Lambdazismus – Wikipedia
Lambdazismus oder auch Lateralisierung[1] nennt man in der Sprachwissenschaft einen Lautwandel, bei dem ein bestimmter Laut durch /l/ ersetzt wird. Die Bezeichnung Lambdazismus leitet sich vom griechischen Buchstaben Lambda (= L) ab, während Lateralisierung auf die phonetische Terminologie (Lateral) Bezug nimmt. Beispiele für Lambdazismen gibt es in vielen Sprachen und Dialekten, u. a. auch im Deutschen. Sehr häufig ist dabei der Lautwandel eines Dentals (etwa /d/) zu einem /l/, aber auch andere Konsonanten können zu einem lateralen Konsonanten verschoben werden. Dieser ist häufig ein stimmhafter lateraler alveolarer Approximant [l], aber als Endprodukt des Lambdazismus können auch andere Laterale erscheinen.
Lambdazismus in deutschen Mundarten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Lambdazismus in deutschen Mundarten wird in der einschlägigen Literatur auch d-Lambdazismus[2] genannt, da in einigen vor allem westmitteldeutschen Dialekten der Laut /d/ oder /t/ zwischen zwei Vokalen durch /l/ ersetzt wird.
Ortsdialekte mit Lambdazismus findet man beispielsweise in
- den drei Orten Altstrimmig, Mittelstrimmig und Liesenich des Strimmiger Bergs[3][4][5][6] (Dialektgruppe: Moselfränkisch)
- den drei Orten Panzweiler, Schauren und Walhausen des Kirchspiels Blankenrath (Dialektgruppe: Moselfränkisch)
- Birkenfeld (Dialektgruppe: Westpfälzisch)
- Ensheim (Saar)[7][8] (Dialektgruppe: Lothringisch)[9]
- Altrip, nicht weit entfernt von der folgenden Gruppe[10] (Dialektgruppe: Vorderpfälzisch)
- Dossenheim, Feudenheim, Heddesheim, Schriesheim, Ladenburg, heute fast völlig durch „Sprachreparatur“ verschwunden (Dialektgruppe: Kurpfälzisch)
- Eisemroth, Tringenstein, Übernthal, Wallenfels[11] (Dialektgruppe: Mittelhessisch)
Lambdazismus in den iranischen Sprachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In einigen ostiranischen Sprachen erscheint der uriranische Dental (/d/ oder /t/) als /l/. Die genaue Entwicklung lief in den jeweiligen Sprachen teilweise unterschiedlich ab, aber es gibt deutliche Parallelen. So wurde aus dem uriranischen Zahlwort *dása- ‘zehn’ im Baktrischen λασο (laso), im Paschto las und im Jidgha los. Ähnlich entsprechen uriranischem *dugdár/*duxtár ‘Tochter’ im Baktrischen λογδα ~ λογδο (logda ~ logdo), im Paschto lur und im Mundschi lúγda.[12] Im Paschto werden auch der alte Frikativ *θ und der stimmlose Dental *t unter bestimmten Umständen zu /l/, etwa in Paschto plən ‘weit’ < *paθana- oder plār ‘Vater’ < *pitár-.[13]
Lambdazismus in weiteren Sprachen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Nuristan-Sprache Prasun findet sich ein dem ostiranischen Lambdazismus ähnelnder Lautwandel. Hier werden ebenfalls alte Dentale unter bestimmten Umständen zu /l/ verschoben. Da dieser Lautwandel in den anderen Nuristansprachen nicht vorkommt, wird hier baktrisch-ostiranischer Einfluss angenommen.[14]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Martin Kümmel: Konsonantenwandel. Reichert, Wiesbaden 2007, S. 246.
- ↑ Erika Bauer: Dialektgeographie im südlichen Odenwald und Ried. Elwert, Marburg 1957, S. 63.
- ↑ Norbert J. Pies: Vom Belle, Bolle und Hure – Einige Tücken des Strimmiger Platts. In: Die Pies-Chronik. Nr. 59/2015, S. 14.
- ↑ Norbert J. Pies: Der Lambdazismus vom Strimmiger Berg. In: Die Pies-Chronik. Nr. 61/2015, S. 36.
- ↑ Norbert J. Pies: Besonderheiten im Strimmiger Platt oder warum die Strimmiger das „L“ so sehr lieben. In: Jahrbuch 2016 für den Kreis Cochem-Zell. S. 207–209.
- ↑ Das Märchen Hänsel und Gretel als Text- und Hörbeispiel von Norbert J. Pies: Hänsje unn Gretsche off Stremmija Platt. Erftstadt-Lechenich 2016. Plus Begleit-DVD: Hänsje und Gretsche int Stremmmija Platt iwwatraa von Norbert J. Pies unn viagetraa von Gabi Simon. ISBN 978-3-927049-58-1
- ↑ Paul Glass: Ensemma Pladd fa allegäär. Ein Online-Sprachkurs zur Ensheimer Mundart. Folge 1: Der Lambdazismus. 2001.
- ↑ Paul Glass: Vùmm Scheesje bis zùùr Doodelaad. Mit dem Ensheimer Platt durchs ganze Leben. Fichtenberg 2009.
- ↑ Paul Glass: Ensheim Homepage. Ensemma Pladd 4.1. Die Entstehung der Ensheimer Mundart. 2001.
- ↑ Vgl. Rudolf Post: Der Dialekt von Altrip und seine Stellung innerhalb des Pfälzischen. In: Elke Knöppler: Altriper Wörterbuch. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 1999, S. 9–12.
- ↑ Vgl. Karl Löber: Beharrung und Bewegung im Volksleben des Dillkreises/Hessen. Elwert, Marburg 1965, S. 158f.
- ↑ Julian Kreidl: „Lambdacism and the Development of Old Iranian *t in Pashto“, in: Iran and the Caucasus 25 (2021), S. 175–193, hier 177.
- ↑ Julian Kreidl: „Lambdacism and the Development of Old Iranian *t in Pashto“, in: Iran and the Caucasus 25 (2021), S. 175–193, hier 182, 184.
- ↑ Julian Kreidl: „Lambdacism and the Development of Old Iranian *t in Pashto“, in: Iran and the Caucasus 25 (2021), S. 175–193, hier 177, 180.