Gwendolen – Wikipedia

Gwendolen ist eine sagenhafte britannische Königin, bekannt aus der Historia Regum Britanniae des Geoffrey of Monmouth. Sie war laut der Legende die Ehefrau von König Locrinus, der gemeinsam mit seinen Brüdern über Britannien herrschte. Nach einem Konflikt mit Locrinus besiegte Gwendolen ihn in einer Schlacht und übernahm für 15 Jahre die Herrschaft über das Gebiet des heutigen Englands.

Legendäres Leben

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Laut der Historia Regum Britanniae soll Gwendolen eine Zeitgenössin des Propheten Samuel in Judäa, von Silvius, Herrscher von Alba Longa und von Homer in Griechenland gewesen sein. In Britannien hatte sich nach der Historia Regum Britanniae Brutus, ein Enkel von Aeneas, nach einigen Wanderungen in Britannien als König etabliert und das Königreich seinen drei Söhnen hinterlassen.[1]

Die Historia Regum Britanniae beschreibt Gwendolen als die Tochter des Corineus von Cornwall. Sie heiratete König Locrinus, einer von drei Söhnen des Brutus, die das Herrschaftsgebiet nach Brutus’ Tod unter sich aufteilten. Locrinus herrschte über das Gebiet des heutigen Englands. Locrinus und Gwendolen hatten einen Sohn und Thronfolger, Maddan.[2]

Zum Konflikt zwischen Gwendolen und Locrinus kam es, weil sich Locrinus in eine germanische Prinzessin, Estrildis, verliebt hatte, welche er vor Humber dem Hunnen gerettet hatte. Obwohl Locrinus auf Druck von Corineus Gwendolen heiratete, behielt Locrinus Estrildis als heimliche Geliebte. Nach dem Tod des Corineus verließ Locrinus Gwendolen und heiratete Estrildis. Gwendolen ging daraufhin nach Cornwall, wo sie die Streitkräfte sammelte, mit denen sie Locrinus besiegte.[3]

Nach ihrem Sieg über Locrinus übernahm Gwendolen die Herrschaft über sein Reich, das sie 15 Jahre regierte. Estrildis und ihre Tochter Sabre ließ Gwendolen in einem Fluss ertränken, der nach Sabres Namen fortan Severn hieß. Nach ihrer Abdankung zugunsten ihres Sohnes Maddan zog sich Gwendolen nach Cornwall zurück.[4]

Quellenlage und Rezeption

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Gwendolens Leben ist in der Historia Regum Britanniae des Geoffrey of Monmouth aus dem 12. Jahrhundert beschrieben. Bis ins 16. Jahrhundert wurde dieses Werk als glaubwürdige Geschichtsschreibung betrachtet. Im 16. Jahrhundert wurden jedoch klassische Quellen wie etwa die Werke des Tacitus in England wieder zugänglich und damit die Geschichtsschreibung des Geoffrey of Monmouth inakzeptabel.[5] Ein Abgleich der Historie des Geoffrey of Monmouth mit den klassischen Quellen zeigt, dass die frühe Geschichte Britanniens und die Herrschaft von Brutus und seinen Nachfahren als frühe britannische Könige wenig glaubwürdig sind.[6]

Heutige historische Forschung betrachtet die Historia Regum Britanniae nicht als authentische Geschichtsschreibung.[7] Dennoch ist die Darstellung der fiktiven Königin Gwendolen in mittelalterlicher Geschichtsschreibung auch für die heutige Forschung interessant, weil sie Aussagen darüber erlaubt, wie im Mittelalter die Rolle einer Königin in England eingeschätzt wurde.[8] Geoffrey of Monmouth und nachfolgende Geschichtsschreiber wie Wace und Layamon stellten Gwendolen und Estrildis als potentiell mächtige und gefährliche Figuren dar. Königinnen, so die Erwartung, sollten zwar eigentlich als Friedensstifterinnen, Regentinnen und Gebärerinnen von Erben agieren. Der Fall von Gwendolen zeigt, dass im Extremfall eine Königin auch zu Gewalt greifen kann, um Frieden im Land wieder herzustellen.[9]

  • Michael D. Reeve (Hrsg.), Neil Wright (Übersetzer): Geoffrey of Monmouth. The history of the kings of Britain: an edition and translation of „De gestis Britonum“ („Historia regum Britanniae“), Woodbridge 2007, ISBN 978-1-84383-206-5.
Wikisource: History of the Kings of Britain – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise

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  1. J.A. Giles (Übers.): British History by Geoffrey Monmouth. In: J.A. Giles (Hrsg.): Six English Chronicles. Henry G. Bohn, London 1848, Buch 2, Kapitel I und VI.
  2. J.A. Giles (Übers.): British History by Geoffrey Monmouth. In: J.A. Giles (Hrsg.): Six English Chronicles. Henry G. Bohn, London 1848, Buch 2, Kapitel II-IV.
  3. J.A. Giles (Übers.): British History by Geoffrey Monmouth. In: J.A. Giles (Hrsg.): Six English Chronicles. Henry G. Bohn, London 1848, Buch 2, Kapitel II-V.
  4. J.A. Giles (Übers.): British History by Geoffrey Monmouth. In: J.A. Giles (Hrsg.): Six English Chronicles. Henry G. Bohn, London 1848, Buch 2, Kapitel V-VI.
  5. Richard Hingley, Christina Unwin: Boudica. Iron Age Warrior Queen. Hambledon Continuum, London 2005, ISBN 1-85285-516-9, S. 111–112.
  6. J.A. Giles (Übers.): British History by Geoffrey Monmouth. In: J.A. Giles (Hrsg.): Six English Chronicles. Henry G. Bohn, London 1848, Buch 2, Kapitel VI, Fußnote 1.
  7. N. Wright (Hrsg.): The Historia regum Britannie of Geoffrey of Monmouth 1, Bern, Burgerbibliothek, MS. 568. Cambridge 1984, S. xxviii.
  8. Katherine Olson: Gwendolyn and Estrildis: Invading Queens in British Historiography. In: Medieval Feminist Forum: A Journal of Gender and Sexuality 44 (1), 2008, ISSN 1536-8742, S. 46.
  9. Katherine Olson: Gwendolyn and Estrildis: Invading Queens in British Historiography. In: Medieval Feminist Forum: A Journal of Gender and Sexuality 44 (1), 2008, ISSN 1536-8742, S. 47.
VorgängerAmtNachfolger
LocrinusMythische britannische Könige Maddan