Johannes Feest – Wikipedia
Johannes Feest[1][2] (* 21. November 1939 in Berlin) ist ein deutscher Kriminologe und Rechtssoziologe. Von 1974 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 2005 war er Professor für Strafverfolgung, Strafvollzug und Strafrecht sowie Leiter des Strafvollzugsarchivs an der Universität Bremen. Er ist der Autor zahlreicher Veröffentlichungen und Mit-Herausgeber des Alternativkommentars zum Strafvollzugsgesetz/den Strafvollzugsgesetzen (AK-StVollzG, ISBN 978-3-452-27536-3).
Ausbildung und Berufslaufbahn
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johannes Feest studierte Rechtswissenschaft in Wien und München sowie Soziologie in Tübingen und an der University of California, Berkeley.
Von 1967 bis 1969 war er Mitarbeiter von Dr. med. Hannes Kapuste an dessen Institut für Ausbildungsforschung in der Medizin in München. Von 1970 bis 1974 war er Referent für Kriminologie am Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht in Freiburg.
Beeinflusst von der US-amerikanischen Kriminalsoziologie verfasste er 1972 gemeinsam mit Erhard Blankenburg das Buch Die Definitionsmacht der Polizei. Strategien der Strafverfolgung und soziale Selektion, das zu den Schlüsselwerken der Kritischen Kriminologie gezählt wird, weil erstmals in Deutschland Polizeiarbeit im Lichte des Labeling Approach analysiert wurde.[3]
Von 1974 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand 2005 war Feest Professor für Strafverfolgung, Strafvollzug und Strafrecht an der Universität Bremen.[4] Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehörten das Recht und die Realität der Gefängnisse.[5]
Von 1995 bis 1997 leitete er das International Institute for the Sociology of Law im baskischen Oñati.
Von 1977 bis zu dessen Umzug an die Fachhochschule Dortmund im Jahre 2011 leitete er das von ihm an der Universität Bremen gegründete Strafvollzugsarchiv.[6]
Im Ruhestand beschäftigt er sich verstärkt mit Fragen der Bürgerrechte und Menschenrechte.
Verschiedenes
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2001 gründete er zusammen mit Barbara Alms, Inge Buck und Peter Derleder in Bremen das Lesetheater „Literarisches Quartier“ (LitQ).[7]
Seit 2009 ist er Mitglied der Jury des Ingeborg-Drewitz Literaturpreises für Gefangene.
Von 2011[5] bis 2014 war er Vorsitzender des Beirats des Instituts für Rechts- und Kriminalsoziologie in Wien.
Er ist Mitglied im Beirat des Kriminologischen Journals (KrimJ),[8] sowie Mitglied im Schildower Kreis, welcher sich für die Legalisierung von Drogen einsetzt.[9]
Nach ihm wurde der Johannes-Feest-Preis der „Europäischen Konferenzen zu Gesundheitsförderung in Haft“ benannt, der Personen, Initiativen und Institutionen auszeichnen soll, „die sich ganz wesentlich um eine Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung Gefangener verdient gemacht haben“.[10]
Seit 2022 ist er Mitglied des Vorstands der Humanistischen Union.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Feest ist mit der Juristin Christa Feest verheiratet; sie haben drei Kinder: die Philosophin Uljana Feest, den Juristen Caspar Feest und den Historiker David Feest. Der Ethnologe Christian Feest und der Künstler Gerhard Gleich sind seine Brüder.
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- (1972) Die Definitionsmacht der Polizei. Strategien der Strafverfolgung und soziale Selektion (mit Erhard Blankenburg). Düsseldorf: Bertelmann Universitätsverlag.
- (1985) Emil Sonnemann 1869–1950. Eine Chronik. Bremen: Zentraldruckerei der Universität 1985.
- (1997) Totale Institution und Rechtsschutz. Eine Untersuchung zum Rechtsschutz im Strafvollzug (mit Wolfgang Lesting und Peter Selling). Opladen: Westdeutscher Verlag.
- (2001) Adapting Legal Cultures (Hrsg., zusammen mit David Nelken). Oxford: Hart Publishing.
- (2009) Contempt of Court. Zur Wiederkehr des Themas der renitenten Strafvollzugsbehörden (mit Wolfgang Lesting). In: Festschrift für Ulrich Eisenberg zum 70. Geburtstag, München: C.H. Beck, S. 675–690.
- (2015) Abolition in the times of pre-crime. In: Thomas Mathiesen: The Politics of Abolition Revisited. New York: Routledge, 263-272.
- (2019) Manifest zur Abschaffung von Strafanstalten und anderen Gefängnissen.[11][12].
- (2020) Definitionsmacht, Renitenz, Abolitionismus. Texte rund um das Strafvollzugsarchiv. Springer Wiesbaden.
- (2021) Gerlinda Smaus: „Ich bin ich“. Beiträge zur feministischen Kriminologie(Hrsg., mit Brunilda Pali). Springer Wiesbaden.(2024 ist eine italienische Übersetzung unter dem Titel "IO SONO IO" im Verlag Castelvecchi erschienen).
- (2022) Strafvollzugsgesetze. Kommentar (Hrsg., mit Wolfgang Lesting und Michael Lindemann), 7. Auflage des AK StVollzG, Heymanns Verlag: Köln.
- Gefängnis-Abolitionismus als Kritische Kriminalpolitik in: Vorgänge. Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik 243 (Heft 3/2023), 21-31.
- (2024) Apartheid in Israel - Tabu in Deutschland? (mit Arne Andersen und Sebastian Scheerer), ISP Verlag: Köln.
Festschrift
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Sven-U.Burkhardt, Christine Graebsch, Helmut Pollähne (Hrsg.): Korrespondenzen. In Sachen: Strafvollzug, Rechtskulturen, Kriminalpolitik, Menschenrechte. Münster: LIT Verlag 2005, ISBN 978-3-8258-8658-5.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Johannes Feest im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Johannes Feest, Angaben der Universität Bremen
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Prof. Dr. Johannes Feest - Universität Bremen. Abgerufen am 15. November 2022 (deutsch).
- ↑ Prof. Dr. Johannes Feest | Autorenprofil und Werke | beck-shop.de. Abgerufen am 15. November 2022.
- ↑ Rafael Behr, Feest, Johannes / Blankenburg, Erhard (1972): Die Definitionsmacht der Polizei. Strategien der Strafverfolgung und soziale Selektion (mit Erhard Blankenburg). Düsseldorf: Bertelmann Universitätsverlag. In: Christina Schlepper / Jan Wehrheim (Hrsg.): Schlüsselwerke der Kritischen Kriminologie, Weinheim: Beltz Juventa, 2017, ISBN 978-3-7799-3484-4, S. 167–174.
- ↑ Kurzlebenslauf zu Johannes Feest ( vom 4. März 2016 im Internet Archive), Universität Bremen, abgerufen am 9. November 2017.
- ↑ a b Einstellen oder nicht?, taz vom 20. Juni 2013
- ↑ Jean-Philipp Baeck: Fundus für kritische Juristen. An der Uni Bremen verschwinden auch die letzten Projekte, die dem reform-orientierten Gründergeist entsprachen. Ende 2011 geht das Strafvollzugsarchiv In: die tageszeitung, 1. November 2011.
- ↑ Sven-U.Burkhardt, Christine Graebsch, Helmut Pollähne (Hrsg.): Korrespondenzen. In Sachen: Strafvollzug, Rechtskulturen, Kriminalpolitik, Menschenrechte. LIT Verlag, Münster 2005, S. 289.
- ↑ Kriminologisches Journal, Beirat, siehe Impressum, abgerufen am 8. November 2017.
- ↑ Informationen über die im Schildower Kreis aktiven Einzelpersonen. Schildower Kreis, abgerufen am 10. Dezember 2019.
- ↑ Siehe: 7. Europäische Konferenz zur Gesundheitsförderung in Haft „Den Jahren Leben geben“, Gustav-Stresemann-Institut, Bonn, 13. und 14. März 2014, (PDF).
- ↑ Maik Großekathöfer, DER SPIEGEL: Dieser Kriminologe will die Gefängnisstrafe abschaffen – DER SPIEGEL – Panorama. Abgerufen am 2. März 2020.
Personendaten | |
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NAME | Feest, Johannes |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Kriminalwissenschaftler und Rechtssoziologe |
GEBURTSDATUM | 21. November 1939 |
GEBURTSORT | Berlin |