Lerntypentest nach Vester – Wikipedia
Ein Lerntypentest ist eine Prüfung, die vorgibt, festzustellen, auf welche Art und Weise der Lernende am effektivsten lernt. Einen Grundstein legte die Lerntypologie von Frederic Vester, der, allerdings ohne jeden empirischen Nachweis, die folgenden Lerntypen postulierte:
- Hören (auditiv)
- Sehen (visuell)
- Lesen
- Fühlen/Tasten (haptisch)
Ablauf
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im klassischen Test nach Vester werden dem Prüfling vom Prüfer zehn verschiedene Begriffe vorgelesen. Der Prüfling merkt sich diese Begriffe, so gut er kann. Nach einer ca. 30-sekündigen Pause mit leichten Rechenaufgaben soll sich der Prüfling an die zehn Begriffe erinnern und sie aufschreiben. Dies wird mit jeweils zehn Begriffen wiederholt, die der Prüfling als Objekt gezeigt bekommt, die er als Wort liest bzw. die er blind ertasten soll.
Daneben haben sich weitere Lerntypentests etabliert. So bauen die Arbeiten von Neil Fleming auf dem Modell von Vester auf, unterscheiden sich im Testablauf aber deutlich. Kann man im oben beschriebenen Test mit guten Merkstrategien ein sehr gutes Ergebnis über alle Ausprägungen hinweg erzielen, so versucht der VARK-Test von Neil Fleming die individuellen Aufnahme-Vorlieben durch einen Fragebogen mit 16 Fragen zu ermitteln. Zu jeder Frage werden vier Antwort-Möglichkeiten gegeben und der Prüfling kreuzt die auf ihn am besten zutreffenden Antworten an.
Auswertung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Anzahl der Begriffe, an die sich der Prüfling erinnert hat, wird in ein Auswertediagramm eingetragen. Jeder Lerntyp hat eine eigene Achse. Verbindet man die vier Punkte zu einem Viereck, ist auf einen Blick eine Einteilung in den jeweiligen Lerntyp möglich. Oft kommen dabei Mischformen vor. Wenn ein Prüfling z. B. gleich viele Begriffe beim Hören und Sehen hat, spricht man von einem auditiv-visuellen Lerntyp.
In einem Nachgespräch kann auf Mnemotechniken eingegangen werden.
Bei dem VARK-Test nach Neil Fleming wird eine Punktzahl je Ausprägung (Visual, Aural, Read/Write, Kinesthetic) errechnet. Daraus wiederum ergibt sich schlussendlich der individuelle Lerntyp.
Kritik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Wirkungslosigkeit von Lerntypentests und der Einteilung in Lerntypen wurde in zahlreichen Studien gezeigt.[1][2][3][4][5][6] In der wissenschaftlichen Psychologie wird ein Vorgehen dieser Art daher abgelehnt. Die empirische Forschung konnte weder eine Verbesserung der Lernleistung bei der Berücksichtigung des jeweils präferierten Lerntyps nachweisen, noch konnten für einen Unterricht, welcher unterschiedliche Lerntypen berücksichtigt, positive Effekte gemessen werden. Aus Sicht der Kognitionswissenschaften werden Lerntypen heute daher als Mythos gesehen[7][4].
Vielmehr sieht man den Lernerfolg in der Art, wie „spannend“ Lerninhalte übermittelt werden und wie groß das Vorwissen ist.
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Frederic Vester: Denken, Lernen, Vergessen; dtv, München, 31. Auflage 2007, ISBN 3423330457
- Neil Fleming, Charles Bonwell: "How do I learn best?"; ISBN 978-0-473-07810-2
Weiterführende Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Benedikt Wisniewski: Der Unsinn von den Sinnen in: B. Wisniewski & A. Vogel: Schule auf Abwegen - Mythen, Irrtümer und Aberglaube in der Pädagogik, Schneider Verlag, Baltmannsweiler, 2013, ISBN 978-3834012562
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Lerntypen? – Ein pädagogisches Konstrukt auf dem Prüfstand von Maike Looß (PDF-Datei; 218 kB)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ John Hattie: Visible Learning - A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement, Routledge, London, 2009, ISBN 978-0415476188.
- ↑ K.A. Kabale & S.R. Forness: "Substance over style: Assessing the efficacy of modality testing and teaching" in: Exceptional Children, 54(3), 228–239, 1987.
- ↑ Spiegel Wissen: Intelligenz 04/2017
- ↑ a b Guy A. Boysen: Lessons (not) learned: The troubling similarities between learning styles and universal design for learning. In: Scholarship of Teaching and Learning in Psychology. 24. Juni 2021, ISSN 2332-211X, doi:10.1037/stl0000280 (apa.org [abgerufen am 12. Juli 2022]).
- ↑ Harold Pashler, Mark McDaniel, Doug Rohrer, Robert Bjork: Learning Styles: Concepts and Evidence. In: Psychological Science in the Public Interest. Band 9, Nr. 3, Dezember 2008, ISSN 1529-1006, S. 105–119, doi:10.1111/j.1539-6053.2009.01038.x (sagepub.com [abgerufen am 12. Juli 2022]).
- ↑ Doug Rohrer, Harold Pashler: Learning styles: where’s the evidence?: commentaries. In: Medical Education. Band 46, Nr. 7, Juli 2012, S. 634–635, doi:10.1111/j.1365-2923.2012.04273.x (wiley.com [abgerufen am 12. Juli 2022]).
- ↑ John Geake: Neuromythologies in education. In: Educational Research. Band 50, Nr. 2, Juni 2008, ISSN 0013-1881, S. 123–133, doi:10.1080/00131880802082518 (tandfonline.com [abgerufen am 12. Juli 2022]).