Astronomische Koordinatensysteme – Wikipedia

Koordinatensystem des Horizonts, nördliche Erdkugelhälfte
Koordinatensystem des Orts-Äquators, nördliche Erdkugelhälfte

Astronomische Koordinatensysteme dienen dazu, die Positionen von Himmelskörpern anzugeben. In ihnen werden die beiden Winkel von Kugelkoordinaten verwendet; die Entfernung wird als dritte Kugelkoordinate in der Regel nicht benutzt. Wegen der großen Entfernungen der Himmelskörper von der Erde ist es für den Zweck der Beobachtung ausreichend, die Richtung der Objekte als Sternörter z. B. in Sternkatalogen anzugeben.

Der willkürlich wählbare Koordinatenursprung der astronomischen Systeme ist je nach Anwendung:

  • der Beobachter (ein Ort auf der Erdoberfläche, „topozentrisch“)
  • der Mittelpunkt der Erde („geozentrisch“)
  • die Sonne („heliozentrisch“)
  • ein anderer Himmelskörper (z. B. ein Planet, um die Lage seiner Monde relativ zu ihm selbst anzugeben), oder
  • ein Raumflugkörper.

Der Koordinatenursprung befindet sich in einer zu wählenden Bezugsebene, innerhalb derer die eine der beiden astronomischen Winkelkoordinaten bestimmt wird; der zweite Winkel wird senkrecht über der Bezugsebene bis zum beobachteten Himmelskörper gemessen.

Relative Koordinatensysteme

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Relative Koordinatensysteme sind an den Beobachter gebunden. Sie haben ihren Bezugspunkt am Ort des Beobachters, also auf der Erdoberfläche, und werden auch lokale Koordinatensysteme oder topozentrische Koordinatensysteme genannt.

Das Horizontsystem ist das jedem Beobachter vertrauteste Koordinatensystem. Er befindet sich in dessen Ursprung, der Horizont ist die Bezugsebene. Der Winkel über Horizont zum Himmelskörper ist dessen Höhenwinkel h (Elevation). Die Abweichung des Punktes, in dem der Vertikal durch den Himmelskörper den Horizont schneidet, von der Nord-Richtung ist das Azimut a. Es gibt auch die Zählweise ab der Süd-Richtung.

Beim Orts-Äquatorsystem (ruhendes Äquatorsystem) befindet sich der Beobachter ebenfalls im Koordinatenursprung. Bezugsebene ist der Himmelsäquator, in der der Stundenwinkel τ auf dem Himmelsäquator vom oberen Schnittpunkt des Ortsmeridians mit dem Himmelsäquator aus bis zum Meridian des Himmelskörpers gemessen wird. Die von der Erdoberfläche aus festgestellten Winkel unterscheiden sich wegen der geringen Ausdehnung der Erde wenig von denen mit Koordinatenursprung im Erdmittelpunkt. Ausnahmen sind Beobachtungen erdnaher Objekte wie z. B. benachbarter Planeten. Sie werden für Vergleichszwecke (z. B. bei einem Venustransit) auf Koordinaten mit Ursprung im Erdmittelpunkt umgerechnet. Der Deklinationswinkel δ gibt den Winkel des Himmelskörpers über dem Himmelsäquator an.

Astronauten benutzen im Weltraum an ihren Flugkörper gebundene Koordinatensysteme.

Absolute Koordinatensysteme

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rotierendes äquatoriales Koordinatensystem; Koordinaten: Rektaszension und Deklination

Absolute Koordinatensysteme haben ihren Ursprung an einem relativ zum Beobachter neutralen Punkt: im Mittelpunkt von Erde, Sonne oder einem anderen Himmelskörper oder im galaktischen Zentrum. Ihre Bezugsebene ist auch nicht an den Beobachter gebunden, dreht sich also relativ zu ihm.

Aus dem oben genannten ortsfesten äquatorialen (geozentrischen) Koordinatensystem geht das rotierende äquatoriale Koordinatensystem hervor. Es hat seinen Ursprung im Erdmittelpunkt, der Bezugspunkt für die Winkelmessung in der Äquatorialebene des Himmels ist der im Himmel fixe Frühlingspunkt. Der in der Äquatorialebene angegebene Winkel ist die Rektaszension α. Der Deklinationswinkel δ ist mit dem Deklinationswinkel im ruhenden äquatorialen System identisch.

Mit der als Ekliptik bezeichneten Bahnebene, in der die Erde die Sonne einmal im Jahr umrundet, als Bezugsebene werden zwei astronomische Koordinatensysteme definiert. Beim ersten der beiden ekliptikalen Koordinatensysteme befindet sich der Ursprung im Erdmittelpunkt (geozentrisch), beim zweiten im Mittelpunkt der Sonne (heliozentrisch). In beiden Fällen werden die Koordinatenwinkel ekliptikale Länge λ (Bezugspunkt ist der Frühlingspunkt) beziehungsweise ekliptikale Breite β genannt.

Außer topozentrischen (immer relative Systeme), geozentrischen und heliozentrischen werden auch baryzentrische und das galaktische Koordinatensystem verwendet.

Das galaktische Koordinatensystem hat seinen Ursprung (l=0°, b=0°) in Richtung des galaktischen Zentrums, seine Bezugsebene ist die Milchstraßenscheibe.

Ein baryzentrisches Koordinatensystem hat zum Beispiel seinen Ursprung im Baryzentrum (gemeinsamer Schwerpunkt), etwa von Erde und Mond, oder im Sonnensystem.

Diese Systeme rotieren um den Beobachter. In der Astronomie ist es aber üblich, den Fixsternhimmel als ruhend zu betrachten, daher spricht man von „absolut“, während die beobachterbezogenen Positionen als „scheinbar“ bezeichnet werden.

Winkel-Angaben in Stunden anstatt in Grad

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Beim Stundenwinkel (ortsfestes äquatoriales Koordinatensystem) und der Rektaszension (rotierendes äquatoriales Koordinatensystem) werden die Angaben in Stunden, Minuten und Sekunden (Stundenmaß oder Zeitmaß) denen in Grad vorgezogen. Der Grund beim Stundenwinkel ist, dass die Änderung des Stundenwinkels der Sonne die Änderung der Tageszeit bestimmt. 15° Änderung sind eine Stunde, das ist ihre ursprüngliche Definition.

Ursache dieses Brauchs bei der Rektaszension ist der Einfluss der Erddrehung, von der sie prinzipiell unabhängig ist, auf die Messung. Zwei Sterne mit 15° Differenz in Rektaszension durchlaufen den Meridiankreis einer Sternwarte mit einer Stunde Unterschied in Sternzeit. Eine Sternzeitstunde ist etwa 10 Sekunden kürzer als eine Stunde. Der Beobachtungsplan in einer Sternwarte richtet sich nach der Sternzeit, die an einer entsprechenden Uhr ablesbar ist. Diese zeigt 0 Uhr Sternzeit, wenn der Frühlingspunkt, der Bezugspunkt äquatorialer Himmelskoordinaten, den Meridiankreis passiert. Die Tageszeit läuft der Sternzeit um einen Tag im Jahr nach, so wie die Sonne (scheinbar) einmal im Jahr rückwärts den Sternenhimmel durchwandert.

Übersichtstabelle

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Koordinaten­system Koordinaten­ursprungs­punkt Fundamen­talebene Pole Koordinaten Bezugs­richtung
vertikale horizontale
horizontales Beobachter Horizont Zenit / Nadir Höhenwinkel h Azimut a Nord- oder Süd-Punkt des Horizonts
äquatoriales
„ruhend“
Beobachter oder Erd­mit­telpunkt Himmelsäquator Himmels­pole Deklinati­onswinkel δ Stundenwinkel τ Meridian des Beobachters
äquatoriales
„rotierend“
Erd­mit­telpunkt Rektaszension α Frühlingspunkt
ekliptikales Sonnen­mit­telpunkt oder

Erdmittelpunkt

Ekliptik Ekliptik­pole ekliptikale Breite β ekliptikale Länge λ
galaktisches Sonnenmittelpunkt galaktische Ebene galakti­sche Pole galaktische Breite b galaktische Länge l galaktisches Zentrum

Die Umrechnungen erfolgen über die Darstellungen in kartesische Koordinaten beider Systeme. Zwischen den kartesischen Formen der Systeme findet die Transformation – eine Drehung um die y-Achse – statt (die y-Koordinaten sind in beiden Systemen gleich): Drehung um den Winkel 90°− φ (φ = geographische Breite) im ersten, um den Winkel ε (Schiefe der Ekliptik) im zweiten Fall.

Äquatoriales und horizontales Koordinatensystem

Zur Umrechnung: Horizontalsystem ↔ Äquatorialsystem (ruhend) Der Zenit ist senkrecht über dem Beobachter und der Nadir senkrecht unter dem Beobachter im Zentrum der Darstellung. Wenn sich der Beobachter auf dem Nord- oder Südpol befindet ( bzw. ), dann sind Horizont- und Äquatorebene identisch, und Zenit und Nadir befinden sich auf der Polachse (blau).

Der Meridian ist der Großkreis durch Himmelsnord- und Himmelsüdpol sowie die Richtungen Norden (N) und Süden (S) vom Beobachter aus gesehen.

Der Beobachter sieht im Horizontalsystem (graue Scheibe) am Himmel einen Punkt (violett) unter dem Azimut a (schwarz), der vom Meridian aus in der Horizontalebene gemessen wird, und dem Höhenwinkel h (grün), der senkrecht zur Horizontalebene auf dem Großkreis zwischen Zenit und Nadir (grün) gemessen wird, der durch den beobachteten Punkt geht. Diese Winkel können in die kartesischen Koordinaten x, y und z im Horizontalsystem umgerechnet werden.

Im Äquatorialsystem (türkisfarbene Scheibe) wird der Stundenwinkel τ (cyan) vom Meridian aus in der Äquatorialebene und der Deklinationswinkel δ (rot) senkrecht zur Äquatorialebene auf dem Großkreis bestimmt, der durch die Himmelspole und den beobachteten Punkt geht.

Ostpunkt (O) und Westpunkt (W) sind in beiden Systemen identisch, und die Neigung der beiden Ebenen ist durch die Polhöhe φ (blau) gegeben, die mit dem Breitengrad übereinstimmt, auf dem sich der Beobachter befindet. Der beobachtete Punkt am Himmel (violett) bewegt sich innerhalb eines halben Tages scheinbar auf einem Halbkreis von Osten nach Westen, der mit konstantem Deklinationswinkel δ parallel zur Äquatorialebene verläuft.

In den folgenden Aufstellungen sind neben den Endergebnissen der Umrechnungen auch die kartesischen Koordinaten x, y und z der Einheitskugel im Zielsystem als Zwischenergebnisse angegeben. Zu beachten ist, dass die beiden ersten Systeme (horizontales und ruhendes äquatoriales) als Linkssysteme, die beiden anderen (rotierendes äquatoriales und geozentrisch-ekliptikales) als Rechtssysteme definiert sind.

Ruhende äquatoriale (δ,τ) in rotierende äquatoriale Koordinaten (δ,α) und umgekehrt

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= Sternzeit am Ort der Beobachtung
= Stundenwinkel
= Rektaszension
= Deklination

Die Deklination δ bleibt unverändert.

Horizontale (a, h) → kartesische Koordinaten → ruhende äquatoriale Koordinaten (τ, δ)

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= geographische Breite
= Azimut (ab Südrichtung im Uhrzeigersinn)
= Höhenwinkel
= Stundenwinkel
= Deklination
Kartesische Koordinaten im Zielsystem (, ):
Winkelkoordinaten im Zielsystem:
Die letzte Gleichung für hat unter der Voraussetzung zwei Lösungen, die sich um unterscheiden. Richtig ist der Wert, der im gleichen Quadranten liegt wie .

Ruhende äquatoriale (τ, δ) → kartesische Koordinaten → horizontale Koordinaten (a, h)

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= geographische Breite
= Azimut (ab Südrichtung im Uhrzeigersinn)
= Höhenwinkel
= Stundenwinkel
= Deklination
Kartesische Koordinaten im Zielsystem (, ):
Winkelkoordinaten im Zielsystem:
Die letzte Gleichung für hat unter der Voraussetzung zwei Lösungen, die sich um unterscheiden. Richtig ist der Wert, der im gleichen Quadranten liegt wie .

Rotierende äquatoriale (α, δ) → kartesische Koordinaten → horizontale Koordinaten (a, h)

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= geographische Breite
= Sternzeit am Ort der Beobachtung
= Rektaszension
= Deklination
= Azimut (ab Südrichtung im Uhrzeigersinn)
= Höhenwinkel
Kartesische Koordinaten im Zielsystem (a, h):
Winkelkoordinaten im Zielsystem:
Die letzte Gleichung für hat unter der Voraussetzung zwei Lösungen, die sich um unterscheiden. Richtig ist der Wert, der im gleichen Quadranten liegt wie .

Rotierende äquatoriale (α, δ) → ekliptikale Koordinaten (λ, β, geozentrisch)

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= 23,44° = Schiefe der Ekliptik
= Rektaszension
= Deklination
= ekliptikale Länge
= ekliptikale Breite
Kartesische Koordinaten im Zielsystem (, ):
Winkelkoordinaten im Zielsystem:[1]
für ; sonst

Die letzte Gleichung für hat unter der Voraussetzung zwei Lösungen, die sich um unterscheiden. Richtig ist der Wert, der im gleichen Quadranten liegt wie .

Ekliptikale (λ, β, geozentrisch) → rotierende äquatoriale (α, δ) Koordinaten

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= 23,44° = Schiefe der Ekliptik
= Rektaszension
= Deklination
= ekliptikale Länge
= ekliptikale Breite
Kartesische Koordinaten im Zielsystem (, ):
Winkelkoordinaten im Zielsystem:[2]
für ; sonst

Die letzte Gleichung für hat unter der Voraussetzung zwei Lösungen, die sich um unterscheiden. Richtig ist der Wert, der im gleichen Quadranten liegt wie .

Einzelnachweise

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  1. Oliver Montenbruck, Grundlagen der Ephemeridenrechnung, 6. Auflage (2001), S. 14
  2. Oliver Montenbruck, Grundlagen der Ephemeridenrechnung, 6. Auflage (2001), S. 14
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