Latin Settlement – Wikipedia

Lateinische Kolonie“ oder „Latin Settlement“ ist die Bezeichnung mehrerer in den 1840er Jahren gegründeter Siedlungen – überwiegend in Texas und Missouri, aber auch in anderen US-Staaten –, in denen sich deutsche Intellektuelle (Freidenker und humanistisch gebildete Intellektuelle, so genannte „Lateiner“) zusammenfanden, um sich gemeinsam mit der deutschen Literatur, Philosophie, klassischer Musik und der lateinischen Sprache zu beschäftigen.

Als Konsequenz ihres politischen Kampfes in Deutschland im Rahmen der Märzrevolution von 1848 sahen sich viele Professoren und Studenten gezwungen, nach Nordamerika zu emigrieren, um einerseits der strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen oder andererseits in den nordamerikanischen Staaten, die sich damals noch im Aufbau befanden, ihr politisches Idealbild eines „freien deutschen Staates“ in Texas umzusetzen: „Ubi libertas, ibi patria – Wo die Freiheit ist, dort ist mein Vaterland.“ Diese Flüchtlinge der Jahre ab 1848 wurden später – als Nachfolger der „Dreißiger“ – auch Forty-Eighters genannt. Schon ab 1832/1833 waren immer wieder Gruppen deutscher Intellektueller nach Nordamerika gekommen.

Die meisten von ihnen siedelten, da viele von ihnen unterstützt durch Vereine wie die Gießener Auswanderungsgesellschaft oder den Mainzer Adelsverein organisiert auswanderten, in den Vereinigten Staaten in geschlossenen Siedlungen, die man „Latin Settlements“ nannte.

Doch war diesen Siedlungen nur eine kurze Lebensdauer beschieden: Die Siedler waren junge Abenteurer oder Lateiner, manchmal auch beides, aber keinesfalls Farmer. Daher zogen die meisten nach dem Bürgerkrieg in größere Städte wie San Antonio oder Houston weiter und die „Latin Settlements“ verfielen langsam.

Eine Beschreibung der damaligen Lebensumstände deutscher Siedler schrieb Eckehard Koch:

Frederick Law Olmsted, ein Landschaftsarchitekt und Reisender in Texas, suchte diese Deutschen auf und beschrieb sie und ihre Wunderlichkeiten. Danach hatten sie wertvolle Madonnen an Holzwänden, tranken Kaffee aus Zinntassen, die auf Untertassen aus wertvollem Dresdner Porzellan standen, sie spielten Klavier und hatten Truhen, die halb mit Büchern und halb mit Kartoffeln gefüllt waren. Nach dem Abendessen kamen sie meilenweit zu einem Treffpunkt in einem Blockhaus, wo sie sangen, spielten und tanzten. Aber der Versuch dieser Utopisten musste scheitern und zur Farce entarten. Es stellte sich bald heraus, dass sie nicht wirklich glücklich waren, auch wenn sie mit niemandem tauschen wollten. Der deutschamerikanische Schriftsteller Friedrich Kapp traf 1867 auf seiner Reise nach Texas einen alten Studienkollegen, der ihn über seine Situation aufklärte: ‚Ich bin nicht glücklich im wahrsten Sinn des Wortes, aber auch nicht unglücklich, denn ich lebe frei und ungezwungen. Ich bin von nichts abhängig, außer von meinen Ochsen und dem Wetter. Nichts hindert mich an meinen Plänen und Vorhaben, außer daß ich kein Geld habe. Nichts hält mich ab, meine revolutionären Gefühle auszudrücken, außer daß ich keine Zuhörer habe.‘ Am Abend nach der Begegnung nahm Kapp an einem Treffen der ‚Lateinbauern‘ teil. Die Zusammenkunft begann als der Versuch, die alte Heidelberger Studentenzeit, ihre Gebräuche, ihre Lieder und ihre Gelage zu neuem Leben zu erwecken, aber sie endete mit nichtsnutzigen Gesprächen: ‚Unser Leben hier wäre ganz erträglich, wenn wir nur eine Kegelbahn hätten.‘“[1]

Die historisch offiziell als „Latin Settlement“ benannten fünf Siedlungen sind:

Auch folgende texanische Orte werden gelegentlich hinzugezählt:

oder in anderen Bundesstaaten z. B. auch

  • Kurt Klotzbach: Ernst Kapp, der Gründer der „Lateinische Kolonie“ Sisterdale, in: Mindener Heimatblätter 54 (1982), S. 21–22
  • Rudolph L. Biesele: The History of the German Settlements in Texas 1831–1861, Verlag von Boeckmann-Jones, Austin (Texas) 1930. Neuauflage 1964.
  • Adalbert Regenbrecht: The German Settlers of Millheim before the Civil War, in: Southwestern Historical Quarterly, Heft 20, 1916.
  • Louis Reinhardt: The Communistic Colony of Bettina, in: Quarterly of the Texas State Historical Association, Band 3, 1899.
  • Annie Romberg: Texas Literary Society of Pioneer Days, in: Southwestern Historical Quarterly, Heft 52, 1948.
  • Moritz Tiling: History of the German Element in Texas from 1820 to 1850, Houston 1913.
  • Gilbert G. Benjamin: The Germans in Texas, University of Pennsylvania, Verlag D. Appleton Co., 1909.
  • Don H. Biggers: German Pioneers in Texas, Gillespie County Edition, Verlag Fredericksburg Publishing, Fredericksburg 1925.

Einzelnachweise

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  1. Eckehard Koch: Die Geschichte der Deutschen im Wilden Westen: Karl Mays Väter; Kapitel: In unberührtes Land (Memento vom 25. Dezember 2005 im Internet Archive); auf den Internetseiten der Karl-May-Stiftung, abgerufen am 11. Juli 2012.