Internierung japanischstämmiger Amerikaner – Wikipedia

Die zehn Internierungslager und weitere Einrichtungen der War relocation authority im Westen der Vereinigten Staaten

Die Internierung japanischstämmiger Amerikaner war eine erzwungene Umsiedlung und Internierung von annähernd 120.000 Japanern und japanischstämmigen Amerikanern von der Westküste der Vereinigten Staaten während des Zweiten Weltkriegs. 62 Prozent der Umgesiedelten waren Bürger der Vereinigten Staaten. Während etwa 10.000 in der Lage waren, in einen anderen Teil des Landes gemäß ihrer eigenen Wahl umzuziehen, wurde der Rest – schätzungsweise 110.000 Männer, Frauen und Kinder – in hastig aufgebaute Lager im Landesinneren umgesiedelt, genannt War Relocation Centers.

Geschichte der Internierung

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Befehl an alle japanischstämmigen Bewohner San Franciscos, sich innerhalb einer Woche an Sammelpunkten zum Abtransport einzufinden.
Manzanar im Staubsturm am 3. Juli 1942

Nach dem Angriff auf Pearl Harbor und dem Eintritt der Vereinigten Staaten in den Zweiten Weltkrieg vom Dezember 1941 wurden nicht nur japanische Staatsangehörige in den Vereinigten Staaten, sondern auch alle amerikanischen Staatsbürger japanischer Abstammung als Sicherheitsrisiko (Enemy Alien) eingestuft. Die Maßnahme stützte sich auf weitverbreitete rassistische Vorurteile und in Fortsetzung verschiedener diskriminierender Einschränkungen, darunter dem Immigration Act of 1924, der die Zuwanderung von Japanern verbot.

Am 19. Februar 1942 unterzeichnete Präsident Franklin D. Roosevelt die Executive Order 9066, auf deren Grundlage große Teile der Pazifik-Anrainerstaaten zum Sperrgebiet erklärt wurden. Alle Bewohner Kaliforniens, des westlichen Oregons und Washingtons sowie eines kleinen Streifens im Süden Arizonas und Alaskas mit japanischen Vorfahren wurden durch die War Relocation Authority (Kriegs-Umsiedelungs-Behörde) in Internierungslager östlich der Pazifik-Region eingewiesen. Eine vergleichbare Ermächtigung zur vollständigen Internierung von deutsch- und italienischstämmigen Bewohnern der Ostküste wurde nicht umgesetzt. Rund 11.000 Deutsche und Deutschstämmige und etwa 3000 Italiener wurden aber individuell interniert.[1]

Im Dezember 1944 wies der Supreme Court die Klage des japanischstämmigen Amerikaners Fred Korematsu gegen die Internierung ab und urteilte, dass sie im Grundsatz rechtmäßig sei.[2] Am gleichen Tag entschied er, dass die Internierung einer anderen japanischstämmigen Amerikanerin, Mitsuye Endos, deren Loyalität unbestritten sei, nach dem Habeas-Corpus-Grundsatz unzulässig sei.[3] Daraufhin erklärte die Bundesregierung, die Internierung bis Jahresende 1945 beenden zu wollen. Das Ende des Zweiten Weltkriegs kam dem zuvor.

Insgesamt waren von den Zwangsmaßnahmen gegen die japanischstämmige Bevölkerung 116.000 Menschen betroffen; sie lebten bis 1945 in zehn Barackensiedlungen weit abseits größerer Ortschaften und unter Bewachung durch das US-Militär. Nach dem Ende des Krieges wurden ihnen unter engen Voraussetzungen einige nachgewiesene Schäden erstattet.

In den 1960er Jahren begann unter dem Eindruck der Bürgerrechtsbewegung Kritik an den Maßnahmen laut zu werden; Executive Order 9066 wurde formal am 19. Februar 1976 von Präsident Gerald Ford aufgehoben.[4] Die Diskussion führte in den 1980er Jahren zu umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen und einer politischen Debatte. 1980 richtete der US-Kongress eine Sonderkommission zur Untersuchung der Umstände der Internierung der japanischstämmigen US-Amerikaner im Zweiten Weltkrieg ein, die Commission on Wartime Relocation and Internment of Civilians (CWRIC).[5] Diese kam 1982 zu dem Schluss, die Entscheidungen zur Internierung dieser Menschen in Lagern sei eine „schwere Ungerechtigkeit“ gewesen, die sich aus „Rassenvorurteilen, Kriegshysterie und einem Versagen der politischen Führung“ ergab, und übereinstimmend sagte die Regierung, dass „die Entscheidung in Korematsu vom ‚Gericht der Geschichte‘ (court of history) zurückgewiesen worden sei.“[6]

Etwa gleichzeitig wurden geheime Unterlagen des US-Justizministeriums gefunden, aus denen hervorging, dass dieses 1943 und 1944 bereits von verschiedenen Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten, darunter dem Federal Bureau of Investigation (FBI) J. Edgar Hoovers und dem Marinenachrichtendienst Office of Naval Intelligence, unterrichtet worden war, dass keinerlei Fehlverhalten japanischstämmiger Amerikaner festgestellt worden sei. Diese offiziellen Berichte waren dem Obersten Gerichtshof der USA vom Justizministerium absichtlich nie vorgelegt worden; in einem Fall war der Bericht verbrannt worden.[7] Nach einem sogenannten coram nobis (lat. in unserer Gegenwart) Gesuch, einem Antrag vor Gericht einen vorher gemachten ernsten Irrtum zuzugeben und zu korrigieren, hob 1983 das Distrikts-Bundesgericht für Nordkalifornien Korematsus Verurteilung von 1942 auf.[7] 1988 sprach der Civil Liberties Act of 1988 jedem noch lebenden Opfer der Zwangsumsiedelung 20.000 Dollar Entschädigung zu. 1992 wurden in einer Gesetzesänderung weitere Mittel bereitgestellt, um die Verpflichtung erfüllen zu können, und Präsident George Bush sprach eine formelle Bitte um Entschuldigung aus.

Die 1944 vom Obersten Gerichtshof festgestellte Verfassungsmäßigkeit der Internierung in Korematsu v. United States wurde erst 2018 im Fall Trump v. Hawaii[8] von Chief Justice John Roberts als „moralisch abstoßend“ bezeichnet, aber nicht rechtlich umgestoßen. In der Mehrheitsmeinung schrieb er:[9]

Korematsu war gravierend falsch am Tag der Entscheidung, wurde bereits vor dem Gericht der Geschichte widerrufen, und – um klar zu sein – hat laut der Verfassung keinen Platz in der Rechtsprechung.“

Am Ende zitiert Roberts Justice Robert H. Jacksons Minderheitsmeinung in der Korematsu-Entscheidung von 1944.

Gedenkstein an die Opfer im Lager Manzanar

Das ehemalige Manzanar War Relocation Center im Osten Kaliforniens ist seit 1992 als National Historic Site ausgewiesen und der Ort jährlicher Zusammenkünfte von lebenden Opfern der Internierung und ihrer Angehörigen.

Minidoka National Historic Site in Idaho wurde 2001 als National Monument eingerichtet und 2008 in einen National Historic Site umgewandelt. Die Gedenkstätte ist noch nicht ausgebaut, ein Plan liegt seit 2006 vor. Die Finanzierung ist seit 2007 gesichert, der Baubeginn steht noch nicht fest. Seit 2003 gibt es jährliche Treffen von ehemaligen Internierten und ihren Nachkommen vor Ort

Seit 2008 ist das Tule Lake War Relocation Center im Norden Kaliforniens eine Gedenkstätte, seit 2019 als Tule Lake National Monument ausgewiesen.

Mehrere der acht anderen Lagerstandorte sind als National Historic Landmarks eingestuft.

Es gab folgende Relocation Centers:

Mediale Rezeption

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Dokumentarfilme

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  • The Terror: Infamy, (2019) 2. Staffel von The Terror (USA, seit 2018)
  • Hawaii Five-0 Episode 81, „Alte Wunden“ (USA, 2013)
  • Magnum Staffel 3, Episode 18: „Spur in die Vergangenheit“ (Originaltitel „Forty Years from Sand Island“) (USA, 1983)
  • Citizen 13660 von Miné Okubo, 1947
  • They Called Us Enemy: Eine Kindheit im Internierungslager (Originaltitel They Called Us Enemy) von George Takei et al., 2020
  • Cock Robin: Manzanar auf dem Album First Love Last Rites, 1990
  • Tom Russell: Manzanar[10] auf der CD Box Of Visions, 1992
  • Fort Minor: Kenji[11] auf dem Album The Rising Tied, 2005
  • Kishi Bashi: Summer of '42 auf dem Album Omoiyari, 2019
Commons: Internierung japanischstämmiger Amerikaner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur (Auswahl)

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  • Jeffery F. Burton et al.: Confinement and Ethnicity – Barbed wire divider, Publications in Anthropology 74, National Park Service, Washington D.C., 1999 (auch im Volltext online: Confinement and Ethnicity (Memento vom 10. Februar 2014 im Internet Archive))
  • Michael L. Cooper: Remembering Manzanar: Life in a Japanese Relocation Camp, Clarian Books, 2002, ISBN 0-618-06778-7
  • Mary Matsuda Gruenewald: Looking Like the Enemy: My Story of Imprisonment in Japanese American Internment Camps, NewSage Press, 2005, ISBN 0-939165-53-8
  • Janne Wakatsuki Houston: Farewell to Manzanar, SparkNotes 2003, ISBN 1-58663-831-9
  • Lawson Fusao Inada (Hg.): Only What We Could Carry: The Japanese American Internment Experience, Heyday Books, 2000, ISBN 1-890771-30-9
  • Alice Yang Murray: What Did the Internment of Japanese Americans Mean?, bedford/St. Martin’s, 2000, ISBN 0-312-20829-4
  • Greg Robinson: By Order of the President: FDR and the Internment of Japanese Americans, Harvard University Press, 2003, ISBN 0-674-01118-X
  • Yoshiko Uchida: Desert Exile: The Uprooting of a Japanese-American Family, University of Washington Press, 1984, ISBN 0-295-96190-2

Einzelnachweise

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  1. German American Internee Coalition: Website (Memento vom 14. September 2013 im Internet Archive) (englisch)
  2. Korematsu v. United States – 323 U.S. 214 (1944) auf Justia US Supreme Court, abgerufen am 7. Juli 2020
  3. Ex parte Endo – 323 U.S. 283 (1944) auf Justia US Supreme Court, abgerufen am 7. Juli 2020
  4. President Gerald R. Ford's Proclamation 4417, Confirming the Termination of the Executive Order Authorizing Japanese-American Internment During World War II, Ford Library (englisch)
  5. United States Commission on Wartime Relocation and Internment of Civilians: Personal Justice Denied. Hrsg.: US-Kongress. U.S. Government Printing Office, Washington, D.C. Dezember 1982, LCCN 82-600664 (englisch, google.com [abgerufen am 7. Juli 2020]).
  6. Charlie Savage: Korematsu, Notorious Supreme Court Ruling on Japanese Internment, Is Finally Tossed Out. In: The New York Times. 26. Juni 2018, abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
  7. a b Fred T. Korematsu. In: Fred T. Korematsu Institute. Abgerufen am 7. Juli 2020 (englisch).
  8. Trump v. Hawaii 17-965, 585 U.S. ___ (2018)
  9. John Roberts: TRUMP, PRESIDENT OF THE UNITED STATES, ET AL. v. HAWAII ET AL. (PDF) In: Supreme Court of the United States. 26. Juni 2018, S. 38, abgerufen am 9. August 2021 (englisch).
  10. Text von Manzanar von Tom Russell
  11. Text von Kenji von Michael Kenji Shinoda