Lawrence C. Murphy – Wikipedia

Lawrence C. Murphy (* 21. November 1925; † 21. August 1998)[1] war ein Priester der römisch-katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten, der durch sexuellen Missbrauch an Kindern Aufsehen erregte.[2][3]

Murphy war von 1950 bis 1974 in der St. John’s School in St. Francis, einer Einrichtung für gehörlose Kinder in Wisconsin tätig. Obwohl bereits in den 1950er Jahren Missbrauchs-Vorwürfe gegen ihn erhoben wurden, wurde er 1963 Leiter der Schule. Die Vorwürfe eines gehörlosen Jungen wurden 1973 von den staatlichen Strafverfolgungsbehörden nicht verfolgt.[4] Murphy wurde vom Erzbischof von Milwaukee, William Edward Cousins, im Mai 1974 nach Superior versetzt, wo er weitere 24 Jahre in Gemeinden, Schulen und einer Jugendstrafanstalt arbeitete. Drei Bischöfe von Wisconsin reagierten auf die Hinweise nicht weitergehend.

Auch die Gefängnisverwaltung der Jugendstrafanstalt reagierte offenbar nicht.[5]

Erst Erzbischof Rembert Weakland beschäftigte sich ab 1993 näher mit dem Fall und beauftragte einen Sozialarbeiter mit der Untersuchung. Murphy erklärte dem Beauftragten, er habe 200 Kinder missbraucht und fühle keinerlei Reue.[6] 1996 leitete der Erzbischof ein kircheninternes Verfahren gegen Murphy ein[7] und berichtete den Fall schriftlich[8] an den Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, Kardinal Ratzinger. Weakland reiste 1998 sogar selbst nach Rom und traf dort den damaligen Sekretär der Kongregation für die Glaubenslehre, Tarcisio Bertone.[8] In einem Brief vom 19. August jenes Jahres an Erzbischof Bertone teilte Erzbischof Weakland diesem mit, dass er die formelle Einstellung des Verfahrens gegen Murphy angeordnet habe.[9] Wenige Tage später starb Murphy.

Nach der Beisetzung schrieb der Erzbischof von Milwaukee am 2. September 1998 in einem Schreiben an Tarcisio Bertone, damals Sekretär der päpstlichen Glaubenskongregation in Rom: Wir dachten, (Murphys) Familie hätte zugestimmt (…) Doch sie taten exakt das Gegenteil, verstießen gegen unsere Vereinbarung, luden Vertreter der Taubstummen-Gemeinde ein, hatten den Sarg offen und den Father in vollem Ornat. Höchste Stellen der katholischen Weltkirche hatten eine private Beerdigungsfeier für den 72-Jährigen angeordnet, der Sargdeckel sei geschlossen zu halten, der Kreis der Trauergemeinde sei auf die Angehörigen zu beschränken und jegliches Zeremoniell zu vermeiden. Man wusste also in Rom, dass Murphy ein schwerer Sünder war.[10]

Im März 2010 wurde bekannt, dass einige Opfer gegen das Erzbistum Milwaukee klagen. Das Bistum wirft ihnen eine „Schmutzkampagne“ vor.[11]

  • Briefwechsel zum Fall Lawrence C. Murphy. Faksimile: zeit.de (PDF; 1,33 MB) Diese Briefe stammen aus den Akten der Erzdiözese von Milwaukee; sie wurde von amerikanischen Opferanwälten gerichtlich gezwungen, die Briefe und andere Akten herauszugeben.

Einzelnachweise

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  1. Lawrence Murphy Chronology. (Memento des Originals vom 2. Mai 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.archmil.org Archdiocese of Milwaukee
  2. Vatican defends decision not to defrock priest accused of molesting deaf boys in Wisconsin. In: Syracuse Online, 24. März 2010, syracuse.com
  3. Vatican Declines to Defrock US Priest Who Abused Boys. In: New York Times, 25. März 2010
  4. Rev. Lawrence C. Murphy BishopAccountability.org
  5. Die Kardinalsfrage. Treuer Helfer oder Dunkelmann? Im Vatikan wächst die Kritik an der Rolle des zweiten Mannes, Tarcisio Bertone. In: Die Zeit, Nr. 15/2010. Zitat: „2009, elf Jahre nach Murphys Tod, wandte sich der inzwischen 45-jährige Donald Marshall aus West Allis in Wisconsin an einen Anwalt und erhob Anzeige gegen die Erzdiözese Milwaukee. Er behauptet, als 13- oder 14-jähriger Insasse einer Jugendstrafanstalt von Murphy missbraucht worden zu sein. Marshall, sagte Anwalt Jeff Anderson, habe Ende der siebziger Jahre eine Strafe wegen Einbruchdiebstahls verbüßt.
    Marshall habe sich gegen den Übergriff gewehrt, der 1977 oder 1978 in einer Einzelzelle stattgefunden habe, und den Priester bei der Gefängnisverwaltung angezeigt. Dort habe man ihm mitgeteilt, dies sei nicht die erste Beschwerde gegen Murphy.“
  6. 200 Kinder missbraucht – und der Vatikan blieb tatenlos. In: tt.com, 25. März 2010, tt.com (Memento vom 14. Oktober 2011 im Internet Archive)
  7. Update: Milwaukee church judge clarifies case of abusive priest Father Murphy. In: Catholic Anchor online, 29. März 2010 catholicanchor.org (Memento des Originals vom 15. April 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/catholicanchor.org
  8. a b The Document Trail: The Predator Priest Who Got Away. In: New York Times, 24. März 2010
  9. Correction: Milwaukee church judge was aware of order to halt trial against abusive priest. In: Catholic Anchor online, 3. April 2010, catholicanchor.org
  10. Martin Klingst, Patrik Schwarz: Die Akte Bertone. In: Die Zeit, Nr. 14/2010
  11. Catholic Church accuses abuse victims of smear campaign. In: Milwaukee Journal Sentinel, 25. März 2010, jsonline.com