Heinrich Quentell – Wikipedia

Heinrich Quentell († 10. August 1501[1]) war ein Buchdrucker in Köln.

Titelholzschnitt aus Copulata tractatuum Petri Hispani etiam parvorum logicalium et syncategorematum cum textu. Heinrich Quentell, Köln 1490.

Heinrich Quentell entstammte vermutlich einer nordhessischen Familie, deren Name vom Ort Quentel abgeleitet ist.[2] Die Buchdruckerkunst erlernte Quentell vielleicht in Straßburg.[3] Wohl um 1478 heiratete Quentell Elisabeth, die Tochter des Kölner Münzmeisters und Notars Johann Helman. Im Dezember 1478 wurde Quentell die Akzise für die Einfuhr von Papier gestundet.[4] Seine ersten firmierten und datierten Drucke stammen aus dem Jahr 1479, alles Nachdrucke bewährter Werke überwiegend für den Universitätsgebrauch.[5] Den Drucker der beiden ersten gedruckten niederdeutschen Bibeln, der sogenannten Kölner Bilderbibeln, identifiziert Severin Corsten, gegen die vor allem von Ernst Voulliéme vertretene Auffassung, diese Bibeln seien Heinrich Quentells Werk, mit Bartholomäus von Unkel. Dieses große Unterfangen sei durch ein Konsortium um Quentells Schwiegervater Johann Helman verlegt worden.[6] Quentells Offizin befand sich im Haus zum Palast auf dem Domhof, welches Johann Helman gehörte.[7] Vorwiegend theologische und philosophische Texte für den Universitätsgebrauch verließen seine Pressen, aber auch Liturgica. Helman und Quentell beschäftigten gemeinsam auch Lohndrucker und entsandten Diener, um Bücher zu verkaufen.[8]

Titelseite aus Johannes de Garlandia: Synonyma. Heinrich Quentell, Köln 1495

Im Herbst 1482 wurde Quentell, von der Leipziger Messe kommend, von den Herren von Hatzfeld, welche eine Fehde gegen die Stadt Köln führten, gefangen genommen. Mehrere Monate wurde er auf Burg Wildenburg festgehalten. Aus einer an den Kölner Rat gerichteten Bittschrift geht hervor, dass Quentell und seine Frau zu dieser Zeit fünf Kinder hatten. Aus der Haft entlassen, verlagerte Heinrich Quentell, um einer Wiedergefangennahme zu entgehen, seinen Wohnsitz nach Antwerpen, wo er bis spätestens 1487 eine Filiale des Familienunternehmens führte. In den Drucken dieser Zeit verzichtete er aus Vorsicht darauf, seinen Namen oder Ort zu nennen.[9] Viele seiner späteren Drucke versah er mit Holzschnitten, die oft von anderen nachgeahmt wurden. Eine Lehrer-Schüler-Szene, welche aufgrund des darin abgebildeten Textes Accipiesholzschnitt genannt wird, fand besonders weite Verbreitung. Quentell gehört zu den ersten Druckern, die ihre Werke mit einem Titelblatt ausstatteten. Bei rund 91 % seiner über 380 Drucke findet sich ein Titelblatt.[10]

Nach dem Tod ihres Vaters führten Quentells Söhne Druckerei und Verlag als Erbengemeinschaft weiter. In dieser Zeit begann Ortuin Gratius als Korrektor für die Quentelei tätig zu werden. Anders als Heinrich Quentell druckten seine Erben zunehmend auch volkssprachliche Texte. Im Reuchlin-Streit war die Druckerei auf Seiten der Kölner Dominikaner und Johannes Pfefferkorns tätig, was in den Dunkelmännerbriefen Anlass für Spott bot.[11] Ab 1518 begann Heinrich Quentells Sohn Peter Quentel, der in Köln als Ratsherr fungierte, unter eigenem Namen zu drucken; spätestens 1520 übernahm er die Offizin ganz.[12] Peter Quentel wird in Köln als einer der wenigen Drucker lutherischer Schriften bereits in der Frühreformation tätig. Dies ist im erzkatholischen und konservativen Kölner Druckereigewerbe bemerkenswert. Elizabeth Eisenstein vermutet im Rückgriff auf die Forschungen von Steinberg und Bühler, dass bereits Heinrich Quentell einen aktiven Part in der Versorgung der Humanisten mit lateinischen Texten spielte.[13] Eine antikatholische Druckpublizistik wird man ihm trotzdem nicht unterstellen können, da er auch Werke wie etwa den Antilutherus (1525) des flämischen Pariser Theologen und Humanisten Iodocus Chlichtoveus (1472-1543) verlegt.[14]

  1. Gebhard Müller: Das Todesdatum des Kölner Druckers Heinrich Quentell († 1501). Eine handschriftliche Überlieferung in der Stiftsbibliothek Einsiedeln. In: Gutenberg-Jahrbuch 80 (2005), S. 122–125.
  2. Ludwig Hepding: Die Kölner Frühdruckerfamilie Quentel. In: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde. 58 (1970), S. 197–208, hier S. 199.
  3. C. Plinij secundi iunioris liber illustrium virorum a condita urbe. Heinrich Quentel (Erben), Köln 1506 (VD 16 P 3503) Kolophon; Wolfgang Schmitz: Die Überlieferung deutscher Texte im Kölner Buchdruck des 15. und 16. Jahrhunderts. Köln 1990, S. 434.
  4. Wolfgang Schmitz: Die Überlieferung deutscher Texte im Kölner Buchdruck des 15. und 16. Jahrhunderts. Köln 1990, S. 435.
  5. Severin Corsten: Die Anfänge des Kölner Buchdrucks. Köln 1955, S. 81–85.
  6. Severin Corsten: Die Kölner Bilderbibeln von 1478. Neue Studien zu ihrer Entstehungsgeschichte. In: Gutenberg-Jahrbuch. 32 (1957), S. 72–93.
  7. Johann Jakob Merlo: Das Haus zum Palast auf dem Domhof zu Köln. In: Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. 42 (1884), S. 61–70.
  8. Otto Zaretzky: Die Kölner Bilderbibel und die Beziehungen des Druckers Nikolaus Goetz zu Helman und Quentel. In: Zeitschrift für Bücherfreunde. 10 (1906) 3, S. 101–113, hier S. 112 Anhang I (undatiert)(Textarchiv – Internet Archive); Bruno Kuske (Hrsg.): Quellen zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs im Mittelalter. Zweiter Band 1450–1500. (Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde 33) Hanstein, Bonn 1917, S. 478–479 Nr. 917 (1483), S. 486 Nr. 946 (1484) (Textarchiv – Internet Archive).
  9. Klaus Militzer: Die Hatzfeldische Fehde gegen die Stadt Köln. In: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins. 53 (1982), S. 41–86; Severin Corsten: Heinrich Quentel auf Reisen (1482/83). In: Severin Corsten: Studien zum Kölner Frühdruck. Gesammelte Beiträge 1955–1985. Hrsg. von Werner Grebe und Rudolf Jung. (Kölner Arbeiten zum Bibliotheks- und Dokumentationswesen 7) Greven, Köln 1985, ISBN 3774305609, S. 233–240.
  10. Johanna Christine Gummlich-Wagner: Das Titelblatt in Köln. Uni- und multivalente Titelholzschnitte aus der rheinischen Metropole des Inkunabeldrucks. In: Archiv für Geschichte des Buchwesens. 62 (2008), S. 106–149, hier S. 116.
  11. Karl Riha (Hrsg.): Dunkelmännerbriefe. An Magister Ortuin Gratius aus Deventer. (Insel-Taschenbuch 1297) Insel, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3458329978, S. 234–236 (online); Ludwig Hepding: Die Kölner Frühdruckerfamilie Quentel. In: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde. 58 (1970), S. 197–208, hier S. 199–200; Wolfgang Schmitz: Die Überlieferung deutscher Texte im Kölner Buchdruck des 15. und 16. Jahrhunderts. Köln 1990, S. 437–439.
  12. Christoph Reske: Die Buchdrucker des 16. und 17. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Wiesbaden 2007, S. 423; Ludwig Hepding: Die Kölner Frühdruckerfamilie Quentel. In: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde. 58 (1970), S. 197–208, hier S. 200–201.
  13. Elizabeth Eisenstein: The Printing Press as an Agent of Change. Cambridge 1979, hier S. 206.
  14. Ludwig Hepding: Die Kölner Frühdruckerfamilie Quentel. In: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde. 58 (1970), S. 197–208, hier S. 200.