Marlene Norst – Wikipedia
Marlene Johanna Norst (* 24. März 1930 in Wien; † 20. Dezember 2010 in Sydney) war eine österreichische Sprachwissenschaftlerin, Pädagogin und Philanthropin in Australien.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Marlene Norst war Tochter des Juristen Anton Heinrich Norst (* 30. Dezember 1900 in Czernowitz; † 8. September 1974 in Sydney) und der Anglistin Mary Norst geb. Widrich (* 6. August 1900 in Wien; † 22. September 1967 in Sydney) sowie Enkelin des Schriftstellers und Journalisten Anton Norst (* 30. April 1859 in Załuże bei Zbaraż (ehem. Galizien); † 11. April 1939 in Wien), der ein Bruder von Eugenie Schwarzwald war.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 flüchtete die Familie Norst wegen drohender Verfolgung durch das Nazi-Regime. Nach einem kurzen Aufenthalt vom 22. Mai bis 22. Juni 1938 bei Antons Schwester, Else Rubinowicz (1892–1969), Ehefrau des Physikers Wojciech Rubinowicz, in Lemberg/Polen kamen die Norsts nach Dänemark, wo sie auf der Insel Thurø bei der Schriftstellerin Karin Michaëlis, einer Freundin von Eugenie Schwarzwald, einige Monate lang blieben und dort Bertolt Brecht und Helene Weigel trafen. Später kamen sie nach Kanada und siedelten sich schließlich in Australien an. Marlenes Vater fand eine Anstellung in einer Konservenfabrik in Leeton (New South Wales) als Lebensmittelchemiker und wurde beauftragt, dort ein Labor einzurichten.
In Leeton besuchte Marlene eine katholische Volksschule und kam dann nach Mt. Erin, in eine von katholischen Nonnen geführte Mittelschule mit Internat in Wagga Wagga.
Nach dem Abitur studierte sie an der Universität Sydney. Dort wurde się am 16. Mai 1951 zum Bachelor of Arts und am 8. Mai 1963 zum Master of Arts promoviert. Am 17. März 1972 promovierte sie zum Doktor an der Newcastle-Universität. Der Titel ihrer Doktorarbeit lautete: „Julius Duboc and Robert Waldmüller. An Enquiry into some Aspects of the Literary Biographical Genre“.
Nach dem Studium unterrichtete sie in der Naremburn Boys’ School und Riverside Girls’ School (beide in Sydney) sowie in der Kempsey High School, danach kam sie nach London, wo sie zwei Jahre lang bei der Walworth Comprehensive School unterrichtete. Während des Aufenthaltes in Europa verbrachte sie drei Monate in Wien, wo sie die Universitätssprachprüfung bei der Wiener Universität bestand. Unter ihren Schülern in Kempsey (New South Wales) befand sich der Eingeborene Harry Penrith, der spätere Burnum Burnum.
1957–1967 unterrichtete sie an der Germanistik-Fakultät der Universität Newcastle.
1964 erhielt sie ein Stipendium der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und studierte an der Universität Heidelberg die deutsche Biedermeier-Literatur.
1968–1986 war sie an der Macquarie-Universität in der Abteilung für Moderne Sprachen als Hochschullehrerin tätig. In diesem Zeitraum besuchte sie 1974 die Universität Edinburgh und 1978 die Universität Wien zu Forschungsaufenthalten. Ihre Arbeitsschwerpunkte waren Sprachwissenschaft, Sprachdidaktik, Soziolinguistik und Kinderliteratur. Sie nahm an zahlreichen wissenschaftlichen Konferenzen (z. B. 1982 in Mexiko und den Niederlanden) teil und hielt Vorträge an den Universitäten in London, Wien, Hamburg und Oldenburg.
1986 erhielt sie von der österreichischen Regierung ein Stipendium für die Erforschung der Geschichte der österreichischen Auswanderungswellen nach Australien. Aus dieser Arbeit entstand nach ausführlichen Recherchen in Australien und zahlreichen Interviews mit österreichischen Emigranten in Australien und Österreich das 1988 zusammen mit Johanna McBride veröffentlichte Buch Austrians and Australia.
Im Jahre 1986 gab sie ihre Stellung an der Macquarie University auf und war seitdem freischaffend tätig.
Im Wiener Naturhistorischen Museum entdeckte sie die Zeichnungen des vergessenen österreichischen botanischen Zeichners Ferdinand Bauer (1760–1826), der im 18. Jahrhundert Australiens Flora und Fauna dokumentiert hatte. Auf Vorschlag des British Museum, das die entsprechenden Farbzeichnungen Bauers besitzt, verfasste sie ein Buch über ihn.
Seit 1989 betrieb sie ein biographisches Projekt Family Reflections, bei dem sie Familien dabei unterstützte, ihre Geschichte zu dokumentieren und niederzuschreiben. Sie war mit dem australischen Aborigines-Aktivisten Burnum Burnum befreundet und schrieb auf seine Bitte dessen Biographie Burnum Burnum: A Warrior for Peace.
Als langjähriges Mitglied der Sydney University Musical Society und begeisterte Chorsängerin nahm sie an vielen Konzertreisen und Aufführungen teil.
Sie führte u. a. bei TAFE (Technical and Further Education) und Nature Care Sprachkurse für Einwanderer in Australiendurch und engagierte sich in Sozial- und Bildungsprojekten für obdachlose Kinder und ehemalige Häftlinge.
Marlene Norst übersetzte mehrere zeitgenössische deutschsprachige Theaterstücke ins Englische (u. a. von Igor Bauersima, Falk Richter, Lukas Bärfuss, Roland Schimmelpfennig, Reto Finger, Margareth Obexer und Agnes Gerstenberg).
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bücher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Marlene Johanna Norst und Johanna McBride, Austrians and Australia, Athena Press, Potts Point 1988 ISBN 0-7316-4361-5.
- Marlene Johanna Norst, Ferdinand Bauer: the Australian Natural History Drawings, British Museum of Natural History/Lothian, London/Melbourne, 1989, ISBN 0-565-01048-4.
- Marlene Johanna Norst, Burnum Burnum: A Warrior for Peace, Simon and Schuster / Kangaroo Press, 1999 ISBN 0-86417-978-2.
Abhandlungen (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Stifter's ‘Nachsommer' and Biedermeier in: German Literatur, ed. J.M. Ritchie, vol.2; Wolff, London, 1969, pp. 147-64.
- How Does Your Lexicon Grow? in: Language Learning in Australian Society eds. D. Ingram and T. Quinn, Australian International Press, Melbourne, 1978, pp. 166–72.
- Bücher für das bilinguale Immigrantenkind in Australien in: Schriftenreihe des Börsenvereins des deutschen Buchhandels 13, Frankfurt, 1978, pp. 166-72.
- Origins: Story Traditions in the Multicultural Society in: Through Folklore to Literature ed. M. Saxby, IBBY Australia Publications, Sydney, 1979, pp. 203–12.
- Australian National Survey of Ethnic Schools, Macquarie University, Sydney, 1982, (commissioned by the Commonwealth Schools Commission)
- Vol.1 Report with Recommendations, pp. 1–218
- Vol.2 Data Digest, pp. 1–159
- Vol.3 Annotated Bibliography, pp. 1–52
- Vol.4 Register of Organisations, pp. 1–65
- Humour: A Marker of National Identity? in: „The Austrian Problem Working Papers“, Monash University, Melbourne, 1982, pp. 141–55.
- Kinder- und Jugendliteratur in; A Glossary of German Literary Terms, eds. E.W. Herd and A. Obermayer, University of Otago, Dunedin, 1983.
- Language Needs Research in Australia in: Research into Foreign Language Needs eds. Theo van Els and Maria Oud-de Glas, Augsburger 1&1 Schriften, Bd.29, Universität Augsburg, 1983, pp. 139–50.
- The Significance of Language in a Multicultural Society in: Proceedings of the First National Congress of the Federation of Ethnic Communities Councils of Australia, Melbourne, 1985, pp. 57–58.
- Kooperative Spracherziehung als Gemeinschaftsaufgabe in Australien: Auf dem Weg von der monolingualen zur multilingualen Gesellschaft in: Einwanderungsland Australien: Materialien aus der australischen Migrationsforschung ed. W. Weber, Athenaeum Verlag, Frankfurt a Main, 1987, pp. 184–201.
- Bert Brecht Welcomes Karin Michaelis into Exile: Towards a Literary Vade-Mecum for Political Refugees in: Antipodische Aufklärung, Antipodean Enlightenments: Festschrift für Leslie Bodi, Walter Veit, Peter Lang Frankfurt a,M., 1987, pp~317-21.
- Language Prejudice and Fear: affective barriers to language learning by adults. (with Yair Cohen). 8th World Congress of Applied Linguistics (AWA) University of Sydney, 1987, Programme p. 50
- Through Australian Eyes: Kinderbücher aus Australien, translation of the catalogue of the Australian Children’s Book Exhibition at the International Youth Library, Munich, ed. R. Bunbury, Deakin University, Victoria, 1988, pp. 1–94.
- Entry on Ethel Pedley in Australian Dictionary of Biography vol.11, 1988.
- Strauss to Matilda: Viennese in Australia 1938-88, ed. K. Bittman, Wenkart Foundation, Sydney, 1988, Introduction, pp.xiii~vii, Not by Bread Alone: The Story of Bettina McDuff pp. 87–98, A Country Child's Perspective pp. 247–52.
- The Austrians: Experienced Multiculturalists in: History, The Royal Australian Historical Society, Sydney, 3/1989, pp. 11–14.
- Fear, Dependence and Loss of Self-Esteem: Affective Barriers in Second Language Learning among Adults (with Y. Cohen), in: Relc, Seamo Regional Language Centre, Singapore, vol2/2, 1989.
- Redakteur von Ethnic Schools Bulletin vol.5, no.1, NSW Federation of Ethnic Schools, Sydney, July/August 1991.
- Herausgeber von No Fixed Address, magazine of the Street Kids of Wesley StreetSmart Youth Centre, Wesley Mission 1.Edition, March 1992.
- Herausgeber von Mirage, Magazine of the Street Kids of Oasis Refuge (The Salvation Army), September 1993.
- Redakteur von Language Ego, Language Fear and Regression in Adult Language Learning (with Y Cohen) in Psycholinguistics for Applied Linguistics compiled by I.A. Stevenson, Dept. of Linguistics, Unisa, University of South Africa, Pretoria, 1993.
- Herausgeber von No Fixed Address, magazine of the Street Kids of StreetSmart Youth Centre, Wesley Mission, 2. Edition. 1995
- Herausgeber von Gnome Tome for Street Kids of StreetSmart Youth Centre, Wesley Mission, 1997.
- Let's Meet at StreetSmart, Interviews with Street Kids from StreetSmart Youth Centre, Wesley Mission recorded on video, October-November, 1998.
- Englische Übersetzung von Norway.today by Igor Bauersima, S.Fischer, Frankfurt/ a.M, 2000 for the Goethe Institute, Sydney, 2001.
- Englische Übersetzung von Nothing Hurts by Falk Richter, Fischer Verlag, Berlin.
- Englische Übersetzung von Seven Seconds (In God We Trust) by Falk Richter, S. Fischer, Frankfurt/a.M, 2002 for the Goethe Institute, Sydney, 2003
- Englische Übersetzung von Electronic City by Falk Richter, S.Fischer, Frankfurt/a.Main, 2004 for the Goethe Institute, Sydney, 2004.
- Englische Übersetzung von Vorher/Nachher by Roland Schimmelpfennig, S.Fischer, Frankfurt/a.M, 2001 for Goethe Institute, Sydney, 2004.
- Englische Übersetzung von Seven Seconds(In God We Trust) by Falk Richter in: Theatre 35.1, Harvard University, March, 2005.
- Englische Übersetzung von Schwerelos oder Ruecksicht auf Verluste (Weightless or With Regard to Any Losses Incurred) by Agnes Gerstenberg, 22. April 2005 unpublished (?) but produced - May, 2005.
- Englische Übersetzung von Der Bus (The Makings of a Saint) by Lukas Baerfuss, Hartmann und Stauffacher, Verlag fuer Buehne, Film, Funk und Fernsehen, 30. September 2005.
- Englische Übersetzung von Fernwaerme (Remote Warmth) by Reto Finger, Fischer Verlag, 2006. ... June, 2006.
- Englische Übersetzung von Geisterschiff (Ghost Ship) by Margareth Obexer, Hartmann und Stauffacher Verlag, Cologne 2009.
- Englische Übersetzung von Lotzer. Eine Revolution (Lotzer. A Revolution) by Margareth Obexer, Hartmann und Stauffacher Verlag, Cologne 2009
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- CV vom 26. September 2010 (Original)
- Werkverzeichnis vom 28. August 2010 (Original)
- Marlene Norst: A country child's perspective, in: Karl Bittmann: Strauss to Matilda. Viennese in Australia. 1938–1988. Wenkart Foundation, 1988.
- Macquarie University - Dr. Marlene Norst zeigt Zeichnungen von Ferdinand Bauer
- Falk Richter: Electronic City Poster ( vom 28. Juni 2011 im Internet Archive)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Personendaten | |
---|---|
NAME | Norst, Marlene |
ALTERNATIVNAMEN | Norst, Marlene Johanna (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | australisch-österreichische Sprachwissenschaftlerin, Pädagogin und Philanthrop |
GEBURTSDATUM | 24. März 1930 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 20. Dezember 2010 |
STERBEORT | Sydney |