Jonas Lüscher – Wikipedia

Jonas Lüscher auf der Frankfurter Buchmesse 2018

Jonas Lüscher (* 22. Oktober 1976 in Schlieren) ist ein schweizerisch-deutscher Schriftsteller und Essayist.

Jonas Lüscher wurde 1976 in Schlieren bei Zürich geboren. Er wuchs in Bern auf, wo er auch von 1994 bis 1998 das Evangelische Lehrerseminar Muristalden (heute Campus Muristalden genannt) besuchte (Ausbildung zum Primarlehrer). Nach einigen Jahren als Dramaturg und Stoffentwickler in der Münchner Filmwirtschaft studierte er an der Hochschule für Philosophie München (2005 bis 2009). Nebenbei arbeitete Lüscher als freiberuflicher Lektor.

Sein Studium schloss er 2009 mit der Erlangung eines Magistergrades ab. Anschließend folgten zwei Jahre als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut TTN (Technik-Theologie-Naturwissenschaften) an der Ludwig-Maximilians-Universität, gleichzeitig arbeitete er als Ethiklehrer an der Staatlichen Wirtschaftsschule München/Pasing.

2011 wechselte Lüscher an die ETH Zürich. Er schrieb dort bei Michael Hampe an einer Dissertation über die Bedeutung von Narrationen für die Beschreibung sozialer Komplexität vor dem Hintergrund von Richard Rortys Neo-Pragmatismus. 2012/2013 verbrachte er mit einem Stipendium des Schweizerischen Nationalfonds neun Monate als Visiting Researcher am Comparative Literature Department der Stanford University. Zum Jahresende 2014 verließ Lüscher die ETH, ohne seine Dissertation abzuschließen.

Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland und im PEN Berlin. Seine erste Novelle Frühling der Barbaren[1] wurde 2013 für den Deutschen Buchpreis nominiert, ebenso für den Schweizer Buchpreis[2]. Lüscher erhielt mehrere Auszeichnungen; für seinen Roman Kraft wurde ihm 2017 der Schweizer Buchpreis verliehen. 2018 wurde er als ordentliches Mitglied in die Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Abteilung Literatur) gewählt.[3] 2021 trat er aus Protest gegen die verständnisvollen Äußerungen des Akademiepräsidenten Winfried Nerdinger zur coronaskeptischen Kunstaktion allesdichtmachen aus der Akademie aus.[4]

Während der COVID-19-Pandemie im März 2020 erkrankte Lüscher an COVID-19. Nach Auftreten einer schweren Lungenentzündung lag er sieben Wochen im Koma auf der Intensivstation, wo er künstlich beatmet wurde.[5] Nach seiner Genesung kritisierte er neben Verschwörungstheoretikern auch Immunologen, welche die Gefährlichkeit dieser Krankheit für Menschen ohne Vorerkrankungen verharmlosten. Die Pandemie offenbare gesellschaftliche Probleme in aller Deutlichkeit, meinte Lüscher weiter.[6] Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine 2022 sagte er, dass für ihn die scheinbare Gewissheit des Friedens schon mit der Annexion der Krim 2014 hinfällig gewesen sei, und man im Übrigen einfach ernst nehmen müsse, was aus Moskau zu hören sei; die angekündigte Zerstörung der Kultur der Ukrainer und deren „Umerziehung“ seien das Programm eines faschistischen Regimes in Moskau.[7]

Lüscher lebt mit seiner Frau, der Schauspielerin und Regisseurin Ulrike Arnold, seit 2001 in München, er ist schweizerisch-deutscher Doppelbürger.[8][9]

  • Stefan Hofer-Krucker Valderrama: Die perpetuierte Katastrophe. Globalisierung und ihre Schattenseiten in Jonas Lüschers „Frühling der Barbaren“. Mit einigen literaturdidaktischen Anmerkungen. In: Almut Hille, Sabine Jambon, Marita Meyer (Hrsg.): Globalisierung – Natur – Zukunft erzählen. Aktuelle deutschsprachige Literatur für die Internationale Germanistik und das Fach Deutsch als Fremdsprache. München 2015, S. 39–57.
  • Yvonne Hütter: Ethics and Aesthetics in Jonas Lüscher’s „Barbarian Spring“. In: Primerjalna književnost, No. 40.2, 2017, S. 149–163.Digitalisat
  • Jonas Lüscher im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • Kathrin Klohs: Jonas Lüscher im Kritischen Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Commons: Jonas Lüscher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Interview und Buchkritik: Jonas Lüscher – »Frühling der Barbaren«, mit Video-Interview, literaturcafe.de, 22. Mai 2013.
  2. Medienmitteilung des Vereins LiteraturBasel und des SBVV (Memento vom 29. Oktober 2013 im Internet Archive), 19. September 2013.
  3. Jonas Lüscher. In: www.badsk.de. Abgerufen am 3. Februar 2020.
  4. Süddeutsche Zeitung: Bayerische Akademie der Künste: Austritte gegen Nerdinger. Abgerufen am 27. Dezember 2023.
  5. Interview: «Ich bin im Koma an Corona gestorben und wieder auferstanden», Watson, 3. April 2021, abgerufen am 4. April 2021.
  6. Interview mit Jonas Lüscher: «Diese Leute sind eine Katastrophe», tagesanzeiger.ch, 8. August 2020, abgerufen am 11. August 2020.
  7. «Es geht nur darum, wer gewinnt», Jonas Lüscher im Interview, Tages-Anzeiger, 12. Mai 2022, S. 27
  8. Gerhard Lob: Doppelte Staatsbürgerschaft: Von der Ausnahme zunehmend zur Norm. In: Swissinfo. 18. Dezember 2018, abgerufen am 1. Juli 2021.
  9. Süddeutsche Zeitung vom 9. April 2013.
  10. mathis-nitschke.com/wp/jetzt-de/ (Memento vom 9. Dezember 2014 im Internet Archive)
  11. Jonas Lüscher: Die unanständige Mehrheit. In: Tages-Anzeiger. 31. Juli 2013, ISSN 1422-9994 (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 28. Oktober 2017]).
  12. Ein Essay von Jonas Lüscher: Im Geisterhaus. In: Tages-Anzeiger. 24. April 2015, ISSN 1422-9994 (tagesanzeiger.ch [abgerufen am 28. Oktober 2017]).
  13. Esther Schneider: «Kraft» von Jonas Lüscher. Schweizer Radio und Fernsehen SRF, 29. Januar 2017, abgerufen am 28. Oktober 2017 (Schweizer Hochdeutsch).
  14. Die Bundesregierung Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters Meldung vom 18. Februar 2014: Franz-Hessel-Preis. Deutsch-französischer Literaturpreis verliehen, abgerufen am 19. Februar 2014
  15. Schweizer Autor in Deutschland ausgezeichnet. (Memento vom 25. Oktober 2015 im Internet Archive) In: Neue Luzerner Zeitung online, 23. Oktober 2015.