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Hans Tucher

Hans Tucher (VI.) d. Ä. (* 10. April 1428; † 24. Februar 1491) war Oberhaupt des Tucherschen Handelshauses.

Porträt von Ursula Tucher, geborene Harsdörffer, von Michael Wolgemut, 1478

Mit seiner ersten Ehefrau, Barbara Ebner (gestorben 1476), hatte Hans Tucher (der Ältere) neun Kinder. Die zweite Ehe schloss er 1481 mit Ursula Harsdörffer (gestorben 1504).

In der Stadt wurde er vor allem als Mitglied des Rates (seit 1438 besaßen die Tucher zwei ständige Sitze im Kleinen Rat) geschätzt, das sich als Bauherr um größere Bauprojekte kümmerte und, bedingt durch sein großes Interesse an Büchern, der städtischen Bibliothek mit der Verdopplung des Bestandes, Modernisierung und Herrichtung der Stücke bedeutende Dienste erwies. Neben diesem Engagement war er aber vor allem auch mit innenpolitischen Angelegenheiten der Reichsstadt beschäftigt. 1478 wurde er jüngerer Bürgermeister Nürnbergs und von 1480 an bis 1491 jährlich älterer Bürgermeister. Sein Ansehen stieg noch mehr, als er auf seiner Pilgerreise (in „heilige Land[1]) von Herzog Balthasar von Mecklenburg die Ritterwürde erhielt. Als er schließlich am 24. Februar 1491 an Wassersucht starb, wurde er im Nachruf von Hartmann Schedel nicht grundlos als ein consul Nuremburgensis accuratissimus bezeichnet. Ebenso spricht eine Darstellung des Marientodes im Peringsdorfer-Altar, auf der Tucher als Apostel abgebildet ist, für seinen Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad, den er sicherlich dem Wirken in seiner Heimatstadt, aber auch seiner Pilgerreise und dem daraus entstandenen Pilgerbericht zu verdanken hatte.

Hans Tucher entstammte einem sehr angesehenen Patriziergeschlecht aus Nürnberg. Die Tucher gehörten zu den vornehmsten und ältesten Repräsentanten der königlichen Reichsstadt, erlangten ihren Reichtum durch einen über dreieinhalb Jahrhunderte währenden internationalen Fernhandel, besaßen beträchtlichen Grundbesitz innerhalb und außerhalb der Stadt, leiteten die Geschicke Nürnbergs, indem sie u. a. Mitglieder des Kleinen Rates waren und zeichneten sich nicht zuletzt durch eine Schreibfreudigkeit aus, die kaum unterschätzt werden darf. Sie dokumentierten die Verwaltung ihrer Ehrenämter und die geschichtlichen Ereignisse Nürnbergs, führten Buch über ihre Einkünfte und Ausgaben und über diverse städtische Bauvorhaben. Die Aufzeichnungen aus dem 15. Jahrhundert können jedoch als die bedeutendsten angesehen werden. Hans Tucher hat über innerstädtische Angelegenheiten Rechenschaft abgelegt und darüber hinaus auch einen Pilgerbericht geschrieben. Dieser wurde von späteren Pilgern im süddeutschen Raum – darunter der Zürcher Peter Füssli, der eine eigenhändige Abschrift daraus hinterließ – intensiv rezipiert.[2] Sein Bruder Endres Tucher (1423–1507) ließ als bekannter Baumeister und Chronist 1461 ebenfalls eine umfassende Darstellung des kommunalen Bauwesens, das berühmte Baumeisterbuch, verfassen, das man wohl als einzigartig bezeichnen kann.

  • Eberhard Pascher (Hrsg.): Das Reisebuch des Hans Tucher, Armarium, Klagenfurt 1978.
  • Volker Alberti: … und wurden zu Rittern geschlagen. Der Patrizier Hans Tucher auf Pilgerreise ins Heilige Land, Lauf a.d.Pegnitz 1999.
  • Robert Henri Bautier (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters, 12 Bde., Bde. 6/7, München 1993/95.
  • Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis zum 16. Jahrhundert. Die Chroniken der fränkischen Städte, Bd. 11, Nürnberg, Bd. 5, Göttingen 1961
  • Grote, Ludwig: Die Tucher. Bildnis einer Patrizierfamilie, München 1961.
  • Hartmut Heller: Nürnberger Jerusalempilger in Kairo. Bemerkungen zur historischen Fremdverkehrs- und Stadtgeographie in den Reiseberichten des Hans Tucher (1479) und Christoph Fürer (1565), in: Rasso Ruppert, Karl-Ludwig Storck (Hrsg.), Festschrift für Wigand Ritter zum 60. Geburtstag. Nürnberger wirtschafts- und sozialgeographische Arbeiten 46, Nürnberg 1993, S. 210–223.
  • Randall Herz: Hans Tucher. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 672–678.
  • Randall Herz: Die „Reise ins Gelobte Land“ Hans Tuchers des Älteren (1479–1480). Untersuchungen zur Überlieferung und kritische Edition eines spätmittelalterlichen Reiseberichts. Wissensliteratur im Mittelalter 38. Wiesbaden: Reichert Verlag 2002, ISBN 3-89500-254-2.
  • Dietrich Huschenbett: Tucher, Hans. In: Walter Killys Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Band 11 (1991), S. 243–244.
  • Werner Paravicini: Europäische Reiseberichte des späten Mittelalters: Eine analytische Bibliographie. Teil 1, Deutsche Reiseberichte, bearb. v. Christian Halm, Frankfurt a. M. 1994.
  • Titus Tobler: Bibliographia geographica Palästinae: Kritische Übersicht gedruckter und ungedruckter Beschreibungen der Reisen ins Heilige Land, Leipzig 1867.
  • Ernst Mummenhoff: Tucher, Hans. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 38, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 765–767.
Commons: Familie Tucher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Vgl. etwa Randall Herz (Hrsg.): Briefe Hans Tuchers d.Ä. aus dem heiligen Land und andere Aufzeichnungen. In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg. Band 84, 1997, S. 61–92.
  2. Barbara Schmid: Peter Füssli. In: Wilhelm Kühlmann, Jan-Dirk Müller, Michael Schilling, Johann Anselm Steiger u. Friedrich Vollhardt (Hrsg.): Frühe Neuzeit in Deutschland 1520–1620. Literaturwissenschaftliches Verfasserlexikon. Band 1, Nr. 2. Walter De Gruyter, 2012, ISBN 978-3-11-025486-0, ISSN 1865-9373, S. 502–508.