Holunder – Wikipedia

Holunder

Schwarzer Holunder (Sambucus nigra)

Systematik
Kerneudikotyledonen
Asteriden
Euasteriden II
Ordnung: Kardenartige (Dipsacales)
Familie: Moschuskrautgewächse (Adoxaceae)
Gattung: Holunder
Wissenschaftlicher Name
Sambucus
L.

Die Holunder (Sambucus) bilden eine Pflanzengattung in der Familie der Moschuskrautgewächse (Adoxaceae). Die Gattung enthält weltweit etwas mehr als zwanzig Arten, von denen drei in Mitteleuropa heimisch sind. Am bekanntesten von diesen drei Arten ist der Schwarze Holunder, der im heutigen Sprachgebrauch meist verkürzt als „Holunder“, in Norddeutschland oft auch als „Fliederbeerbusch“ und in der Pfalz, Altbayern und Österreich als „Holler“ oder in der Schweiz und im Schwäbisch-Alemannischen als „Holder“ bezeichnet wird (mit „der“ von indogermanisch deru- „Eiche, Baum“, mittelniederdeutsch „ter“ → engl. tree). Daneben gibt es den ebenfalls strauchförmigen Roten Holunder und den staudenförmigen Zwerg-Holunder. Die Arten wachsen im gemäßigten bis subtropischen Klima und in höheren Lagen von tropischen Gebirgen.

Die Früchte des Holunders sind botanisch betrachtet keine Beeren, sondern Steinobst.[1]

Illustration aus Flora Batava, Volume 18 des Attich oder Zwergholunder (Sambucus ebulus)

Vegetative Merkmale

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Holunder-Arten sind meist verholzende Pflanzen und wachsen als Halbsträucher, Sträucher oder kleine Bäume. Sie erreichen meist Wuchshöhen von 1 bis 15 Metern und sind oft sommergrün.

Die gegenständigen Laubblätter sind unpaarig gefiedert und bestehen aus drei bis neun elliptischen, meist gesägten Fiederblättchen. Manchmal kann man an den basalen Fiederpaaren Ansätze zu sekundärer Fiederung erkennen. Die Nebenblätter sind groß bis unauffällig oder fehlen, manchmal sind sie zu Drüsen oder einem Haarsaum reduziert.

Generative Merkmale

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Blütenstände des Schwarzen Holunders (Sambucus nigra)
Blütendiagramm von Sambucus nigra
Früchte von Sambucus racemosa var. arborescens

In endständigen, schirmtraubigen oder rispigen Blütenständen stehen viele Blüten zusammen.

Die zwittrigen Blüten sind meist radiärsymmetrisch und drei- bis fünfzählig mit doppelter Blütenhülle.[2] Die drei bis fünf winzigen Kelchblätter sind zu einer kurzen Röhre verwachsen. Die drei bis fünf meist weißen Kronblätter sind kurz verwachsen. Es ist nur ein Kreis mit fünf Staubblättern vorhanden, die in der Basis der Krone inseriert sind. Die Staubbeutel sind länglich. Drei bis fünf Fruchtblätter sind zu einem drei- bis fünfkammerigen Fruchtknoten verwachsen. Je Fruchtblatt ist nur eine Samenanlage vorhanden. Der sehr kurze Griffel endet in drei bis fünf kopfigen Narben.

Die Blütenformel lautet .

Die beerenähnlichen Steinfrüchte können bei Reife schwarz, blau oder rot sein und enthalten drei bis fünf Samen. Die Samen besitzen eine häutige Testa.

Rinde und Mark enthalten Calciumoxalat-Kristalle.

Früchte des Blauen Holunders (Sambucus cerulea)
Gefiederte Laubblätter und Fruchtstand von Attich oder Zwergholunder (Sambucus ebulus)
Blüten- und Fruchtstand von Sambucus javanica
Früchte des Stinkenden Holunders (Sambucus racemosa subsp. pubens)
Früchte des Roten Holunders (Sambucus racemosa subsp. racemosa)

Der Gattungsname Sambucus wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, Band 1, S. 269–270 erstveröffentlicht. Als Lectotypus wurde (Sambucus nigra L.) festgelegt.

Die Stellung der Gattung Sambucus im Pflanzensystem ist seit langer Zeit umstritten. Die Botaniker der Angiosperm Phylogeny Group haben die Gattung heute in die Familie der Moschuskrautgewächse (Adoxaceae) eingegliedert. Davor gehörte sie lange Zeit zur Familie der Geißblattgewächse (Caprifoliaceae), von der sie sich jedoch in zahlreichen Punkten deutlich unterschied. Der Versuch einer neuen Gruppierung führte um 1900 sogar dazu, dass eine eigene Familie Sambucaceae Batsch ex Borkh. (veröffentlicht 1797 in Botanisches Wörterbuch, Band 2, S. 322) reaktiviert wurde, sodass die Gattung Sambucus lange Zeit alleine die monogenerische Familie Sambucaceae bildete.

Es gibt etwas mehr als 20 Sambucus-Arten (Auswahl):[3]

Kulturelle Aspekte

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Verwendung in prähistorischer Zeit

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  • Nahrungs- und Färbemittel[6]
  • Verwendung der hohlen Holzröhren als mit Bogensehnen betriebene Bohrer (Feuerbohren)[6]
  • Ausgangsmaterial zur Herstellung von Flöten[6]

Der Holunder in Religion, Mythos und Aberglauben bzw. Volksglauben

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Nicht nur Bäume waren Gegenstand religiöser, mythologischer und abergläubischer bzw. volksgläubiger Vorstellungen[7], auch andere Pflanzen wie der Holunderbusch, für den sich sowohl positive wie negative Konnotationen festhalten lassen (siehe auch: Schwarzer Holunder im Volksglauben).

Positive Konnotationen

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In der nordischen Mythologie der Germanen existierte die Vorstellung, dass „Freya, die Beschützerin von Haus und Hof, sich den Holunderbusch zum Wohnsitz auserwählt habe“. Die Lieblingspflanze der nordischen Göttin Frigg ist ebenfalls der Holunder. Die Göttin der Quellen und Brunnen, Holla, wurde unter dem Hollerbusch „um die Fruchtbarkeit der Felder“ gebeten. An der Blüte des Holunders meinten die Bauern zudem, die Reichhaltigkeit der nachfolgenden Ernte ablesen zu können. Die Vorstellung, dass im Holunder die guten Geister wohnten, war bei Griechen, Römern und Germanen gleichermaßen bekannt, mit der Folge, dass es Sitte gewesen sei, „den Holunder in der Nähe des Hauses zu pflanzen“; allerdings niemals unter dem Schlafzimmer, da der schwere, süßliche Duft der Blüten benommen mache. Außerdem galt ein bei der Bestattung auf das Grab gestecktes Kreuz aus Holunder, das nach einiger Zeit wieder grünte, als Zeichen dafür, dass „dem Verstorbenen ein seliges Jenseits beschieden war“.[8]

Negative Konnotationen

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Der ebenfalls existierende Holunder-Beiname Baum des Teufels ist hingegen mit dem Christentum verbunden: Judas Iskariot soll sich nach dem Verrat an Jesus an einem Holunder erhängt haben.[9] Weitere negativ konnotierte mit dem Holunder verknüpfte Vorstellungen, die als Aberglaube bzw. Volksglaube bezeichnet werden können, sind:[8]

  • Ein am Haus stehender verdorrender Holunder kündigt den Tod eines Familienmitgliedes an.
  • Holunder sei von den Bauern nicht gefällt worden – „aus Angst, es könne das Blut der darin wohnenden Hexe herausrinnen“.
  • Holunder sei von den Bauern nicht von Zäunen entfernt worden und auch nicht verbrannt worden, „weil einer Sage nach eine Heilige auf brennendem Holunderholz den Tod als Märtyrerin erlitten hatte“
  • Auf Grund der Verwandlungsfähigkeit von Hexen in einen Holunderzweig wurden aus Holunderholz weder Möbel hergestellt noch wurde es als Fußbodenbelag verwendet.
  • Kinder, die in eine Wiege aus Holunder gelegt worden seien, konnten einem Raub durch Frau Holle zum Opfer fallen.
  • Das Maßnehmen an Sarg und Gruft wurde mit einem Holunderzweig bewerkstelligt; des Sargkutschers Peitsche bestand ebenfalls daraus.

Magische Wirkungen

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Peter Kurz, Michael Machatschek und Bernhard Igelhauser bezeichnen den Holunder mit Blick auf die dem Holunder im Volks- und Aberglauben der Landbevölkerung zugeschriebenen Heilwirkungen als „Apotheke des Einödbauern“. Insbesondere der „berühmte Fliedertee wurde Grundbestandteil der sogenannten Bauernapotheke“. Vor diesem Hintergrund werden folgende Praktiken genannt:[10]

  • Das Behängen des Holunderbusches mit „Hautlappen, Eiter, Nägeln und Zähnen kranker Menschen“ galt als Maßnahme, durch die „unbändige Wuchskraft“ des Holunders das Böse zu verbrauchen.
  • Das Umschlingen des Holunders galt jungen Bäuerinnen als Mittel gegen Kinderlosigkeit.
  • Zahnschmerzen sollten durch das Beißen auf einen Holunderzweig auf denselben übertragen werden und somit von den Schmerzen befreien.

Als mit bestimmten Zeitpunkten und Orten verknüpfte magische Heilwirkungen sind zu nennen:[10]

  • Der Verzehr einer in Butter gebratenen Holunderdolde um 12 Uhr mittags am Johannistag unter der Feueresse, dem Sitz der Hausgeister, galt als Maßnahme, um ein Jahr lang Fieber abzuwehren.
  • Die Wirkung des Holundertees als wirksames Mittel gegen Halsschmerzen war an die Ernte der Blüten vor Sonnenaufgang geknüpft.
  • Drei vor Sonnenaufgang abgebrochene Holundersprossen galten als Mittel gegen Rinderflechte.

Umweltmonitoring

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Die Pflanze wird als akkumulativer Bioindikator für Untersuchungen auf Fluorbelastungen genutzt.

Der in dem Roman Harry Potter und die Heiligtümer des Todes auftretende Elderstab ist aus Holunderholz gefertigt.

Commons: Holunder (Sambucus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Holunder – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Holunder pflanzen und Beeren und Blüten ernten. NDR, abgerufen am 13. Februar 2022.
  2. a b c d Qiner Yang, David E. Boufford: Adoxaceae. Sambucus. S. 611–612 – textgleich online wie gedrucktes Werk In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 19: Cucurbitaceae through Valerianaceae, with Annonaceae and Berberidaceae. Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing / St. Louis 2011, ISBN 978-1-935641-04-9.
  3. Sambucus im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
  4. a b G.J. Harden: Genus Sambucus. In: New South Wales Flora Online. Abgerufen am 27. Januar 2012 (englisch).
  5. a b c Eckhard von Raab-Straube (2017+): Viburnaceae. Datenblatt Viburnaceae In: Euro+Med Plantbase – the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  6. a b c Peter Kurz, Michael Machatschek, Bernhard Iglhauser: Hecken. Geschichte und Ökologie. Anlage, Erhaltung & Nutzung. 1. Auflage. Stocker, Graz/Stuttgart 2001, S. 370.
  7. Vgl. z. B. Wilhelm Vollmer: Dr. Vollmers Wörterbuch der Mythologe aller Völker. Mit einer Einleitung in die mythologische Wissenschaft. 3. Auflage. Carl Hoffman, Stuttgart 1874, S. 31.
  8. a b Peter Kurz, Michael Machatschek, Bernhard Igelhauser: Hecken. Geschichte und Ökologie. Anlage, Erhaltung & Nutzung. 1. Auflage. Stocker, Graz/Stuttgart 2001, S. 371–372.
  9. Peter Kurz, Michael Machatschek, Bernhard Igelhauser: Hecken. Geschichte und Ökologie. Anlage, Erhaltung & Nutzung. 1. Auflage. Stocker, Graz/Stuttgart 2001, S. 371.
  10. a b Peter Kurz, Michael Machatschek, Bernhard Igelhauser: Hecken. Geschichte und Ökologie. Anlage, Erhaltung & Nutzung. 1. Auflage. Stocker, Graz/Stuttgart 2001, S. 372.