Krüppel – Wikipedia

Zeichnung eines „verkrüppelten“ Mannes mit Krücken
Darstellung eines Krüppels im Wappen von Kröpelin (redendes Wappen auf Basis der Umdeutung des slawischen Ortsnamens)

Der Ausdruck Krüppel bezeichnet ursprünglich einen in seiner körperlichen Bewegungsfähigkeit dauerhaft behinderten Menschen. Auch jemand, dem von Geburt an oder durch äußere Einwirkungen Gliedmaßen fehlen, wurde als verkrüppelt bezeichnet.

Etymologie

Der Ausdruck Krüppel im Deutschen entstammt dem mittelniederdeutschen kröpel ‚der Gekrümmte‘, welches ein Erbwort aus dem Altsächsischen krupil und ultimativ auf eine rekonstruierte urgermanische Wurzel *krupilaz ‚tendierend/geneigt zu kriechen, Krüppel‘ zurückzuführen ist. Man kann dieses Nomen in vielen germanischen Sprachen nachweisen, so z. B. im Englischen cripple oder isländisch kryppill.

Das dazu verwandte Verb *kreupaną ‚drehen, krümmen, kriechen‘ ist im Deutschen nur noch auf Dialektebene nachweisbar (u. a. ripuarisch kruffe ‚schleichen, kriechen‘), war aber noch im Mittelhochdeutschen als kriefen vertreten. Es besteht unter anderem in Englisch to creep und Niederländisch kruipen fort.

Heutige Bedeutung

Das Wort Krüppel fand sich wertneutral bis ins 20. Jahrhundert in Begriffen wie Krüppelheim, Vollkrüppelheim, Krüppelheilanstalt, Krüppelfürsorge und Krüppelfürsorgesetz. Noch bis in die Zeit des Nationalsozialismus, in der das Wort „Versehrter“ an die Stelle von „Krüppel“ für einen durch Unfall, Verletzung oder Verwundung Körperbehinderten trat, widmeten sich Organisationen, Zeitschriften und Kongresse der Bekämpfung des Krüppeltums und der Krüppelfürsorge (im Sinne von orthopädische Behandlung[1]).

Das Wort „Krüppel“ wird aufgrund der folgenden Bedeutungsverschlechterung als Schimpfwort verstanden, das nicht nur eine körperliche oder geistige Behinderung feststellt, sondern einem missliebigen Menschen mittels dieser Beleidigung eine solche Behinderung zuspricht. Die Krüppelbewegung nimmt dieses Wort selbstbewusst im Sinne eines Geusenwortes für sich in Anspruch: Seit dem Krüppeltribunal in Dortmund am 13. Dezember 1981, einer der wichtigsten Protestaktionen der autonomen deutschen Behindertenbewegung (in Konfrontation mit der etablierten Behindertenhilfe) gegen das Internationale Jahr der Behinderten 1981, gegen Menschenrechtsverletzungen in Pflegeheimen, in Werkstätten für Behinderte und in der Psychiatrie sowie gegen Mängel des öffentlichen Personennahverkehrs setzte auch in Deutschland ein Umdenken ein.[2] Zwischen 1980 und 1985 erschien die „Krüppel-Zeitung“, eine Zeitschrift der Behindertenbewegung.[3]

Siehe auch

Literatur

  • Doris Schwarzmann-Schafhauser: Krüppelheime. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 810 f.
  • Klaus Dieter Thomann: Der Krüppel. Entstehung und Verschwinden eines Kampfbegriffs. In: Medizinhistorisches Journal. Internationale Vierteljahresschrift für Wissensgeschichte, 27, 1, 1992, S. 221–271.

Einzelnachweise

  1. Vgl. auch Hilde Oechsle: Jakob Riedinger. Begründer des unterfränkischen Krüppelvereins. Leben und Werk. Medizinische Dissertation Würzburg 1975.
  2. Krüppeltribunal 1981+20 (Memento vom 5. März 2016 im Internet Archive), abgerufen am 2. Januar 2012
  3. siehe Nachweis der Zeitung in der Deutschen Nationalbibliothek unter GND 7695385-3