Jörg Berger – Wikipedia

Jörg Berger
Personalia
Geburtstag 13. Oktober 1944
Geburtsort GotenhafenDeutsches Reich
Sterbedatum 23. Juni 2010
Sterbeort DuisburgDeutschland
Größe 180 cm
Position Sturm
Junioren
Jahre Station
BSG Motor Stötteritz
Herren
Jahre Station Spiele (Tore)1
1964–1967 SC Leipzig/
1. FC Lokomotive Leipzig
16 (0)
Nationalmannschaft
Jahre Auswahl Spiele (Tore)
1962–1963 DDR U-18 4 (0)
1967 DDR U-23 3 (2)
Stationen als Trainer
Jahre Station
1970–1972 1. FC Lokomotive Leipzig (Nachwuchs)
1972–1974 FC Carl Zeiss Jena (Nachwuchs)
1974–1976 Hallescher FC Chemie II
1976–1978 DDR U-18
1978–1979 DDR U-21
1979–1980 SV Darmstadt 98
1980–1981 SSV Ulm 1846
1981–1982 Fortuna Düsseldorf
1983–1986 KSV Hessen Kassel
1986 Hannover 96
1986–1988 SC Freiburg
1988–1991 Eintracht Frankfurt
1991–1993 1. FC Köln
1993–1996 FC Schalke 04
1997 FC Basel
1998 Karlsruher SC
1999 Eintracht Frankfurt
2000 Bursaspor
2001–2004 Alemannia Aachen
2004–2005 Hansa Rostock
2009 Arminia Bielefeld
2009–2010 Autorennationalmannschaft
1 Angegeben sind nur Ligaspiele.

Jörg Berger (* 13. Oktober 1944 in Gotenhafen; † 23. Juni 2010 in Duisburg[1]) war ein deutscher Fußballspieler und Fußballtrainer.

Mit fünf Jahren schnürte Jörg Berger, der mit seiner Familie seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Leipzig lebte,[2] seine ersten Fußballschuhe und spielte in der Kindermannschaft von Motor Stötteritz, dem heutigen SSV Stötteritz. In den Jahren 1962 und 1963 gehörte er zum Kader der DDR-Juniorenauswahl, für die er vier Länderspiele bestritt. Von 1964 bis 1967 spielte Berger für den SC Leipzig und den 1. FC Lokomotive Leipzig in der DDR-Oberliga, der höchsten Spielklasse im DDR-Fußball. Er kam jedoch über die Rolle eines Ersatzspielers nicht hinaus und bestritt in vier Spielzeiten nur 16 Oberligaspiele. 1967 kam er in drei Länderspielen der DDR-U23-Nachwuchsnationalmannschaft zum Einsatz, in denen er zwei Treffer erzielte.

Wegen einer Muskelverletzung musste er seine Karriere als Oberligaspieler allerdings früh beenden. Er begann ein Studium an der DHfK Leipzig und anschließend eine Trainerlaufbahn.[3] Bereits als 30-jähriger Coach gewann er mit der 2. Mannschaft des Halleschen FC den Bezirksmeistertitel in Halle und damit den Aufstieg in die zweitklassige Liga.[4]

Berger war in der DDR ein angesehener Fußballtrainer, der irgendwann als Nachfolger von Georg Buschner die Nationalmannschaft übernehmen sollte.[5] Berger nutzte jedoch als Trainer der Nachwuchs-Auswahlmannschaft der DDR 1979 ein Spiel in Jugoslawien, um in den Westen zu flüchten.[6] Dort übernahm er 1979 als erste Mannschaft den SV Darmstadt 98 in der 2. Bundesliga als Cheftrainer. Da Berger zu diesem Zeitpunkt nicht über den notwendigen Trainerschein des Deutschen Fußball-Bunds verfügte, stellte ihm der Verband eine Sondergenehmigung aus.[7] Als DDR-Flüchtling sah er sich Bedrohungen ausgesetzt, die von der Stasi im Westen organisiert wurden.[8] So überlebte er als Trainer von KSV Hessen Kassel Mitte der 1980er Jahre offenbar einen Giftanschlag.[9] Gewissheit über die Mordanschläge erhielt er aber erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 bei Durchsicht seiner Stasiakten.[10][11]

In der Frühphase seiner Trainerkarriere verpasste Berger 1984 und 1985 zweimal als Vierter der Zweiten Liga knapp den Aufstieg in die Bundesliga. Danach trainierte der Motivationskünstler Berger mehrere Bundesligavereine, die er oft vor dem Abstieg rettete, wodurch er sich den Spitznamen „Feuerwehrmann“ verdiente. Jedoch bekam er selten die Chance, eine Mannschaft über längere Zeit aufzubauen. Während der Weltmeisterschaft 1990 arbeitete er der deutschen Mannschaft zu, indem er in deren Auftrag andere Turnierspiele beobachtete.[12] Seine Bestleistungen als Trainer erreichte er mit zwei dritten Plätzen in der Bundesliga, 1990 mit Eintracht Frankfurt und 1996 mit dem FC Schalke 04. Im Oktober 1996 wurde er bei Schalke entlassen und von Huub Stevens abgelöst. Er konnte deshalb den Schalker UEFA-Pokal-Gewinn in derselben Saison nicht mehr als Trainer feiern.[3]

Nach kurzen Gastspielen 1997 beim FC Basel und 1998 beim Karlsruher SC rettete er 1999 als Trainer von Eintracht Frankfurt den Verein vor dem Abstieg in die 2. Bundesliga. Im Jahr 2000 übernahm Berger die Trainerposition beim türkischen Verein Bursaspor.[13] Dort war ihm zufolge eine professionelle Arbeit jedoch nicht möglich: 19 Präsidenten sollen versucht haben, die Mannschaftsaufstellung zu beeinflussen. Als der schnelle sportliche Erfolg ausblieb, wurde Berger direkt und indirekt mit dem Tode bedroht und er entschied sich, das Land schnellstmöglich zu verlassen. Erst fünf Jahre später gewann er den Prozess um seine Abfindung.[14]

Letzter großer Erfolg von Jörg Berger war der Einzug ins Finale um den DFB-Pokal mit dem Zweitligaverein Alemannia Aachen.[15] Jedoch wurde Bergers Vertrag nach der Niederlage gegen den amtierenden Deutschen Meister Werder Bremen und bei gleichzeitigem Nichtaufstieg in die Bundesliga einvernehmlich zum 30. Juni 2004 aufgelöst.[16]

Vom 17. November 2004 bis zum 14. August 2005 war er Cheftrainer von Hansa Rostock, stieg jedoch mit dem Verein am Ende der Bundesliga-Saison 2004/05 aus der Bundesliga ab und wurde in der folgenden Zweitligasaison nach einer 1:4-Niederlage gegen den TSV 1860 München bereits nach dem zweiten Spieltag entlassen.[17]

Danach arbeitete er als Experte für den Fernsehsender Premiere, unter anderem für dessen Berichterstattung über die 2. Liga.[18]

Am 6. März 2009 erschien seine Autobiografie Meine zwei Halbzeiten: Ein Leben in Ost und West,[19] in der sein Leben in der DDR und die von seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik 1979 bis 1990 reichende Verfolgung und Beobachtung durch die Staatssicherheit der DDR sowie sein Leben nach der Wende und seine Krebserkrankung dargestellt werden. Das Buch stieg bis auf Platz 8 der Spiegel-Bestsellerliste. Die erste Auflage war innerhalb von wenigen Tagen nach Erscheinen ausverkauft.[20][21]

Am 19. Mai 2009 wurde er als neuer Trainer von Arminia Bielefeld vorgestellt. Berger trat die Nachfolge von Michael Frontzeck an, der am 17. Mai 2009 auf dem Relegationsplatz stehend beurlaubt wurde.[22] Mit einem 2:2 am letzten Spieltag gegen Hannover 96 rutschte man auf einen direkten Abstiegsplatz. Berger verließ daraufhin den Verein nach nur einer Woche wieder.[23][24] Durch die Anstellung in Bielefeld ist Jörg Berger, gemeinsam mit Otto Rehhagel und Felix Magath, der Trainer mit den meisten trainierten Vereinen in der Bundesliga (8 Vereine) und den meisten Stationen als Trainer in der Bundesliga (9 Stationen).[25][26]

Anschließend betreute er[27][28][29] die deutsche Autorennationalmannschaft,[30] mit der er am 2. Mai 2010 in seinem letzten Spiel als Trainer Europameister wurde.[31]

Seit dem 23. Januar 2013 ziert ein Abbild von Jörg Berger eine der zwölf „Säulen der Eintracht“ im U-Bahnhof Willy-Brandt-Platz in Frankfurt.[32]

Berger war zweimal verheiratet und ist Vater von drei Kindern, einem Sohn aus erster Ehe mit der ehemaligen Leistungsschwimmerin Harriet Blank[33] und Zwillingstöchtern aus seiner zweiten Ehe.

2002 legte Berger als Trainer von Alemannia Aachen wegen einer Operation (Darmtumor) eine längere Pause ein.[34][35] 2005 unterzog er sich erneut einer Operation (Lebermetastasen).[36] Im November 2008 wurde wieder eine Chemotherapie begonnen.[37] Am 23. Juni 2010 erlag Jörg Berger den Folgen seines langen Krebsleidens.[38] Er wurde auf dem Friedhof des Duisburger Stadtteils Rahm beigesetzt.[39] Berger hat längere Zeit in der Stadt gewohnt.

  • mit Regina Carstensen: Meine zwei Halbzeiten – ein Leben in Ost und West. Rowohlt, Reinbek 2009, ISBN 978-3-498-00654-9.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. F.C. Hansa Rostock trauert um seinen ehemaligen Trainer Jörg Berger. F.C. Hansa Rostock
  2. Jörg Berger – Meine zwei Halbzeiten
  3. a b Jörg Berger im Interview: Stasi wollte Bundesliga-Trainer töten. In: Stern. 3. März 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  4. fuwo – Die neue Fußballwoche. 5. August 1975, Seite 13.
  5. Am Mittwoch im Audimax: „Thüringer Bücherfrühling 2009 mit Jörg Berger“. In: Webseite der Stadt Nordhausen. 11. Februar 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  6. Jörg Berger – Meine wilde Flucht in den Westen. In: Bild. 4. März 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  7. Trainer ohne Lizenz. In: Hamburger Abendblatt. 25. Juni 1979, abgerufen am 22. März 2021.
  8. Er will wieder trainieren: Jörg Berger kämpft sich zurück. In: Rheinische Post. 4. März 2009, archiviert vom Original am 9. März 2009; abgerufen am 15. Juni 2015.
  9. Fußball-Coach packt in Kerner-Show aus – Berger und der mysteriöse Stasi-Giftanschlag. In: Rheinische Post. 18. Mai 2001, archiviert vom Original am 26. August 2009; abgerufen am 15. Juni 2015.
  10. Philip Cassier: Der Trainer und die Stasi. In: Die Welt. 7. März 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  11. Jörg Berger: Trainer Jörg Berger So jagte mich die Stasi. In: Bild. 2. März 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  12. „Spione“ der deutschen Mannschaft. In: Hamburger Abendblatt. 6. Juni 1990, abgerufen am 6. November 2022.
  13. Berger in der Türkei: „Eine geradezu gespenstische Erfahrung“. In: Spiegel Online. 10. März 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  14. 11 Freunde-Magazin, März 2009, S. 26 und 27
  15. Jörg Berger fussballdaten.de
  16. Nach verpasstem Aufstieg und verlorenem Finale. Aachen: „Ära Jörg Berger“ ist zu Ende. In: Rheinische Post. 31. Mai 2004, abgerufen am 15. Juni 2015.
  17. Berger in Rostock entlassen. In: Berliner Zeitung. 15. August 2005, abgerufen am 15. Juni 2015.
  18. Fußball 2. Liga sky.de
  19. Jörg Berger – Meine zwei Halbzeiten rowohlt.de
  20. Bergers bewegende Biografie: „Meine zwei Halbzeiten“. (Memento vom 17. März 2009 im Internet Archive) SUPERillu
  21. Andreas Montag: Ein Mann redet Klartext – Fußball-Lehrer spricht über die DDR und seine Krebserkrankung. In: Mitteldeutsche Zeitung. 5. März 2009, abgerufen am 8. Juli 2021.
  22. Berger neuer Arminia-Trainer. Coach glaubt fest an Klassenerhalt / Vertrag bis zum Saisonende. In: Neue Westfälische. 19. Mai 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  23. Arminia Bielefeld: Berger nimmt Abschied. Schwick rechnet mit Dammeier ab. In: Kicker. 24. Mai 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  24. Bielefeld beendet Zusammenarbeit mit Berger. In: dpa-infocom, Rhein-Zeitung. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 5. März 2016; abgerufen am 15. Juni 2015.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/archiv.rhein-zeitung.de
  25. Jörg Berger. Trainersteckbrief. In: kicker.de. Abgerufen am 4. November 2017.
  26. Trainer: Wandervögel und Dauerbrenner. 1. November 2017, abgerufen am 4. November 2017.
  27. dfb.de
  28. Hendrik Baumann: Nationalelf der Autoren: Das Spiel lesen. In: Der Spiegel. 17. September 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  29. Feuerwehrmann Berger wird endlich Nationaltrainer. In: Die Welt. 15. September 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  30. wdr.de (Memento vom 15. Dezember 2010 im Internet Archive)
  31. Deutsche Autoren gewinnen die Europameisterschaft. dfb.de vom 2. Mai 2010
  32. „Säulen der Eintracht“ (Memento vom 17. Juni 2017 im Internet Archive).
  33. Jörg Berger: Fußball-Trainer im Gespräch mit Wolfgang Nadvornik@1@2Vorlage:Toter Link/www.br-online.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im März 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. (PDF) BR-Sendung vom 25. Mai 2007, 20:15 Uhr
  34. Walter M. Straten: BILD-Besuch beim krebskranken Jörg Berger „Ich stand schon an der Schwelle zum Tod“. In: Bild. 29. Dezember 2008, abgerufen am 15. Juni 2015.
  35. Krebskranker Jörg Berger – „Ich gebe nicht auf“. In: Spiegel Online. 11. November 2002, abgerufen am 15. Juni 2015.
  36. Jörg Berger – Krebs-Diagnose auf der Mailbox. In: Bild. 4. März 2009, abgerufen am 15. Juni 2015.
  37. Walter M. Straten: Wieder Chemo! Berger mit Glatze im TV – „Ich bin optimistisch, ein Kämpfer“. In: Bild. 10. November 2008, abgerufen am 15. Juni 2015.
  38. Jörg Berger ist tot. In: Rheinische Post. 24. Juni 2010, abgerufen am 15. Juni 2015.
  39. Klaus Nerger: Das Grab von Jörg Berger. In: knerger.de. Abgerufen am 10. März 2021.