Klassmeier (Orgelbauer) – Wikipedia

Klassmeier (auch: Klassmeyer und Klaßmeier) ist der Familienname einer deutschen Orgelbauerfamilie in Kirchheide bei Lemgo, die zwischen 1872 und 1942 mehr als 200 Orgeln schuf.

Ernst Klassmeier (* 2. Februar 1840 in Talle; † 16. Januar 1926 in Lemgo) erlernte den Klavierbau bei Theophil Mann in Bielefeld und den Orgelbau bei Carl Krämer in Osnabrück. Bis 1872 arbeitete er bei Friedrich Ladegast in Weißenfels. Er entwickelte 1878 eine Form der Kegellade, bei der die Kegelventile ausgewechselt werden konnten.[1] Dennoch hatten seine Orgeln bis in die 1880er Jahre hinein in den Manualen mechanische Schleifladen und nur im Pedal Kegelladen. Ab den 1890er Jahren setzte er im Pedal die Röhrenpneumatik ein, während die Manuale Kegelladen hatten. Nach der Ausstellung auf der Gewerbeschau in Detmold im Jahr 1881 erhielt er den Titel „Schaumburg-Lippischer Hoforgelbauer“. Anlässlich seines 25-jährigem Geschäftsjubiläums verlieh ihm der Prinzregent Adolf von Lippe die goldene Verdienstmedaille.[2] Bis zum Jahr 1900 baute er 80 neue Orgeln, die nach Rheinhessen, Westfalen, Rheinland und die Niederlande geliefert und vereinzelt auch ins außereuropäische Ausland exportiert wurden. Seinem Sohn Friedrich übergab er 1907 den Betrieb.[3]

Friedrich Klassmeier (* 1880 in Talle; † 1943 in Lemgo) erlernte das Orgelhandwerk von Goebel und Furtwängler und machte von der weiterentwickelten Pneumatik Gebrauch. Er baute auf ihrer Grundlage zahlreiche Spielhilfen ein, wie beispielsweise die Melodiekoppel. Statt Registerwippen bevorzugte er Tasten. 1942, ein Jahr vor seinem Tod, erlosch die Firma, die im Jahr 1926 ihr Opus 200 ausgeliefert hatte.[3]

Die Klassmeier-Orgeln zeichnen sich durch hohes handwerkliches Können aus und sind stilistisch der Romantik verpflichtet. Zahlreiche Werke gingen durch die Orgelbewegung und durch Orgelneubauten während des Wirtschaftswachstums in den 1950er und 1960er Jahren verloren.[4]

Werkliste (Auswahl)

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Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1876 Reelkirchen Evangelische Kirche II/P 17 1592 ist ein erster Orgelbau mit I/7 erwähnt
1869 Neubau durch August Randebrock, Paderborn, mit mechanischen Schleifladen
1880 Versetzung von der West- auf die Südempore
ab 1966 Ankauf der 1876 von Ernst Klaßmeier, Kirchheide, als Opus 6 gebauten Orgel für die reformierte Kirche in Augustdorf.
1970 Fertigstellung durch Gustav Steinmann, Vlotho
Überarbeitung der Manual-Zwillingslade,
Aufstellung des Klaßmeier-Pfeifenwerks und Intonation, Erweiterung der Pedallade Randebrocks und Aufstellung hinter dem Hauptgehäuse.
Die Mixtur ist neu von Steinmann, der Choralbaß 4 im Pedal noch von Randebrock.
1877 Wüsten Evangelische Kirche II/P Neubau; nicht erhalten
1877 Kalletal-Lüdenhausen Ev.-ref. Kirche II/P 15 Prospekt erhalten; Pfeifenwerk von Detlef Kleuker (1975)[5]
1881 Hüllhorst-Schnathorst Ev.-luth. Kirche II/P 12 von Detmolder Gewerbeausstellung erworben; 1936 und 1978 Erweiterungsumbauten[6]
1886 Bielefeld Zionskirche (Bethel) II/P nicht erhalten
1887 Barntrup Ev.-ref. Kirche II/P 13 1965 Umbau durch Gustav Steinmann[7]
1894 Warendorf Christuskirche II/P 16 1978 Neubau von Paul Ott hinter erhaltenem Klassmeier-Prospekt[8]
1896–1897 Hartum Evangelische Kirche II/P 19 nahezu vollständig erhalten; neugotischer Prospekt[9]
1898 Gelsenkirchen-Buer-Erle Dreifaltigkeitskirche II/P etwa 20 1951 Umbau durch Förster & Nicolaus, 1977 Erweiterungsumbau durch Karl Schuke; 16 Register erhalten[10]
1899 Hörste (Halle) Evangelische Kirche II/P 17 mit Manual-Wechselschleife; nahezu unverändert erhalten[11]
1900 Hillentrup Evangelische Kirche
II/P 16 1975 Neubau durch Detlef Kleuker, Brackwede im alten Gehäuse.

Dabei wurde das Gehäuse geschlossen.

2003 Restaurierung durch Stephan Oppel, Schmallenberg. Neuintonation. Gesehen 24. Juni 2022.

1907 Holzwickede Evangelische Kirche II/P 21 weitgehend erhalten[12]
1907 Ibbenbüren-Laggenbeck Johanniskirche II/P 11 nahezu unverändert erhalten[13]
1912–1914 Stapelmoor Stapelmoorer Kirche II/P Neubau hinter dem Prospekt von Eike Schulte (1848); nicht erhalten
1914 Greetsiel Greetsieler Kirche
I/p 6 Neubau hinter dem Gehäuse von Johann Friedrich Constabel; nicht erhalten
1924 Leer (Ostfriesland) Große Kirche II/P 27 Austausch einiger Register der Orgel von Albertus Antonius Hinsz (1763–1766); Klassmeier-Register nicht erhalten
1927 Emden Große Kirche III/P 51 im Zweiten Weltkrieg zerstört
1932–1933 Lemgo St. Marien
II/P 20 Rekonstruktion der Scherer-Orgel (1612–1613) unter Mitwirkung von Christhard Mahrenholz; nicht erhalten
1935 Oldersum Oldersumer Kirche II/P 19 1965 aufgrund von Feuchtigkeitsschäden ersetzt[14]

Einzelnachweise

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  1. Nickles: Orgelinventar der Krummhörn und der Stadt Emden. 1995, S. 140.
  2. Zeitschrift für Instrumentenbau 1896/1897. Band 17. Leipzig 1897, S. 645.
  3. a b Fischer: 100 Jahre Bund deutscher Orgelbaumeister. 1991, S. 226.
  4. Thiel: Ernst Klaßmeier, Friedrich Klaßmeier. 2009.
  5. Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe. 2006, S. 181.
  6. Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe. 2006, S. 174 f.
  7. Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe. 2006, S. 43.
  8. Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe. 2006, S. 333.
  9. Jürgen Brandhorst: Die Orgeln der Kirche in Hartum. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaues im Mindener Land. Mitteilungen des Mindener Geschichtsvereins. Jahrgang 61, 1989, S. 131–137.
  10. Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe. 2006, S. 129.
  11. Orgel in Hörste, gesehen 20. Februar 2012.
  12. Orgel in Holzwickede, gesehen 20. Februar 2012.
  13. Reuter: Historische Orgeln in Westfalen-Lippe. 2006, S. 175.
  14. Geschichte der Orgel in Oldersum