Heidelberger Juristenkreis – Wikipedia

Mit Heidelberger Juristenkreis (auch Heidelberger Kreis) wird ein loser Zusammenschluss von Juristen, Richtern, Beamten des Justizministeriums und Verwaltungsfachleuten der evangelischen und katholischen Kirche bezeichnet, der sich für die Freilassung und Rehabilitierung von deutschen Verurteilten aus den Kriegsverbrecher- und NS-Prozessen einsetzte.[1] Der Juristenkreis wurde im Frühjahr 1949 gegründet, sein Zentrum bildeten der Bundestagsabgeordnete Eduard Wahl, Heidelberger Juraprofessor und Leiter des Heidelberger Dokumentenarchivs, sowie Hodo von Hodenberg, Präsident des Oberlandesgerichts Celle.[2]

Im Frühjahr 1949 waren die Nürnberger Prozesse beendet. Mit der Auflösung des Defense Center in Nürnberg drohte aus Sicht der Verteidiger der nun Verurteilten der kollegiale Kontakt abzureißen.[3] Eduard Wahl, der Verteidiger im I.G.-Farben-Prozess gewesen war und eine Juraprofessur in Heidelberg innehatte, bot an, in seiner Universität eine Koordinierungsstelle einzurichten, Dokumente zu sammeln und zu verteilen und Tagungsmöglichkeiten zu schaffen. Der Heidelberger Juristenkreis traf sich von nun ab vierteljährlich, um Koordinierungsarbeit zu leisten und gemeinsame Papiere vorzubereiten.[2] Auf die 1951 geäußerte Idee des Kreises ging Adenauers Vorschlag eines gemischten deutsch-alliierten Gnadenausschusses zurück.[1]

Mitglieder des Kreises

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Zu den Mitgliedern des Heidelberger Kreises gehörten Verteidiger aus den Nürnberger Prozessen:[2]

Beamte und Richter:

Professoren:

  • Karl Geiler, Juraprofessor in Heidelberg
  • Erich Kaufmann, Juraprofessor in München, dann Rechtsberater für völkerrechtliche Angelegenheiten im Bundeskanzleramt
  • Gustav Radbruch, Juraprofessor in Heidelberg, für kurze Zeit bis zu seinem Tod Ende 1949
  • Eduard Wahl, Bundestagsabgeordneter und Juraprofessor in Heidelberg

Sowie Funktionäre der evangelischen und katholischen Kirche:

  • Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit. Beck, München 1996, ISBN 3-406-41310-2.
  • Frank M. Buscher: Bestrafen und Erziehen. In: Norbert Frei (Hrsg.): „Transnationale Vergangenheitspolitik – Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg“. Wallstein-Verlag, Göttingen 2006, ISBN 3-89244-940-6, S. 94–139.
  • Robert Sigel: Die Dachauer Prozesse und die deutsche Öffentlichkeit. In: Ludwig Eiber und Robert Sigel: „Dachauer Prozesse: NS-Verbrechen vor amerikanischen Militärgerichten in Dachau 1945–1948. Verfahren, Ergebnisse, Nachwirkungen“. Wallstein Verlag, 2007, ISBN 3-8353-0167-5.
  • Philipp Glahé: The Heidelberg Circle of Jurists and Its Struggle against Allied Jurisdiction: Amnesty-Lobbyism and Impunity-Demands for National Socialist War Criminals (1949–1955), in: Journal of the History of International Law (2019) ISSN 1388-199X, Band 21, S. 1–44, doi:10.1163/15718050-12340125
  • Philipp Glahé: Amnestielobbyismus für NS-Verbrecher. Der Heidelberger Juristenkreis und die alliierte Justiz 1949-1955. Wallstein Verlag, Göttingen 2024, ISBN 978-3-8353-5602-3.

Einzelnachweise

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  1. a b Frank M. Buscher: Bestrafen und Erziehen. In: Norbert Frei (Hrsg.): „Transnationale Vergangenheitspolitik“. Göttingen 2006, S. 132.
  2. a b c Norbert Frei: Vergangenheitspolitik. Beck, München 1996, S. 163–167.
  3. Gott hat Kain bestraft. In: Der Spiegel. Nr. 21/1949 (19. Mai 1949), S. 7–9.