Hermann Bahlsen (Fabrikant, 1859) – Wikipedia
Hermann Bahlsen (* 14. November 1859 in Hannover; † 6. November 1919 in Hannover) war ein deutscher Unternehmer in der Lebensmittelindustrie sowie Erfinder des Leibniz-Butterkekses und Gründer der Süßwaren-Fabrik Bahlsen.
Biografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Herkunft und Ausbildung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hermann Bahlsen wurde als zweites von drei Kindern des Tuchhändlers Carl Bahlsen und seiner Frau Marie, geb. Wendland, (1829–1904) geboren.[1] Als junger Mann absolvierte er zunächst eine kaufmännische Lehre in Genf. Danach arbeitete er zunächst in seiner Heimatstadt und dann als Zuckereinkäufer für eine Firma in London.[2] Nach seiner Rückkehr nach Deutschland begann er, die „Cakes“, die er in England kennengelernt hatte, auch auf dem Kontinent zu vermarkten.[1]
Unternehmensgründung
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1888 wurde er Teilhaber des „Fabrikgeschäfts englischer Cakes und Biscuits“ eines Herrn Schmuckler an der Friesenstraße in Hannover, der ein Darlehen über 20.000 Mark nicht an seine Darlehensgeberin Marie Bahlsen, Hermann Bahlsens Mutter, zurückzahlen konnte.[2][1] Im Jahr darauf übernahm Hermann Bahlsen Schmücklers Unternehmen vollständig und ließ seinen Betrieb am 1. Juli 1889 als „Hannoversche Cakesfabrik H. Bahlsen“ ins Handelsregister eintragen. Nur zwei Jahre später erhielt er für seine Erzeugnisse bereits die Goldmedaille der Nahrungsmittelausstellung in Brüssel. 1893 reiste er zur Weltausstellung nach Chicago (seine Mutter hatte währenddessen in Hannover Prokura[3]) und erlangte dort für seine länger haltbaren Kekse eine Goldmedaille.[2] Im selben Jahr hatte er die Idee, für seine Buttercakes, die er im Gegensatz zu seinen Konkurrenten nicht lose, sondern in Tüten abgepackt verkaufte, mit einem Leibniz-Zitat zu werben, was den Umsatz innerhalb kürzester Zeit steigerte. Die Zahl der Mitarbeiter stieg innerhalb weniger Jahre von zehn auf über 100[2] und bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs auf etwa 1700. Bahlsen richtete 1899 für seine Beschäftigten eine Betriebskrankenkasse ein und stellte Arzt-, Kranken- und Fürsorgepersonal zur Verfügung.[1] Er stiftete auch Treueprämien.
1899 heiratete Hermann Bahlsen Gertrud Fues (1880–1967). Das Paar bekam die vier Söhne Hans, Werner, Gerhard (1905–1975) und Klaus.[1]
1911 fand die Eindeutschung des englischen Wortes „cakes“ zu „Keks“, um die Bahlsen lange als Erfinder des Wortes gekämpft hatte, Eingang in den Duden.[1][4]
Bahlsen verband die unternehmerische Markenentwicklung mit seinem Mäzenatentum. Er wurde Mitglied im 1907 gegründeten Deutschen Werkbund und ließ beispielsweise 1914 von Peter Behrens eine Keksverpackung für die wegweisende Werkbundaustellung in Köln entwerfen. 1916 war er Gründungmitglied des Hannoverschen Kunstvereins Kestner-Gesellschaft.[1] In den Jahren 1916 und 1917 ließ Bahlsen durch den von ihm geförderten Künstler Bernhard Hoetger Pläne für die Retortenstadt TET-Stadt in Hannover entwickeln, die jedoch nicht verwirklicht wurden. Sie sollte zugleich Wohn- und Arbeitsstätte für die Beschäftigten der Bahlsen-Werke werden.
Um 1918 plante Bahlsen mit dem Architekten Carl Arend das Großprojekt Familienbad Weißer Berg in Mardorf, das jedoch aufgrund von Bahlsens Tod 1919 nicht umgesetzt wurde. 1921 übernahm die Hannoversche Bank (seit 1922 Deutsche Bank) das Gelände.[5]
1919 starb Hermann Bahlsen. Sein Sohn Hans übernahm seine Nachfolge, 1922 beziehungsweise 1930 traten auch Werner und Klaus in die Unternehmensleitung ein.[1] Gerhard Bahlsen wurde Miteigentümer und war als Verleger und Schriftsteller tätig.[6]

Hermann Bahlsen wurde in einem Familiengrab auf dem Neuen St.-Nikolai-Friedhof in Hannover im Stadtteil Nordstadt beerdigt.
Bahlsens Erfolgsrezept
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zum Erfolg der Bahlsen-Produkte trug auch die 1903 patentierte Verpackung bei, die lange Haltbarkeit garantierte. Auf diesen Vorzug spielte auch das um die Jahrhundertwende entworfene Firmenlogo an, das einer ägyptischen Hieroglyphe nachempfunden ist: Das ägyptische Wort djed (von Bahlsen zu TET vereinfacht) bedeutet „Dauerhaftigkeit“, „Ewigkeit“ oder „unvergänglich“. Auf die Idee mit der Hieroglyphe hatte ihn Museumsdirektor Friedrich Tewes gebracht.[2] Zuvor hatte Bahlsen für seine Kekse ein anderes Logo verwendet, das ein springendes Pferd zeigte. Ein weiteres Merkmal der Kekse neben der Hieroglyphe sind bis heute die 52 „Zähne“ (heraldisch „Dornen“), die 15 eingestanzten Punkte auf der Vorderseite und der typische Leibniz-Schriftzug. Bahlsen beauftragte immer wieder renommierte Künstler mit Entwürfen, wie Emanuel Josef Margold von der Wiener Werkstätte. Auch Kurt Schwitters und Lotte Pritzel arbeiteten am Image des Leibnizkekses.
Innovativ waren auch Bahlsens Produktionsmethoden; als erster Hersteller in Europa setzte er ab 1905 auf Fließbandfertigung.[2]
Ähnlich wie Heinz Appel in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Begriff „Delikatessen“ durch seine Wortschöpfung „Feinkost“ ersetzte, machte erst die enge Verbindung zwischen Schöpfergeist und Kunst die Markenartikel der hannoverschen Familienunternehmen „zu etwas Besonderem“. Dazu schrieb Klaus Wiborg, Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung: „Der Stil, der die schöpferische Investition und die geistige Unternehmerpersönlichkeit hinter der alltäglichen Ware ahnen läßt, hat sich auf Dauer als werbewirksamste Verkaufsförderung erwiesen“.[7]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Deutsche Biographische Enzyklopädie, Band 1, S. 268.
- Bahlsen (Hrsg.): 1889–1994. H. Bahlsens Keksfabrik KG. Hannover, 1964.
- Otto Heinrich May (Hrsg.): Niedersächsische Lebensbilder. (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und Bremen, Band 6.) Lax, Hildesheim / Leipzig 1969, S. 91–107.
- Rudolf Hillebrecht, Hansi Kessler, Toni Schneider u. a. (Red.): Hermann Bahlsen. H. Bahlsens Keksfabrik KG, Hannover 1969.
- Titus Arnu: Hermann Bahlsen. (= Made in Germany) Ullstein-Buch 35943, Berlin 1999, ISBN 3-548-35943-4.
- Waldemar R. Röhrbein: Bahlsen, (4) Hermann. In: Dirk Böttcher, Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein, Hugo Thielen: Hannoversches Biographisches Lexikon. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2002, ISBN 3-87706-706-9, S. 36.
- Helmut Knocke, Hugo Thielen: Bahlsen, Hermann. In: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, passim
- Uwe Lehmensiek: Von der Cakes-Fabrik zur Bahlsen-Gruppe. Zur Betriebs- und Belegschaftsgeschichte der Firma Bahlsen. (= Projekt Arbeiterbewegung in Hannover, Arbeitspapiere des Projekts Arbeiterbewegung in Hannover, Ausgabe Nr. 18.) Offizin-Verlag, Hannover 1996, ISBN 3-930345-05-6.
- Waldemar R. Röhrbein: Bahlsen, (4) Hermann. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 43.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f g h Christian Bahlmann et al.: Wer Keks sagt, meint Bahlsen. Hrsg.: Bahlsen GmbH & Co. KG. Hannover 2014 (frag-den-staat.de [PDF]).
- ↑ a b c d e f Willi Bongard: Jugendstil - preisgebunden. In: Die Zeit. Nr. 27, 3. Juli 1964, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 16. Februar 2025]).
- ↑ Porträtgemälde: Marie Bahlsen geb. Wendland. In: museum-digital.de. Abgerufen am 16. Februar 2025.
- ↑ Katharina Bracher: Sie weinte viel in Sitzungen: das öffentliche Scheitern der Verena Bahlsen. nzz.ch, abgerufen am 20. November 2022.
- ↑ Horst Kohlmann, Friedrich Dankenbring (Vorsitzende): A - Chronik für Mardorf am Steinhuder Meer. (von dort über Unterabschnitt A7 im Download des PDF-Dokuments A7 Die Zeit 1918 – 1932), zuletzt abgerufen am 9. Dezember 2013
- ↑ Gerhard Bahlsen. In: literaturportal-bayern.de. Abgerufen am 16. Februar 2025.
- ↑ Peter Struck: Appel. In: Hannover in 3 Tagen. Ein kurzweiliger Kulturführer. Schlütersche, Hannover 2008, ISBN 978-3-89993-659-9, S. 33, 55, 59; hier: S. 55; online über Google-Bücher
Personendaten | |
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NAME | Bahlsen, Hermann |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Unternehmer in der Lebensmittelindustrie |
GEBURTSDATUM | 14. November 1859 |
GEBURTSORT | Hannover |
STERBEDATUM | 6. November 1919 |
STERBEORT | Hannover |