Lorentzkurve – Wikipedia
Die Lorentzkurve, nach Hendrik Antoon Lorentz, oder Breit-Wigner-Funktion, nach Gregory Breit und Eugene Wigner, ist eine Kurve, die in der Physik bei der Beschreibung von Resonanzen auftritt.
Mathematische Definition und Näherung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In die Breit-Wigner-Funktion gehen zwei Parameter ein. Der Parameter bestimmt die Position des Maximums, der Parameter wird Breite der Kurve genannt. Aus physikalischer Sicht ist eine Interpretierbarkeit der Kurve nur für gegeben, da mit in der Regel eine Kreisfrequenz assoziiert ist und negative Frequenzen physikalisch unsinnig sind. Die Funktionsvorschrift lautet:
Eine andere Form der Kurve erhält man durch Reparametrisierung, indem man statt der Parameter und folgenden Satz Parameter verwendet:
Dann ist
- ;
insbesondere gilt für , dass die gestrichenen und ungestrichenen Parameter nahezu identisch werden. Die erste Form wird für gewöhnlich in der Teilchenphysik bevorzugt, die zweite Form in der klassischen Physik, da sie sich in ihren jeweiligen Gebieten aus der Physik in den entsprechenden Formen ergeben. Zur Rückkonversion dienen die Beziehungen
Entgegen teilweise vertretener Auffassung ist weder noch die Halbwertsbreite (FWHM) der Kurve. Diese ist stattdessen
und ergibt sich für nur ungefähr zu .
Für und kann die Lorentzkurve durch
approximiert werden, wobei die Halbwertsbreite ist. Sie ist dann bis auf einen Normierungsfaktor identisch mit der in der mathematischen Wahrscheinlichkeitstheorie als Cauchy-Verteilung bezeichneten Wahrscheinlichkeitsdichte. Wenn von der Lorentzkurve die Rede ist, ist teilweise auch die approximierte Fassung gemeint.
Physikalische Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Klassische Physik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Differentialgleichung für den gedämpften harmonischen Oszillator
kann durch Fourier-Transformation in die algebraische Gleichung
überführt werden. Die in diesen Gleichungen auftretende Größen sind:
- die Dämpfungskonstante
- die Resonanzfrequenz des ungedämpften harmonischen Oszillators
- eine anregende Funktion
Die Gleichung kann nun elementar gelöst werden, ihre Lösung ist
und ihr Betragsquadrat
die Lorentzkurve in der zweiten Parametrisierung.
Teilchenphysik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Teilchenphysik sind die Propagatoren die Umkehrfunktionen der Bewegungsgleichungen für die Teilchen. Diese haben einen Pol bei der Masse dieser Teilchen. Um dies zu umgehen, führt man eine sogenannte komplexe Masse ein, die die Zerfallsbreite des jeweiligen Teilchens berücksichtigt. Dann ist der Propagator für einen bestimmten Viererimpuls proportional zu
und sein Betragsquadrat ist die Lorentzkurve in der ersten Parametrisierung,
- ,
wenn man und identifiziert.
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Z0-Boson
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Speziell für den Zerfall des Z0-Bosons ergibt sich die Breit-Wigner-Formel zu
Hierbei ist
- die Partialbreite des Eingangskanals (d. h. für den Zerfall Z0 → e+ e−)
- die Partialbreite des Ausgangskanals
- die Summe der Partialbreiten für alle möglichen Zerfälle in Fermion-Antifermion-Paare
- das Quadrat der Energie im Schwerpunktssystem
- die reduzierte Planck-Konstante.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- G. Breit, E. Wigner: Capture of Slow Neutrons. In: Phys. Rev. Band 49, 1. April 1936, S. 512–531, doi:10.1103/physrev.49.519 (englisch, smu.edu [PDF; 1,1 MB]).