Heinrich Christian Boie – Wikipedia

Heinrich Christian Boie

Heinrich Christian Boie (* 19. Juli 1744 in Meldorf; † 25. Februar 1806 ebenda) war ein deutscher Dichter und Herausgeber.

Die Familie Boje gehörte im 18. und 19. Jahrhundert zu den sogenannten hübschen Familien.[1]

Boie war der Sohn des Meldorfer Predigers und späteren Propstes von Flensburg Johann Friedrich Boie[2]. Er studierte 1764–1767 Jura an der Universität Jena, ab 1769 in Göttingen. Dort gründete er zusammen mit Friedrich Wilhelm Gotter die literarische Sammlung Göttinger Musenalmanach, deren alleiniger Herausgeber er ab dem Jahre 1770 war; 1774 legte er die Redaktion nieder. Boie gelang es, den Almanach zunehmend für die moderne Literatur seiner Zeit zu öffnen. Insbesondere der Almanach auf das Jahr 1774 wurde zum Forum der neuen Schriftstellergeneration. Zu den Autoren zählten u. a. Goethe, Hölty und Bürger. Der Musenalmanach wurde im Zuge dessen zu einer populären Publikationsform im deutschen Sprachraum. Boies Sammlung ist der Grundstein der deutschen Almanachskultur, die bis zur Frühromantik andauerte. 1776 ging Boie als Stabssekretär nach Hannover. Ab 1781 hatte er das Amt eines Landvogtes in Süder-Dithmarschen inne. Er lebte seitdem wieder in Meldorf, wo er sich mit dem Arabienforscher Carsten Niebuhr anfreundete.

Am 12. September 1772 gründeten Johann Heinrich Voß, Johann Martin Miller, dessen Vetter G. D. Miller, Ludwig Christoph Heinrich Hölty, Johann Friedrich Hahn und Johann Thomas Ludwig Wehrs den sogenannten Göttinger Hainbund. Boie hatte als Mentor diese Dichter und jungen Männer um sich versammelt. Sein Almanach, der jährlich erschien, wurde das Sprachrohr des Hainbundes.

Schattenriss aus dem Jahr 1782

In den Jahren 1776 bis 1788 war Boie, zunächst gemeinsam mit Christian Wilhelm von Dohm und später alleine, der Herausgeber des Deutschen Museums und 1789–1791 der Fortsetzung dieser Reihe, des Neuen Deutschen Museums. In der vielseitigen und umfangreichen Monatsschrift fanden sich unter anderem literarische, philosophische und politische Abhandlungen. Zu den Beiträgern gehörten zum Beispiel Herder, Goethe und Klopstock. Das „Deutsche Museum“ wurde ein bedeutendes Organ in der Geschichte des deutschen Zeitschriftenwesens. Boie übersetzte R. Chandlers Reisen in Kleinasien und Griechenland aus dem Englischen.

Boies Schwester Ernestine heiratete 1777 den Dichter und Hainbund-Gründer Johann Heinrich Voß, den sie bereits in den Jahren zuvor durch die Kontakte des Bruders kennengelernt hatte.

Boie selbst heiratete im Juni 1785 Luise Mejer, mit der ihn eine langjährige (Brief-)Freundschaft verband, die jedoch nur ein Jahr später bei der Geburt des ersten Kindes starb. Seine zweite Frau wurde 1788 Sarah von Hugo, mit der er mehrere Kinder (darunter Zwillinge) hatte. Der Sohn Heinrich Boie starb auf Java an einer Tropenkrankheit, der ältere Bruder Friedrich wurde Jurist und Ornithologe.

In Göttingen hat Boie 1769–1776 in der Barfüßerstraße 16[3] gewohnt; an dem Haus befindet sich heute eine Gedenktafel.[4]

  • Karl Weinhold: Heinrich Christian Boie. Beitrag zur Geschichte der deutschen Literatur im achtzehnten Jahrhundert. Verlag der Buchhandlung des Waisenhauses, Halle 1868. MDZ Reader
  • Karl Weinhold: Boie, Heinrich Christian. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 3, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 85.
  • Adalbert Elschenbroich: Boie, Heinrich Christian. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Duncker & Humblot, Berlin 1955, ISBN 3-428-00183-4, S. 423 f. (Digitalisat).
  • Vossische Hausidylle. Briefe von Ernestine Voß an Heinrich Christian und Sara Boie (1794 – 1820). Hrsg. von Ludwig Bäte. Schünemann, Bremen 1925.
  • Jürgen Behrens: Boie, Heinrich Christian. In: Biographisches Lexikon für Schleswig-Holstein und Lübeck, Bd. 2. Wachholtz, Neumünster 1971, ISBN 3-529-02642-5, S. 70–72.
  • Ilse Schreiber (Hrsg.): „Ich war wohl klug, daß ich dich fand“. Heinrich Christian Boies Briefwechsel mit Luise Mejer 1777–85. Nachdruck der 2., durchgesehenen und erweiterten Auflage 1963. Beck, München 1975, ISBN 3-406-05403-X. Siehe auch: Auflage 1963 im Biederstein Verlag, München 1963 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Walter Richter: Der Esperance- und ZN-Orden. In: Einst und Jetzt. Jahrbuch 1974 des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, S. 30–54.
  • Heinrich Christian Boie. Literat und Landvogt, 1744–1806. Hrsg. im Auftrage des Vereins für Dithmarscher Landeskunde von Wolf D. Könenkamp. Boyens, Heide 1995.
  • Urs Schmidt-Tollgreve: Heinrich Christian Boie. Leben und Werk. Husum Verlag, Husum 2004, ISBN 978-3-89876-143-7.
  • „… ewig in diesem Himmel die Hölle leiden.“ Anton Matthias Sprickmann – Heinrich Christian Boie. Briefwechsel 1775–1782 (= Veröffentlichungen der Literaturkommission für Westfalen. Band 30). Herausgegeben und kommentiert von Jochen Grywatsch. Aisthesis, Bielefeld 2008, ISBN 978-3-89528-691-9.
  • Dieter Lohmeier, Urs Schmidt-Tollgreve, Frank Trende (Hrsg.): Heinrich Christian Boie – Literarischer Mittler in der Goethezeit. Heide 2008.
  • Regina Nörtemann, Johanna Egger (Hrsg.): Heinrich Christian Boie, Luise Justine Mejer. Briefwechsel 1776–1786. Wallstein, Göttingen 2016, ISBN 978-3-8353-1803-8.
Commons: Heinrich Christian Boie – Sammlung von Bildern
Wikisource: Heinrich Christian Boie – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Klaus Mlynek: Hübsche Familien. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 310.
  2. Johann Friedrich Boie diente Johann Heinrich Voß als Vorbild des Pastors in seiner Idylle Luise
  3. Gedenktafeln für Personen. In: goettingen.de. Abgerufen am 21. April 2024.
  4. goettingen.de: Göttinger Gedenktafeln (Memento vom 29. September 2015 im Internet Archive)