Glucosetransporter – Wikipedia

Glucosetransporter
Bezeichner
Gen-Name(n)
Transporter-Klassifikation
TCDB
Bezeichnung Zuckertransporter Familie
Vorkommen
Übergeordnetes Taxon Eukaryoten

β-D-Glucose(Traubenzucker)-Molekül

Glucosetransporter (GLUT, SLC2A) sind bestimmte transmembranäre Transportproteine, die den Transport von Glucose oder Fructose durch die Zellmembran katalysieren. Es handelt sich um trägerproteinvermittelte Uniports, wobei der Konzentrationsgradient von Glucose die für den Transport benötigte Energie bereitstellt.

Alle GLUTs sind Mitglieder der Zuckertransporter in der Major-Facilitator-Superfamilie von Membrantransport-Proteinen. Sie weisen zwölf Transmembrandomänen auf.

Bislang sind 14 verschiedene Transporter vom GLUT-Typ bekannt, die in drei Klassen unterteilt werden. Jeder GLUT besteht aus insgesamt zwölf amphiphilen Transmembrandomänen, die sich so in der Plasmamembran anordnen, dass die hydrophoben Anteile nach außen in die Membran binden und in der Mitte eine hydrophile Pore für Glucose entsteht. Dabei liegen Amino-Terminus und Carboxyl-Terminus auf zytosolischer Seite (intrazellulär). Die Bindung von Glucose verursacht eine Konformationsänderung, durch die das Molekül zur anderen Seite transportiert wird („rocker-switch“, Kippbewegung). Der Transportzyklus kann mithilfe des two-state four-step-Modells beschrieben werden.[1]

Typen und Entwicklung

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Aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Aminosäurensequenz werden die GLUTs in drei Klassen eingeteilt. GLUT1 und GLUT3 sind auch für Dehydroascorbat durchlässig. GLUT5 transportiert hauptsächlich Fructose und GLUT9 Harnsäure.

Aufgrund der Aminosäurensequenzen inzwischen bekannter GLUTs kann geschlossen werden, dass GLUTs vom Typ 3 die ältesten GLUTs sind; sie sind wahrscheinlich mit den Eukaryoten entstanden und man findet Orthologe von ihnen auch bei den Pflanzen. Mit der Entwicklung der Chordatiere entstanden zusätzlich durch Genkopie die GLUTs vom Typ 2. Eine weitere Genverdopplung im Zuge der Euteleostomi brachte schließlich GLUTs vom Typ 1, wobei GLUT-14 als jüngste Entwicklung mit den Primaten aus einer Kopie von GLUT-3 entstand.

Bezeich-
nung
Beschreibung Gen Phänotypen
GLUT1 GLUT1 ist der am weitesten verbreitete Typ und kommt in vielen Säugerzellen vor. Vor allem in den Zellen des ZNS und den Erythrozyten ist dieser Typ häufig anzutreffen, weshalb man davon ausgeht, dass ihm eine besondere Funktion bei der Nährstoffversorgung dieser glucoseabhängigen Zellen zukommt. Er ist ein insulinunabhängiger Transporter, sein KM-Wert liegt bei 1,5 mmol·l−1.[2] Daher zeigt er eine hohe Affinität zu Glucose und ist unter physiologischen Bedingungen nahezu gesättigt. So ist eine ständige Aufnahme von Glucose in die Zelle sichergestellt.

In vielen Lehrbüchern hat sich bis jetzt die falsche Meinung gehalten, die humanen β-Zellen des Pankreas würden wie die der Ratte oder Maus GLUT2 exprimieren. Tatsächlich ist es der Glucosetransporter GLUT1.[3][4] Durch die Glucoseaufnahme wird die Insulinsynthese und -freisetzung in den β-Zellen aktiviert. Dies geschieht durch eine ATP-vermittelte Hemmung (Glucoseabbau führt zum ATP-Aufbau) von Kaliumkanälen mit nachfolgender Depolarisation, welche spannungsabhängige Calciumkanäle öffnet. Der Calciumeinstrom führt zur Exocytose der Insulin-Vesikel.

SLC2A1 Dystonie Typ 9,

GLUT1-Defizit-Syndrom 1,

GLUT1-Defizit-Syndrom 2,

Kryohydrozytose mit reduziertem Stomatin,

Idiopathische generalisierte Epilepsie[5]

GLUT2 Er kommt in Hepatozyten, in der Darmmukosa und in den Epithelzellen der Niere vor. Der Transporter ist ebenfalls insulinunabhängig, besitzt aber nur eine geringe Glucoseaffinität (KM zwischen 17 und 66 mmol·l−1).[2] Infolgedessen ist die Glucoseaufnahme abhängig vom Blutzuckerspiegel. Dadurch wird der Glykogenabbau der Leber gehemmt. SLC2A2 Fanconi-Bickel-Syndrom,

Nicht-Insulinabhängiger Diabetes mellitus[6]

GLUT3 GLUT3 kommt vor allem, aber nicht nur in Nervenzellen des Gehirns vor. Durch die geringere KM im Vergleich zu GLUT2 wird eine ausreichende Glucoseaufnahme auch bei niedrigen Blutzuckerspiegeln gewährleistet. Er ist insulinunabhängig und dient als Grundversorgung des ZNS.[7] SLC2A3
GLUT4 GLUT4 kommt in Fettzellen und in allen gestreiften Muskelzellen (Skelettmuskelzellen und Herzmuskelzellen) vor. Der Transporter ist insulinabhängig, besitzt eine hohe Affinität und wird intrazellulär in der Membran von Vesikeln gespeichert. Steigt der Blutzuckerspiegel an, steigt auch der Insulinspiegel. Insulin vermittelt die Fusion der Vesikel mit der Plasmamembran, sodass der Blutzuckerspiegel durch Aufnahme von Glucose in die Zellen wieder gesenkt werden kann. Danach werden die Transporter durch Endozytose wieder aufgenommen und können erneut verwendet werden. In den Fettzellen kann die Glucose dann ins Triacylglycerin umgewandelt, in Muskelzellen in Form von Glykogen, gespeichert werden. GLUT4 hat demnach die Funktion einer bedarfsorientierten Glucoseversorgung.[2] SLC2A4
GLUT14 Kommt ausschließlich im Hoden vor und hat strukturell große Ähnlichkeit mit GLUT3.[8] SLC2A14
Bezeich-
nung
Beschreibung Gen Phänotypen
GLUT5 Dieser Typ ist kein reiner Glucose-, sondern ein Fructosetransporter und kommt vor allem in den Spermatozoen, im Intestinaltrakt und in der Niere[2] vor. SLC2A5
GLUT7 Dieser Transporter dient dem Transport der in der Gluconeogenese in der Leber entstandenen Glucose aus den Zellen in das Blut. Dafür muss zunächst Glucose-6-phosphat durch die am Endoplasmatischen Retikulum lokalisierte Glucose-6-phosphatase dephosphoryliert werden. SLC2A7
GLUT9 GLUT-9 ist hauptsächlich in den Nierentubuli anzutreffen, wo er Harnsäure rückresorbiert. In geringerem Maß werden zwei Isoformen in mehreren anderen Gewebetypen exprimiert und können zusätzlich geringe Mengen Fructose und Glucose transportieren. SLC2A9 Hypourikämie[9]
GLUT11 Über diesen Glucosetransporter ist lediglich bekannt, dass er in drei Isoformen in Herz- und Skelettmuskelzellen exprimiert wird. SLC2A11
Bezeich-
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Beschreibung Gen Phänotypen
GLUT6 GLUT-6 wird im Gehirn, der Milz und in peripheren Leukozyten exprimiert. SLC2A6
GLUT8 GLUT-8 transportiert in Hodenzellen kompetitiv Glucose und Fructose. Seine Expression wird durch Estrogen gehemmt. SLC2A8
GLUT10 In vielen Gewebetypen exprimiert, besonders aber in Leber und Pankreas, hat dieser GLUT ein Km = 0,28 mM für 2-Desoxy-D-Glucose. SLC2A10 Arterial-Tortuosity-Syndrom[10]
GLUT12 GLUT-12 ist ein Membranprotein in der perinukleären Region von Muskelzellen, solange Insulin abwesend ist. SLC2A12

Monosaccharide wie Glucose sind sowohl in Wasser als auch im Blut gut löslich (polar) und können daher problemlos über das Blut zu den Zielzellen transportiert werden. Die (apolare) Lipiddoppelschicht der Zellen ist für Glucose aber nur schwer durchlässig, weshalb es in den Plasmamembranen Glucosetransporter gibt, die eine erleichterte Diffusion ermöglichen. Sie arbeiten ohne Energieverbrauch rein aufgrund des chemischen Gradienten für Glucose.

Damit dieses notwendige Konzentrationsgefälle zwischen Intrazellularraum und Extrazellularraum aufrechterhalten wird, reagiert die Glucose nach Eintritt ins Zytosol zu Glucose-6-phosphat (G6P), was durch die Hexokinase (verschiedene Isoformen) katalysiert wird. G6P ist Ausgangsprodukt der Glykolyse, des Pentosephosphatweges und der Glykogensynthese.

GLUT1, GLUT3 und GLUT4 sowie die Hexokinase IV sind die Traubenzucker-Grundversorger des Organismus, die selbst bei niedrigem Blutzuckerspiegel noch effizient arbeiten, da sie ein niedriges Km haben (und daher eine hohe Affinität). Wichtig ist, dass die Menge an Glucose, die in der Zelle verstoffwechselt wird, ausschließlich von der Hexokinase-Menge in der Zelle abhängt und nicht vom Blutzuckerspiegel.

GLUT2 und die Glucokinase dagegen sind in ihrer Aktivität abhängig von der Blutzuckerkonzentration, da sie eine niedrige Affinität besitzen (hohes Km). Das bedeutet, dass die Aufnahme von Glukose nur dann erfolgt, wenn eine Hyperglykämie besteht. Sie dienen somit als eine Art Glucosesensor. Gibt es einen Glucosemangel, ist damit zuerst die Versorgung der Organe und der Muskulatur (von besonderer Wichtigkeit ist die Versorgung der Erythrozyten und des ZNS mit Glucose, da diese auf eine Mindestglucosekonzentration angewiesen sind) sichergestellt, bevor Glucose in den Leberzellen oder den Fettzellen gespeichert wird.

Die Glucokinase im Pankreas sorgt dafür, dass in Abhängigkeit von der Blutzuckerkonzentration ausreichend Insulin hergestellt und sezerniert wird. Wäre in diesen Zellen die Hexokinase lokalisiert, so wären die β-Zellen völlig unangepasst und würden ständig Insulin ausschütten.

Die meisten Zellen sind nicht in der Lage, freie Glucose selbst zu synthetisieren, da ihnen die Glucose-6-Phosphatase fehlt. Sie sind somit auf eine Versorgung durch das Blut angewiesen. Lediglich Hepatozyten und bedingt Darm- und Nierenzellen sind in der Lage, Gluconeogenese zu betreiben.

Medizinische Bedeutung

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Defekte in GLUTs können mehrere seltene Erbkrankheiten verursachen.

  • Das GLUT1-Defizit-Syndrom, eine autosomal-dominante Erbkrankheit wird durch einen Defekt in GLUT1 verursacht.
  • Durch Gendefekte hervorgerufener GLUT-2-Mangel führt zum so genannten Fanconi-Bickel-Syndrom.[11]
  • Bestimmte Symptome in einem Teil der Patienten, die an Diabetes mellitus Typ 2 leiden, konnten mit Mutationen in GLUT-2 in Verbindung gebracht werden.[12]
  • Mutationen im für GLUT-9 codierenden Gen sind für eine erbliche Form der Hypourikämie verantwortlich.[13]
  • Defekte in GLUT-10 verursachen eine Krankheit, die mit Überdehnbarkeit der Arterien und der Bindegewebe einhergeht (arterial tortuosity syndrome, ATS).[14]
  • Rainer Klinke, Hans-Christian Pape, Stefan Silbernagl (Hrsg.): Lehrbuch der Physiologie. 5. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-796003-7.
  • Georg Löffler, Petro E. Petrides, Peter C. Heinrich (Hrsg.): Biochemie und Pathobiochemie. 8. Auflage. Springer, Berlin 2006, ISBN 978-3-540-32680-9.

Einzelnachweise

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  1. Xuejun C. Zhang, Lei Han: Uniporter substrate binding and transport: reformulating mechanistic questions. In: Biophysics Reports. 2, 2016, S. 45, doi:10.1007/s41048-016-0030-7.
  2. a b c d Joachim Rassow, Karin Hauser, Roland Netzker und Rainer Deutzmann: Biochemie. 2. Aufl., Thieme, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-13-125352-1. S. 353.
  3. Löffler/Petrides Biochemie und Pathobiochemie (= Springer-Lehrbuch). 9., vollständig überarbeitete Auflage. Springer, Berlin Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-17971-6, S. 445.
  4. K. T. Coppieters, A. Wiberg, N. Amirian, T. W. Kay, M. G. von Herrath: Persistent glucose transporter expression on pancreatic beta cells from longstanding type 1 diabetic individuals. In: Diabetes/metabolism research and reviews. Band 27, Nummer 8, November 2011, ISSN 1520-7560, S. 746–754, doi:10.1002/dmrr.1246, PMID 22069254.
  5. Solute Carrier Family 2 (Facilitated Glucose Transporter), Member 1; SLC2A1. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  6. Solute Carrier Family 2 (Facilitated Glucose Transporter), Member 2; SLC2A2. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  7. Simpson IA, Dwyer D, Malide D, Moley KH, Travis A, Vannucci SJ: The facilitative glucose transporter GLUT3: 20 years of distinction. In: Am. J. Physiol. Endocrinol. Metab. 295. Jahrgang, Nr. 2, August 2008, S. E242–53, doi:10.1152/ajpendo.90388.2008, PMID 18577699, PMC 2519757 (freier Volltext) – (physiology.org).
  8. Prof. Georg Löffler, Dr. Petro E. Petrides, Prof. Peter C. Heinrich: Biochemie & Pathobiochemie. Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2006, ISBN 978-3-540-32680-9. S. 376.
  9. Solute Carrier Family 2 (Facilitated Glucose Transporter), Member 9; SLC2A9. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  10. Solute Carrier Family 2 (Facilitated Glucose Transporter), Member 10; SLC2A10. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  11. Eintrag zu Fanconi-Bickel-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)
  12. UniProt P11168
  13. Hypouricemia, renal, 2; RHUC2. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  14. Eintrag zu Arterial-Tortuosity-Syndrom. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten)