Fritz Milkau – Wikipedia

Fritz Milkau, Foto von Elfriede Reichelt (1921)
CR Milkau (1881)

Fritz Milkau (* 28. September 1859 in Lötzen, Ostpreußen; † 23. Januar 1934 in Berlin) war ein deutscher Bibliothekar.

Milkau war der Sohn des Schuhmachermeisters Friedrich Milkau und seiner Frau Henriette Marianne geb. Bleyer. Er besuchte die Herzog-Albrechts-Schule in Rastenburg. Nach dem Abitur studierte er ab 1878 an der Albertus-Universität Königsberg Klassische Philologie und Germanistik. Die reguläre Aktivität im Corps Masovia lag außerhalb seiner finanziellen Möglichkeiten; auf den Kneipen war er aber ein regelmäßiger und gern gesehener Gast. Seit dem Sommersemester 1881 war er (mit Carl Contag und Paul Thomaschki) als Corpsrecipient aktiv.[1] Nach dem Examen wurde er Corpsschleifenträger. Das Band wurde ihm später verliehen. Schon 1881, mit 21 Jahren, beklagte er in der Hartungschen Zeitung das Zerrbild Ostpreußens in weiten Teilen der öffentlichen Meinung in Deutschland.[2] Dafür machte er vor allem Wilhelmine von Hillern verantwortlich.[3] 1890 gab er das erste Gesamtmitgliederverzeichnis des Corps heraus. Die Anlage ist bis heute unverändert geblieben.[4]

Milkau wurde zunächst Gymnasiallehrer. Mit einer Doktorarbeit über den römischen Geschichtsschreiber Velleius Paterculus wurde er im Dreikaiserjahr zum Dr. phil. promoviert.[A 1] Er wechselte vom Schul- in den Bibliotheksdienst. Zunächst war er an der Staats- und Universitätsbibliothek Königsberg, dann an der Universitätsbibliothek Bonn und der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Während seiner Bonner Zeit gab er ein Verzeichnis der Bonner Universitätsschriften heraus.[5] Ab 1897 war er für den Preußischen Gesamtkatalog verantwortlich. Er wirkte mit an der Abfassung der ihm zugrundeliegenden Preußischen Instruktionen. 1899 wurde er im preußischen Kultusministerium Mitarbeiter von Friedrich Althoff.

Seit 1902 Direktor der Universitätsbibliothek Greifswald, heiratete er 1904 an seinem 45. Geburtstag Frieda Hagen aus der Königsberger Apothekerfamilie.[A 2] Als Nachfolger von Wilhelm Erman ging Milkau 1907 als Direktor an die Universitätsbibliothek Breslau. Dort verbrachte er vierzehn glückliche und entscheidende Jahre.[A 3] 1921 folgte er Adolf von Harnack als Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin, die er bis 1925 leitete. Er versuchte, die führende Rolle dieser Bibliothek und ein funktionierendes Bibliothekssystem insgesamt in den schwierigen Nachkriegsjahren zu erhalten. Während seiner Amtszeit war er Vorsitzender des preußischen Beirats für Bibliotheksangelegenheiten. 1924 wurde auf seine Veranlassung zum ersten Mal die Fernleihe in ganz Deutschland geregelt. Nach seiner Pensionierung als Generaldirektor wurde Milkau Honorarprofessor für Bibliothekswissenschaft an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin. Er leitete dort von 1928 bis zu seinem Tod das von ihm gegründete Bibliothekswissenschaftliche Institut. Zur Unterstützung seiner Lehrtätigkeit richtete er eine umfangreiche Diasammlung ein, die 1926–1933 in der Photographischen Werkstatt der Preußischen Staatsbibliothek erstellt wurde. Sie besteht zumeist aus Reproduktionen von Buchauszügen und -grafiken. 1931–1933 gab Milkau die dreibändige erste Auflage des Handbuchs der Bibliothekswissenschaft heraus.[6] Er erkrankte 1933 und starb zu Beginn des folgenden Jahres mit 74 Jahren. In seinem Nachruf sah Otto Schellong in Milkau den nach Ferdinand Gregorovius größten Masuren. Das Bibliothekswissenschaftliche Institut hörte mit Milkaus Tod auf zu bestehen, wurde aber in den 1950er Jahren weitergeführt. Milkaus Grabstätte befindet sich auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf.

  • Centralkataloge und Titeldrucke: geschichtliche Erörterungen und praktische Vorschläge im Hinblick auf die Herstellung eines Gesamtkatalogs der preussischen wissenschaftlichen Bibliotheken. Harrassowitz, Leipzig 1898 (Zentralblatt für Bibliothekswesen, Beiheft; 20).
  • Die internationale Bibliographie der Naturwissenschaften nach dem Plane der Royal Society: Eine orientierende Übersicht. Asher, Berlin 1899.
  • Die Königliche und Universitäts-Bibliothek zu Breslau: Eine Skizze. Hirt, Breslau 1911.
  • Bibliothekswesen. In: Gustav Abb (Hrsg.): Aus fünfzig Jahren deutscher Wissenschaft. Die Entwicklung ihrer Fachgebiete in Einzeldarstellungen. de Gruyter, Berlin 1930, S. 22–43.
  • mit Georg Leyh (Hrsg.): Handbuch der Bibliothekswissenschaft, 7 Bde. 1931 ff.
  • Gustav Abb (Hrsg.): Fritz Milkau zum Gedächtnis. Ansprachen, Vorträge und Verzeichnis seiner Schriften. Harrassowitz, Leipzig 1934.
  • Otto Schellong: Geheimrat Professor Dr. Dr. h. c. Fritz Milkau † früher Generaldirektor der preuß. Bibliotheken, Direktor des Univ.-Instituts für Bibliothekswissenschaft in Berlin. In: Deutsche Corps-Zeitung, Bd. 51 (1934), S. 23–25 archive.org.
  • Johannes Buder: Milkau, Fritz. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 511 (Digitalisat).
  • Friedhilde Krause (Bearb.): „Ein Wunder, dass diese Jahre haben überstanden werden können“. Dienstprotokolle aus der Amtszeit Fritz Milkaus an der Preußischen Staatsbibliothek, 9. Juni 1921 bis 13. Dezember 1923. Reichert, Wiesbaden 2002 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz; 15), ISBN 3-88053-090-4.
  • Friedhilde Krause, Antonius Jammers: Generaldirektor Fritz Milkau verändert 1921 den Verein. In: »Hier müssen private Kreise mithelfen...« Das Engagement des Vereins der Freunde für seine Königliche und Preußische Staatsbibliothek von 1914 bis 1944. Stapp Verlag Berlin 2009, ISBN 978-3-87776-121-2, S. 35–51.
  • Engelbert Plassmann: Fritz Milkau zum Gedächtnis. In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. Bd. 56 (2009), S. 251–261.
  • Werner Schochow: Was bedeutet uns Fritz Milkau heute? In: Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. Bd. 31 (1984), S. 397–413. Auch unter dem Titel Fritz Milkau – Generaldirektor von 1921 bis 1925. Eine Studie über Führungsstil und Persönlichkeit. In: ders.: Die Berliner Staatsbibliothek und ihr Umfeld. Klostermann, Frankfurt am Main 2005 (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie, Sonderheft; 87), ISBN 3-465-03442-2, S. 171–190.
  • Mario Hütte: Fritz Milkau und der deutsche Leihverkehr. In: Haike Meinhardt und Inka Tappenbeck (Hrsg.): Die Bibliothek im Spannungsfeld: Geschichte – Dienstleistungen – Werte. Festschrift für Hermann Rösch. Bock und Herchen, Bad Honnef 2019, ISBN 978-3-88347-302-4, S. 57–78.
Commons: Fritz Milkau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. Dissertation: De Vellei Paterculi genere dicendi quaestiones selectae. (Digitalisat)
  2. Frieda Milkau (1870–1942) ist das sechste von wohl acht Kindern des Hans Hagen (1829–1910). Dessen Bruder war der Generalleutnant Heinrich von Hagen, der auf dem berühmten Bild Wilhelms I. zur Kaiserkrönung in Versailles 1871 mit auf der ersten Stufe steht (Eberhard Neumann-Redlin von Meding).
  3. Die Schlesische Zeitung (Georg Leyh) würdigte Milkau am 60. Geburtstag in ihrer Ausgabe vom 28. September 1919.

Einzelnachweise

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  1. Kösener Corpslisten 1960, 87/766
  2. Nr. 196/98, 24./26. August 1881.
  3. Erfinder von Fernleihe und Verbundkatalog. Fritz Milkau war als Bibliothekar ein Pionier – Engagierter Streiter für das Ansehen seiner Heimat Ostpreußen. Preußische Allgemeine Zeitung Nr. 39, 26. September 2009.
  4. Verzeichnis sämtlicher Mitglieder des Corps Masovia 1823 bis 2005. Potsdam 2006.
  5. Fritz Milkau: Verzeichnis der Bonner Universitätsschriften 1818–1885. Nebst einem Anhang enthaltend die außerordentlichen Promotionen. Friedrich Cohen: Bonn (1897). (Digitalisat)
  6. Fritz Milkau: Handbuch der Bibliothekswissenschaft, 3 Bände. 1931–1940.
  7. Auskunft Staatsbibliothek zu Berlin