Konew-Denkmal (Prag) – Wikipedia
Das Konew-Denkmal (tschechisch: Pomník maršála Koněva) in Prag wurde zu Ehren des sowjetischen Marschalls Iwan Stepanowitsch Konew errichtet und befand sich in den Jahren 1980 bis 2020 am náměstí Interbrigády (Platz der internationalen Brigaden) im Stadtteil Prag 6 - Bubeneč. Die überlebensgroße bronzene Statue des Marschalls stand auf einem hohen Sockel. Konew hielt in seiner Rechten einen Fliederstrauß, mit dem Prager Bürger am 9. Mai 1945 die Soldaten der Roten Armee willkommen hießen, seine Linke hob er zum Gruß.
Seit den 1990er Jahren wurde das Denkmal zunehmend kontrovers diskutiert. Die Gegner forderten seine Entfernung und wiesen auf Konews Beteiligung an der blutigen Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstandes 1956, am Bau der Berliner Mauer 1961 und an der Invasion sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei 1968. Das Denkmal wurde wiederholt mit roter Farbe und mit Graffiti beschmiert. Im April 2020 hat die Bezirksverwaltung von Prag 6 die Statue schließlich entfernt und vorläufig in einem Museumsdepot gelagert. Die Entfernung der Statue führte zu scharfen Protesten des russischen Außenministeriums.
Aufstellung des Denkmals
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Denkmal ist ein Werk des Bildhauers Zdeněk Krybus und des Architekten Vratislav Růžička. Es wurde am 9. Mai 1980, dem 35. Jahrestag der Befreiung der Tschechoslowakei, feierlich enthüllt.[1][2] Eine bronzene Gedenktafel würdigte Marschall Konews Verdienste bei der Befreiung von Prag am Ende des Zweiten Weltkriegs. Übersetzung der tschechischen Inschrift: „Bedeutender Heerführer Marschall Iwan Stepanowitsch Konew, zweifacher Held der Sowjetunion und Held der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, Befehlshaber der Truppen der 1. Ukrainischen Front, die Prag am 9. Mai 1945 vor der Zerstörung retteten.“[3]
Auseinandersetzungen um das Denkmal
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schon seit den 1990er Jahren wurden kontroverse Diskussionen um Denkmäler aus der Zeit des vergangenen kommunistischen Regimes geführt. In Prag hat man z. B. im Jahr 1991 die monumentale Lenin-Statue im Stadtteil Dejvice und das Denkmal mit einem sowjetischen Panzer im Stadtteil Smíchov (den Rosa Panzer) entfernt.
Als Folge der andauernden Proteste gegen das Konew-Denkmal nahm der Stadtrat von Prag 6 ein Kompromissvorschlag an und beschloss, erläuternde Informationstafeln anzubringen. Sie sollten nicht nur an Konews Verdienste bei der Befreiung von Prag erinnern, sondern auch auf seine unrühmliche Rolle bei den Geschehnissen der Jahre 1956, 1961 und 1968 hinweisen. Die drei neuen Gedenktafeln in tschechischer, russischer und englischer Sprache hat der Stadtrat am 21. August 2018, am 50. Jahrestag der Invasion der sowjetischen Armee in die Tschechoslowakei, enthüllt.[4] Text der Inschrift stammte vom Prager Militärhistorischen Institut, das auch schon die ursprüngliche Inschrift von 1980 formulierte.[2]
Übersetzung der neuen Inschrift: „Iwan Stepanowitsch Konew befehligte die 1. Ukrainische Front, deren Truppen für den endgültigen Angriff auf Berlin eingesetzt waren und Nord-, Mittel- und Ostböhmen befreiten. Sie waren die Ersten, die am 9. Mai 1945 in Prag einmarschierten. Im Herbst 1956 leitete er die Niederschlagung des Ungarischen Aufstandes durch die sowjetische Armee und beteiligte sich 1961 als Kommandeur der sowjetischen Truppen in Berlin an der Lösung der sogenannten Berlin-Krise durch den Bau der Berliner Mauer. In 1968 unterstützte er persönlich die geheimdienstliche Überwachung vor der Invasion der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei.“[3]
Die Entscheidung für die neuen Gedenktafeln unterstützen alle politischen Parteien im Stadtrat außer den Kommunisten. Gegen die neuen Tafeln protestierten in einem offenen Brief an den tschechischen Außenminister die Botschafter von Russland, Belarus, Armenien, Aserbaidschan und Kasachstan.[5]
Das Konew-Denkmal blieb weiterhin Zielscheibe von Vandalismus und wurde wiederholt mit roter Farbe und mit Parolen beschmiert. Am 30. August 2019 ließ der Stadtrat die Statue mit einem Gerüst umgeben, um das eine Plane gespannt wurde. Damit wollte man Zeit bis zur endgültigen Entscheidung über die Zukunft des Denkmals gewinnen. In den darauffolgenden Tagen haben Aktivisten mehrmals versucht, die Plane niederzureißen.[6]
Entfernung des Denkmals
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 12. September 2019 beschloss der Stadtrat, die Konew-Statue endgültig vom Platz zu entfernen.[7] Sie wurde am 3. April 2020 vom Sockel abgenommen und vorläufig in ein Museumsdepot gebracht. Sie soll Teil einer Ausstellung zur Erinnerung an das 20. Jahrhundert werden. Der Stadtrat plant am náměstí Interbrigády ein neues Denkmal zu errichten, das an Prags Befreiung am Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert.[8]
Das russische Außenministerium und die russische Botschaft in Tschechien reagierten mit einem scharfen Protest beim tschechischen Außenministerium und bezeichneten die Entfernung des Denkmals als eine Verletzung des tschechisch-russischen Freundschaftsvertrags von 1993.[9][8] Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu bat den Chef der russischen Ermittlungsbehörde, Alexander Bastrykin, die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen Personen, die für den Denkmalsturz verantwortlich sind, zu prüfen.[10]
Im April 2020 erhielt der Bürgermeister von Prag 6, Ondřej Kolář, einen Polizeischutz.[11][12]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ivan S. Koněv, arch. Růžička Vratislav, Krybus Zdeněk. Katalog der öffentlichen Skulpturen der Hauptstadt Prag, abgerufen am 5. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ a b Jakub Adamus,Jakub Hošek: Artchiv: Maršál Koněv jako pěšák v boji o výklad českých dějin. Česká televize, 25. Februar 2020, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ a b KONĚV Ivan Stěpanovič Gedenktafel an der Koněv-Statue am Náměstí Interbrigády, Praha 6 Bubeneč. Abgerufen am 5. Mai 2021 (tschechisch)
- ↑ Markéta Kachlíková: Prag streitet um Denkmal des Sowjet-Marschalls. Radio Prague International, 23. August 2018, abgerufen am 8. Mai 2021.
- ↑ Eva Mošpanová: Pražskou sochu maršála Koněva řeší velvyslanci i ruské ministerstvo. Česká strana neskrývá překvapení. Český rozhlas – iROZHLAS, 4. Januar 2018, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ Třetí incident od zakrytí památníku Koněva. Muž přeřezal pásky u plachty. iDNES.cz, 31. August 2019, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ Lothar Martin: Stadtrat von Prag 6: Konew-Statue wird verlegt, neues Denkmal entsteht. Radio Prague International, 13. September 2019, abgerufen am 8. Mai 2021.
- ↑ a b Koněv míří do depozitáře. Praha 6 odstranila sochu sovětského maršála. Česká televize, 4. März 2020, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ Till Janzer: Sechster Prager Stadtbezirk lässt Denkmal für umstrittenen Sowjetmarschall entfernen. Radio Prague International, 3. April 2020, abgerufen am 8. Mai 2021.
- ↑ Rusko proti ničení pomníků. Ministr údajně chce stíhat i odstranění Koněvovy sochy. Česká televize, 8. April 2020, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ Tschechien: Angebliche Mordpläne wegen sowjetischer Statue. ORF.at, 29. April 2020, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
- ↑ Policie mě chrání kvůli Rusovi, který mě má zlikvidovat, říká starosta Prahy 6. Cílem je prý i Hřib a Novotný. lidovky.cz, 28. April 2020, abgerufen am 8. Mai 2021 (tschechisch).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Konew-Statue auf dem Prager Stadtplan (verschwundene Orte und Objekte).
- Niklas Zimmermann: Die Verräter sind die anderen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. September 2019, abgerufen am 8. Mai 2021.
- Frank Herold: Prag stürzt einen sowjetischen Marschall. Der Tagesspiegel, 5. Mai 2020, abgerufen am 8. Mai 2021.
- Philipp Fritz: Was der Streit um ein Denkmal über Russlands Politik verrät. Die Welt, 24. November 2019, abgerufen am 8. Mai 2021.