Lausitzer Kultur – Wikipedia
| ||||||||
Ausdehnung | ||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
| ||||||||
Leitformen | ||||||||
|
Die Lausitzer Kultur wird von etwa 1300 v. Chr. (Bronzezeit) bis ca. 500 v. Chr. (Eisenzeit) datiert. Der eisenzeitliche Abschnitt wird auch getrennt als Billendorfer Kultur behandelt. Wichtigste Nachfolgekultur ist die ostgermanische Przeworsk-Kultur (3. Jahrhundert vor bis 5. Jahrhundert n. Chr.) Die Muttergruppe der Urnenfelderkultur war Ursprung sowohl der Kelten[1][2] wie auch der Römer.[3][4]
Die Lausitzer Kultur ist nicht zu verwechseln mit der Luboszyce-Kultur (Lebus-Lausitz-Gruppe).
Forschungsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bezeichnung „Lausitzischer Typ“, nach der Lausitz, aus der die ersten Funde stammten, geht auf den deutschen Arzt Rudolf Virchow zurück, der die Funde zunächst den Slawen zuwies.
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Lausitzer Kultur war von der Saale, Spree bis zur Donau, Weichsel und dem Slowakischen Erzgebirge (Mittelslowakei) verbreitet. Benachbart waren im Westen weitere Gruppen der Urnenfelderkultur und im Nordwesten die der Nordischen Bronzezeit.
Wichtige Fundorte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Biskupin in Polen, rekonstruierte Niederungsburg
- Burg (Spreewald), „Schloßberg“ Niederungsburg
- Gräberfeld von Łęgowo
- Gräberfeld von Liebersee in Sachsen
- Gräberfeld von Kietrz in Polen
- Hort von Papowo Biskupie
- Gräberfeld von Niederkaina in Sachsen
- Römerschanze bei Potsdam, Burg
- Befestigung von Rybna, dt. Riebnig, Gmina Popielów, Woiwodschaft Opole
- Schlackenwall auf dem Löbauer Berg
Bestattungssitten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eines der wesentlichen Merkmale der Lausitzer Kultur sind die großen Gräberfelder, die oft über viele Generationen, das heißt über mehrere 100 Jahre hinweg, belegt waren. Darunter finden sich viele mit weit über 1000 Gräbern, wie zum Beispiel das Gräberfeld von Kietrz mit bisher über 4000 entdeckten Bestattungen oder das Gräberfeld von Łęgowo. Neben großen Mengen Keramik finden sich tönerne Rasseln. Typisch sind gezimmerte Grabeinfassungen mit umfangreicher Keramik im Inneren und Steinumbauten außen, wie in Groß Jauer in Brandenburg. Der 2023 entdeckte Hort von Papowo Biskupie in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern in Polen, war Teil eines Wasserbestattungsrituals der Chełmno-Gruppe (dt. Kulmer-Gruppe) der Lausitzer Kultur.
Siedlungswesen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wie auch für die meisten anderen bronzezeitlichen Kulturen Mitteleuropas waren Siedlungen aus Pfostenhäusern typisch für die Lausitzer Kultur. Es zeigt sich aufgrund von Lesefunden und Grabungsergebnissen ein Bild von weilerartig angelegten Siedlungen, welche sich bevorzugt an Südhängen in der Nähe von Fließgewässern befinden.
Wenige erkennbare Hausgrundrisse zeigen Ausmaße von bis zu 8 × 28 Meter. Dabei trennen Zwischenwände verschiedene Bereiche innerhalb der Häuser voneinander ab. Die Wände dieser Gebäude bestanden aus lehmverputztem Flechtwerk, wie Funde von Hüttenlehm mit Holz- und Geflechtnegativen belegen.[5]
Befestigte Burgen finden sich sowohl auf Bergrücken als auch in sumpfigen Niederungen.
Die Buckelkeramik des Nordens und die Spiralverzierung des Südens verschmolzen zu den bronzezeitlichen Buckelgefäße des Lausitzer Typus, wo der Buckel häufig durch konzentrische Kreise betont wird und deutlich an Brüste erinnert. Ähnlich verzierte Gefäße fanden sich auch auf dem Balkan und in Anatolien (Troja VII).
Ethnische Deutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Über die von den Trägern der Lausitzer Kultur gesprochene Sprache ist mangels schriftlicher Zeugnisse nichts bekannt. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde von deutschen Forschern wie Gustaf Kossinna eine karpo-dakische, später, in Anlehnung an Alfred Götze, eine nordillyrische „Volkszugehörigkeit“ behauptet, während der Tscheche Pič und vor allem der polnische Forscher Jozef Kostrzewski in ihnen Urslawen sahen. Für eine (vor)germanische sprachliche Identität bzw. Ethnizität der Träger der Lausitzer Kultur spricht, dass das Verbreitungsgebiet dieser Kultur um die Zeitenwende von den (ost)germanischen Stämmen der Przeworsk-Kultur besiedelt war[6] und es keine Hinweise auf größere Wanderungsbewegungen in diesem Raum in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends vor Christus gibt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jan Fornfeist: Die Entdeckung der Vogelschale aus dem Gräberfeld der Lausitzer Kultur von Cottbus-Ströbitz. In: Ausgrabungen im Niederlausitzer Braunkohlenrevier 2013/2014. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 30. Cottbus 2016, ISBN 978-3-910011-79-3, ISSN 1436-249X, S. 65–70.
- Jan Fornfeist: Der spätbronzezeitliche Teilbereich eines bronze- und eisenzeitlichen Gräberfeldes der Lausitzer Kultur von Cottbus-Ströbitz und die Entdeckung einer Vogelschale. In: Einsichten – Archäologische Beiträge für den Süden des Landes Brandenburg 2010/2011. Arbeitsberichte zur Bodendenkmalpflege in Brandenburg 24. Köthen 2014, ISBN 978-3-910011-71-7, ISSN 1436-249X, S. 23–32.
- Jan Fornfeist: Neue Vogelschale der Lausitzer Kultur. Das jüngstbronzezeitliche Gräberfeld von Cottbus-Ströbitz. In: Archäologie in Berlin und Brandenburg. 2011, Köthen 2012, ISBN 978-3-8062-2778-9, ISSN 0948-311X, S. 55–57.
- Rosemarie Müller: Lausitzer Kultur. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA). 2. Auflage. Band 18, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2001, ISBN 3-11-016950-9, S. 144–157.
- Friederike Koch-Heinrichs: Oberlausitz: Die Lausitzer Kultur und ihre Burgen. in Veröffentlichungen Museum Westlausitz, Kamenz 2017, S. 3–60 (Online)
Monographien:
- Dietmar-Wilfried R. Buck und Dagmar Buck: Das Gräberfeld Klein Lieskow – Studien zur Lausitzer Kultur I (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 57). 2 Bände. Beier & Beran, Langenweißbach 2010, ISBN 978-3-941171-37-4.
- Dietmar-Wilfried R. Buck und Dagmar Buck: Das Gräberfeld Klein Lieskow. Katalog und Tafeln der Quadranten 136 - 254 – Studien zur Lausitzer Kultur II (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 61). Beier & Beran, Langenweißbach 2011, ISBN 978-3-941171-52-7.
- Dietmar-Wilfried R. Buck und Dagmar Buck: Das Gräberfeld Klein Lieskow. Die Keramik der Lausitzer Gruppe I – Studien zur Lausitzer Kultur V (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 71). 2 Bände. Beier & Beran, Langenweißbach 2013, ISBN 978-3-941171-86-2.
- Dietmar-Wilfried R. Buck und Dagmar Buck: Das Siedlungsareal von Neuendorf – Studien zur Lausitzer Kultur VI (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 77). Beier & Beran, Langenweißbach 2015, ISBN 978-3-95741-028-3.
- Dietmar-Wilfried R. Buck und Dagmar Buck: Die Lausitzer Gruppe – Studien zur Lausitzer Kultur VIII (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 100). Beier & Beran, Langenweißbach 2022, ISBN 978-3-95741-122-8.
- Siegfried Gollub: Endbronzezeitliche Gräber in Mittel- und Oberschlesien. Ein Beitrag zur Gliederung der Lausitzer Kultur. Habelt, Bonn 1960.
- Dietgard Kühnholz: Die Anfänge der Lausitzer Kultur in Mähren und der Slowakei (= Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Band 227). Habelt, Bonn 2013, ISBN 978-3-7749-3530-3.
- Johannes Schneider: Studien zur Lausitzer Kultur. In: Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte. Band 3. Barth, Leipzig 1958, ISSN 0532-2243.
- Johannes Schneider: Die Bronzezeit im Bezirk Cottbus – Studien zur Lausitzer Kultur VII (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 83). Beier & Beran, Langenweißbach 2017, ISBN 978-3-95741-076-4.
- Michaela Reichel: Die archäologischen Funde der Lausitzer Kultur im Germanischen Nationalmuseum. (= Wissenschaftliche Beibände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. 16). Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg 2000, ISBN 3-926982-63-2.
- Benjamin Wehry: Das bronzezeitliche Gräberfeld der Lausitzer Kultur von Lübbinchen, Gem. Schenkendöbern, Kr. Spree-Neiße. Ein Beitrag zum Bestattungsritual – Studien zur Lausitzer Kultur IV (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 68). Beier & Beran, Langenweißbach 2012, ISBN 978-3-941171-72-5.
- Esther Wesely-Arents: Studien zu Chronologie und Besiedlung der Lausitzer Kultur in Sachsen auf Grundlage des Gräberfeldes von Liebersee – Studien zur Lausitzer Kultur III (= Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas. Band 62). Beier & Beran, Langenweißbach 2011, ISBN 978-3-941171-51-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kulturen der Bronzezeit
- Lausitzer Kultur auf Archäologie-Online
- Keramik der Lausitzer Kultur aus der Lehrsammlung der Abteilung für Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie der Universität Münster, Verbreitungskarte auf Seite 6, abgerufen am 17. Dezember 2013
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ https://www.swr.de/wissen/1000-antworten/wie-lange-waehrte-die-keltenzeit-104.html
- ↑ https://www.worldhistory.org/trans/de/1-140/die-kelten/
- ↑ https://indo-european.eu/2019/11/r1b-rich-bell-beaker-derived-italic-peoples-from-the-west-vs-etruscans-from-the-east/
- ↑ https://www.historyfiles.co.uk/KingListsEurope/ItalyPicentes.htm
- ↑ Stefanie Beckert: Die Lausitzer Kultur ( vom 18. Februar 2010 im Internet Archive).
- ↑ Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen. Abriss des Protogermanischen vor der ersten Lautverschiebung. Verlag Inspiration Un Limited, Hamburg u. a. 2009, ISBN 978-3-9812110-1-6, S. 18–22, 28–30.