Bischöfliches Knabenseminar – Wikipedia
Als Bischöfliches Knabenseminar, Kleines Seminar oder Bischöfliches Studienseminar bezeichnete man ein Internat der Katholischen Kirche für Knaben, die den Wunsch haben, Priester zu werden.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim Konzil von Trient (1545–1563) wurde beschlossen, dass
- „jede Kathedral-, Metropolitan- oder noch höhere Kirche […] eine gewisse Zahl von Knaben aus der Stadt und der Diözese […] in einem Kollegium […] zu verpflegen, religiös zu erziehen und in den kirchlichen Wissenschaften heranzubilden verpflichtet sein soll.“ (Sess. XXIII c. 18)
Das Knabenseminar wurde von einem Rektor gemeinsam mit dem Vizerektor geleitet; einem Spiritual oblag die Gestaltung des religiösen Lebens. Die erzieherische Betreuung der Zöglinge erfolgte durch Studienpräfekten. Der Eintritt der Knaben erfolgte meist mit 10 Jahren. Sie blieben im Knabenseminar bis zur Matura bzw. bis zum Abitur. Danach hatten sie die Möglichkeit, in ein Priesterseminar einzutreten.
Im deutschsprachigen Raum wurden die ersten bischöflichen Knabenseminare bereits wenige Jahrzehnte nach dem Konzil von Trient gegründet; parallel dazu erfolgte bald die Gründung von Jesuitenschulen. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den 1960er Jahren wurden die Knabenseminare zunehmend für alle katholischen Schüler geöffnet und dienen einer allgemeinen christlichen Erziehung und nicht mehr speziell der Hinführung auf das Priesteramt. Vielfach sind sie heute koedukative Privatschulen mit angegliedertem Internat.
Das Katholische Kirchenrecht (CIC von 1983) fördert die Einrichtung der „Kleinen Seminare“, legt aber fest, dass in jedem Fall die allgemeine Hochschulreife erworben werden muss; ein „Fachabitur“ für Theologen ist damit ausgeschlossen:
- Can. 234 - § l. Wo Kleine Seminare oder andere Einrichtungen dieser Art bestehen, sind sie beizubehalten und zu fördern; in diesen ist zur Förderung von Berufungen dafür zu sorgen, dass eine besondere religiöse Bildung in Verbindung mit einer geistes- und naturwissenschaftlichen Ausbildung vermittelt wird; wo es der Diözesanbischof für nützlich hält, hat er die Errichtung eines Kleinen Seminars oder einer ähnlichen Einrichtung zu veranlassen.
- § 2. Wenn nicht in bestimmten Fällen die Umstände etwas anderes nahelegen, sind die Jugendlichen, die sich mit dem Gedanken tragen, auf das Priestertum zuzugehen, mit der geistes- und naturwissenschaftlichen Ausbildung auszustatten, mit der Jugendliche in dem jeweiligen Gebiet für das Hochschulstudium vorbereitet werden.
Liste von aktuellen und ehemaligen Knabenseminaren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Knabenseminare in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Baden-Württemberg
- Kolleg St. Josef in Ehingen (Donau), Bistum Rottenburg-Stuttgart (ehemals)
- Erzbischöfliches Studienheim St. Georg in Freiburg im Breisgau, Erzbistum Freiburg (ehemals)
- Konradihaus in Konstanz, Erzbistum Freiburg (1864–1999)
- Erzbischöfliches Knaben- und Gymnasialkonvikt St. Bernhard in Rastatt, Erzbistum Freiburg (1898–1981)
- Fidelishaus in Sigmaringen, Erzbistum Freiburg (1856–2003)
- Erzbischöfliches Studienheim St. Michael in Tauberbischofsheim, Erzbistum Freiburg (1871-[?])
- Bayern
- Haus St. Richard, Eichstätt, aufgelöst 1985
- Kleines Seminar St. Willibald, Eichstätt aufgelöst 1991
- Knaben- und Studienseminar St. Wunibald, Eichstätt aufgelöst 1980
- Ottanium in Bamberg, Erzbistum Bamberg, gegründet 1828, aufgelöst 1999
- Studienseminar St. Michael in Traunstein, Erzbistum München und Freising, seit der Gründung 1929 mit schulischer Ausbildung am staatlichen Chiemgau-Gymnasium Traunstein[2]
- Bischöfliches Studienseminar Sankt Wolfgang, Straubing, gegründet 1885, aufgelöst 1995[3]
- Bischöfliches Knabenseminar St. Joseph, Dillingen an der Donau, Diözese Augsburg, gegründet 1862, aufgelöst 19??[4]
- Bischöfliches Studienseminar St. Magnus, Kempten, gegründet 1952, aufgelöst 1987[1]
- Bischöfliches Studienseminar Weiden in der Oberpfalz, gegründet 1955, geschlossen 1989[5]
- Bischöfliches Studienseminar St. Altmann, Burghausen, gegründet 1956, geschlossen 1990[6]
- Nürnberg, gegründet 1957[1], 1998 geschlossen
- Bischöfliches Studienseminar Kilianeum Würzburg, gegründet 1871, geschlossen 1998
- Bischöfliches Studienseminar Kilianeum Miltenberg, gegründet 1927, 1995 geschlossen 1982
- Bischöfliches Studienseminar Kilianeum Bad Königshofen, gegründet 1964[1], 1995 geschlossen
- Bischöfliches Studienseminar und Ordensseminar im Kloster Metten, beide 1939 geschlossen, Klosterinternat und Mädcheninternat der Armen Schulschwestern U. L. F. 2017 geschlossen, seit 1969 gemischtes Gymnasium
- Studienseminar St. Wolfgang, im Stift Obermünster, Regensburg, gegründet 1882, geschlossen 1998[7]
- Gymnasium und Internat der Benediktiner in Schäftlarn, gegründet 1884
- Nordrhein-Westfalen
- Collegium Marianum in Bonn, Erzbistum Köln (ehemals)
- Liborianum, Erzbischöfliches Knabenseminar in Paderborn (1847–1979), jetzt Bildungsstätte des Erzbistums Paderborn
- Collegium Josephinum, Erzbischöfliches Jungeninternat (Konvikt) in Bad Münstereifel (1856–1995)
- Apostolische Schule des Ordens der Legionäre Christi, 2008 in Bad Münstereifel eröffnet
Knabenseminare in Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Knabenseminar Hollabrunn (Erzdiözese Wien), als Knabenseminar bis 1992, heute nur Gymnasium.
- Knabenseminar Sachsenbrunn (Erzdiözese Wien), als Knabenseminar 1959 bis 1992, heute nur Gymnasium.
- Bischöfliches Gymnasium Petrinum (Diözese Linz), als Knabenseminar bis 1999.
- Knabenseminar Marianum (Klagenfurt, Diözese Gurk), seit 1946 in Tanzberg
- Knabenseminar Tanzenberg (Diözese Gurk), heute Bundesgymnasium
- Kollegium Borromaeum Salzburg (Erzdiözese Salzburg), heute Erzbischöfliches Privatgymnasium
- Bischöfliches Seminar Graz der Diözese Graz-Seckau, als Teil des Bischöflichen Zentrums für Bildung und Berufung „Augustinum“
- Bischöfliches Gymnasium Paulinum der Diözese Innsbruck, seit 1999 (Schließung des Internates) Gymnasium unter kirchlicher Trägerschaft
- Bischöfliches Knabenseminar Mattersburg der Diözese Eisenstadt, bis 1998
- Bischöfliches Seminar Melk
Knabenseminare in Südtirol-Trentino (Italien)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johanneum in Dorf Tirol, Südtirol, Erzdiözese Trient: ab 1840 in Bozen, ab 1878 in Meran, von 1928 bis zur Schließung 2001 in Dorf Tirol
- Vinzentinum in Brixen, Südtirol, Diözese Bozen-Brixen: heute humanistisches Gymnasium und Schülerheim.
- Collegio Arcivescovile Celestino Endrici in Trient, Erzdiözese Trient: 1872 bis 2013, heute Gymnasium, Schüler- und Studentenheim der Erzdiözese Trient
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Volker Laube: Bischöfliche Knabenseminare. In: Historisches Lexikon Bayerns
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Historisches Lexikon Bayern: Bischöfliche Knabenseminare
- ↑ Volker Laube: Das Erzbischöfliche Studienseminar St. Michael in Traunstein und sein Archiv (= Schriften des Archivs des Erzbistums München und Freising 11). Regensburg 2006.
- ↑ Xaver Arbesmeier: Festschrift zum 100jährigen Bestehen des Bischöflichen Studienseminars. Straubing, Juli 1985.
- ↑ Joseph Funk (Hrsg.): Das Bischöfliche Knabenseminar St. Joseph in Dillingen. Jubiläums-Festschrift, Dillingen 1912.
- ↑ Bischöfliches Studienseminar Weiden in der Oberpfalz 1955-1989. Erinnerungschronik an 34 Jahre Seminar Weiden herausgegeben an alle ehemaligen Schüler anläßlich der Schließung des Seminars am 31. August 1989 vom Direktorat des Bischöflichen Studienseminars Weiden. Weiden 1989.
- ↑ Dionys Asenkerschbaumer, Ludger Trost, Josef Fischer: Heilig Geist Burghausen – Spital – Krankenhaus – Seminar St. Altmann – Haus der Begegnung. Burghausen 2012, ISBN 978-3-00-039565-9.
- ↑ Christian Vieracker: Das Bischöfliche Studienseminar St. Wolfgang in Regensburg. Schlaglichter zur Geschichte des Knabenseminars Obermünster – Westmünster. Universitätsverlag Regensburg, Regensburg 1999, ISBN 3-930480-70-0.