Der Laplace-Operator ist ein mathematischer Operator, der zuerst von Pierre-Simon Laplace eingeführt wurde. Es handelt sich um einen linearen Differentialoperator innerhalb der mehrdimensionalen Analysis. Er wird meist durch das Zeichen
, den Großbuchstaben Delta des griechischen Alphabets, notiert.
Der Laplace-Operator kommt in vielen Differentialgleichungen vor, die das Verhalten physikalischer Felder beschreiben. Beispiele sind die Poisson-Gleichung der Elektrostatik, die Navier-Stokes-Gleichungen für Strömungen von Flüssigkeiten oder Gasen und die Diffusionsgleichung für die Wärmeleitung.
Der Laplace-Operator ordnet einem zweimal differenzierbaren Skalarfeld
die Divergenz seines Gradienten zu,

oder mit dem Nabla-Operator notiert

Das formale „Skalarprodukt“ des Nabla-Operators mit sich selbst ergibt also den Laplace-Operator. Vor allem im englischsprachigen Raum ist für den Laplace-Operator oft die Schreibweise
zu finden.
Da der Divergenz-Operator
und der Gradient-Operator
unabhängig vom gewählten Koordinatensystem sind, ist auch der Laplace-Operator unabhängig vom gewählten Koordinatensystem. Die Darstellung des Laplace-Operators in anderen Koordinatensystemen ergibt sich mit der Kettenregel aus der Koordinatentransformation.
Im
-dimensionalen euklidischen Raum ergibt sich in kartesischen Koordinaten

In einer Dimension reduziert sich der Laplace-Operator somit auf die zweite Ableitung:

Der Laplace-Operator einer Funktion kann auch als Spur ihrer Hesse-Matrix dargestellt werden:

Der Laplace-Operator kann auch auf Vektorfelder angewendet werden. Mit dem dyadischen Produkt „
“ wird mit dem Nabla-Operator

definiert. Das Superskript
steht für Transponierung. In der Literatur findet sich auch ein Divergenz-Operator, der sein Argument gemäß
transponiert. Mit diesem Operator schreibt sich analog zum Skalarfeld:

Speziell in drei Dimensionen gilt mit dem Rotationsoperator

was mit der Graßmann-Identität begründet werden kann. Letztere Formel definiert den sogenannten vektoriellen Laplace-Operator.[1]
Für eine Funktion
in kartesischen Koordinaten
ergibt die Anwendung des Laplace-Operators

In Polarkoordinaten
ergibt sich

oder

Für eine Funktion
mit drei Variablen ergibt sich in kartesischen Koordinaten

In Zylinderkoordinaten
ergibt sich

und in Kugelkoordinaten

Die Ableitungen der Produkte in dieser Darstellung können noch entwickelt werden, wobei sich der erste und zweite Term ändern. Der erste (radiale) Term kann in drei äquivalenten Formen geschrieben werden:

Entsprechend gilt für den zweiten Term:

Diese Darstellungen des Laplace-Operators in Zylinder- und Kugelkoordinaten gelten nur für den skalaren Laplace-Operator. Für den Laplace-Operator, der auf vektorwertige Funktionen wirkt, müssen noch weitere Terme berücksichtigt werden, siehe weiter unten den Abschnitt „Anwendung auf Vektorfelder“.
In beliebigen krummlinigen Orthogonalkoordinaten, zum Beispiel in sphärischen Polarkoordinaten, Zylinderkoordinaten oder elliptischen Koordinaten gilt dagegen für den Laplace-Operator die allgemeinere Beziehung

mit den durch



impliziert definierten Größen
. Dabei haben nicht die
, sondern die Größen
die physikalische Dimension einer „Länge“, wobei zu beachten ist, dass die
nicht konstant sind, sondern von
,
und
abhängen können.
Für noch allgemeinere Koordinaten gilt die Laplace-Beltrami-Beziehung.
In einem kartesischen Koordinatensystem mit
-,
- und
-Koordinaten und Basisvektoren
gilt:

Bei Verwendung von Zylinder- bzw. Kugelkoordinaten ist die Differentiation der Basisvektoren zu beachten. Es ergibt sich in Zylinderkoordinaten

und in Kugelkoordinaten

Die zu den Laplace-Ableitungen der Vektorkomponenten hinzu kommenden Terme resultieren aus den Ableitungen der Basisvektoren.[2]
Beweis |
In Zylinderkoordinaten werden  als orthonormale Basisvektoren genommen. Ihre Ableitungen lauten:  Hier wie im Folgenden bedeutet ein Index nach einem Komma eine Ableitung nach der angegebenen Koordinate, beispielsweise  Die Anwendung des Laplace-Operators  auf ein Vektorfeld ergibt:  also die im Text angegebene Formel. |
In Kugelkoordinaten können die Basisvektoren  verwendet werden. Diese Vektoren haben die Ableitungen  Anwendung des Laplace-Operators  auf ein Vektorfeld ergibt:  also dasselbe Ergebnis wie im Text angegeben. |
Der Laplace-Operator ist ein linearer Operator, das heißt: Sind
und
zweimal differenzierbare Funktionen und
und
Konstanten, so gilt

Wie für andere lineare Differentialoperatoren auch, gilt für den Laplace-Operator eine verallgemeinerte Produktregel. Diese lautet

wobei
zwei zweimal stetig differenzierbare Funktionen mit
sind und
das euklidische Standardskalarprodukt ist.[3]
Der Laplace-Operator ist drehsymmetrisch, das heißt: Ist
eine zweimal differenzierbare Funktion und
eine Drehung, so gilt

wobei „
“ für die Verkettung von Abbildungen steht.
Das Hauptsymbol des Laplace-Operators ist
. Er ist also ein elliptischer Differentialoperator zweiter Ordnung. Daraus folgt, dass er ein Fredholm-Operator ist und mittels des Satzes von Atkinson folgt, dass er modulo eines kompakten Operators rechts- und linksinvertierbar ist.
Der Laplace-Operator

auf dem Schwartz-Raum ist wesentlich selbstadjungiert. Er hat daher einen Abschluss

zu einem selbstadjungierten Operator auf dem Sobolev-Raum
.[4] Dieser Operator ist zudem nichtnegativ, sein Spektrum befindet sich also auf der nichtnegativen reellen Achse, das heißt:

Die Eigenwertgleichung

des Laplace-Operators wird Helmholtz-Gleichung genannt. Ist
ein beschränktes Gebiet und
der Sobolev-Raum mit den Randwerten
in
, dann bilden die Eigenfunktionen des Laplace-Operators
ein vollständiges Orthonormalsystem von
und sein Spektrum besteht aus einem rein diskreten, reellen Punktspektrum, das nur in
einen Häufungspunkt haben kann. Dies folgt aus dem Spektralsatz für selbstadjungierte elliptische Differentialoperatoren.[5]
Anschaulich gibt
für eine Funktion
an einem Punkt
an, wie sich der Mittelwert von
über konzentrische Kugelschalen um
mit wachsendem Kugelradius gegenüber
verändert.
Der Laplace-Operator tritt in einer Reihe wichtiger Differentialgleichungen auf. Die homogene Differentialgleichung

wird Laplace-Gleichung genannt und zweimal stetig differenzierbare Lösungen dieser Gleichung heißen harmonische Funktionen. Die entsprechende inhomogene Gleichung

heißt Poisson-Gleichung.
Die Fundamentallösung
des Laplace-Operators erfüllt die Poisson-Gleichung

mit der Delta-Distribution
auf der rechten Seite. Diese Funktion ist von der Anzahl der Raumdimensionen abhängig.
Im Dreidimensionalen lautet sie:
mit 
Diese Fundamentallösung wird in der Elektrodynamik als Hilfsmittel zur Lösung von Randwertproblemen benötigt.
Im Zweidimensionalen lautet sie:
mit 
Der Laplace-Operator ergibt zusammen mit der zweiten Zeitableitung den D’Alembert-Operator:

Dieser Operator kann als eine Verallgemeinerung des Laplace-Operators
auf den Minkowski-Raum betrachtet werden.
Für den Laplace-Operator, der ursprünglich stets als Operator des euklidischen Raumes verstanden wurde, gab es mit der Formulierung der riemannschen Geometrie die Möglichkeit der Verallgemeinerung auf gekrümmte Flächen und riemannsche beziehungsweise pseudo-riemannsche Mannigfaltigkeiten. Dieser allgemeinere Operator wird als verallgemeinerter Laplace-Operator bezeichnet.
Auf eine diskrete Eingangsfunktion gn bzw. gnm wird der Laplace-Operator über eine Faltung angewendet. Dabei kann man folgende einfache Faltungsmasken verwenden:
- 1D-Filter

- 2D-Filter:

Für zwei Dimensionen gibt es noch alternative Varianten, die zusätzlich auch diagonale Kanten berücksichtigen, beispielsweise:
- 2D-Filter:

Diese Faltungsmasken erhält man durch die Diskretisierung der Differenzenquotienten. Dabei entspricht der Laplace-Operator einer gewichteten Summe über den Wert an benachbarten Punkten. Die Kantendetektion in der Bildverarbeitung (siehe Laplace-Filter) ist ein mögliches Anwendungsgebiet diskreter Laplace-Operatoren. Dort taucht eine Kante als Nulldurchgang der zweiten Ableitung des Signals auf. Auch bei der Diskretisierung von Differentialgleichungen oder in der Graphentheorie werden diskrete Laplace-Operatoren genutzt.
Anwendungen
- Bronstein, Semendjajew, Musiol, Mühlig: Taschenbuch der Mathematik. Harri Deutsch, 1999, 4. Auflage, ISBN 3-8171-2004-4.
- Otto Forster: Analysis. Band 3: Maß- und Integrationstheorie, Integralsätze im Rn und Anwendungen, 8. verbesserte Auflage. Springer Spektrum, Wiesbaden, 2017, ISBN 978-3-658-16745-5.
- Russell Merris: Laplacian matrices of graphs: a survey. In: Linear Algebra and its Applications. 197–198, 143–176 (1994). ISSN 0024-3795
- ↑ Eric W. Weisstein: Vector Laplacian. In: MathWorld (englisch).
- ↑ M. Bestehorn: Hydrodynamik und Strukturbildung. Springer, 2006, ISBN 978-3-540-33796-6, S. 378.
- ↑ Otto Forster: Analysis 2. Differentialrechnung im Rn. Gewöhnliche Differentialgleichungen. Vieweg-Verlag, 7. Aufl. 2006, ISBN 3-528-47231-6, S. 61.
- ↑ Dirk Werner: Funktionalanalysis. 6., korrigierte Auflage, Springer-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-540-72533-6, S. 349.
- ↑ Lawrence Craig Evans: Partial Differential Equations. American Mathematical Society, Providence 2002, ISBN 0-8218-0772-2, S. 334–335.