Juli 2020, abgerufen am 19. Juli 2024 (deutsch).
- ↑ Andreas Speck, Graswurzelrevolution Mai 1998: GelöbNIX! ( vom 15. Oktober 2008 im Internet Archive)
- ↑ 17. Juli 2009 : Verwaltungsgericht reklamiert Friedhofsruhe für Bundeswehr ( vom 25. Mai 2010 im Internet Archive) Pressemitteilung, abgerufen am 21. Juli 2011.