Helmuth Zapfe – Wikipedia

Helmuth Zapfe (* 16. September 1913 in Wien; † 5. Juli 1996) war ein österreichischer Paläontologe.

Helmuth Zapfe wurde schon von seinem Vater, einem Zentralinspektor der österreichischen Bundesbahn, zum Fossiliensammeln mitgenommen. Er studierte Geologie, Zoologie und Paläontologie an der Universität Wien (unter anderem bei Othenio Abel), wo er 1936 bei Kurt Ehrenberg promoviert wurde (Paläobiologische Untersuchungen an Hippuritenvorkommen der nordalpinen Gosauschichten). Er war dann Assistent von Ehrenberg und habilitierte sich 1944, während er als Militärgeologe im Zweiten Weltkrieg unter anderem in Norwegen stationiert war. Danach arbeitete er im staatlichen Kohlebergbau Österreichs.

Seit 1951 war er als Wissenschaftler am Naturhistorischen Museum Wien tätig, wo er es bis zum Direktor der geologisch-paläontologischen Abteilung brachte. 1955 erhielt er den Professorentitel. 1965 wurde er außerordentlicher und 1972 ordentlicher Professor am Paläontologischen Institut der Universität Wien.

Er grub unter anderem Säugetiere in tertiären und eiszeitlichen Karstfüllungen in Österreich aus, untersuchte Riffe der oberen Trias am Gosaukamm und grub auf griechischen Inseln Zwergelefanten aus.

Zapfe war Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (1967 korrespondierendes und 1970 wirkliches Mitglied). 1971 wurde er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1989 wurde er Ehrenmitglied der Paläontologischen Gesellschaft und 1987 der Österreichischen Paläontologischen Gesellschaft. 1979 wurde er Ehrenmitglied der Ungarischen Geologischen Gesellschaft. 1976 erhielt er die Ferdinand-von-Hochstetter-Medaille des Naturhistorischen Museums Wien und 1987 den Preis der Stadt Wien. 1993 erhielt er den Othenio-Abel-Preis und wurde 1992 Ehrendoktor in Athen. Er war Träger des Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst I. Klasse. Er hatte die Schriftleitung des Catalogus Fossilium Austriae und gab 1972 und 1987 als Ergänzung dazu den Index Palaeontologicorum Austriae, ein Verzeichnis österreichischer Paläontologen und Fossiliensammler, heraus. Er wurde am Döblinger Friedhof bestattet.[1] Das Grab ist bereits aufgelassen.

Dedikationsnamen

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REM-Aufnahmen der Conodonten-Art Mockina zapfei aus der Nanshuba-Formation von Yunnan

Robert Potonié und Wilhelm Klaus beschrieben 1954 fossile Pollen aus dem Haselgebirge zunächst als Pityosporites zapfei.[2] Die Art wurde 1956 als Falcisporites zapfei in eine eigene Gattung Falcisporites gestellt.[3] Zapfe hatte Klaus nicht nur dazu ermuntert im, ursprünglich als „fossilleer“ geltenden Haselgebirge nach Mikrofossilien zu suchen, sondern auch den dafür erforderlichen Kontakt zu den Österreichischen Salinen vermittelt.[4]

Friedrich Bachmayer und Robert Warren Wilson beschrieben 1970 die Überreste eines Rattenigels aus dem Pannonium von Kohfidisch als Galerix zapfei.[5] Das Taxon wurde 1980 durch Burkart Engesser als Schizogalerix zapfei in die neu aufgestellte Gattung Schizogalerix übernommen.[6]

Heinz Kozur und Helfried Mostler beschrieben 1970 Sklerite von Holothurien aus dem Anisium von Dziewkowice in Oberschlesien als Theelia zapfei.[7]

Die Conodonten-Art Mockina zapfei wurde, ebenfalls von Kozur und Mostler, 1973 ursprünglich als Metapolygnathus zapfei aus dem Alaunium (mittleres Norium) des Sommeraukogels bei Hallstatt beschrieben.[8] Die Art konnte seitdem nahezu weltweit in marinen Sedimenten des mittleren Alaunium bis mittleren Sevatium (oberes Norium) nachgewiesen werden.[9]

Die fossilen Überreste einer ausgestorbenen Spitzmaus-Art aus dem Miozän von Devínska Nová Ves, welche Zapfe selbst 1951 zunächst als Heterosorex sansaniensis identifiziert hatte,[10] wurden 1975 durch Burkart Engesser in eine eigene Art Dinosorex zapfei gestellt.[11]

Eine weiter Namensehrung durch das Autorenduo Kozur & Mostler erfolgte 1978 mit der Erstbeschreibung der Radiolarien-Art Dictyocoryne zapfei aus dem Karnium der Reiflinger Kalke von Großreifling.[12] Das Taxon wurde später als Ropanaella zapfei in die Gattung Ropanaella übernommen.[13]

1980 wurde die fossile Seenadelart Nerophis zapfei nach Helmuth Zapfe benannt.[14] Erstbeschreiber Friedrich Bachmayer vermerkte dabei in seiner Erläuterung zur Namensherkunft:

„Zu Ehren meines Freundes Univ.-Prof. Dr. Helmuth Zapfe zu seinem 65. Geburtstag!“

F. Bachmayer: 1980[14]

Ewa Roniewicz beschrieb 1989 aus dem oberen Rhaetium der Zlambach-Formation in der Umgebung des Gosaukamms, die koloniebildende Steinkoralle Distichoflabellum zapfei.[15]

Die Typusserie von Discinisca zapfei wurde von Zapfe selbst, vermutlich in den 1960er-Jahren, aus der Zlambach-Formation (Obertrias) bei Pichlern in Oberösterreich geborgen und zunächst als Aspidocaris triasica identifiziert. Unter diesem Taxon wurden ursprünglich Fossilien beschrieben, die man für die Schalen von Krebsen aus der Unterklasse der Phyllocarida hielt und die später als Anaptychen von Ammoniten gedeutet wurden. Erst 2001 wurde erkannt, dass es sich bei dem von Zapfe gesammelten Belegmaterial weder um die Überreste von Krebstieren noch von Kopffüßern handelte, sondern um eine zuvor unbekannte Art von schlosslosen Armfüßern aus der Gattung Discinisca.[16]

Nachdem Zapfe 1950 mit Miniopterus fossilis aus dem Miozän von Devínska Nová Ves erstmals eine fossile Art aus der Gattung der Langflügelfledermäuse (Miniopterus) beschrieben hatte,[17] folgte 2002 eine weitere fossile Art aus dem Miozän von La Grive-Saint-Alban, die zu Ehren Zapfes als Miniopterus zapfei beschrieben wurde.[18]

Die Erstbeschreibung des Einsiedlerkrebses Mesoparapylocheles zapfei aus den jurazeitlichen Ernstbrunner-Kalken Niederösterreichs wurde erst 2019 veröffentlicht. Das, weitgehend publikationsreife, Manuskript dazu war allerdings, wie mehrere andere Erstbeschreibungen von Einsiedlerkrebsen der Ernstbrunner-Kalke, Jahrzehnte zuvor vom 1989 verstorbenen Friedrich Bachmayer verfasst, aber nie veröffentlicht worden. Von Bachmayer vorgeschlagene Namen für neue Taxa wurden in der Auswertung der Manuskripte aus seinem Nachlass weitgehend beibehalten.[19]

Für seine Verdienste um die Erforschung der Obertrias-Fauna der Alpen wurde 2022 die fossile Gastropoden-Art Stuorella zapfei nach ihm benannt.[20]

  • Dietrich Herm: Helmuth Zapfe 16.9.1913–5.7.1996. In: Bayerische Akademie der Wissenschaften Jahrbuch 1997. München 1998, S. 253–254.
  • Erich Thenius: Helmuth Zapfe 16.9.1913–5.7.1996. In: Mitteilungen der Österreichischen Geologischen Gesellschaft 88, S. 123–127 (zobodat.at [PDF]).
  • Gottfried Tichy: In memoriam Helmuth Zapfe. In: O.Ö. Geonachrichten. 12, 1997, S. 17–34 (zobodat.at [PDF]).

Einzelnachweise

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  1. Hellmuth Zapfe in der Verstorbenensuche bei friedhoefewien.at (ehemals Gruppe 39, Reihe 5, Nr. 5).
  2. R. Potonié & W. Klaus: Einige Sporengattungen des alpinen Salzgebirges. In: Geologisches Jahrbuch, Band 68, 1954, S. 517–546.
  3. W. Klaus: Sporen aus dem südalpinen Perm (Vergleichsstudie für die Gliederung nordalpiner Salzserien). In: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt, Band 106, 1963, S. 229–361, (Digitalisat).
  4. I. Draxler: Die Erforschungsgeschichte fossiler Pollen und Sporen in den ostalpinen Salzlagerstätten durch Wilhelm Klaus (1921–1987). In: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt, Band 144, Heft 1, 2004, S. 27–37, (zobodat.at [PDF]).
  5. F. Bachmayer & R. W. Wilson: Small Mammals (Insectivora, Chiroptera, Lagomorpha, Rodentia) from the Kohfidisch Fissures of Burgenland, Austria. In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien, Band 74, 1970, S. 533–587, (zobodat.at [PDF]).
  6. B. Engesser: Insectivora und Chiroptera (Mammalia) aus dem Neogen der Türkei. In: Schweizerische Paläontologische Abhandlungen,, Band 102, 1980, S. 1–149.
  7. H. Kozur & H. Mostler: Holothuriensklerite aus der Unter- und Mitteltrias des germanischen Beckens und alpinen Raumes sowie deren stratigraphische Bedeutung. In: Festband des Geologischen Institutes zur 300-Jahr-Feier der Universität Innsbruck, 1970, S. 361–398, (Digitalisat).
  8. H. Kozur: Beiträge zur Stratigraphie und Paläontologie der Trias. In: Geologisch-Paläontologische Mitteilungen Innsbruck, Band 3, Nummer 1, 1973, S. 1–37, (zobodat.at [PDF]).
  9. W. Zeng, H. Jiang, Y. Chen, J. Ogg, M. Zhang & H. Dong: Upper Norian conodonts from the Baoshan block, western Yunnan, southwestern China, and implications for conodont turnover. In: PeerJ, Band 11, 2023, Artikel e14517, doi:10.7717/peerj.14517.
  10. H. Zapfe: Die Fauna der miozänen Spaltenfüllung von Neudorf a. d. March (ČSR.) - Insectivora. In: Sitzungsberichte der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse, Abteilung I, Band 160, Heft 5, 1951, S. 449–480, (zobodat.at [PDF]).
  11. B. Engesser: Revision der europäischen Heterosoricinae (Insectivora, Mammalia). In: Eclogae Geologicae Helvetiae, Band 68, Heft 3, 1975, S. 649–671, doi:10.5169/seals-164408.
  12. H. Kozur & H. Mostler: Beiträge zur Erforschung der mesozoischen Radiolarien. Teil II. Oberfamilie Trematodiscacea Haeckel 1862 emend. und Beschreibung ihrer triassischen Vertreter. In: Geologisch-Paläontologische Mitteilungen Innsbruck, Band 8, 1978, S. 123–182, (zobodat.at [PDF]).
  13. P. Dumitrica, U. K. Tekin & Y. Bedi: Taxonomic study of spongy spumellarian Radiolaria with three and four coplanar spines or arms from the middle Carnian (Late Triassic) of the Köseyahya nappe (Elbistan, SE Turkey) and other Triassic localities. In: Paläontologische Zeitschrift, Band 87, Nummer 3, 2013, S. 345–395, (Digitalisat).
  14. a b Friedrich Bachmayer: Eine fossile Schlangennadel (Syngnathidae) aus dem Leithakalk (Badenien) von St. Margarethen, Burgenland (Österreich). In: Annalen des Naturhistorischen Museums Wien. Band 83, 1980, S. 29–33, (zobodat.at [PDF]).
  15. E. Roniewicz: Triassic scleractinian corals of the Zlambach Beds, Northern Calcareous Alps, Austria. In: Denkschriften der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse, Band 126, 1989, 153 S. + 43 Tafeln, (zobodat.at [PDF]).
  16. A. Radwanski & H. Summesberger: A new species of inarticulate brachiopods, Discinisca zapfei sp.n., from the Upper Triassic Zlambach Formation (Northern Calcareous Alps, Austria), and a discussion of other Triassic disciniscans. In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien, Band 102 A, 2001, S. 109–129, (Digitalisat).
  17. H. Zapfe: Die Fauna der miozänen Spaltenfüllung von Neudorf an der March (ČSR.) - Chiroptera. In: Sitzungsberichte der österreichischen Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse, Abteilung I, Band 159, 1950, S. 51–64, (zobodat.at [PDF]).
  18. P. Mein & L. Ginsburg: Sur l'âge relatif des différents dépôts karstiques miocènes de La Grive-Saint-Alban (Isère). In: Cahiers scientifiques du Muséum d'histoire naturelle de Lyon - Centre de conservation et d'étude des collections, Band 5, 2002, S. 7–47, doi:10.3406/mhnly.2002.1328.
  19. R. H. B. Fraaije, C. Robins, B. W. M. van Bakel, J. W. M. Jagt & F. Bachmayer†: Paguroid anomurans from the Tithonian Ernstbrunn Limestone, Austria – the most diverse extinct paguroid assemblage on record. In: Annalen des Naturhistorischen Museums in Wien - Serie A, Band 121, 2019, S. 257–289, (Digitalisat).
  20. A. Nützel, M. Nose, M. Hautmann & R. Hochleitner: Latest Triassic (Sevatian–Rhaetian) reef carbonates from the Northern Calcareous Alps (Austria), their mollusc dwellers, and their fate at the end‑Triassic extinction event. In: PalZ, Band 97, 2022 (2023), S. 265–309, doi:10.1007/s12542-022-00631-9.